Protokoll der Sitzung vom 21.01.2015

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wird insbesondere von der Linksfraktion auch ein Argument angeführt, das ich durchaus ernst nehme. Der Kollege Lafontaine hat sich in der Saarbrücker Zeitung entsprechend geäußert. Es geht um die Frage der Bestattungskosten. Es ist so, dass in Deutschland und auch im Saarland die Bestattungskosten immer mehr zu einem großen Problem werden, weniger noch für die Angehörigen als tatsächlich für die Menschen, die unmittelbar vor dem Tod stehen und sich die Frage stellen: „Wer in aller Welt soll die Bestattung am Ende bezahlen? Ich habe das Geld nicht mehr.“ Das ist ein Problem, das es in unserer Gesellschaft gibt, das sehe ich. Das nehmen wir wahr, wenn wir durch die Altenheime gehen, wo tatsächlich das Vermögen der Menschen schon aufgebraucht ist und man sich dann die Frage stellt, wie man für seine Angehörigen noch eine würdevolle Bestattung ermöglichen kann. Dieses Problem nehme ich durchaus ernst, ich sage, das müssen wir angehen. Es kann nicht sein, dass in einem Land wie Deutschland am Ende der Geldbeutel darüber entscheidet, ob eine würdevolle Bestattung möglich ist oder nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Ich glaube nur, Sie machen hier den falschen Vorschlag. Es kann aus meiner Sicht nicht sein, dass ich einer Familie, die die finanziellen Mittel nicht hat, sage: „Für euch habe ich eine gute Alternative, ihr könnt die Asche des Verstorbenen mit nach Hause nehmen und irgendwo im Garten verstreuen“, wenn das nicht der Wunsch des Verstorbenen ist! Wir reden über einen ganz anderen Sachverhalt dort, wo aus welchen Gründen auch immer - ein Mensch sagt: „Wenn ich verstorben bin, möchte ich, dass meine Asche verstreut wird.“ Das akzeptiere und respektiere ich. Aber dort, wo jemand sagt: „Ich habe die finanziellen Möglichkeiten nicht, und aus diesem Grunde akzeptiere ich, dass mit meinen Überresten weniger gut umgegangen wird als mit denen anderer“, läuft etwas schief. Deswegen ist das, was Sie vorschlagen, die Öffnung für diese Bestattungsformen aus finanziellen Gründen, der falsche Weg. Der richtige Weg muss sein, dass die Gesellschaft sich über die Form der würdevollen Ausgestaltung von Sozialbestattungen Gedanken macht.

Deshalb möchte ich Ihnen hier vorschlagen, dass wir uns im zuständigen Ausschuss darüber unterhalten. Ich bin dafür und ich hoffe, dass das auch Zustimmung findet, dass wir uns im Sozialausschuss in einer Anhörung darüber unterhalten, wie im Saarland bei Menschen, die die finanziellen Möglichkei

ten nicht haben, mit Bestattung umgegangen wird. Dazu wollen wir die Kommunen und die Kreise hören, dann können wir gerne darüber diskutieren, was hier die richtige Antwort ist. Ich glaube, das, was Sie vorschlagen, die Verstreuung von Asche oder die Verwahrung in einem Haus, ist hier der falsche Weg, meine Damen und Herren.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Ich glaube, es ist auch deshalb der falsche Weg, weil viele Fragen, die aus Ihren Gesetzentwürfen resultieren, offen bleiben, weil wir im Moment aus meiner Sicht keine oder zumindest keine ausreichende Antwort darauf haben. Bei der Beisetzung von Urnen auf Privatgrundstücken, was die LINKE ja in ihrem Gesetzentwurf vorsieht, muss meiner Ansicht nach darüber geredet werden, wie die Totenruhe und ich habe Sie, Herr Lafontaine, so verstanden, dass Ihnen durchaus wichtig ist, dass die gewahrt wird - auf einem privaten Grundstück gewahrt werden kann, wie Andenkenpflege für jedermann möglich sein kann, wie das auf öffentlichen Friedhöfen der Fall ist, wenn eine Urne auf einem privaten Grundstück bestattet oder verwahrt wird. Was passiert, wenn ein Grundstück, auf dem eine Urne bestattet ist, veräußert wird? Was passiert, wenn ein Grundstück vererbt wird - das passiert ja nun mal häufig -, wenn der Erbe möglicherweise gar nicht weiß, dass eine Urne auf diesem Grundstück ist? Möglicherweise will er das Grundstück umwidmen, einen Spielplatz oder einen Hundeparcours darauf bauen, und dann findet sich dort eine Urne. Das, glaube ich, ist nicht die Art und Weise, wie mit Verstorbenen umgegangen werden soll, meine Damen und Herren. Was passiert, wenn sich irgendwo, wo Urnen bestattet sind, die Grundnutzung ändert, wenn ein Grundstück nach zig Jahren neu beplant wird, und diese Nutzung als Friedhof gar nicht bekannt ist? Auch in diesem Fall ist, so glaube ich, die Totenruhe nicht gewahrt.

Was ist mit Nachbarn? Was ist, wenn jemand ein Grundstück hat und auf dem Nachbargrundstück eine Familie beschließt, dass dort die Ahnen der Familie bestattet werden sollen? Meine Damen und Herren, es ist nachvollziehbar, dass jemand das möchte, dass er seine verstorbenen Lieben möglichst nah bei sich haben möchte. Aber genauso ist nachvollziehbar, dass eine Familie, die nebenan ein Haus bezieht oder dass jemand, der vielleicht schon seit Jahren nebenan wohnt, aus psychologischen Gründen, wegen möglicher Beeinträchtigungen, genau das nicht möchte. Ich weiß sehr wohl, dass von der Asche von Toten keinerlei gesundheitliche Gefahren ausgehen. Das ist wahrscheinlich mit das Sauberste, was man sich vorstellen kann bei der Höhe der Temperaturen bei einer Verbrennung im Krematorium. Aber es gibt eben Auswirkungen, die von einer Bestattung, von einem Friedhof, auf die

(Abg. Hans (CDU) )

Menschen ausgehen, die drumherum wohnen. Das soll man auch ernst nehmen. Das habe ich eben gemeint: Es gibt auch ein Pietätsempfinden von Menschen, die von dieser freien Wahl der Bestattung betroffen sind, die Sie propagieren. Und das geht mir einfach ein Stück zu weit, meine Damen und Herren.

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) : Sie brauchen das einfach nicht in Anspruch zu nehmen.)

Herr Kollege Lafontaine, man hat aber als Nachbar darauf keinen Einfluss. Sie haben keinen Einfluss darauf, ob Ihr Nachbar sein Grundstück in irgendeiner Form umwidmet. Sie können das auch umkehren: Was ist, wenn der Nachbar, der das nicht will, irgendwann dieses Grundstück erwirbt, weil es frei ist, und dann mit den Überresten so umgeht, wie er es für richtig hält? Das halte ich für keinen sinnvollen Umgang mit Menschen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Noch schwieriger wird es, und auch das sehen Sie in Ihrem Gesetzentwurf vor, wenn die Urne jemandem übergeben werden soll, wenn sie quasi zu Hause aufbewahrt werden soll. Ist die Totenruhe dann gewahrt? Ist dann eine Ehrung des Toten für jedermann möglich, wenn die Urne irgendwo im Küchenschrank steht, meine Damen und Herren? Ich glaube, das ist nicht der Fall. Was passiert, wenn der Verwahrer der Urne verstirbt? Geht dann sozusagen die Urne in die Erbmasse über? Was passiert, wenn jemand, der die Urne erbt, diese Urne nicht erben möchte? Das sind alles Fragen, die nicht geklärt sind. Darauf hat Ihr Gesetzentwurf keinerlei Antwort. Noch einmal: Ich halte das für eine schauderhafte Vorstellung, dass jemand die Urne bei sich zu Hause stehen hat und es zu Erbstreitigkeiten, zu Familienzerwürfnissen kommt und darüber gestritten wird, in welchem Küchenschrank künftig die Urne aufbewahrt wird. Das hat mit Pietät nichts zu tun. Deshalb stellen wir uns dagegen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Noch ein Wort zum Gesetzentwurf der PIRATEN, die diese weitergehenden Vorschläge ja nicht mehr in ihren Gesetzentwurf aufgenommen haben, die sich auf das Verstreuen oder „Ausbringen“ beschränken - was Sie genau damit meinen, wird im Gesetzentwurf nicht klar, aber ich glaube, ich weiß, was Sie meinen, nämlich das Verstreuen auf Privatoder sonstigen Grundstücken. Auch da stellen sich die gleichen Fragen: Die Andenkenpflege für jedermann ist nicht möglich, das ist völlig klar. Wenn Asche auf Friedhofsfeldern verstreut wird, wie das in anderen Bundesländern möglich ist, weiß man zumindest, wo die Asche verstreut ist. Auch bei anonymen Grabfeldern weiß man zumindest, dass der Verstorbene in einem anonymen Grabfeld auf einem bestimmten Friedhof bestattet ist. Dadurch ist eben die Andenkenpflege möglich. Das ist bei dem, was

Sie vorsehen, nicht der Fall. Auch hier stellt sich die Frage, was passiert, wenn das Grundstück umgewidmet, veräußert wird. Ist uns das in dem Moment egal, dass da möglicherweise die Asche von Verstorbenen verstreut wurde oder sagen wir: Okay, dann muss man dieses Grundstück als Friedhof deklarieren? Auch das ist aus meiner Sicht nicht klar. Es kommt außerdem noch zu den von mir eben angesprochenen Beeinträchtigungen der Nachbarschaft, die von diesem Verstreuen der Asche betroffen ist.

Sie haben ja im Gegensatz zum Bremer Entwurf Gott sei Dank, sage ich - davon Abstand genommen, die Formulierung hineinzunehmen: „Wenn der Wind sehr stark weht, ist die Asche auf einem Friedhof anderweitig beizusetzen.“ Das ist für mein Empfinden eine fürchterliche Formulierung, die da in Bremen gewählt worden ist. Das haben Sie nicht drin, aber Sie haben auf der anderen Seite auch keine Lösung dafür, was in solchen Fällen passiert. Es ist auch nicht klar, was passiert, wenn der Fürsorgepflichtige, die Person, die als Totenfürsorger benannt worden ist, nicht mehr da ist, möglicherweise selbst verstorben ist. Wer übernimmt die Nachfolge? Auch das sind Dinge, die aus meiner Sicht geregelt werden müssten, wenn man das ernst nimmt. Auch die Frage, wie man mit Verstößen gegen das, was Sie in Ihrem Gesetz regeln, umgeht, ist nicht klar.

Einen Punkt will ich doch noch herausarbeiten, weil er von den PIRATEN kommt. Sie sprechen in Ihrem Gesetz ja von einem Grundstückskataster, das bei den Krematorien zu führen ist mit Nachbarschaftsverhältnissen und so weiter. Ich stelle mir dann schon die Frage, wie es mit dem Datenschutz gehalten wird, Herr Kollege Augustin, wenn plötzlich Krematorien Daten über meine Grundstücke und die Nachbarschaftsverhältnisse sammeln. Ich glaube nicht, dass das der Weisheit letzter Schluss ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Fazit, das haben Sie sich schon gedacht, lehnen wir beide Gesetzentwürfe, sowohl von den LINKEN als auch den PIRATEN, ab. Weil sie aus meiner Sicht im Widerspruch stehen zum pietätvollen Umgang mit Verstorbenen. Weil es - und da bin ich bei der Ministerin - aus meiner Sicht im Widerspruch zur Würde des Menschen steht, die auch über den Tod hinaus gilt. Weil Sie aus meiner Sicht wichtige technische Regelungen in Ihren Gesetzen nicht vorgenommen haben; es bleiben viele Fragen offen. Und weil, wie ich eingangs bereits gesagt habe, aus meiner Sicht der nachvollziehbare Wunsch nach persönlicher Entfaltung auch bei der Wahl der Bestattung nicht ausgespielt werden darf gegen das Pietätsempfinden einer Mehrheit der Menschen in diesem Land. Aus diesen Gründen lehnen wir beide Gesetzentwürfe ab, bieten aber gerne an, uns im Ausschuss über das Thema der Sozialbestattung noch einmal gesondert zu unterhal

(Abg. Hans (CDU) )

ten, weil wir das durchaus für einen wichtigen Punkt erachten. - Vielen Dank.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. - Das Wort hat nun der Abgeordnete Klaus Kessler von der Fraktion DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute liegen uns zwei Gesetzentwürfe vor, die eine Änderung des saarländischen Bestattungsrechts vorsehen im Sinne einer Liberalisierung der Vorschriften über die Bestattungsplätze im Rahmen einer Feuerbestattung. Der zuerst vorliegende Entwurf der PIRATEN ist durch einen Entwurf der Fraktion der LINKEN erweitert worden. Der Gesetzentwurf der PIRATEN lehnt sich sehr eng an die Reform des Bestattungsgesetzes im Land Bremen an, das derzeit als erstes Bundesland die weitestgehende Liberalisierung des Bestattungsrechts in Deutschland vorgenommen hat. In beiden Entwürfen geht es im Wesentlichen darum, bei Feuerbestattungen den strengen Friedhofszwang aufzuheben und das Ausbringen der Totenasche auf den ausdrücklichen Wunsch des Verstorbenen auch auf bestimmten Flächen außerhalb der Friedhöfe und unter bestimmten Voraussetzungen auch auf Privatgrundstücken zu erlauben. Wir als GRÜNE sind der Auffassung, dass man dies nicht einfach pauschal ablehnen sollte, wie es Ministerin Bachmann bereits in der Öffentlichkeit getan hat.

Stattdessen wollen wir durchaus in einen Diskussionsprozess eintreten über neue Wege der Bestattung und Möglichkeiten einer Reform unseres Bestattungsrechts, dies natürlich, Herr Kollege Hans, unter Berücksichtigung eines pietätvollen Umgangs mit unseren Toten, allerdings unter Akzeptanz des kenntlich gemachten letzten Willens des Verstorbenen. Wir müssen heute zur Kenntnis nehmen, dass sich die Beerdigungs- und Trauerkultur in unserem Land einfach gewandelt hat. Neben den klassischen Bestattungsformen auf Friedhöfen sind Bestattungen in Friedwäldern, zunehmend auch anonyme Bestattungen, möglich. Das heißt, eine Lockerung des Friedhofszwangs unter Berücksichtigung einer veränderten Trauerkultur hat bereits stattgefunden. Die Ursachen hierfür sind vielfältig, sie reichen von religiösen Gründen, Säkularisierungstendenzen, einer Aufwertung des postmortalen Selbstbestimmungsrechts bis hin zu individuell gewünschten Formen der Bestattung. Letztendlich spielen finanzielle Überlegungen und soziale Gesichtspunkte der Angehörigen und Hinterbliebenen ebenso eine Rolle, diese Meinung teile ich auch.

Hier hat zweifellos ein Wandel stattgefunden, der vielfältigen gesellschaftlichen Veränderungen Rechnung trägt, der allerdings noch nicht so weit geht, dass eine Beisetzung der Totenasche ohne Urne möglich ist; bei uns im Saarland ist es nicht möglich. Auch in Friedwäldern muss die Asche in einer Urne beigesetzt werden, wobei - ich weise noch einmal darauf hin - die Urne aus einem vergänglichen, sich zersetzenden Material besteht. Es gibt allerdings andere Bundesländer, die weitergehende Regelungen haben, dort ist es erlaubt, die Asche auf festgelegten Streuflächen auszubringen. Ich will die Aufzählung des Kollegen Augustin etwas erweitern. Es gibt Regelungen in den Ländern Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Thüringen. Nordrhein-Westfalen hat sogar schon mit Ausnahmegenehmigungen die Möglichkeit geschaffen, die Asche außerhalb des Friedhofs auszubringen.

Auch diese Regelungen, liebe Kolleginnen und Kollegen, sollten wir konstruktiv in einen Diskussionsprozess über eine Liberalisierung des Bestattungsrechts einbeziehen. Für zahlreiche Menschen ist es einfach ein tröstlicher Gedanke, wenn die Asche eines Verstorbenen an die Natur zurückgegeben oder beispielsweise an seinem Lieblingsplatz ausgestreut wird. Für manche ist das Zerstreuen der Asche ein Zeichen von Freiheit und Ungebundenheit. Für viele rücken in dem Zusammenhang natürlich das christliche Jenseits und der Auferstehungsgedanke schon stark in den Hintergrund. Dafür rückt die Vorstellung einer Rückkehr in den ewigen Naturkreislauf stärker in den Vordergrund. Es ist natürlich auch zu diskutieren, welchen Stellenwert wir dem Persönlichkeitsrecht einräumen, das heißt dem letzten Willen des Verstorbenen und wie weit er gehen kann, wenn dieser letzte Wille gegen geltende gesetzliche Normen verstößt. Das sollten wir diskutieren; wir GRÜNE sind offen für eine Liberalisierung des Bestattungsrechts im Saarland.

Der Antrag der LINKEN ist etwas weitgehender als der der PIRATEN. Er geht uns insbesondere an dem Punkt zu weit, da bin ich bei Herrn Hans, wo es darum geht, dass man eine Urne an jedwedem Platz aufbewahren kann. Aus grüner Sicht geht uns das zu weit, weil wir auch hier Möglichkeiten des Missbrauchs sehen. Der Entwurf der PIRATEN allerdings scheint aus unserer Sicht einer veränderten Gestaltung von Trauerkultur Rechnung zu tragen. Wir sind der Auffassung, man sollte dies in einer breiten Anhörung im zuständigen Ausschuss diskutieren. Dort könnte man viele Fragen beantworten, die der Kollege Hans aufgeworfen hat, um möglicherweise an der einen oder anderen Stelle diesen Gesetzentwurf nachjustieren zu können. Eine einfache Ablehnung wollen wir nicht. Wir wollen die Chance nutzen, mit Religionsgemeinschaften, Kirchen, Kommunen, die auch in der Belegung der

(Abg. Hans (CDU) )

Grabflächen Probleme haben, sowie mit Bestattern und Bürgerinnen und Bürgern in einem breiten Diskussionsverfahren im Rahmen einer Anhörung über eine Veränderung des Bestattungsrechts in diesem Land zu diskutieren. Deshalb stimmen wir GRÜNE dem Antrag der PIRATEN zu, beim Antrag der LINKEN werden wir uns enthalten. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Herzlichen Dank. - Das Wort hat nun die Abgeordnete Christiane Blatt von der SPD-Landtagsfraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren heute nach 2011 und 2013 bereits zum dritten Mal im Zweijahresrhythmus über Änderungen im Friedhofs- und Bestattungswesen. Heute, 2015, gehen die PIRATEN noch über die Änderungen von 2013 hinaus. Herr Augustin, ich darf Ihnen verkünden, ich habe den vorliegenden Gesetzentwurf gelesen. Damals sollte die Möglichkeit gegeben werden, die Urnen der Verstorbenen zu Hause aufzubewahren. Mit dem heutigen Entwurf soll es erlaubt werden, die Asche auf privaten Flächen auszutreuen.

Die Trauerkultur befindet sich in der Tat zunehmend im Wandel, das ist keine Frage. Meine Damen und Herren, es hat sich aber generell in den letzten Jahren bereits einiges getan. Die Möglichkeiten heute reichen von klassischen Erdbestattungen über Feuerbestattungen, Seebestattungen, Friedwäldern, Baumbestattungen, anonyme Bestattungen, oberirdische Grabkammern und noch einiges mehr. Ich denke, wir haben alle gleichermaßen betont, dass es uns hier um die Würde der Verstorbenen geht. Die SPD-Landtagsfraktion ist jedoch auch der Meinung, dass im Sinne von Würde und Pietät Grenzen im Umgang mit den sterblichen Überresten eines Menschen gesetzt werden müssen, auch bei der Vorsorge für die eigene Beisetzung. Verstorbene dürfen auch nach ihrem Tode nicht zur Privatangelegenheit ihrer Angehörigen werden.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Wenn man Menschen Zeit und Raum für die Trauer um einen Verstorbenen zugesteht, muss aus meiner Sicht auch gewährleistet sein, dass diese Räume für jeden Menschen zugänglich sind. Privatflächen sind dies nicht. Friedhöfe bleiben wichtige Orte der Erinnerung in unserer saarländischen Trauerkultur. Dies gilt nicht nur für die engsten Angehörigen, sondern auch für Freunde, Bekannte und Kollegen des Verstorbenen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Hinzu kommt noch, dass wir gerade im Saarland einen hohen Grad an Wohneigentum haben. Die Frage hat meine Kollegin Gisela Kolb vor zwei Jahren schon gestellt: Sollen Kommunen oder Krematorien wirklich zukünftig Kataster erstellen und führen, auf welchen Grundstücken Asche von Verstorbenen ausgestreut wurde? Auch hier habe ich mir im Vorfeld die Frage nach dem Datenschutz gestellt. Und muss zukünftig bei einem Hausverkauf angegeben werden, von wie vielen Angehörigen oder Generationen von Familienmitgliedern auf dem Grundstück Asche verstreut wurde, ähnlich wie man heute beim Autoverkauf angeben muss, ob das Auto unfallfrei ist? Das sind doch Fragen, die geklärt werden müssen. Herr Hans hat eben auch schon einige genannt. Von daher brauche ich das nicht weiter auszuführen. Ich denke, es ist wichtig, dass diese Fragen geklärt werden, bevor man in einen Gesetzentwurf geht.

Es geht auch noch weiter mit Fragen. Ist es gerechtfertigt, dass Haus- und Grundstücksbesitzer Vorteile gegenüber Mietern haben? Liebe Frau Schramm, Sie reden davon, dass die Beisetzung auf einem Friedhof mit erheblichen Kosten verbunden ist und wollen hier gleichzeitig Unterschiede schaffen zwischen Grundstückseigentümern, die die Möglichkeit haben, kostengünstig die Asche auf dem eigenen Gelände zu verstreuen, und Mietern, die auf eine kostenintensivere Beisetzung auf einem öffentlichen Friedhof zurückgreifen müssen.

Es ist richtig, dass Bestattungen mit erheblichen Kosten verbunden sein können. Aber auch das hat meine Kollegin Gisela Kolb schon einmal gesagt: Bereits heute gibt es die Möglichkeit einer Urnenbestattung in einem anonymen Feld, was der Verstreuung der Asche auf Privatgelände am ähnlichsten ist oder am nächsten kommt. Mittlerweile ist auch eine solche Bestattung im dreistelligen Bereich zu halten. Aber auch hier gilt der Grundsatz, den Herr Hans eben erwähnt hat. Wir müssen dafür sorgen, dass es auch zukünftig möglich ist, kostengünstig eine würdevolle Bestattung zu erhalten.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Ich bin aber der Meinung, dass sich die Trauerkultur auch geografisch unterscheiden darf, vielleicht sogar unterscheiden muss, nicht nur zwischen den verschiedenen Ländern auf dieser Erde und in einzelnen Glaubensrichtungen, sondern auch schon innerhalb unserer innerdeutschen Landesgrenzen. Deshalb sind Bestattungen aus gutem Grund auf Länderebene geregelt.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Unsere bestehende Trauerkultur im Saarland entspricht unserer historischen Entwicklung, unserer kulturellen Identität und unserer christlich geprägten Struktur, die auf der Grundlage des Evangeliums

(Abg. Kessler (B 90/GRÜNE) )

fußt. Das Bremer Bestattungsgesetz gilt für die beiden Städte des kleinen Bundeslandes Bremen und Bremerhaven. Genau hier liegt der Unterschied zwischen Bremen und dem Saarland. Bremen ist ein Stadtstaat mit zwei Kommunen, das Saarland ein Bundesland mit 52 Kommunen. In Bremen mag das neue Bestattungsgesetz durchaus für die Städte Bremen und Bremerhaven die richtige Entscheidung sein. Im Saarland müssen aus meiner Sicht unsere Kommunen, da sie die Ausführung des Gesetzes in ihrem Aufgabenbereich haben und auch dort liegen, in die Entscheidung mit einbezogen werden. Die Voraussetzungen sind gänzlich andere. Somit ist es sehr wohl vertretbar, dass Länderfraktionen gleicher Parteifarben unterschiedliche Meinungen vertreten können.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Herr Kessler, die SPD-Landtagsfraktion will sich keineswegs einer Diskussion in dieser Sache verschließen, ganz im Gegenteil. Wir sehen das aktuelle Bestattungsgesetz nicht für alle Zeit in Stein gemeißelt. Aber Änderungen erfordern einen intensiven Dialog und eine gesamtgesellschaftliche Diskussion, bei der alle relevanten Interessengruppen beteiligt werden sollten, vor allem die Kommunen. Diese Gespräche müssen mit den Menschen vor Ort, mit den Institutionen und aus meiner Sicht auch mit den Kirchen und Glaubensgemeinschaften geführt werden. Dies darf nicht auf die Schnelle innerhalb des engen Zeitkorsetts eines Ausschusses und nicht nur mit einer Handvoll Ausschussmitgliedern geschehen. Auch das hat bei diesem sensiblen Thema etwas mit Würde zu tun.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Herr Augustin, die SPD - Sie haben es geschrieben - maßt es sich nicht an, den letzten Wunsch eines Verstorbenen vorzuschreiben. Wir sind jedoch der Meinung, dass auch hier Grenzen im Umgang mit den sterblichen Überresten eines Menschen gegeben sein müssen. Die SPD-Landtagsfraktion sieht im Moment keinen Grund, die derzeitigen Regelungen im Bestattungswesen zu ändern. Hier ist keine Eile angebracht, da es bereits heute vielfältige Möglichkeiten der Bestattungen gibt. Sie kann somit den Gesetzentwürfen der PIRATEN- und der DIE LINKE-Landtagsfraktion nicht zustimmen. Aber ich sage es noch einmal: Wir sind in dieser Frage jederzeit für einen Dialog offen. - Danke.