Protokoll der Sitzung vom 29.08.2012

(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Abg. Linsler (DIE LINKE) : Das haben wir ja gar nicht verlangt.)

Dann gibt es Punkte, bei denen ich der Auffassung bin, ja, da gehört mehr Öffentlichkeit hinein, das sind Dinge, die mit Anhörungen zu tun haben. Aber da sind wir schon wesentlich weiter, als hier der Eindruck erweckt wird. Genau dort ist es jetzt schon möglich. Genau dort haben wir diesen entsprechenden Änderungsbedarf gesehen und ihm auch Rechnung getragen.

Deswegen sage ich, es ist aus meiner Sicht dem Ansinnen - dem ich gar nicht ablehnend gegenüberstehe, wo ich sogar der Auffassung bin, ja, es macht Sinn - heute ein Bärendienst erwiesen worden mit dieser Debatte, mit diesem Antrag und dem Eindruck, den man zu erwecken versucht hat - vielleicht nicht Sie, aber andere, die auf dem Kopf des Antrags als Antragsteller dabei sind. Wenn es Ihnen wichtig gewesen wäre, insbesondere den Kolleginnen und Kollegen Profis der Linkspartei, hätte man sich vorher zusammengesetzt, statt einen solchen Schaufensterantrag zu schreiben.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. - Das Wort hat nun der Abgeordnete Andreas Augustin von der Fraktion der PIRATEN.

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte auf ein paar Dinge eingehen, die gesagt wurden, vor allem vonseiten der Koalitionsfraktionen. Es gab eine Bemerkung vom Kollegen Tobias Hans, die mich sehr verblüfft hat. Ich persönlich sehe einen klaren Widerspruch zwischen dem Antrag der CDU in der 14. Wahlperiode, ausgerechnet die Anhörungen öffentlich zu machen, und der Aussage, dass man gerade deshalb das Ganze nicht öffentlich haben will, weil ja auf Nicht-Politiker und Anzuhörende ein entsprechender Druck entstünde. Wir fordern noch ein bisschen mehr. Wir wollen Sitzungen allgemein öffentlich machen. Sein Argument ging genau in die Richtung, Anzuhörende eben nicht unter Druck zu setzen. Sie haben es aber genau dort öffentlich gemacht. Von daher kann ich das nicht nachvollziehen. Das sehe ich als klaren Widerspruch.

(Vereinzelt Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Er hat Zitate von Homepages anderer Parlamente vorgetragen, in denen die Ausschüsse geschlossen tagen. Ja klar, wenn man Argumente für eine Öffnung suchen will, dann findet man die nicht auf Seiten von Landtagen, in denen es geschlossen ist. Man muss sich die anschauen, bei denen die Ausschüsse öffentlich tagen.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Zu den Vorwürfen, die von beiden Seiten kamen, wir hätten den Antrag mitgetragen, der ursprünglich von den LINKEN kam. Das ist vielleicht auch eine Frage des Selbstverständnisses. Ich persönlich habe kein Problem damit, einen Antrag, den ich für richtig halte, mitzutragen.

(Vereinzelt Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Dass wir dann Forderungen haben, die noch weiter gehen, steht ja nicht im Widerspruch dazu. Die können wir immer noch separat einbringen. Das Plenum heute hat schon genug auf der Tagesordnung, aber das nächste kommt bestimmt. Auch wenn der Antrag den einen Punkt enthält und wir vorher mehr hatten, können wir das immer noch einbringen. Das sehe ich nicht als Gegenargument zu dem Antrag.

(Vereinzelt Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Hans zu?

Abg. Hans (CDU) mit einer Zwischenfrage: Herr Kollege Augustin, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass Sie in Ihrem ursprünglichen Ansinnen, das Sie den Fraktionen übermittelt hatten, davon ausgegangen sind, dass mit einfacher Mehrheit die Nichtöffentlichkeit hergestellt werden kann und dass es beim vorliegenden Antrag eine Zweidrittelmehrheit ist? Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass das zum Beispiel bedeutet, dass die derzeitige Regierungskoalition mit einer Zweidrittelmehrheit die Nichtöffentlichkeit herstellen könnte, obwohl Sie als kleine Fraktion möglicherweise der Meinung sind, dass das nicht gut ist?

Ich bin vor allem bereit, zur Kenntnis nehmen, dass es im Moment bei einer Zweidrittelmehrheit auf Regierungsseite egal ist, ob man eine einfache Mehrheit oder eine Zweidrittelmehrheit reinschreibt. Die Mehrheit liegt sowieso bei der Regierung.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Aber das ist auch so eine Sache. Das könnten wir immer noch verhandeln. Wenn dieser Antrag nicht durchgeht, können wir einen schwächeren einbringen.

(Abg. Jost (SPD) )

(Abg. Spaniol (DIE LINKE) : Stellt Euch als Koalition nicht so an, mein Gott.)

Zu der Bemerkung vom Kollegen Jost bezüglich des Eingabenausschusses. Es ist so, dass tatsächlich nicht in allen Landtagen, in denen Ausschüsse öffentlich tagen, der Eingabenausschuss öffentlich ist. In Berlin ist es zum Beispiel aber der Fall. Insofern muss man wieder sagen, man hätte nicht auf die Landtage schauen sollen, in denen die Ausschüsse eben nicht öffentlich tagen, sondern auf die, die es öffentlich tun. Dann würde man sehen, ob es dort funktioniert. Das ist die eigentliche Grundlage, um darüber entscheiden zu können. In diesem Sinne bin ich immer noch dafür, es öffentlich zu machen. Über den Eingabenausschuss können wir gerne verhandeln. Natürlich ist es klar, dass dort Dinge auf den Tisch kommen, die datenschutzrelevant sind.

(Abg. Hans (CDU) : Es ist zu spät zum Verhandeln. Sie machen hier doch einen Geschäftsordnungsantrag. Man verhandelt vorher.)

Und wenn der nicht durchgeht, können wir noch einmal neu verhandeln. Auf jeden Fall bin ich nach wie vor dafür, ihn anzunehmen. - Danke schön.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Vielen Dank. - Weitere Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer für die Annahme des Antrages Drucksache 15/94 - neu - ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Antrag 15/94 - neu - mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist. Dagegen gestimmt haben die Fraktionen von CDU und SPD. Zugestimmt haben die Fraktionen von DIE LINKE, PIRATEN und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNE.

Wir kommen zu den Punkten 15 und 16 der Tagesordnung

Beschlussfassung über den von der CDULandtagsfraktion, der SPD-Landtagsfraktion, der PIRATEN-Landtagsfraktion und der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Pflege im Saarland (Drucksache 15/91)

Beschlussfassung über den von der DIE LINKE-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Pflege im Saarland - den Notstand beenden (Drucksache 15/92)

Zur Begründung des Antrages der CDU-Landtagsfraktion, der SPD-Landtagsfraktion, der PIRATENLandtagsfraktion und der BÜNDNIS 90/DIE GRÜ

NEN-Landtagsfraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Hermann-Josef Scharf das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin sehr froh, dass wir heute ein Thema diskutieren, das nicht zuletzt nach den Vorkommnissen in Elversberg mehr denn je von ganz zentraler Bedeutung ist. Es geht um die Pflege der Menschen in unserem Land. Ich halte es für ein Stück politischer Kultur, dass der von den Parteien der Regierungskoalition und der Landtagsfraktionen der PIRATEN und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gemeinsam ausgearbeitete Antrag heute im saarländischen Landtag eingebracht und diskutiert wird. Dies zeigt sehr deutlich, dass sich die genannten Fraktionen dieses Hohen Hauses der besonderen Bedeutung des Themas und ihrer daraus resultierenden politischen Verantwortung sehr bewusst sind. Lediglich die LINKE hat sich diesem Antrag nicht angeschlossen.

Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren von der LINKEN, versuchen sogar, aus diesem sehr ernsthaften Thema wieder einmal parteipolitisches Kapital zu schlagen. Ich finde das sehr schade, vor allem deshalb, weil bei der jüngsten Ausschusssitzung in Elversberg die Abgeordneten - auch die Ausschussmitglieder der LINKEN - überhaupt keine unterschiedlichen Meinungen vertreten haben, sodass ich Ihre Zustimmung zu dem vorliegenden Antrag eigentlich vorausgesetzt habe.

(Sprechen bei der LINKEN.)

Aber Sie interpretieren politische Kultur halt nach Ihren Regeln und eigenen Wertevorstellungen. Sie verhindern damit, dass ein von allen getragenes Signal aus dem saarländischen Landtag nach außen geht. Ich finde dies sehr schade.

(Abg. Linsler (DIE LINKE) : Wir stimmen doch erst ab, Kollege Scharf. Warten Sie doch einmal ab!)

Die Menschen haben zwei große Wünsche, nämlich in Würde alt zu werden und dabei jung zu bleiben. Es muss daher das Bestreben aller politisch Verantwortlichen sein, alles Menschenmögliche dafür zu tun, dass jeder individuelle Voraussetzungen vorfindet, damit er sein Leben auch im Alter im Rahmen seiner Möglichkeiten optimal gestalten kann. Dieser von mir aufgestellte Grundsatz muss für die Pflege in unserem Land uneingeschränkt gelten. Trotz der schlimmen Vorfälle, wie sie in Elversberg aufgetreten sind, müssen wir anerkennend feststellen, dass sich in den letzten zwei Jahrzehnten seitens der gesetzlichen, finanziellen und organisatorischen Rahmenbedingungen viel getan hat, um die Situation älterer und pflegebedürftiger Menschen qualitativ zu verbessern. Diese Entwicklungen entsprechen auch

(Abg. Augustin (PIRATEN) )

den sozialethischen Ansprüchen einer Gesellschaft, die sich verantwortlich weiterentwickeln möchte.

Wo Menschen betreut und gepflegt werden, brauchen wir hervorragend ausgebildete Fachkräfte, die pflegen und betreuen - mit Herz und Kompetenz, in Verlässlichkeit und hoher Qualität. Um den Nachwuchs in den Berufen der Altenpflege nachhaltig zu sichern, ist die eingeführte Umlagefinanzierung ein wichtiges Instrument. Die stark zunehmende Zahl der Ausbildungsverhältnisse zeigt, dass die Umlagefinanzierung die erhoffte Wirkung zeigt. Ich begrüße ausdrücklich, dass die saarländische Landesregierung ein besonderes Augenmerk auf die Stärkung der Aus- und Weiterbildung in den Pflegeberufen legt.

Bei aller Kritik, die aufgrund der Ereignisse in Elversberg angebracht ist und die wir alle sehr ernst nehmen müssen, dürfen wir aber nicht den Blick dafür verlieren, dass die Pflege in unserem Land grundsätzlich gut aufgestellt ist, auch bei der Arbeiterwohlfahrt.

In 138 Einrichtungen mit 12.256 Plätzen kümmern sich derzeit 8.500 Beschäftigte um pflegebedürftige Menschen und erbringen mit hohem Verantwortungsbewusstsein eine großartige und sehr lobenswerte Leistung.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Daher möchte ich an dieser Stelle den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in all diesen Einrichtungen ausdrücklich meine Hochachtung und meinen Dank aussprechen. Sie tragen mit dazu bei, dass unsere Gesellschaft ein Stück humaner wird und die Angst vor dem Altern nicht ins Unermessliche steigt.

(Erneuter Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Erlauben Sie mir in der gebotenen Kürze den Hinweis auf die amtliche Pflegestatistik. Ende des Jahres 2009 - der Bericht aus dem Jahr 2011 wird erst Ende 2012 veröffentlicht werden - gab es insgesamt 30.380 nach SGB XI eingestufte Pflegebedürftige, davon 16.722 in der Pflegestufe 1, 9.929 in der Pflegestufe 2 und 3.335 in der Pflegestufe 3. 47,2 Prozent dieser Pflegebedürftigen werden zu Hause betreut und erhalten Pflegegeld, 21,9 Prozent werden von ambulanten Pflegediensten und 30,9 Prozent in stationären Pflegeeinrichtungen betreut. Bezüglich der Entwicklung der Pflegebedürftigkeit haben die Statistischen Ämter des Bundes und der Länder unterschiedliche Szenarien entwickelt. Ihnen ist gemeinsam, dass die Zahl der Pflegebedürftigen in den nächsten Jahren deutlich zunehmen wird. Für das Saarland werden für das Jahr 2015 35.000 und für das Jahr 2020 37.000 Pflegebedürftige prognostiziert. Im laufenden Jahr haben wir im Saarland circa 33.200 Pflegebedürftige; davon werden rund 70 Prozent in der eigenen Häuslichkeit versorgt. Das

heißt: Über 20.000 Pflegebedürftige werden in unserem Land von den Angehörigen - zum Teil mit Unterstützung der Pflegedienste - zu Hause in ihrem gewohnten Lebensumfeld betreut. Diese Menschen, die ihre Angehörigen aufopferungsvoll Tag für Tag pflegen, sind ganz besondere Menschen. Sie sind ohne pathetisch werden zu wollen - die wahren Vorbilder unserer Gesellschaft.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Pflege kann nur gut gehen, wenn es den Pflegenden selbst gut geht. Dieses Zitat aus einem Fachbuch stellt die Notwendigkeit in den Vordergrund, dass die pflegenden Angehörigen für ihre besonderen Anliegen, Nöte und Sorgen Gehör finden. Hier erfüllen die Pflegestützpunkte, die in unserem Land flächendeckend eingerichtet wurden, eine wichtige Aufgabe. Sie bieten hilfe-, betreuungs- oder pflegebedürftigen Bürgerinnen und Bürgern eine zielorientierte und wohnortnahe Beratung, insbesondere zu gesundheitsfördernden, präventiven sowie pflegerischen und sozialen Hilfe- und Unterstützungsangeboten. Hier ist in enger Kooperation aller Beteiligten eine vorbildliche Infrastruktur auf den Weg gebracht worden. Dieses Netzwerk muss in den nächsten Jahren weiterentwickelt und ausgebaut werden. Ich möchte aber ausdrücklich festhalten, dass wir hier auf einem sehr guten Weg sind.

Nicht unerwähnt lassen möchte ich, dass unsere älteren Mitbürger unseren uneingeschränkten Einsatz für ein menschenwürdiges und qualitativ hochwertiges Altern ohne jegliche Abstriche verdient haben. Viele haben sich ihr Leben lang für unsere Gesellschaft eingesetzt, waren ehrenamtlich tätig, haben Strukturen geschaffen, die unsere Lebensqualität erheblich gesteigert haben. Viele haben den Krieg und die Nachkriegszeit noch erlebt und unter größter Anstrengung und mit unermesslichem Fleiß unseren heutigen Wohlstand ermöglicht. Wir müssen, meine Damen und Herren, alles daransetzen, um in der Pflege höchste qualitative Maßstäbe als Prämisse für jegliches Handeln zu definieren, und in der Folge ihre Einhaltung kontrollieren.

Die vor einigen Wochen in einem Pflegeheim in Elversberg bekannt gewordenen Zustände müssen auf das Schärfste verurteilt werden. Hier scheint menschliches Versagen in einem Umfang vorzuliegen, der auch aus moralisch-ethischen Gründen in keinster Weise hingenommen werden kann und daher im Detail aufgearbeitet werden muss, was die Arbeiterwohlfahrt auch tut. Die rechtliche Beurteilung der Vorkommnisse steht mir nicht zu. Dafür gelten die Wege, die in unserem Rechtsstaat gesetzlich verankert sind. Als politisch Verantwortliche müssen wir jedoch unbedingt dafür Sorge tragen, dass alles getan wird, damit sich solche Fälle nicht wiederholen. Ich begrüße an dieser Stelle ausdrücklich die Schritte, die die saarländische Landesregierung ein