Protokoll der Sitzung vom 05.03.2008

Bei einer Beratung in Chemnitz mit dem Sächsischen Floristenverband, meine Damen und Herren von der FDPFraktion, bei der Sie als Halbtagsparlamentarier leider nicht dabei waren – alle anderen Fraktionen waren vertreten –, habe ich wie auch andere Fraktionen öffentlich erklärt, dass an mindestens zwei Tagen, dem Volkstrauertag und dem Muttertag – der mir persönlich nicht viel sagt –, wenn sie auf Feiertage fallen, für sechs Stunden geöffnet werden kann. Das sind seit Jahrzehnten die umsatzstärksten Tage für die Floristen. Das ist für mich ein korrigierbarer Fehler, wie auch Herr Bolick zugegeben hat, um das schlechte Ladenschlussgesetz des Freistaates Sachsen zu ändern.

Die Linksfraktion erklärt sich auch heute dazu bereit, 2008 für den Pfingstsonntag und gleichzeitig Muttertag eine solche Regelung schnell herbeizuführen.

Die Korrektur wird den ambulanten Handel ein wenig eindämmen, den Gartenbaubetrieben insbesondere in den ländlichen Regionen ökonomisch aber nicht wirklich helfen.

Bekanntlich liegt uns heute ein Koalitionsentwurf vor. Schauen wir einmal, wie wir im Ausschuss und beim nächsten Plenum den Koalitionsentwurf behandeln. Für die Floristen haben Sie unser Wort. Den Gesetzentwurf der Liberalen braucht Sachsen nicht. Ihn lehnen wir ab.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Herr Brangs, bitte.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben jetzt in der Tat wieder das Thema Ladenöffnung. Es geht um das Ladenöffnungsgesetz. Einige von Ihnen haben wieder vom Ladenschlussgesetz gesprochen. Es ist aber schon lange her, dass wir über ein Ladenschlussgesetz gesprochen haben.

(Zuruf des Abg. Sebastian Scheel, Linksfraktion)

Um Gottes willen! Jetzt kommt aber hier die Mottenkiste! Vom Ladenschlussgesetz war die Rede, als es noch ein Bundesgesetz gab. Wie wir wissen, ist das durch die Föderalismusreform auf die Länder übertragen worden. Jetzt sprechen wir vom Ladenöffnungsgesetz.

Kollege Bolick hat zu Recht darauf hingewiesen, dass wir, als wir dieses Gesetz in Sachsen verabschiedet haben, eine lange Diskussion über die Frage geführt haben, was wir hier regeln wollen und was wir nicht regeln wollen. Das betraf auch die Öffnungszeiten, also auch die Tage, die wir mit einem besonderen Schutz versehen. Dazu hat es eine Reihe von Debatten gegeben, auch Abwägungsprozesse mit Interessenverbänden, mit den Kirchen, mit Gewerkschaften, mit Unternehmerverbänden etc. Das Ergebnis ist Ihnen allen bekannt.

Wir haben uns damals darauf verständigt, dass dieses Gesetz zunächst bis 2010 in Kraft bleibt, dass wir nach diesen drei Jahren eine Evaluierung durchführen und dabei prüfen, ob das, was wir in Sachsen verabschiedet haben, tatsächlich noch standhält.

Ich hätte mir gewünscht, dass wir diesen Weg weitergehen können, aber es ist zu Recht darauf hingewiesen worden, dass es in dem verabschiedeten Ladenöffnungsgesetz auch Regelungen gab, die bei dem einen oder anderen Interessenvertreter Unmut ausgelöst haben. Darauf muss man eingehen, denke ich. Ich glaube, dass die vielen Schreiben, die schon erwähnt worden sind, dazu beigetragen haben, dass wir uns in der Sache einigen konnten.

Ich will vor allem auf zwei Punkte eingehen, die mir einfach wichtig sind, weil sie auch damit zu tun haben, wie wir miteinander umgehen und welches Bild wir in der Öffentlichkeit produzieren.

Ich habe Verständnis dafür, dass man auch begleitend zur Politik zum Beispiel mit Anzeigen in Tageszeitungen das Thema transportieren will und dass man als FDP den

Anschein erwecken wollte, als sei man sehr nahe dran an den Menschen, als würde man mit einer absoluten Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten den Nerv der Zeit treffen und die Wunderwaffe der Beschäftigungspolitik damit gefunden haben.

Aber manches ist dabei schon ein bisschen seltsam. Kollege Morlok, das gehört zur Ehrlichkeit: Erinnern Sie sich bitte an die letzte Sitzung des Wirtschafts- und Arbeitsausschusses. Dort gab es eine Auszeit. In dieser Auszeit haben Sie den Vorschlag gemacht, exakt eins zu eins den jetzt vorliegenden Gesetzentwurf der Koalition zu übernehmen. Da ist eben nichts mehr übrig geblieben von Ihren anderthalb Sätzen der vollkommenen Freigabe, sondern Sie haben mit einem Änderungsantrag versucht, exakt die Einschränkung, die Sie jetzt kritisieren, in den Ausschuss als Ihre Position einzubringen. Das gehört auch zur Wahrheit. Dann stellen Sie sich hier bitte nicht hin und sagen, Sie hätten das liberalste Gesetz eingebracht. Genau das Gegenteil haben Sie im Ausschuss getan.

(Widerspruch bei der FDP)

Sie wären doch so weit gegangen, liebe Freunde von der FDP – Ihnen ist doch an dieser Stelle nichts heilig –, dass Sie, wenn genau dieses abgeschriebene Gesetz eins zu eins übernommen worden wäre, gar nichts mehr dazu gesagt hätten. Also tun Sie bitte nicht so, als hätten wir etwas getan, was nicht in Ihrem Interesse ist. Sie haben doch den Versuch unternommen, das, was wir unter Tagesordnungspunkt 14 einreichen werden, vorab selbst einzureichen. Das ist einfach unredlich. Das können Sie gern tun, aber ich denke, es ist deutlich geworden, dass man Sie an dieser Stelle entlarvt.

(Zuruf des Abg. Torsten Herbst, FDP)

Ja, Kollege Herbst, das tut weh. Die Wahrheit schmerzt, aber das ist nun einmal so.

(Zurufe von der FDP)

Ja, die FDP ist da schmerzfrei, ich weiß. Wahrheit und FDP, das passt nicht zueinander.

Zweitens geht es mir um eine Veranstaltung in Delitzsch. Ich habe gehört, dass Kollege Morlok gefragt worden sei, ob mit dem vorliegenden Entwurf der Koalitionsregierung die Interessen der Blumenhändler, der Konditoren- und der Bäckerinnung gewährleistet seien. Kollege Morlok habe dies verneint und gesagt, deren Interessen könne man damit nicht umsetzen, weil die Regierung es gar nicht schaffe, ein solches Gesetz in der Kürze der Zeit umzusetzen. Also, bei Tagesordnungspunkt 14 werden wir beweisen, dass wir es schaffen. Ich finde eine solche Art des Umgangs nicht redlich. Sie ist mittlerweile im Politikklima angelangt. Das kann man machen, aber ich finde diese Art nicht besonders prickelnd.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Aber natürlich.

Bitte, Herr Morlok.

Herr Kollege Brangs, nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass ich auf der von Ihnen angesprochenen Veranstaltung gesagt habe, dass in einem geordneten Verfahren ohne Sondersitzungen ein Inkrafttreten einer solchen Regelung bis zum Muttertag nicht mehr möglich ist. Entspricht es der tatsächlichen Situation, dass ohne Inanspruchnahme von Sondersitzungen die Durchsetzung einer solchen Regelung nicht mehr möglich ist? Das waren zwei Fragen.

Mein Kenntnisstand ist, dass Sie das in dieser Ausdifferenziertheit, in die Sie jetzt diese Frage gekleidet haben, dort nicht vorgetragen haben. Die Presse hat es auch nicht so berichtet. Die Presse hat übereinstimmend gesagt, dass es nicht möglich sei. Das nehme ich zur Kenntnis. An dieser Stelle halte ich mich mehr an das, was mir meine Kollegen zugetragen haben, die selbst anwesend waren. Das Auftreten im Ausschuss hat Sie doch in ein etwas seltsames Licht gerückt. Dort haben Sie auch von Liberalisierung und Freigabe gesprochen, haben dann aber doch versucht, über die Hintertür einen anderen Weg zu gehen. Insofern glaube ich eher dem, was ich gelesen habe, und dem, was mir von meinen Kollegen zugetragen wurde: dass Sie nämlich dort klar gesagt haben, mit der Regelung der Koalition gebe es einen solchen Weg für die Betroffenen nicht.

Dritter Punkt, der noch wichtig ist: Wenn man sich an das ursprüngliche Gesetz erinnert, stellt man fest, dass der Wirtschafts- und Arbeitsminister den Vorschlag gemacht hat, die jetzt bestehende Mussvorschrift in eine Sollvorschrift zu ändern. Man hätte also nur ein Wort verändern und aus dem „Muss“ ein „Soll“ machen müssen. Dann hätte man das an die Landkreise, an die Kommunen übertragen können, also genau dorthin, wo es hingehört. Ich möchte daran erinnern, dass es damals nicht möglich war, das umzusetzen. Im Nachgang bedaure ich das. Damit hätten wir diejenigen gestärkt, die vor Ort die Entscheidung treffen müssen. Ich gehöre nicht zu denjenigen, die glauben, die Kommunen seien nicht in der Lage, eigenverantwortlich mit diesen Dingen umzugehen.

Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

Aber natürlich.

Herr Herbst, bitte.

Herr Kollege Brangs, wenn Sie so bedauern, wie der Gesetzentwurf am Ende im Plenum verabschiedet wurde, können Sie dann bitte uns und der Öffentlichkeit erklären, wer den Änderungsantrag gestellt hat, welche Fraktionen ihm zugestimmt haben, sodass der Gesetzentwurf am Ende eben diesen Fehler enthielt?

Das wissen Sie ebenso gut wie ich. Das ist eine Frage für die Galerie. Im allgemeinen Verfah

ren ist das zu einem Koalitionsantrag geworden. In der Koalition haben wir uns darüber verständigt. Ich sage, ich hätte ebenso wie meine Fraktion gut mit der Regelung des Wirtschafts- und Arbeitsministeriums leben können, die einen solchen Vorschlag enthielt.

Ein letzter Punkt, auch noch einmal mit Blick auf Kollegen Morlok: Sie haben in der 1. Lesung im Januar bei der Einbringung Ihres Gesetzentwurfes gesagt, dass Sie glauben, dass die Koalition nicht in der Lage sei und es nicht in die Reihe bringen würde, ein eigenes Gesetz einzureichen und damit diesem Problem zu begegnen. Wir werden unter Tagesordnungspunkt 14 genau dies tun. Insofern haben Sie sich, glaube ich, geirrt.

Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Dr. Fritz Hähle und Marko Schiemann, CDU)

Die NPDFraktion; Herr Abg. Delle, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Was den zweiten, jetzt zur Diskussion stehenden FDP-Gesetzentwurf zum Thema Bürokratieabbau angeht, kann ich es relativ kurz machen. Uns ist natürlich klar, dass die FDP wirklich jede Lücke nutzen möchte, um ihre liberalistische Generallinie irgendwie durchzudrücken, nämlich so viel Flexibilität wie möglich und so wenig Regelung und Staat wie nötig.

Die NPD-Fraktion ist allerdings lebensnah genug, um bestimmte Sachfragen auch ganz unideologisch zu diskutieren. Im Zweifelsfall machen wir uns dann lieber die Interessen unserer sächsischen Mitbürgerinnen und Mitbürger zu eigen, statt lange ideologische Grundsatzdebatten zu führen, von denen niemand etwas hat.

(Sebastian Scheel, Linksfraktion: Das habe ich noch nicht mitbekommen!)

Kurz und gut, auch die NPD-Fraktion hält es für ein Unding, dass im Zuge des neuen Ladenschlussgesetzes, das auf eine Ausweitung der Ladenöffnungszeiten abzielt – weshalb wir damals auch dagegen gestimmt haben –, in einzelnen Bereichen Restriktionen greifen, die völlig kontraproduktiv sind und gerade die Betreiber von kleinen und mittelständischen Geschäften immens schädigen. Mit Recht macht die Antragstellerin zum Beispiel auf die Blumenläden aufmerksam. Das kann und darf nicht so bleiben, meine Damen und Herren. Deshalb werden wir dem FDP-Gesetzentwurf zustimmen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der NPD)

Die Fraktion der GRÜNEN; Herr Abg. Weichert, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist noch nicht einmal ein Jahr her, seit ich an gleicher Stelle das Ladenöffnungsgesetz und

dessen Geburtswehen kommentierte. Das „graue Mäuschen“, so nannte ich das Resultat seinerzeit, hat seitdem noch immer nicht laufen gelernt. Vielmehr schleppt es sich mehr schlecht als recht dahin und trägt die schwere Last der Halbherzigkeit mit sich herum. Ein bisschen Ausweitung der Öffnungszeiten, eine Prise Arbeitnehmerschutz und auch – natürlich! – etwas Schutz des Sonntags – für jeden sollte das Passende dabei sein.

Im Unterschied zu heute dachte ich damals, die Ergebnisse dieses unentschlossenen Slalomlaufs zum Ziel eines zeitgemäßen Ladenöffnungsgesetzes würden zwar niemandem wirklich nutzen, nachhaltig schaden würden sie jedoch auch nicht. Doch weit gefehlt! Das Verkaufsverbot für bestimmte Waren, wie Blumen oder Bäcker- und Konditoreiwaren, an Sonn- und Feiertagen wurde gegenüber dem Ladenschlussgesetz des Bundes merklich verschärft. So dürfen an besonderen Tagen, wie dem Volkstrauertag, dem Totensonntag oder dem Muttertag, wenn er wie in diesem Jahr auf einen Pfingstsonntag fällt, keine Blumen verkauft werden, und um dieses Problem geht es mir jetzt.

Sicherlich kann man die Regelung im Ladenöffnungsgesetz kontrovers diskutieren. Auch in meiner Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gibt es dazu unterschiedliche Ansichten. Aber das ist im Prozess politischer Meinungsbildung normal und gewollt und um dem Rechnung zu tragen, haben wir das Abstimmungsverhalten freigegeben.

Schließlich gilt es, den Spagat zwischen den unternehmerischen Interessen der Klein- und mittelständischen Wirtschaft einerseits und dem Schutz des freien Sonntags andererseits zu schaffen. Dieser darf nicht angegriffen werden – darin sind wir uns einig –, damit aus der Ausnahme nicht die Regel wird.