Es beginnt nämlich damit, dass in Sachsen nicht der Kultusminister die Leitlinien der Bildungspolitik bestimmt, sondern vor allem der Finanzminister.
Das glaube ich Ihnen gern – wir sind neu im Parlament, deswegen kann ich das leider erst jetzt sagen.
Arbeitsbedingungen und Anerkennung der Lehrer entsprechen längst nicht dem, was die Eltern und der Staat von ihnen heutzutage erwarten. Dabei wissen wir eigentlich ganz genau, dass der Lernerfolg der Schüler in
Lehrer, meine Damen und Herren, sind eben keine Nummern im Haushaltsplan, die einfach mal nach Belieben hin- und hergeschoben werden. Sie müssen genauso motiviert werden, wie dies jedes gute Unternehmen für seine Mitarbeiter tut.
Das Handeln der Staatsregierung zeugt – ich muss sagen: leider – oft vom Gegenteil; es bringt eben nicht die Wertschätzung gegenüber diesem Beruf zum Ausdruck. Die radikalen Schließungspläne sorgen für Verunsicherung in der beruflichen Zukunft der Lehrer. Wir haben erlebt, was an den Grundschulen in Sachsen passiert ist mit dieser Zwangsteilzeitvereinbarung, die quasi fast Alterssozialfälle geschaffen hat, die zumindest zu Verunsicherung, zu Demotivation und zu Frust im Lehrerkollegium geführt hat, und das ist doch mehr als nachvollziehbar.
Das Damoklesschwert der Teilzeitvereinbarung hängt jetzt über den Mittelschullehrern. Natürlich, Herr Flath, ich gebe Ihnen Recht: Wir müssen langfristig schauen, wie sich Schülerzahlen entwickeln, und wir müssen auch Lehrerzahlen anpassen. Doch wenn man einmal zugrunde legt, wie hoch die tatsächliche Anzahl der Schüler pro Klasse ist, dann bedeutet das nämlich, wenn man es richtig durchrechnet, dass die Praxis anders aussieht: Wir bräuchten fast 1 000 Stellen mehr im Haushaltsplanentwurf, wenn wir die Realität berücksichtigen wollten.
Zur Art und Weise des Umgangs mit Lehrern, meine Damen und Herren: Einige erfahren erst wenige Tage vor Beginn des neuen Schuljahres, an welcher Schule sie eigentlich unterrichten. Das ist eine Lehrer-Landverschickung und wir brauchen uns nicht zu wundern, dass keine Identität an den Schulen aufgebaut werden kann.
Wenn ich mir das Lehreralter anschaue, insbesondere an den Grundschulen – 360 Grundschullehrer in Sachsen sind jünger als 35 Jahre; 1 249 sind älter als 60 Jahre –, dann gibt mir das zu denken. Nicht wenige Kinder müssen den Eindruck gewinnen, sie werden von ihren Großeltern unterrichtet.
Meine Damen und Herren, es geht auch ein Stück weit um das Berufsbild des Lehrers und hier ärgern mich auch manche Äußerungen, die nichts mit Geld zu tun haben, sondern die auch wiederum das Thema Wertschätzung betreffen. Herr Flath, Sie haben sinngemäß gesagt: Solange Lehrer ihren Fokus auf den Erhalt ihrer
Schule oder auf die anstehenden Verhandlungen über Teilzeitverträge setzen, seien sie nicht offen dafür, der Demokratievermittlung mehr Gewicht beizumessen. Ich glaube, eine solche Aussage ist schlichtweg peinlich.
Dass man Angst um seinen Arbeitsplatz hat, meine Damen und Herren, ist doch mehr als berechtigt und das hat nicht nur etwas mit Lehrern zu tun; so geht es heute auch vielen Leuten im Unternehmen oder in anderen Bereichen der öffentlichen Verwaltung. Mehr Wertschätzung, meine Damen und Herren, ist eben nicht nur eine Frage des Geldes, sondern des Umgangs. Hier hat die CDU viel eingerissen unter ehemaligen Kultusministern; leider wird diese Tradition jetzt fortgesetzt.
Leistung belohnen – das hat auch etwas damit zu tun, monetäre Anreize zu bieten. Es ist schön, wenn wir Leistungsprämien quasi theoretisch haben, aber sie praktisch nicht ausgezahlt werden kann. Überbürokratisierung an unseren Schulen, Lehrerausbildung, die die Lehrer quasi in den Praxisschock entlässt – meine Damen und Herren, das kann nicht die Zukunft des Lehrerberufes in Sachsen sein.
In der Vergangenheit waren Pfarrer, Ärzte und Lehrer die Berufsgruppen mit dem höchsten Ansehen. Ich glaube, wir sollten dafür sorgen, dass das wieder so ist.
Ich möchte enden mit einem Zitat von Mendelejew: „Ohne Vertrauen zum Lehrer kann das Lernen keine guten Früchte tragen.“ – Dem ist nichts hinzuzufügen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Thema dieser Debatte vermittelt den Eindruck, dass es sich bei dem geplanten Stellenabbau im Kultusbereich und bei der notwendigen Straffung der Schulnetzpläne allein um einen haushaltspolitischen Selbstzweck handelt. Herr Kollege Herbst hat es ja in seinem Redebeitrag auch wieder so darzustellen versucht. Daraus hergeleitet soll dann ein möglichst düsteres Bild von der Situation und den Perspektiven der Lehrer im Land vermittelt werden und schließlich gipfelt eine so angelegte Diskussion dann immer in der hehren Forderung: Bei der Bildung darf nicht gespart werden. Dafür bekommen Sie von vielen im Land sicherlich Beifall – auch von mir –, wenn Sie diese Forderung denn wahrhaftig interpretieren und die Umsetzung glaubhaft mit den vorhandenen Gegebenheiten in Einklang bringen. – Das haben Sie nicht getan, Herr Kollege Herbst.
In der Tat geht es im Bildungsbereich gerade nach „TIMSS“, „IGLU“ und „Pisa“ und auch im Blick auf die von uns initiierten Schulgesetznovellen eben nicht um fantasieloses Sparen, wohl aber darum, zur Kenntnis zu nehmen, dass die finanziellen Gestaltungsmöglichkeiten zur Lösung aller öffentlichen Aufgaben im Land zunehmend eingeschränkt sind und auf Dauer bleiben. Innerhalb dieser enger gewordenen Gestaltungsspiel
räume Prioritäten beispielsweise für die Bildung zu setzen kann aber eben nicht heißen – und das ist offensichtlich Ihre Interpretation –, alles beim Alten zu belassen.
Diese Tatsache anzuerkennen schafft vielmehr die Grundlage dafür, auch in Zukunft noch Gestaltungsmöglichkeiten zu haben, auch und gerade im Bildungsbereich, auch im Sinne von Entwicklungsperspektiven der dort Beschäftigten, meine Damen und Herren – Perspektiven im Übrigen, die mittlerweile 5,2 Millionen Menschen deutschlandweit zumindest aktuell nicht mehr haben. Auch diesen Bezug sollte man gerade im Blick auf diese Debatte einmal mit ins Auge nehmen.
Ein Zweites, was man in der Betrachtung zum aufgeworfenen Thema sicherlich nicht leichtfertig ausblenden kann, ist bekanntermaßen die demografische Entwicklung und sind die damit dauerhaft rückläufigen Schülerzahlen. Auch diese Entwicklung erfordert Konsequenzen der Stellenreduzierung ebenso wie die der Straffung des Schulnetzes.
Meine Damen und Herren, natürlich erwächst daraus auch Konfliktpotenzial für Schüler und Eltern, die sich an ein neues Lehr- und Lernumfeld, an längere, doch vertretbare Schulwege und an neue Lehrer gewöhnen müssen. Sicher ändert sich auch die berufliche Situation der Lehrerinnen und Lehrer vor Ort durch den Wechsel des Arbeitsplatzes, durch die notwendige Vernetzung der Arbeitszeit und durch das Erfordernis zu mehr Flexibilität. All das sind sicherlich Veränderungen, die nicht konfliktfrei zu bewältigen sind; aber es sind Veränderungen, meine Damen und Herren, die gestaltbar sind und nicht in individuelle Perspektivlosigkeit unserer Lehrer münden.
Ich bin zudem sicher, dass sich auch die Mehrzahl der Beschäftigten – der Lehrerinnen und Lehrer in diesem Land – dieser Herausforderung stellen will. Insofern sollten wir diese Debatte nicht als Schwarz-Weiß-Malerei betreiben, sondern unter nüchterner Kenntnisnahme aller Gegebenheiten auch die vorhandenen Gestaltungsmöglichkeiten im Blick behalten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP: Wir haben uns schon weit vor Ihrer Beteiligung an dieser Debatte mit diesen Gestaltungsmöglichkeiten befasst und entsprechende Initiativen entwickelt, die sich allerdings aus der ganzheitlichen Betrachtung, wie ich sie eben umrissen habe, herleiten. So will ich an den Beschluss erinnern, dass trotz einer Halbierung der Schülerzahl 70 % der Lehrerstellen über die Jahre hinweg erhalten bleiben; diese Festlegung gilt auch für die kommenden Jahre und eröffnet durchaus flexible Gestaltungsmöglichkeiten im Blick auf die Entwicklungen.
Im aktuellen Haushalt ist ein Stellenzuwachs für Grundschulen, Förderschulen und Berufsschulen vorgesehen, und nachweisbar haben wir in den zurückliegenden Jahren immer wieder auch einen Einstellungskorridor für Junglehrer offen gehalten; ich will das noch einmal an den aktuellen Zahlen verdeutlichen: In Vorbereitung des Schuljahres 2004/2005 stellten die Regionalschulämter 210 Lehrerinnen und Lehrer ein, davon 200 unbefristet. Mehr als die Hälfte davon waren Absolventen der staatlichen Seminare in Sachsen, die sich beworben und dieses Einstellungsangebot angenommen haben. – So viel zu Ihrer Interpretation der Überalterung und des nicht
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir hören in den letzten Tagen und Wochen vom Stellenabbau im Lehrerbereich. Es entsteht der Eindruck, als hätte es bisher eigentlich gar keinen Stellenabbau im Lehrerbereich gegeben. Dieser findet seit Jahren statt – übrigens auch an Berufsschulen, Förderschulen und Grundschulen. Ich habe soeben Zahlen gehört und möchte das untersetzen, um dem Hohen Haus die Situation noch einmal bewusst zu machen: im Jahre 2004 Abbau von 208 Stellen im Förderschulbereich, im Jahre 2005 Abbau von 188 Stellen in diesem Bereich; im Jahre 2004 Abbau von 123 Stellen im Berufsschulbereich, im Jahre 2005 Abbau von 120 Stellen in diesem Bereich.
Ich komme zu den Grundschulen; wir reden immer davon, dass es hier viel mehr sein müssen: im Jahre 2004 Abbau von 128 Stellen im Grundschulbereich, im Jahre 2005 Abbau von 162 Stellen in diesem Bereich. Wir werden sicherlich im Rahmen der Haushaltsberatungen mehr Zeit haben, darüber zu debattieren.
Im Jahre 1992 erfolgte ein gigantischer Stellenabbau im Lehrerbereich, der dazu führte, dass eine große Anzahl der beschäftigten Lehrer in 82,5-%-Teilzeit gelandet ist. Nach diesem Stellenabbau hat der Freistaat die Zahl der Pflichtstunden erhöht. Damals erklärte uns Herr Biedenkopf, das sei nur vorübergehend. „Vorübergehend“ ging bis in das Jahr 2004; denn erst im vergangenen Jahr wurde die Zahl der Pflichtstunden für Mittelschul- und Gymnasiallehrer wieder gesenkt – um eine Stunde; zwei mehr waren es damals!
Ein weiterer gigantischer Stellenabbau ergab sich aus der Teilzeitvereinbarung für die Grundschullehrer im Jahre 1997. Was die damalige Berechnungsgrundlage für das Arbeitsvolumen der Grundschullehrer betrifft – hören Sie mir jetzt bitte genau zu! –, hatte das Kultusministerium ausgerechnet, dass im Schuljahr 2004/2005 für jeden Lehrer im Grundschulbereich ein Arbeitsvolumen von 37 % zur Verfügung stehen werde. Das ist jetzt! Wir brauchen in diesem und insbesondere im nächsten Jahr – das wissen wir und das ist, denke ich, unumstritten – ein Arbeitsvolumen, das bei über 80 % des Arbeitsvolumens im Grundschulbereich liegt.
Die reine Behauptung „Wir haben zu viele Lehrer“ reicht mir nicht aus. Bis heute habe ich nichts gesehen, woraus man schließen könnte, dass wir einen Stellenabbau brauchen.
In diesem Zeitraum haben sie 21 000 Lehrerstellen abgebaut. Lassen Sie sich das bitte noch einmal bewusst vor Augen führen!
Im Jahre 2010 werden wir 25 000 Lehrerstellen haben, wenn der Stellenabbau so passiert, wie er vorgesehen ist. Das sind weniger als 50 % und nicht 70 %, jedenfalls nach meiner Rechenart.
Ich habe mich in Vorbereitung der Aktuellen Stunde in Leipzig umgesehen, um festzustellen, wie es an den Schulen wirklich aussieht; ich hatte es vorher gewusst, wollte aber noch einmal genau nachschauen. Derzeit gibt es in der Stadt Leipzig keine Schule, egal welcher Schulart, wo auch nur eine einzige Stunde zu viel wäre. Im Gegenteil, an unendlich vielen Schulen in der Stadt Leipzig – ich weiß, dass das ein günstiges Beispiel ist; das will ich ehrlich zugeben – kommt es zu planmäßigem Unterrichtsausfall. Was ist „planmäßiger Unterrichtsausfall“? Nach Lesart des Kultusministeriums gibt es so etwas nur zu Beginn des Schuljahres, danach nicht mehr. Das ist meiner Auffassung nach eine Verschleierung.
Aus den Regionalschulämtern höre ich: Frau Falken, gegen welche Verwaltungsvorschrift wir bei der Zuweisung von Stellen verstoßen, ist inzwischen eigentlich egal. Ob es sich um einen Verstoß gegen die Verwaltungsvorschriften, über Zuweisungen vom Ergänzungsbereich, vom Grundbereich oder gar von Integrationsstunden handelt, spielt unter dem Strich zurzeit keine Rolle mehr. Das gilt übrigens nicht nur für Dresden.
Bis jetzt wurden 800 Schulen im Freistaat Sachsen geschlossen. Angekündigt ist die Schließung weiterer 100 Mittelschulen und von 25 Gymnasien. Auch im Grundschulbereich soll „optimiert“ werden, was auch immer das heißen mag. Ich denke, dass unser neuer Kultusminister in diesem Jahr die 1000. Schulschließung „feiern“ kann.