Zur Drucksache 4/13700, „Gentechnikfreie Bewirtschaftung der Flächen des Freistaates Sachsen“: Der Antrag der GRÜNEN ist gut. Er ergänzt auf konsequente Weise unseren Antrag vom Januar 2005 „Förderung gentechnikfreier Landwirtschaftsregionen in Sachsen“. Der Antrag ist gut, weil er die Staatsregierung in die Pflicht nimmt, sich ihrer Vorbildrolle und ihrer Verantwortung gegenüber den Landwirten und der Natur bewusst zu werden. Der Antrag ist gut, weil die grüne Gentechnik von der übergroßen Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt wird. Herr Weichert nannte vorhin schon die Zahl. Der Antrag ist vor allem deshalb gut, weil mit der gentechnikfreien Bewirtschaftung der Flächen des Freistaates Sachsen, auch wenn es nur reichlich 20 Hektar sind, eine Signalwirkung ausgeht, dass unsere Natur- und Kulturlandschaft vor den unabwägbaren Risiken der gentechnisch veränderten Organismen geschützt, dass die konventionelle und ökologische Landwirtschaft gestärkt und damit heimischen Bauern und Imkern, der ganzen sächsischen Agrarwirtschaft, eine nachhaltige Perspektive geboten wird.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In Sachsen spielt gegenwärtig beim Anbau gentechnisch veränderter Kulturen praktisch nur der Anbau von Genmais eine Rolle. Lassen Sie mich zunächst einmal ganz nüchtern einen Blick auf die aktuelle Situation in Sachsen bezüglich des Anbaus von Genmais werfen.
In Sachsen erfolgt der Maisanbau auf rund 82 000 Hektar. Auf rund 1 % dieser Fläche wird Genmais angebaut. Gerade einmal 21,5 Hektar gehören davon dem Freistaat. Das sind rund 2,5 % der Genmaisanbaufläche. Man kann
also konstatieren, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt der Anbau von Genmais auf freistaateigenen Flächen eine sehr untergeordnete Rolle spielt. Im Umkehrschluss heißt das, dass der überaus größte Anteil der Anbaufläche Privateigentum ist und sich dieser Regelung entzieht. Bereits daraus ließe sich weiter schlussfolgern, dass Ihr Antrag damit ziemlich ins Leere läuft, weil die Ziele Ihres Antrages, Verunreinigungen zu vermeiden, mit diesen Maßnahmen praktisch nicht erreicht werden können. Die Sorge darum ist aber berechtigt.
Der Umgang mit Verunreinigungen ist von enormer Bedeutung für das Vertrauen der Verbraucher in die Sicherheit und Unbedenklichkeit von Produkten. Die aktuellen Debatten belegen auch, dass die grüne Gentechnik nicht nur ein Akzeptanzproblem bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern hat, sondern dass wir von einer verträglichen Koexistenz noch ein ganzes Stück entfernt sind. Koexistenz und Wahlfreiheit sind auf Dauer nur zu erhalten, wenn vom Saatgut als erstem Glied der Produktionskette über die weitere Verarbeitung bis hin zum fertigen Lebensmittel ein Höchstmaß an Sorgfalt eingehalten wird. Die Erfahrungen mit der Freisetzung und dem Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen zeigen, dass auch die Kosten der Koexistenz erheblich sein können.
Nach gegenwärtigem Recht ist die Profilierung von Regionen, zum Beispiel als Naturschutz- und Tourismusregion oder als forschungs- oder biomasseorientierte Region, unnötig erschwert. Der Erfolg und die wirtschaftliche Tragfähigkeit, zum Beispiel von gentechnikfreien Regionen, kann durch die Entscheidung einzelner Grundstücksbesitzer leicht gefährdet werden, indem einzelne Parzellen mit gentechnisch veränderten Pflanzen bestellt werden und damit Kosten für Vorsorgemaßnahmen und Analysen ausgelöst werden, die nach den Haftungsregeln nicht ausgeglichen werden können. Hinzu kommt gegebenenfalls ein Imageschaden für besonders beworbene Regionen. In besonderen Einzelfällen sehe ich möglicherweise Handlungsbedarf im Sinne dieses Antrags. Es gibt zwar ein Beispiel: Die Stadt Bad Düben untersagt den Anbau von Genmais auf stadteigenen Flächen. Aber auch dadurch kann sie das Problem nicht lösen, in einer Tourismusregion eine gentechnikfreie Zone zu schaffen.
Insofern hat diese gut gemeinte Regelung keinen Effekt, selbst wenn Pachtverträge einen Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen ausschließen. Für laufende Pachtverträge ist dies im Übrigen grundsätzlich nur einvernehmlich möglich. Was wir hier brauchen, sind gesetzliche Regelungen auf europäischer Ebene. Hierzu hat die SPD auf Bundesebene bereits konkrete Forderungen eingebracht, insbesondere auch für die Errichtung gentechnikfreier Zonen die notwendigen Rechtsgrundlagen zu schaffen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag, mit dem sich die Antragsteller für eine gentechnikfreie Bewirtschaftung sächsischer Ackerflächen einsetzen, findet natürlich die vollumfängliche Zustimmung der NPD.
Wie von meinen Vorrednern bereits richtig ausgeführt wurde, liegen im Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen erhebliche Gefahren für den Menschen und den gesamten Naturhaushalt. Diese Gefährdung wiederholt sich Jahr für Jahr. Denn in jedem Frühjahr stehen wir erneut vor demselben Problem, dass uns Monsanto oder irgendein anderer weltweit agierender Agrokonzern mit einer neuen Genpflanze auf unseren Äckern beglücken will, um seine Kassen zu füllen, sei es als sogenannter Anbauversuch oder inzwischen schon vollumfänglich in Form des kommerziellen Anbaus.
Der Freistaat Sachsen gehört aber leider bis heute zu den traurigen Spitzenreitern in Sachen Gentechnik. Denn ein nicht unerheblicher Teil des Anbaus gentechnikveränderter Pflanzen findet in Sachsen statt.
Neben einer Reihe skurriler Versuche hat gerade der Anbau des Transgenmaises MON810 in Sachsen in den letzten Jahren sprunghaft zugenommen. Ich möchte an dieser Stelle an die unglaublichen Vorgänge des letzten Jahres erinnern, als das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit den Handel mit Saatgut für MON810 wegen erheblicher Gefahren erst nach der Aussaat verboten hatte.
Die NPD-Fraktion hatte damals gefordert, dass der bereits ausgesäte Mais unverzüglich von den sächsischen Feldern wieder verschwinden soll. Ein Produkt wie MON810, dessen Genehmigung wegen erheblicher Risiken zu Recht entzogen wurde, wollten wir als NPD-Fraktion keinesfalls auf sächsischen Feldern wachsen sehen. Geschehen ist nichts. Der Genmais von Monsanto konnte mit dem Segen der christlichen Union weiter wachsen.
Die NPD fordert bis heute ein generelles Verbot von gentechnisch verändertem Mais wie MON810. Andere Länder in Europa haben diese Verbote längst erlassen, auch gegen den Druck der EU, der WTO, der Agrokonzerne und des amerikanischen Außenministeriums. Österreich, Ungarn, Griechenland und Polen haben aus gutem Grund Einfuhrverbote für MON810 erlassen. Die BRD und gerade auch der Freistaat Sachsen sind aber immer noch ein riesengroßes Freiluftlaboratorium für Genmais.
Auch wenn ich sicher bin, dass die Antragsteller dies selbst wissen, möchte ich in diesem Zusammenhang noch darauf hinweisen, dass es nicht allein um die Gefahren der Auskreuzung des Pollenfluges geht. Die Auskreuzung stellt natürlich besonders bei Kreuzblütengewächsen wie beispielsweise Raps eine ganz erhebliche Gefahr dar.
Bei dem in der Antragsbegründung genannten Mais MON810 liegen die Probleme darüber hinaus auch noch in zusätzlichen, schwer kalkulierbaren Gefahren, die vom Bt-Toxin für die Umwelt und den Menschen ausgehen.
Zum Abschluss möchte ich noch einmal betonen: Wir von der NPD beziehen zur Frage der grünen Gentechnik eine ganz klare Position. Als NPD lehnen wir die grüne Gentechnik ausnahmslos ab. Wir wollen keine Koexistenz, wir wollen dauerhaft keine Gentechnik auf unseren Äckern.
Aus unserer Sicht ist es ein Verbrechen, an den Genen, den elementaren Bausteinen des Lebens, herumzubasteln, ohne überhaupt die potenziellen Langzeitfolgen und Wechselwirkungen für Mensch und Natur zu kennen. Die Grüne Gentechnik dient letzten Endes nur einem einzigen Zweck, der Gewinnmaximierung der weltweit agierenden Agrar- und Chemiekonzerne wie Monsanto.
Wir wollen nirgendwo auf deutschem Boden transgene Pflanzen und setzen uns für ein komplettes Einfuhr- und Ausfuhrverbot für gentechnisch veränderte Lebewesen ein. Dabei ist es für uns völlig unerheblich, ob es sich bei einem Anbau um Flächen des Freistaates Sachsen handelt oder nicht.
Da sich der vorliegende Antrag weniger auf die landeseigenen Flächen bezieht, sondern vielmehr als Zeichen gegen die Ausbreitung der Gentechnik überhaupt zu sehen ist, wird die NPD-Fraktion diesem Antrag selbstverständlich zustimmen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wer etwas nicht will, sucht Gründe, und seien es Abgründe. Wer etwas will, sucht Wege.
Weil die GRÜNE-Fraktion zum x-ten Mal das Thema Gentechnik hier in diesen Landtag gebracht hat, werden wir es auch zum x-ten Mal ablehnen. Obwohl es sehr clever war, nicht Herrn Lichdi, sondern Micha Weichert hier als Sprecher zu platzieren, werden wir es trotzdem auch inhaltlich ablehnen.
Gibt es seitens der Fraktionen noch Aussprachebedarf? – Herr Staatsminister Kupfer, auch Sie haben wieder das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Diskussion zeigt einmal mehr, wie emotionsbeladen die Grüne Gentechnik ist und wie sehr sie auch polarisiert.
Es ist bedauerlich, dass die Diskussion nach wie vor teilweise sehr unsachlich geführt wird. Damit wird ein Klima der Verunsicherung bei Landwirten und Verbrauchern geschaffen. Was wir brauchen, ist mehr Sachlichkeit und Transparenz.
Halten wir uns daher an die Fakten. Unstrittig ist – das haben auch meine Vorredner eingeräumt –, dass der Anbau der Linie MON810 rechtlich nicht zu beanstanden ist. Für ihn liegt sowohl eine gentechnikrechtliche als auch eine sortenrechtliche Zulassung vor. Im Rahmen der gentechnikrechtlichen Genehmigungsverfahren wurde die Unbedenklichkeit von MON810 für Mensch und Umwelt festgestellt.
Diese Feststellung ist mir wichtig, weil damit eines klargestellt wird: Bei der Frage der Koexistenz der Landwirtschaft mit und ohne Gentechnik geht es nicht – wie oft fälschlicherweise der Eindruck entsteht – um die Sicherheitsaspekte. Die Regelungen zur Koexistenz dienen lediglich dem Zweck, ein verträgliches Miteinander der Landwirtschaft mit und ohne Gentechnik zu gewährleisten und wirtschaftliche Schäden zu vermeiden.
Sie begründen Ihren Antrag vor allem damit, dass die Kennzeichnungsschwellenwerte für Lebens- und Futtermittel bei 0,9 % keine „echte“ Wahlfreiheit für Verbraucher und Landwirte zulassen würden. Zur Gewährleistung echter Koexistenz fordern Sie zudem weitergehende Regelungen auf Landes- und Bundesebene.
Man könnte trefflich darüber philosophieren, was „echt“ in diesem Zusammenhang bedeutet. Fest steht: Ein Grenzwert von Null für die Kennzeichnung von Lebens- und Futtermitteln würde einem Verbot des Anbaus von gentechnisch veränderten Pflanzen gleichkommen. Der Austrag von Pollen durch Wind und Insekten ist nicht völlig zu vermeiden. Es ist bei konventionell gezüchtetem Mais der Fall, und dies ist auch bei Gentechnikpflanzen so.
Können Sie mir sagen, wie es mit der Haftung aussieht, wenn auf den staatseigenen Flächen, den Landesflächen …