Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sehen Nachbesserungsbedarf beim Schutz von Versichertendaten und haben deshalb heute einen entsprechenden Antrag eingebracht. Die zugrunde liegende Problematik gestaltet sich wie folgt. Es ist Versicherungen gestattet, und das ist sicherlich auch verständlich, dass im Falle eines begründeten Anfangsverdachtes auf versuchten Versicherungsbetrug, die Versicherung weitere Informationen über den mutmaßlichen Betrüger einholen darf. Dazu zählen auch Anfragen bei der Schufa. Dagegen ist zunächst nichts einzuwenden, aber im Zuge einer stärkeren Automatisierung kehrt sich dieser Sachverhalt immer häufiger um, nämlich dahin, dass bei einer Schadensmeldung die Bonität automatisiert abgefragt wird und nicht erst bei einem begründeten Anfangsverdacht. Dieser rechtliche Rahmen war aber nie so gedacht, deshalb fordern wir eine Klarstellung, dass diese Grauzone, in der das bislang möglich ist, präzisiert wird und dass es den Versicherungen explizit untersagt wird, schon bei Meldungseingang automatisiert solche Abfragen durchzuführen.
Wir fordern im Antrag den Landtag auf festzustellen, dass die Bonität von Versicherungsnehmerinnen und Versicherungsnehmern kein geeignetes Kriterium ist, um einen Versicherungsbetrug nachweisen zu können. Wir fordern den Landtag ebenfalls auf festzustellen, dass eine automatisierte Bonitätsabfrage mangels Erforderlichkeit nach dem Datenschutzgesetz unzulässig ist. Wir fordern die Landesregierung zudem dazu auf, diese Punkte auch per Bundesratsinitiative sozusagen nach oben zu tragen und sich auf höherer Ebene dafür einzusetzen, dass bei Schadensmeldungen an Versicherungen die Bonität der Versicherten nicht automatisiert abgefragt werden darf. Darüber hinaus fordern wir vorbeugend, generelle Abfragen durch Versicherer, im Gegensatz zu speziellen begründeten Anfragen in Einzelfällen, ebenfalls zu untersagen.
suchten Versicherungsbetrug wehren, das ist vollkommen klar. Wir haben auch nicht vor, solche Abfragen grundsätzlich zu untersagen. Wir fordern nur die Klarstellung, dass es nicht automatisiert bei jedem Fall stattfinden darf. Es muss einem in dem Moment auch klar sein, dass, wenn man zu starke Einschränkungen macht, Versicherungen tendenziell Geld an Betrügerinnen und Betrüger zahlen müssten, was sie nur über die Beiträge von ehrlichen Beitragszahlern wieder reinkriegen. Letztlich würden alle darunter leiden. Deshalb muss es nach wie vor möglich sein, dass Versicherungen sich wehren können. Das ist keine Frage des Datenschutzes, das ist in dem Fall schon strafrechtlich relevant. Wir wehren uns jedoch gegen diese automatisierte Abfrage, die einen Generalverdacht darstellt.
Es war auch nicht die ursprüngliche Intention des Gesetzgebers, dass das so gemacht wird. Mein Medizintechnik-Professor hat in Bezug auf Krankenkassen mal gesagt: „Wehe, wenn der Versicherte zum Patienten wird.“ In dem Moment, wo eine Schadensmeldung eingeht, wird zumindest nach den letzten Erkenntnissen momentan automatisch geprüft, weshalb wir diesen Korrekturbedarf sehen. Ich halte das für keine große Gesetzesänderung, es sollte also einer Zustimmung nichts im Wege stehen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke schön, Herr Abgeordneter. Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat der Abgeordnete HansPeter Kurtz von der SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Ich denke, ich brauche nicht erneut über Scoring-Verfahren, Bonitätsprüfung und dergleichen zu reden, wir haben unter den Tagesordnungspunkten 3 und 12 ausführlich darüber geredet. Wen es trotzdem interessiert, der kann nachlesen, was meine Kollegin Isolde Ries zu diesem Punkt gesagt hat. Der von den PIRATEN unter Tagesordnungspunkt 14 eingebrachte Antrag enthält aber eine Unterstellung. Es wird unterstellt, dass es einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Bonitätsprüfung und Nicht-Regulierung von Versicherungsschäden gibt. Es wird einfach behauptet, dass Versicherungen Schadensfallregulierungen immer häufiger ablehnen, weil es eine negative Bonitätsprüfung gegeben hat. Ich habe recherchiert und muss mich fragen, wo Sie das herhaben. Ich muss zugeben, ich schaue sehr wenig Privatfernsehen, ich schaue mir auch diese Doku-Soap über die Versicherungsmakler nicht an. In anderen Kreisen jedenfalls, Herr Augustin, konnte mir niemand etwas sagen. Weder bei den Datenschützern noch woanders ist ein Fall bekannt, dass durch eine negative
Trotzdem muss man festhalten, dass solche Bonitätsabfragen ins Blaue, wie sie in Ihrem Antrag unterstellt werden, unzulässig sind. In erster Linie, weil die Erforderlichkeit fehlt. Selbst wenn eine negative Bonitätsprüfung vorliegt, lässt das nicht automatisch auf einen Versicherungsbetrug schließen. Deshalb, denke ich, ist es auch nicht Sache des Landtages festzustellen, dass das ungesetzlich wäre. Wenn in solch einem Fall so etwas passiert - was Sie nicht dargelegt haben -, dann ist das eine Straftat, dann muss dem nachgegangen werden.
Aber ich möchte in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass sich in der Tat auch einmal der Datenschutzbeauftragte des Saarlandes damit befasst hat, nämlich im Datenschutzbericht 2001-2002, weil sich damals ein Versicherungsnehmer über diese Bonitätsprüfung beschwert hatte. Der Datenschutzbeauftragte hat sehr wohl festgestellt, dass Verträge eingehalten werden müssen und es für das Versicherungsunternehmen möglich sein muss, die Bonität des Versicherten zu prüfen, damit die Versicherung nachher auch zustande kommt. Von daher ist das nichts, was gegen das Datenschutzgesetz verstößt. Das kann man auch im Datenschutzbericht 2001-2002 nachlesen.
Es wird jetzt weiter gefordert, wir sollen von hier aus eine Bundesratsinitiative starten. Da bin ich der Meinung, wir brauchen nicht etwas in Bewegung zu bringen, was schon in Bewegung ist. Auch darüber wurde heute Morgen schon in der Debatte, Tagesordnungspunkt 3 und 12, diskutiert. Da können Sie jetzt so viel lachen, wie Sie wollen, Herr Kessler: Herr Maas ist nicht nur ein Ankündigungsminister, denn diese Untersuchung gibt es schon.
Lesen Sie den Subventionsbericht, dann haben Sie für heute gerade genug zu tun, Herr Ulrich. Mein Gott, immer diese Störereien hier!
Den haben Sie schon gelesen? Aber ob Sie ihn verstanden haben, ist die andere Frage. Lesen Sie noch einmal nach!
(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Sie können ihn mir ja einmal erläutern. Ich hoffe, dass ich Ihnen folgen kann.)
Bei diesem Tagesordnungspunkt geht das leider nicht. - Es ist mittlerweile eine Studie - heute Morgen wurde das schon angesprochen - in Auftrag gegeben worden, um einmal darzustellen, wie das Daten
schutzgesetz beim Scoring, bei Auskunftsdateien eingehalten wird, wie die Auskunftsrechte der Bürgerinnen und Bürger umgesetzt werden. Sinn und Zweck dieser Studie ist, eine empirische, belastbare Datenanalyse und Informationen über den Umgang mit den Auskunftsdaten der Bürgerinnen und Bürger zu haben. Wenn diese Studie im Herbst vorliegt, sollte man sich damit befassen, Erkenntnisse aus dieser Studie ziehen und dann das Ganze mit Fakten belasten, um eventuelle Änderungen im Bundesdatenschutzgesetz vorzunehmen.
Ich verweise noch einmal darauf, dass es auch hierzu Grundlagen in der Koalitionsvereinbarung der Bundesregierung gibt, dass erstens genau im Bundesdatenschutzgesetz definiert werden soll, was im Sinne der Bürgerinnen und Bürger geht und was nicht. Zweitens soll, was für mich ein ganz wichtiger Punkt ist, auch ein Verbandsklagerecht festgelegt werden, denn der Einzelne kann sich nicht immer wehren. Es wäre zum Beispiel gut, wenn die Verbraucherschutzorganisationen die Möglichkeit hätten, für ihre Klientel Klage einzulegen; das ist Verbraucherschutz. Das können wir hier vom Landtag aus nur unterstützen.
Der dritte Punkt ist, dass man gesetzliche Regelungen schafft, dass Daten nicht auf Ewigkeit gespeichert werden, sondern gelöscht werden, wenn sie ihren Sinn erfüllt haben. Deshalb, Kolleginnen und Kollegen, betone ich nochmals, dass wir dem Antrag der PIRATEN nicht zustimmen können. - Vielen Dank.
Danke schön, Herr Abgeordneter. - Das Wort hat nun der Abgeordnete Klaus Kessler von der Fraktion BÜNDNIS 90/GRÜNE.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In diesem Antrag der PIRATEN geht es um ein auf den ersten Blick recht spezielles Thema, nämlich dass Versicherungsunternehmen inzwischen mit modernen Mitteln der Datenverarbeitung jede Meldung von Schadensfällen auf Merkmale eines möglichen Versicherungsbetruges untersuchen. Hierzu verwendet die Versicherungswirtschaft große Datenbanksysteme, die nahezu in Echtzeit riesengroße Datenmengen nach von ihnen bestimmten Merkmalen durchsuchen, die den Verdacht eines Versicherungsbetruges vermuten lassen.
Zu den verwendeten Daten gehört auch die regelmäßige Abfrage der Bonität der Versicherungsnehmer. Von den Versicherungen wird vermutet, dass bei einer schlechten Bonität des Versicherungsneh
mers eher eine betrügerische Schadensmeldung eingereicht wird. Dieser von der Versicherungswirtschaft vermutete Zusammenhang stellt aber alle Versicherungsnehmer unter den Generalverdacht, Versicherungen betrügen zu wollen.
Wir sind der Meinung, dass die Solvenz der Versicherungsnehmer kein sinnvolles Kriterium für die Einschätzung sein kann, ob ein Betrugsversuch vorliegt. Das Vorgehen der Versicherer geht von der Prämisse aus, je mehr Daten erhoben und verarbeitet werden, desto besser sind die Ergebnisse, was auch in der Regel nach Auffassung vieler Big-DataExperten so ist.
Nach einer Schätzung des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft vom August dieses Jahres beläuft sich der durch Versicherungsbetrug verursachte Schaden bei den Unfall- und Schadensversicherern jährlich auf einen Betrag in Höhe von rund 4 Milliarden Euro. Das sind rund 10 Prozent der jährlichen Schadensmeldungen. Auch wenn es sich jeweils um Schätzungen der Versicherungswirtschaft selbst handelt, ist zu sehen, dass es einen echten Bedarf an der Erkennung von Betrug bei der Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen gibt. Dennoch darf das Interesse der Versicherungswirtschaft nicht dazu führen, dass die berechtigten Interessen der Versicherungsnehmer missachtet werden. Die Versicherungsnehmer, das heißt die Verbraucherinnen und Verbraucher, haben ein Recht darauf, nicht gleich unter Generalverdacht gestellt zu werden, alle Versicherungsbetrüger zu sein. Auch sie haben ein Recht darauf, dass ihre persönlichen Daten nicht maßlos erhoben, verarbeitet und unter Umständen auch neu miteinander verknüpft werden. Eine solche Datenvereinbarung widerspricht dem Interesse der Verbraucher an einer sparsamen Verwendung der persönlichen Daten und natürlich auch ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Das gilt insbesondere dann, wenn für einen konkreten Zweck unnütze Daten erhoben und verarbeitet werden, wie es mit einer regelmäßigen automatisierten Bonitätsauskunft der Fall ist.
Da der Antrag darauf gerichtet ist, die überbordenden Begehrlichkeiten der Versicherungswirtschaft einzuschränken und das technisch Mögliche auf das rechtlich Sinnvolle zu begrenzen, werden wir ihm zustimmen. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Kessler. - Das Wort hat nun der Abgeordnete Peter Strobel von der CDU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will es kurz machen. Herr Kessler, auch Herr Ulrich, von den GRÜNEN hätte ich doch erwartet, dass sie ein bisschen darüber recherchieren und nicht einfach so zustimmen. Ich sage gleich noch etwas dazu.
(Beifall von der CDU. - Abg. Ulrich (B 90/GRÜ- NE) : Wir haben recherchiert. Deshalb haben wir zugestimmt.)
Da bin ich einmal gespannt. - All das, was ich zu dem Gesetzentwurf und zu dem Antrag der LINKEN aus Sicht des Verbraucherschutzes gesagt habe, gilt auch für Ihren Antrag, Herr Augustin. Ich werde mich in diesem Fall nicht wiederholen. Ihr Antrag beruht allerdings auf einer blanken Unterstellung, die Sie pauschal allen Versicherungsunternehmen anhängen. Sie sagen, dass grundsätzlich jeder Versicherer im Schadensfall zuerst einmal die Bonität des Anspruchstellers überprüft und aus einer mangelhaften Solvenz einen Betrugsvorwurf ableitet. Das ist ein Vorwurf, Herr Augustin, den Sie hier erst einmal belegen müssen. Sie sprechen von letzten Erkenntnissen. Da frage ich Sie: Was sind denn das für Erkenntnisse? Wo haben Sie die denn gewonnen? Der Kollege Kurtz hat schon angedeutet, woher die stammen könnten, aber wir kucken nicht so diese TV-Soaps „Die Versicherungsdetektive“ oder Ähnliches.
Ich habe die Vorstände dreier großer Versicherungsgesellschaften mit Ihrem Vorwurf konfrontiert. Diese verwahren sich gegen solche Vorwürfe. Auch bei den Verbraucherschützern gibt es keine entsprechenden Hinweise. Wenn es überhaupt zu solchen Abfragen kommt, dann fußen diese auf erheblichen Verdachtsmomenten, die durch unglaubwürdige Schilderungen des Schadenshergangs oder Ähnlichem entstanden sind. Obligatorische Abfragen würden nur zusätzlichen Aufwand verursachen, sind wirtschaftlich nicht sinnvoll und finden deshalb auch nicht statt. Ich erwarte von Ihnen, Herr Augustin, dass Sie uns hier erklären, wie Sie zu Ihrem pauschalen Vorwurf kommen und welche Versicherungen so handeln, wie Sie es hier geschildert haben.
Ihr Antrag entbehrt jeder nachvollziehbaren Grundlage, und Sie sollten sich überlegen, ob Sie ihn nicht lieber zurückziehen, bevor darüber abgestimmt werden muss. Es ist schlimm, dass der Landtag des Saarlandes sich mit so grotesken Vorstellungen überhaupt beschäftigen muss. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Da jetzt von mehreren Seiten die Frage kam, woher wir das haben: Es stammt aus einer Fernsehsendung.
Herr Kurtz, ich sage Ihnen gleich dazu: Es war nicht im Privatfernsehen, es war auch keine Soap. Es ist aus dem öffentlich-rechtlichen ZDF, und zwar aus der Sendung WISO von Montag, dem 29. September 2014.
Herr Kurtz, Sie haben das Verbandsklagerecht angesprochen. Dazu nur ganz kurz: Wir hatten hier zumindest das Tierschutzverbandsklagerecht im Plenum, dem wir zugestimmt haben. Generell wären wir da bei Ihnen. Es hat nur nichts mit diesem Antrag zu tun.