Protokoll der Sitzung vom 20.05.2015

das Abitur nach acht Jahren oder das Abitur nach neun Jahren zu machen. Das ist ein wesentlicher Unterschied zu den Schulsystemen, die eben ansonsten angesprochen worden sind. Es ist unlauter, in einer solchen Debatte diese wesentliche Bemerkung dabei dann zu unterlassen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Darüber hinaus haben wir die beruflichen Schulen, die einen dritten Weg eröffnen, um Abitur zu machen. Ich finde, das kommt in diesen Debatten immer viel zu kurz. Es ist mit der Entscheidung nach dem 4. Schuljahr, auf welche Schule mein Kind geht, nicht darüber entschieden, welchen ersten Bildungsabschluss es macht. Es stehen an allen Schulformen dieses Landes alle Möglichkeiten offen, auch die Möglichkeit bis zum Abitur. Ich glaube, es ist ganz wichtig in dieser Diskussion, dass wir das noch einmal deutlich machen, weil ansonsten in der Öffentlichkeit, die sich vielleicht nicht so detailliert mit den Dingen beschäftigt, der Eindruck erweckt wird, man könnte im Saarland nur das Abitur nach acht Jahren am Gymnasium machen und hätte ansonsten keine Möglichkeit, das Abitur zu machen. Das ist komplett falsch. Das Abitur kann an jeder weiterführenden Schule in unserem Land gemacht werden, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Wir haben auch deswegen uns im Koalitionsvertrag eindeutig festgelegt. Nach der Wahl wollten wir eben das tun, was wir vor der Wahl versprochen haben. Wir haben vor der Wahl gesagt, wir brauchen in unserem Schulsystem weiter Qualitätsverbesserungen statt Strukturdebatten. Ich glaube, das ist der wichtigste Punkt, den wir bildungspolitisch auch leisten können. Wir brauchen, was die Strukturfrage angeht, Ruhe im Schulsystem, um Qualitätsentwicklungen voranzubringen. Ich glaube, dafür hat diese Koalition einen sehr deutlichen Handlungsauftrag der Wählerinnen und Wähler im Jahr 2012 bekommen. Den wollen wir auch erfüllen. Dafür will ich auch in dieser Diskussion werben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Eltern im Saarland haben ein echtes Wahlrecht zwischen dem Abitur in acht Jahren am Gymnasium, dem Abitur in neun Jahren an der Gemeinschaftsschule und außerdem vielfältige Möglichkeiten der Wege zum Abitur über unser berufliches Schulsystem. Nach den Strukturdiskussionen haben wir in den letzten Jahren den Grundstein für eine kontinuierliche Schul- und Unterrichtsentwicklung sowohl an der Gemeinschaftsschule wie auch am Gymnasium gelegt. Wir dürfen diesen inneren Entwicklungsprozess jetzt nicht durch neuerliche Strukturüberlegungen gefährden.

Diese Arbeit, liebe Kolleginnen und Kollegen, braucht vor allem eines. Sie braucht stabile und ver

(Minister Commerçon)

lässliche äußere Rahmenbedingungen. Dazu gehört eben auch die Schulstruktur. Wir würden uns - das ist meine Prognose - anderenfalls in eine elende Debatte über Strukturen verstricken und um Jahre zurückfallen in dem, was wir an Qualitätsentwicklung auf den Weg gebracht haben. Ich frage einmal - Kollegin Spaniol, ich verstehe es nicht -: Welchen Grund sollte es denn geben, dass Eltern unbedingt wollen, dass ihr Kind das G9 am Gymnasium macht und nicht an der Gemeinschaftsschule? Ich frage Sie: Haben Sie so wenig Vertrauen in die Gemeinschaftsschule, die Sie hier in diesem Hause mit auf den Weg gebracht haben?

(Abg. Spaniol (DIE LINKE) : Man müsste es auch richtig realisieren in der Oberstufe.)

Das ist die entscheidende Frage. Sie sagen, dann müssen Sie es auch richtig machen. Ich frage Sie, Frau Kollegin Spaniol: Warum haben Sie damals nicht die Gelegenheit dazu genutzt? - Weil Sie genau gewusst haben, es gibt sonst keine verfassungsändernde Mehrheit. Warum haben Sie damals nicht die Gelegenheit genutzt zu sagen, wir wollen das G9 am Gymnasium? Sie sind völlig unglaubwürdig in dieser Frage, Frau Spaniol.

(Abg. Spaniol (DIE LINKE) : Sie wollten G8 abschaffen. „G8-Murks - Nein Danke!“ Das haben Sie verteilt!)

Sie hatten damals alle Möglichkeiten, Sie sind über ein ganz kleines Stöckchen gesprungen und haben geglaubt, Sie bekämen damit den großen Wurf. Heute beschweren Sie sich über das, was die Folgen davon sind. An dieser Stelle bin ich wirklich sehr enttäuscht von dem, was Sie in dieser Frage machen, Frau Kollegin Spaniol. Da, muss ich sagen, hat der Kollege Kessler sich heute sehr deutlich konsequenter verhalten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zum Gymnasium. Wir werden natürlich weiter Qualitätsverbesserungen am Gymnasium vornehmen. Aber wir sollten uns vielleicht auch einmal die Frage stellen, wo wir heute im Rahmen dieser kontinuierlichen Schul- und Unterrichtsentwicklung an Gymnasien stehen. Frau Kollegin Maurer, manchmal tut es dann auch gut, sich mit den Fakten zu beschäftigen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung - ich glaube, diese Studie haben Sie gelesen - hat vor wenigen Tagen in einer Studie zum achtjährigen Gymnasium einen interessanten Aspekt in die Diskussion eingebracht. Grundlage der Studie waren amtliche Daten des Statistischen Bundesamtes.

Das Ergebnis in Kurzform: Die Abiturientenquote ist seit der nahezu flächendeckenden Umstellung auf G8 konstant geblieben. Die Anzahl aber der sogenannten Sitzenbleiber, also der nicht versetzten Wiederholer, ist bundesweit um 3 Prozent gestiegen. In der Tat ist das ein Warnsignal. Ich bitte Sie

dann aber auch, die Fakten im Saarland einmal sehr deutlich zur Kenntnis zu nehmen. Ich habe nämlich zu Beginn meiner Amtszeit sofort dafür gesorgt, dass wir das einmal statistisch sehr sauber erfassen. Das ist über viele Jahre vorher nicht erfasst worden. Wir haben jetzt diese Zahlen. Den Höchststand der nicht versetzten Wiederholer hatten wir im Saarland am Gymnasium zum Ende des Schuljahres 2010/2011 zu verzeichnen mit 654 Nichtversetzungen. Im letzten Jahr, also am Ende des Schuljahres 2013/2014, hatten wir 432, das ist ein Rückgang um 34 Prozent und ein deutliches Zeichen dafür, dass der Druck am Gymnasium in den letzten Jahren nicht größer geworden ist, sondern dass das Gymnasium sich der Schülerinnen und Schüler stärker annimmt und dass wir allmählich auf dem Weg sind, dafür zu sorgen, dass das G8 auch wirklich erfolgreich sein kann.

Ich füge hinzu, das ist eine gute Entwicklung, aber darauf wollen wir uns nicht ausruhen. Man könnte vielleicht schlussfolgern, dass dieser Rückgang einherginge mit einem Anstieg derjenigen, die vom Gymnasium abgehen und an andere Schulformen wechseln. Aber auch hier haben wir in genau diesem Zeitraum einen erheblichen Rückgang zu verzeichnen. Im Schuljahr 2011/2012 wechselten insgesamt 941 Schülerinnen und Schüler vom Gymnasium an eine andere Schulform, zum Ende des letzten Schuljahres waren es noch 384, ein Rückgang in diesen drei Jahren von nahezu 60 Prozent. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das zeigt doch deutlich, dass wir auf dem besten Weg sind, das, was beim G8 noch verbessert werden muss, auch wirklich zu verbessern. Ich glaube, an dieser Stelle sollten wir eben gerade nicht in die Strukturdebatte einsteigen, sondern diesen Weg konsequent weitergehen, um eben genau das, was damals falsch gelaufen ist, jetzt auf einen guten Weg zu bringen.

(Beifall bei der SPD.)

Das hat natürlich viel damit zu tun, was wir an vielfältigen Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung in den vergangenen Jahren umgesetzt haben. Die Stundentafel wurde an das G8 angepasst - anders als in Hessen und in anderen Ländern -, die Lehrpläne wurden evaluiert und unter Berücksichtigung der KMK-Bildungsstandards überarbeitet. Kompetenzorientierte Lehrpläne für die Unter- und Mittelstufe wurden erstellt und ihre Einführung durch die Bereitstellung eines umfangreichen Fortbildungsangebotes flankiert. Wir entwickeln in allen Fächern neue Lehrpläne für die Einführungsphase und neue Lehrpläne für Deutsch, Mathematik und Fremdsprachen in der Oberstufe, selbstverständlich unter Einbeziehung der KMK-Standards.

Die gymnasiale Oberstufe wurde systematisch weiterentwickelt, um in den Kernfächern Deutsch, Mathematik und den Fremdsprachen eine fundierte

(Minister Commerçon)

Grundbildung zu ermöglichen. Qualitätssichernde Maßnahmen wurden ergriffen wie zum Beispiel Lernstandserhebungen zur Überprüfung der Bildungsstandards. Die Hälfte aller Gymnasien hat sich bereits einer externen Evaluation gestellt. Wir sind dabei, diese externe Evaluation dann auch umzusetzen in weitere Schulentwicklungen; die anderen Gymnasien sind jetzt in der externen Evaluation.

Liebe Kollegin Spaniol, ich sage nicht, es sei alles gut. Das tut diese Landesregierung nicht. Im Gegenteil, wir müssen weitere Aufgaben erledigen in diesem Zusammenhang. Wir weiten die Begabtenförderung aus, weil wir an dieser Stelle wirklich noch Schwächen haben. Wir entwickeln ein Konzept zur Inklusion am Gymnasium. Die Regelungen zur GOS werden weiter angepasst, um fachspezifische und berufsrelevante Interessen besser berücksichtigen zu können. Beim weiteren Aufbau der Gemeinschaftsschule werden wir die Kooperation zwischen Gymnasium und Gemeinschaftsschule und natürlich den beruflichen Schulen gerade im Hinblick auf die gymnasiale Oberstufe verstärken.

Wir haben die erfolgreich erprobten Elemente des Modellversuchs „Selbstständige Schulen“ allen Schulen zur Verfügung gestellt. Dieser Versuch wird noch weiterentwickelt. Wir werden in wenigen Tagen unser Konzept zur individuellen Förderung der Schülerinnen und Schüler an den Gymnasien vorstellen. Liebe Kollegin Spaniol, ich bin in bildungspolitischen Debatten oft sehr nahe bei Ihnen, muss Ihnen aber heute Folgendes sagen. Es ist schon ein Hammer zu sagen, dass wir diese Initiative oder Ihre Anträge gebraucht hätten, um dieses Programm auf den Weg zu bringen.

(Abg. Spaniol (DIE LINKE) : Die Eltern haben das gesagt.)

In Ordnung, aber das stimmt nicht, das können Sie den Eltern zurückmelden. Wir haben in einer Arbeitsgruppe seit 2013 genau diese individuelle Lernbegleitung sorgfältig vorbereitet. Sie kennen schon einige Elemente, weil wir sie zumindest ansatzweise im Bildungsausschuss bereits vorgestellt haben. Wir werden dies in der nächsten Woche auch ganz deutlich in der Breite vorstellen. Wenn man so etwas ordentlich machen will, muss man es vorbereiten. Deswegen haben wir fast zwei Jahre dafür gebraucht. Ich glaube, das ist genau der richtige Weg, wie man Schulentwicklung, wie man Unterrichtsentwicklung und individuelle Förderung an unseren weiterführenden Schulen, auch am Gymnasium, nach vorne bringen kann.

(Beifall bei der SPD.)

Über alle diese Maßnahmen herrscht im Übrigen Einvernehmen mit den Elternvertretungen und den Landesfachkonferenzen. Vor dem Hintergrund der umgesetzten Maßnahmen und Entwicklungen, die

am Gymnasium in Gang gesetzt wurden und weiterhin werden, bin ich aber der Auffassung, dass das Gymnasium, aber auch die Gemeinschaftsschule keine von außen hineingetragene Debatte über die äußeren Strukturen brauchen. Beide Schulformen benötigen jetzt vielmehr Ruhe und Schulfrieden, um die begonnene Arbeit in der Schule und bei der Unterrichtsentwicklung auch erfolgreich fortführen zu können.

Alle hier im Parlament vertretenen Parteien haben das Ziel formuliert, unseren Kindern und Jugendlichen die bestmöglichen Chancen für ihren Bildungserfolg gewährleisten zu wollen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir diese Zielsetzung ernst nehmen, dann ist es meines Erachtens geboten, jetzt nicht neue Irritationen hervorzurufen, sondern vor allem Verlässlichkeit und Kontinuität in der Qualitätsentwicklung sicherzustellen. Dies wird uns nur gelingen - da bin ich ganz sicher -, wenn wir hier im Hause Verlässlichkeit und Kontinuität auch im politischen Handeln gewährleisten.

Deswegen möchte ich noch mal kurz auf die Haltung der Oppositionsparteien eingehen. Ich bin einigermaßen überrascht, wie schnell vor allem die Linksfraktion mit ihrer Unterstützung für die G9-Initiative abrückt von dem hier bislang einhellig geteilten Ziel, die Gemeinschaftsschule zur gleichwertigen Alternative zum Gymnasium führen zu wollen. Oder wollen Sie womöglich auch umgekehrt dafür Sorge tragen, dass es künftig einen G9- und einen G8-Weg an der Gemeinschaftsschule gibt? Der entscheidende Punkt, liebe Kollegin Spaniol, ist: Welches Signal setzen wird denn, wenn wir in dieser Situation den Weg zur Alternative zwischen G8 und G9 am Gymnasium einfach so mir nichts, dir nichts öffnen? Welches Signal senden wir dann an die Gemeinschaftsschule? Wir setzen das Signal an die Eltern: Schickt euer Kind doch besser ans Gymnasium, dort ist es besser aufgehoben.

Ich bin nicht dieser Auffassung. Wir haben in den letzten Jahren viel dafür getan, dass das nicht so ist. Aber wir wollen doch sicherlich alle, dass die Stabilität, die wir jetzt in drei Jahren Gemeinschaftsschule erreicht haben, wo die Übergangsquote zum Gymnasium endlich einmal konstant bei 42 Prozent geblieben ist, erhalten bleibt und das Ganze nicht ins Rutschen gerät. Das ist meine größte Sorge bei diesem Thema. Wenn wir an dieser Stelle die Schleusen öffnen, setzen wir das falsche Signal an die Eltern und sagen ihnen, sie sollten ihre Kinder besser ans Gymnasium als an die Gemeinschaftsschule schicken. Ich bin nicht davon überzeugt, dass das für alle Kinder der bessere Weg ist.

Ich gehe eher davon aus - ich glaube, darüber haben wir Einigkeit -, dass manche Kinder 13 Jahre bis zum Abitur brauchen, andere 12 Jahre, wiederum andere vielleicht auch länger und deswegen andere

(Minister Commerçon)

Wege gehen müssen. Aber wichtig an dieser Stelle ist, dass wir Stabilität in unserem Schulsystem haben. Deshalb ist es richtig und notwendig, was die Koalitionsfraktionen auch in ihrem Antrag gefordert haben: Lasst uns diese Diskussion breit und umfassend führen!

Die logische Folge - das will ich auch mal richtigstellen - einer solchen Initiative mit 5.000 oder mehr Unterschriften ist eben nicht, dass man eine breite Anhörung bekommt, das sieht das Gesetz genau nicht vor. Das Gesetz sieht eigentlich nur vor, dass der zuständige Ausschuss sich dann mit den Initiatoren zusammensetzt. Ich glaube, das wäre an der Stelle der falsche Weg. Deswegen ist es der richtige Weg das tun die Koalitionsfraktionen auch -, alle Beteiligten dazu anzuhören. Mir ist nicht bange vor dieser Diskussion. Denn ich bin mir sehr sicher, dass die Argumente eindeutig dafür sprechen, dass wir vor allem Stabilität in unserem Schulsystem brauchen, damit wir Qualitätsverbesserungen für unsere Kinder erreichen, um Bildungsgerechtigkeit in diesem Lande zu verwirklichen. - Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU.)

Das Wort hat Klaus Kessler von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Sie selbst haben noch 8 Sekunden Redezeit. Die Fraktion DIE LINKE gibt Ihnen 1 Minute dazu.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zur Klarstellung: Zur echten Alternative zum G8-Gymnasium wird die Gemeinschaftsschule erst dann, Herr Minister, wenn Sie ein landesweites Oberstufenkonzept für diese Schulen vorlegen, und das fehlt in diesem Land.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Für die Einrichtung einer gymnasialen Oberstufe an einer Gemeinschaftsschule gibt es zwei Voraussetzungen: erstens den Antrag eines Schulträgers, weil der zuständig ist für den Standort, die Ausstattung und Räume, und zum Zweiten die Genehmigung einer gymnasialen Oberstufe durch den zuständigen Minister. Das haben Sie bisher erst ein Mal getan, bezogen auf einen Antrag aus dem Landkreis Saarlouis und hier betreffend den Standort Dillingen. Es liegen weitere Anträge zur Einrichtung gymnasialer Oberstufen vor, neben Dillingen noch in Saarlouis und in Lebach. Das ist seit Monaten überfällig. Solange Sie landesweit kein Konzept für die gymnasialen Oberstufen an den Gemeinschaftsschulen bekannt geben, bleibt die Gemeinschaftsschule stiefmütterlich behandelt und eine Schulform zweiter Klasse. Das geht auf Dauer nicht.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Wunderbar. Die Zeit wurde eingehalten. - Das Wort hat jetzt Barbara Spaniol von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister! Ich wundere mich wirklich über die Schärfe in Ihrem Ton. Ich habe Sie nicht persönlich angegriffen und ich lasse mir hier meine Glaubwürdigkeit nicht infrage stellen.

Wenn ich mir Ihre bildungspolitische Vergangenheit und Ihre G8-Murks-Kampagne anschaue - G8 in dieser Form abschaffen, die Gemeinschaftsschule wurde abgelehnt und so weiter -, so ist Ihre Agenda an der Stelle schon ziemlich lang. Da ist Ihre Glaubwürdigkeit erschüttert, wenn Sie heute andere Positionen infrage stellen. Das muss ich ganz ehrlich sagen. So weit wäre ich nicht gegangen, aber in Bezug auf mich weise ich das absolut zurück.

Es geht darum, dass Sie die Sorgen der Eltern ernst nehmen müssen. Sie dürfen sie nicht ignorieren. Die Eltern wollen die Wahl an der Schulform Gymnasium haben. Sie haben gesagt, dass sie nicht wechseln wollen, weil sie die Gemeinschaftsschule noch nicht überzeugt. Wir haben gesagt, das wollen wir aber; die Gemeinschaftsschule ist der zweite Weg. Sie kriegen das hier nicht auf die Reihe und führen sie nicht auf Augenhöhe mit dem Gymnasium zum Erfolg. Kollege Kessler hat es auf den Punkt gebracht: Es fehlt das Oberstufenkonzept. Es fehlen Ressourcen. Die Gemeinschaftsschulen sind dauernd von Schließungsdiskussionen bedroht. Das schadet doch dem Image! Es ist doch ganz klar, dass die Eltern davon verschreckt sind. Da müssen Sie gegensteuern. Das ist Ihre Aufgabe als Bildungsminister!

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Wie gesagt haben wir auch in unseren Gremien diskutiert - in verschiedenen LAGs, auf hohem Niveau und sehr sachlich. Damals - es ist noch gar nicht lange her - waren alle Beteiligten anwesend. Wir sind trotzdem zum Ergebnis gekommen, dass man nicht einfach die Schotten dicht machen und sagen kann, es ist alles wunderbar. Unruhe im System wollen wir nicht, obwohl die sehr wohl vorhanden ist. Das habe ich eben schon gesagt. Wir brauchen Lösungen. Die müssen kommen. Darüber muss man sprechen.

Noch ein Wort zum Diskurs. Ich wollte Ihnen nicht absprechen, dass Sie den breiten Diskurs, den wir schon lange fordern, endlich machen. Es ist aber so, dass er im Verfahren drin ist. Das ist so. Das haben wir auch im Präsidium besprochen. Ich kann mir

(Minister Commerçon)

nicht vorstellen, dass der Ausschuss für Wahlprüfung das ablehnt. Die Debatte im Bildungsausschuss wird sowieso kommen. Das ist auch gut so, aber das kann noch nicht das Ende der Fahnenstange sein. Es gibt Handlungsbedarf. Das ist viel mehr als eine breite Diskussion. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)