Protokoll der Sitzung vom 19.04.2005

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Ohne dass wir den Schulen die Verantwortung für die Bildungsprozesse übertragen und damit von engen Strukturvorgaben befreien, ohne dass wir aufhören, die Lehrer als Stundenhalter bis zur letzten Stunde zu ver

planen, ohne dass wir mehr Flexibilität in den Lehrereinsatz bringen, werden wir mit den zu beschließenden Stellen nicht auskommen. Das muss uns klar sein.

(Beifall der Abg. Rita Henke, CDU, Thomas Colditz, CDU, und Prof. Dr. Cornelius Weiss, SPD)

Ich möchte noch auf zwei Aspekte des Einzelplanes eingehen, die gleichfalls auf den Koalitionsvertrag zurückgehen. Der eine Aspekt ist der Schuleingang, der zweite die Ganztagsangebote. Wir haben nicht nur ein vorschulisches Jahr in der Kita vereinbart und mit diesem Haushalt umgesetzt, sondern wir haben auch eine Aufstockung der Stellen im Grundschulbereich für die Schuleingangsphase realisiert. Wie Sie wissen, haben wir verhindern können, dass diese Aufstockung durch den kw-Vollzug bis zum Jahre 2007 kompensiert wird. Vielmehr haben wir den Vollzug um drei Jahre verschoben. Ich sage Ihnen ganz offen, dass wir im Grundschulbereich eine Relation von 15 Schülern pro Lehrer haben wollen.

Wir wissen nur zu gut, dass eine Anfangsinvestition spätere ersetzen kann. Für diesen Haushalt haben wir gesichert, dass die ersten zwei Schuljahre deutlich besser ausgestattet werden können, und das ist überfällig. Denn so richtig die Einführung der verbesserten Schuleingangsphase in der Vergangenheit war, so wenig kann sie gelingen, wenn sie nicht entsprechend untersetzt ist. Wenn die Schulen jetzt zwei Stunden zusätzlich zur Verfügung haben, ist es eben deutlich weniger als das, was im Schulversuch zur Verfügung stand. Kein Wunder, dass die dort erprobten Konzepte nicht so einfach übertragbar sind, kein Wunder, dass die erhofften Effekte wohl so nicht eintreten.

Wir werden deshalb dafür Sorge tragen, dass die zusätzlichen Stellen nicht in der allgemeinen Unterrichtsversorgung untergehen, sondern für die Schuleingangsphase reserviert bleiben.

Schließlich noch eine der erfreulichsten Neuerungen dieses Haushalts. Wir haben erstmals Mittel in nennenswertem Umfang für den Betrieb von Ganztagsangeboten, nämlich jährlich 30 Millionen Euro. Das ist ein Durchbruch und wird diese Angebote vor allem in der Sekundarstufe I nicht nur anwachsen lassen, sondern auf eine solide Basis stellen. Damit werden wir auch die Qualitätsstandards erreichen, die wir bei Ganztagsschulen ansetzen wollen.

Es kommt nun darauf an, schnell die entsprechende Förderrichtlinie zu erlassen, denn es ist wohl allen klar, dass diese Mittel nicht wie die bisher und zukünftig zur Verfügung stehenden Projektmittel „Schuljugendarbeit im Rahmen von Ganztagsangeboten“ vergeben werden können. Wir brauchen weder Bürokratie noch Diskontinuität in diesem Bereich. Wir stehen in Sachsen endlich an dem Punkt, eine Trendwende in Richtung Ganztagsangebote eingeleitet und durch den Haushalt untersetzt zu haben.

Wenn Sie übrigens die damit den Schulen zustehenden Personalmittel in dem Maße der Berechnung der Schüler-Lehrer-Relation zuschlagen, wie sie für Lehrpersonal

ausgegeben werden, dann verbessert sie sich eben noch mehr. Schließlich möchte ich noch auf die Weiterbildung zu sprechen kommen. Wir haben in der Koalition eine Kürzung der Zuschüsse verhindert. Wir müssen diesem Bereich in Zukunft mehr Beachtung schenken. Dann werden wir vielleicht weniger Diskussionen bei anderen Haushaltsansätzen haben. Auf jeden Fall bleibt die institutionalisierte allgemeine Weiterbildung auch nach der praktischen Verstetigung der Ansätze eher unterbelichtet.

Herr Dulig, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Herr Dulig, ich möchte gern wissen, ob Sie in der Berechnung der Schüler-Lehrer-Relation alle Lehrerstellen berücksichtigt haben, die Sie im Haushalt ausweisen, oder ob sie anders berechnet worden ist.

Wir haben sowohl die aktuelle Schüler-Lehrer-Relation als auch die nicht dem Unterricht zur Verfügung Stehenden eingerechnet und kommen trotzdem zu einer besseren Relation, als es in Finnland der Fall ist. Wir wollen eine bessere Schule, eine bessere Bildung. Mit diesem Haushalt ist das möglich. Wir werden weiterhin darum kämpfen. Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön. – Für die NPD-Fraktion spricht Frau Schüßler.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Einzelplan 05 kommt zwar formal ohne Kürzungen aus, er weist sogar eine Aufstockung in Höhe von 156 Millionen Euro auf. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass das Schulsterben in Sachsen, vor allem in den ländlichen Regionen, dramatisch weitergeht, ebenso der Abbau der Lehrerstellen. Dem muss im Interesse unserer Kinder und der bildungspolitischen Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes entgegengewirkt werden. Wir sprechen in Deutschland von einer Bildungsmisere. Dies ist uns spätestens durch die Ergebnisse der PisaStudie vor Augen geführt worden. Eine Anhebung des Bildungsniveaus ist also erforderlich, damit Deutschland nicht weiter am unteren Mittelmaß herumdümpelt. Ein Blick über den eigenen Tellerrand ist sehr empfehlenswert. Ich denke zum Beispiel an eine Orientierung nach Finnland. Die Konzepte wird man sicherlich nicht 1 : 1 übernehmen können. Gerade der in den nächsten Jahren zu erwartende Rückgang der Schülerinnen und Schüler im Freistaat eröffnet auch hier bildungspolitisch neue Horizonte. Meine Damen und Herren, ich rede nicht vom Lehrerstellenabbau, wie die Staatsregierung es wünscht. Damit wir erreichen, dass die Schülerinnen und Schüler ihr Leistungsvermögen optimal ausschöpfen, ist eine ver

stärkte individuelle Förderung notwendig. Hier könnten also die neuen Bildungsmodelle ansetzen. Nicht die Vermassung des Bildungswesens führt zum gewünschten Erfolg, sondern die Orientierung an den Bedürfnissen der Schüler und die individuelle Förderung. Dass diese Konzepte Erfolg haben, macht uns gerade Finnland vor.

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Das sind aber Ausländer!)

Obwohl unser Freistaat im deutschlandweiten Vergleich noch relativ gut dasteht, ist Sachsen im Gesamtvergleich auch nur noch als einäugig unter Blinden zu bezeichnen.

(Heiterkeit bei der PDS)

Wir Nationaldemokraten wollen, dass aus Deutschland und seiner einstigen „Genieecke“ Sachsen wieder ein Land der Bildung, der Kultur und der wissenschaftlichen Höchstleistung wird. Schulen, die diesen Namen verdienen, sind eben nicht zum Nulltarif zu haben. Der Staat muss in sie investieren. Es müssen mehr und nicht weniger Lehrerstellen geschaffen werden. In Sachsen besteht durch den bedauernswerten Schülerrückgang auch die einmalige Chance, ein dem finnischen Betreuungssystem vergleichbares Schulsystem aufzubauen.

Die wachsende Zahl von Schülern ohne Schulabschluss, die kaum eine Ausbildungschance haben und später das Millionenheer der Arbeitslosen vergrößern werden, könnte so verringert werden. Kleinstaaterei bei pädagogischen Leistungen und Konzepten bis hin zur Bezahlung der Lehrer nach Kassenlage, wie es im Dezember 2004 in der Landkreisversammlung des Sächsischen Landkreistages in Waldheim gefordert wurde, wird die Pisa-Ergebnisse kaum verbessern.

Investitionen in die Ausbildung der Kinder und Jugendlichen sind Investitionen in die Zukunft. Vor allem sind sie kostengünstiger als das Auffangen Ausbildungsloser ohne Arbeit im sozialen Netz. Die NPD-Fraktion fordert deshalb mehr Unterrichtsverpflichtungen der Grundschullehrer, wobei die geplanten 800 zusätzlichen Stellen aus unserer Sicht nur ein erster Anfang sein können.

Wir fordern des Weiteren eine fachgerechte Erteilung des Unterrichts an weiterführenden Schulen, eine Lehrerreserve, um den Unterrichtsausfall zu minimieren, eine hundertprozentige Erfüllung der Stundentafel an berufsbildenden und Förderschulen, die volle Zuweisung des Ergänzungsangebotes und ausreichende Fortbildungsangebote für Pädagogen.

Von all dem sind wir heute jedoch geradezu Lichtjahre entfernt. Auch deshalb bedarf es eines Politikwechsels hin zu einer nationalen Opposition.

(Zurufe von der SPD – Unruhe im Saal)

Einen ersten Anfang haben wir mit der Reduzierung der in den Einzelplan 15 eingestellten so genannten globalen Minderausgabe für Personalkosten von 50 auf 25 Millionen Euro gemacht. Durch die Verminderung des Sparzwanges in diesem Bereich sollen speziell an Mittelschulen und Gymnasien mehr Lehrerstellen geschaffen werden, um insbesondere in den strukturschwachen Regionen Sachsens diese Schulen weiterführen zu können.

Mit der Verdoppelung der kommunalen Investitionspauschale von 50 auf 100 Millionen Euro soll die kommunale Investitionstätigkeit insbesondere auch auf dem Bildungssektor mit dem Ziel der Schulstandorterhaltung gefördert werden. Dagegen ist es für uns Nationaldemokraten nicht einsehbar, dass kleine Minderheiten in Zeiten knapper Kassen eindeutig von der Mehrheit der Bevölkerung bevorzugt werden.

Aus diesem Grund wollen wir zum Beispiel die neben den staatsvertraglichen Leistungen als freiwillige Leistungen ohne jegliche Verpflichtung gewährten Zuschüsse an die Jüdischen Gemeinden kürzen. Darunter fällt zum Beispiel ein Zuschuss von jährlich 81 800 Euro für den Landesrabbiner

(Pfui! bei der PDS)

ebenso wie Zuschüsse in Höhe von 1 310 000 Euro bis 2006 für den Bau des Gemeindezentrums der Synagoge in Leipzig oder von 242 000 Euro für die Synagoge in Chemnitz.

(Zurufe und Unruhe im Saal)

Ebenso kürzen wollen wir natürlich die insgesamt 465 000 Euro für die – –

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, ich gestatte keine Zwischenfrage. – so genannte Landeszentrale für politische Bildung, welche besser „Landeszentrale für politische Hetze gegen Andersdenkende“ heißen sollte.

(Zurufe von der PDS)

Die so eingesparten Mittel könnten gern im Schulwesen eingesetzt werden.

Meine Damen und Herren, ich bedanke mich für Ihre ungeteilte Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Für die FDP-Fraktion spricht Herr Herbst.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit einem Volumen von rund 2,3 Milliarden Euro ist der Haushaltsplan des Kultusministeriums der zweitgrößte Einzelplan im Gesamthaushalt. Dementsprechend kommt ihm auch besondere Bedeutung zu. Die Bildungspolitik, meine Damen und Herren, ist zudem eines der Politikfelder in Sachsen, das wir aus eigener Kraft größtmöglich ausgestalten können. In vielen anderen Politikfeldern ist das nicht mehr in dem Maße möglich.

Im Koalitionsvertrag haben CDU und SPD das Thema Bildung als politischen Schwerpunkt definiert. Noch heute Vormittag – wir haben es gehört – hat der Ministerpräsident gesagt, dass wir es unseren Kindern und Enkelkindern schuldig sind, ihnen die besten Bedingun

gen an den Schulen zu bieten. Diesen Satz kann ich auch unterschreiben.

(Dr. André Hahn, PDS: Da hat er Recht!)

Nur, meine Damen und Herren, dieser Haushaltsplan, der hier vorliegt, ist von diesem Ziel meilenweit entfernt.

Sowohl heute als auch in der Vergangenheit haben wir hier im Landtag bei Debatten zum Thema Bildung Stichworte wie höhere Unterrichtsqualität, neues Schulklima, mehr Eigenverantwortung für die Schulen vor Ort gehört. Gerade von den Kollegen der SPD wird das ja immer angebracht. Doch wenn ich mir den Haushaltsplan ansehe, da muss ich feststellen, dass selten Anspruch und Wirklichkeit, manifestiert mit Zahlen, so weit auseinander klaffen.

(Beifall bei der FDP)

Wie will denn, meine Damen und Herren, die Staatsregierung, wie wollen denn CDU und SPD eine höhere Bildungsqualität erreichen? Etwa mit dem Abbau von 3 399 Lehrerstellen, mit der Schließung von 150 Mittelschulen und noch einmal zehn Gymnasien,