Protokoll der Sitzung vom 21.01.2015

Herr Augustin, die SPD - Sie haben es geschrieben - maßt es sich nicht an, den letzten Wunsch eines Verstorbenen vorzuschreiben. Wir sind jedoch der Meinung, dass auch hier Grenzen im Umgang mit den sterblichen Überresten eines Menschen gegeben sein müssen. Die SPD-Landtagsfraktion sieht im Moment keinen Grund, die derzeitigen Regelungen im Bestattungswesen zu ändern. Hier ist keine Eile angebracht, da es bereits heute vielfältige Möglichkeiten der Bestattungen gibt. Sie kann somit den Gesetzentwürfen der PIRATEN- und der DIE LINKE-Landtagsfraktion nicht zustimmen. Aber ich sage es noch einmal: Wir sind in dieser Frage jederzeit für einen Dialog offen. - Danke.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank. - Das Wort hat nun die Ministerin für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie Monika Bachmann.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jeder von uns - das darf ich einfach einmal so behaupten kennt das Gefühl der Trauer und jeder kennt das Gefühl des Loslassens. Aus diesem Grund ist es umso wichtiger, dass wir mit diesem sensiblen Thema nicht nur sorgfältig, sondern auch sensibel umgehen und dass die Aufmerksamkeit bei dieser Debatte aus meiner Sicht eine große ist. Das ist auch gut so, denn ich bleibe bei dem, was ich gesagt habe: Die Würde des Menschen geht über den Tod hinaus.

Deshalb ist es gut, dass wir die Debatte führen, denn wer sich das angeschaut hat, was in den Medien zu lesen war, was in Bremen beschlossen wird, der muss aber auch ein wenig weiterlesen und feststellen, dass zum Beispiel beide christlichen Kirchen - ich darf das zitieren, Frau Präsidentin - die „Privatisierung von Tod und Trauer“ befürchten. Ich will das überhaupt nicht werten. Ich darf Ihnen aber noch ein Zitat vorlesen. Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode hat gemeint - ich zitiere ihn -, der Umgang mit Toten sei alles andere als ein „Spiel mit Resten“. Darüber unterhalten wir uns heute.

Deshalb bin ich froh, Kollege Kessler, dass Sie nicht dem gefolgt sind, was die Bremer GRÜNEN eigentlich vorgeschlagen hatten, und dass Sie sich davon distanzieren. Die Bremer GRÜNEN hatten vorgeschlagen, dass Angehörige die Urne erst einmal zwei Jahre zu sich nach Hause mitnehmen können, um dann weiterzuschauen. Erst ein Gutachten hat dann diese Zweifel in der politischen Diskussion, ob dieses postmortale Verfügungsrecht überhaupt noch im Einklang mit der Verfassung steht, letztendlich beseitigt. Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, danke ich für diese gute Diskussion.

Ich danke Ihnen auch dafür, dass wir 2003 ein Gesetz über Friedhofs-, Bestattungs- und Leichenwesen eingebracht und verabschiedet haben, und es letztendlich im Jahr 2010 geändert wurde. Eigentlich haben wir doch ein großes Spektrum, nämlich dann, wenn wir in eine Situation kommen, in der wir feststellen, dass das Leben eben nicht nur schön ist und Freude macht, sondern dass wir loslassen müssen, einen Nachbarn, einen Bekannten, engste Familienmitglieder, Freunde in allen unseren Vereinen, wo auch immer wir unterwegs sind, loslassen und letztendlich mit unserer Trauer umgehen müssen. Da ist es gut, dass wir die Kirchen haben. Da ist es gut, dass wir ein Gesetz haben, auf das wir uns verlassen können, und es ist gut, dass wir eine Vielfalt haben, mit dem Tod umzugehen, nämlich selbst zu entscheiden, ob man die traditionelle Beisetzung wählt, eine Urnenbeisetzung in einem ganz normalen Grab auf dem Friedhof, oder aber auch in einer Stellwand - also über der Erde -, die für viele Fried

(Abg. Blatt (SPD) )

höfe in allen Ortsräten diskutiert wird, oder ob man ein Rasengrab wählt. Denn viele Menschen leben heute allein und wollen dafür Sorge tragen, dass nach ihrem Tod ihre Grabstätte noch aufzusuchen ist.

Ich habe aber auch die Möglichkeit, den Körper der Wissenschaft zur Verfügung zu stellen. Ich kann sagen, ich will anonym beerdigt werden, ich habe keinerlei Interesse, dass ein Nachbar, ein Freund oder die Familie weiß, wo ich beigesetzt bin. Es gibt viele weitere Möglichkeiten bis hin zur Seebestattung, der Abgeordnete Tobias Hans hat dies alles dargestellt. Ich glaube, dadurch haben wir viel Handlungsfreiheit. Wir können uns darauf einstellen und können mit unseren Familien entscheiden, wie es weitergeht.

Es gibt aber auch die Situation, wie ich sie in meiner früheren Funktion als Landrätin kennengelernt habe, dass Menschen auf der Straße gelebt haben und keine Angehörigen oder Freunde haben oder dass Menschen vereinsamt sind oder einfach nicht die notwendigen Mittel für eine Beisetzung haben. Hier haben wir sehr oft auf kommunaler Seite - da ist Ihnen die kommunale Seite sehr dankbar, Herr Hans, wenn diese Diskussion geführt wird - eine Lösung über die Kreissozialämter gefunden. Ich gebe Ihnen recht, dass wir darüber reden müssen und diese Situation überdenken sollten.

Ich bin dankbar für die heutige Diskussion. Ich will nicht alles wiederholen, was meine Vorredner bereits gesagt haben. Es muss uns aber auch ein Zeichen sein, wenn immer mehr Muslime wünschen, in Deutschland beerdigt zu werden. Schauen Sie sich mal alleine die Zahlen in der Stadt München an, wie man dort mit dieser Situation umgeht und wie man den Menschen, die gerne hier beigesetzt würden, in der Trauer hilft.

Es ist ein schwieriges Thema, weil wir alle heute oder morgen davon betroffen sein können. Aber wir müssen uns auch diesem Thema stellen. Deshalb, sehr geehrter Herr Hans, war es richtig, sich im Ausschuss über die wichtigste Frage zu unterhalten, ob man Geld haben muss, um keine Angst vor dem Tod haben zu müssen. Daher ist es gut, dass wir darüber reden. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Das Wort hat der Abgeordnete Andreas Augustin von der Fraktion DIE PIRATEN.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muss jetzt doch noch auf einige Dinge eingehen, die hier angesprochen wurden. Zunächst

einmal möchte ich Ihnen, Frau Ministerin, für den sachlichen Beitrag danken. Das Gleiche kann ich auch in Richtung von Herrn Hans sagen. Die GRÜNEN haben bereits signalisiert, dass Sie unserem Gesetzentwurf zustimmen werden. Ich möchte nur einen Punkt ergänzen. Herr Kessler hat eben eine komplette Aufzählung aller Bundesländer mit liberaleren Regelungen als im Saarland gegeben. Ich hatte nur zwei Länder herausgestellt, schließe mich aber der Liste von Herrn Kessler selbstverständlich gerne an.

Frau Blatt, mit Ihrem Beitrag - muss ich ganz ehrlich sagen - habe ich die meisten Probleme.

(Oh! bei den Regierungsfraktionen.)

Sie haben an einer Stelle den Unterschied zwischen Bremen und dem Saarland angesprochen, haben damit aber im Prinzip ihren gesamten restlichen Beitrag konterkariert. Natürlich hat Bremen die Unterteilung mit Bremen und Bremerhaven und allem, was dazugehört. Wir haben im Saarland 52 Kommunen. Das ist ein Unterschied, den ich bereit bin, anzuerkennen. Das heißt aber eben auch, dass das meiste andere, was Sie gesagt haben, in Bremen von der Gesetzgebung her genauso ist wie hier. Die grundsätzlichen Voraussetzungen für alles andere, was Sie gesagt haben, sind in Bremen die gleichen wie hier. Dennoch kommt die SPD in Bremen zu einem anderen Ergebnis als Sie. Deshalb sollten Sie sich einmal überlegen, was sonst noch an Unterschieden übrig bleibt außer eben der Tatsache, dass Bremen ein paar Kommunen weniger hat als wir.

Noch eine Anmerkung zu Herrn Hans. Sie haben größtenteils gegen den Gesetzentwurf der LINKEN argumentiert, bei dem auch wir uns heute enthalten, weil er vor allem in der Begründung völlig am Thema vorbeigeht; aber das ist ein anderes Thema. Einer der wesentlichen Kritikpunkte von Ihnen an unserem Gesetzentwurf war der Umgang mit der Totenfürsorge, wie man damit umgeht, wenn der dafür Vorgesehene früher verstirbt als derjenige, in dessen Testament er als Totenfürsorger benannt wird. Diesen Kritikpunkt nehme ich durchaus an, halte ihn allerdings für nicht schwerwiegend genug, dass man den Gesetzentwurf deswegen gleich ablehnt.

Ich möchte Ihnen stattdessen anbieten, dass wir im Ausschuss eine Anhörung durchführen, und bin gerne bereit, dort über eine entsprechende Änderung zu reden. Es wurde heute schon in anderem Zusammenhang gesagt: Kein Gesetz verlässt das Parlament so, wie es eingebracht wurde. Die Totenfürsorge ist ein Punkt, über den wir sehr gerne im Ausschuss noch mal reden können. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf. - Danke schön.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

(Ministerin Bachmann)

Weitere Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache.

Es wird vorgeschlagen, die Gesetzentwürfe an den Ausschuss für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie zu überweisen. Wir kommen zur Abstimmung, zunächst über den Gesetzentwurf der PIRATEN-Landtagsfraktion, Drucksache 15/1216. Wer für die Annahme der Drucksache 15/1216 in Erster Lesung unter gleichzeitiger Überweisung an den Ausschuss für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Gesetzentwurf Drucksache 15/1216 in Erster Lesung mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist. Zugestimmt haben die Oppositionsfraktionen, dagegen die Koalitionsfraktionen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der DIE LINKE-Landtagsfraktion, Drucksache 15/1223. Wer für die Annahme des Gesetzentwurfes Drucksache 15/1223 in Erster Lesung unter gleichzeitiger Überweisung an den Ausschuss für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Gesetzentwurf Drucksache 15/1223 in Erster Lesung mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist. Zugestimmt hat die Fraktion DIE LINKE, dagegen gestimmt haben die Koalitionsfraktionen, enthalten haben sich die Fraktion der PIRATEN und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Kolleginnen und Kollegen, wir treten nun in die Mittagspause ein. Ich unterbreche die Sitzung bis um 13.40 Uhr.

(Die Sitzung wird von 12.41 Uhr bis 13.42 Uhr unterbrochen.)

Kolleginnen und Kollegen! Wir setzen die unterbrochene Sitzung fort und kommen zu Punkt 4 der Tagesordnung:

Erste Lesung des von der Regierung eingebrachten Gesetzes zur Einrichtung einer Regulierungskammer für das Saarland (Drucksa- che 15/1205)

Zur Begründung erteile ich Herrn Minister Ulrich Commerçon das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die EU-Richtlinien zur Errichtung einer Regulierungskammer für den Bereich der Strom- und Gasnetze, also die Richtlinien 2009/72/EG sowie 2009/73/EG des Europäischen Parlamentes und des

Rates vom 13. Juli 2009 über den Elektrizitäts- und Erdgasbinnenmarkt aus dem sogenannten dritten EU-Energiebinnenmarktpaket, dienen der Stärkung der Regulierungsbehörden und der Verwirklichung des EU-Binnenmarktes auch auf der Landesebene.

Im Saarland unterliegen rund 40 Strom- und Gasnetzbetreiber, die weniger als 100.000 Kundinnen und Kunden angeschlossen haben und deren Netz vollständig innerhalb des Saarlandes liegt, der Regulierungsaufsicht des Landes. Für die übrigen saarländischen Strom- und Gasnetzbetreiber, deren Netze über die Grenzen des Saarlandes hinausgehen beziehungsweise an deren Netz mindestens 100.000 Kundinnen und Kunden angeschlossen sind, ist die Bundesnetzagentur in Bonn zuständig. Die Regulierung der Strom- und Gasversorgungsnetze hat das Ziel, einen wirksamen und unverfälschten Wettbewerb bei der Versorgung mit Strom und Gas und einen langfristig angelegten, leistungsfähigen und zuverlässigen Betrieb von Energieversorgungsnetzen zu sichern.

Die Aufgaben der Landesregulierungsbehörde werden derzeit vom saarländischen Wirtschaftsministerium wahrgenommen. Die gegenwärtige Organisationsstruktur genügt den Anforderungen des dritten EU-Energiebinnenmarktpakets nicht, da die als Regulierungsbehörde tätige Stelle unter anderem einem ministeriellen Weisungsrecht unterliegt.

Der vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung regelt die Errichtung der selbstständigen, organisatorisch getrennten und weisungsfreien Behörde „Regulierungskammer für das Saarland“ beim saarländischen Wirtschaftsministerium. Im Einzelnen regelt er auch die Festlegung der Personalisierungsgrundlagen sowie die Sicherstellung einer ausreichenden Finanzierung.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bitte Sie, dem Gesetzentwurf in Erster Lesung zuzustimmen und ihn zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit, Energie, Verkehr und Grubensicherheit zu überweisen und danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Ich danke dem Herrn Minister und eröffne die Aussprache. - Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache.

Es wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit, Energie, Verkehr und Grubensicherheit zu überweisen. Wir kommen zur Abstimmung. Wer für die Annahme des Gesetzentwurfes Drucksache 15/1205 in Erster Lesung unter gleichzeitiger Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit, Energie, Verkehr und Grubensi

cherheit ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? Ich stelle fest, dass zumindest die hier Anwesenden dem Gesetzentwurf Drucksache 15/1205 in Erster Lesung einstimmig angenommen haben.

Wir kommen zu Punkt 5 der Tagesordnung:

Erste Lesung des von der Regierung eingebrachten Gesetzes zur Änderung des Saarländischen Richtergesetzes und weiterer richterrechtlicher Vorschriften

Drucksache 15/1186

Zur Begründung erteile ich Herrn Minister Reinhold Jost das Wort.

(Unruhe und Sprechen. - Minister Jost ist nicht anwesend.)

Ich schlage vor, dass wir den Punkt zurücksetzen. Wir kommen zu Punkt 6 der Tagesordnung:

Zweite Lesung des von der Regierung eingebrachten Gesetzes zur Neuregelung der Professorenbesoldung

Drucksache 15/1112

(Minister Jost betritt den Plenarsaal. - Sprechen und Heiterkeit.)