Protokoll der Sitzung vom 26.06.2009

Wir forderten damals und fordern noch heute unter anderem eine Senkung der Mindestschülerzahlen. Die Mindestzügigkeit und die Schülerzahl pro Klasse müssen aufgehoben werden.

(Beifall der Abg. Cornelia Falken, Linksfraktion)

Wir forderten damals und fordern noch heute, jahrgangsübergreifenden Unterricht zu ermöglichen. Wir forderten

damals und fordern noch heute eine größere Flexibilität bei der Schulnetzplanung. Voraussetzungen für Schulverbünde zwischen allen Schularten werden verbindlich geregelt, gefährdete Schulstandorte können somit erhalten werden. Schulzentren mit verschiedenen Schularten unter einem Dach werden ermöglicht und schließlich der Einfluss der Schulaufsicht auf die Schulnetzplanung auf die Rechtsprüfung im Rahmen des Schulgesetzes beschränkt.

Meine Damen und Herren, wären Sie damals unserem Gesetzentwurf gefolgt, müssten wir heute nicht diese Debatte führen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Koalition hat vier Jahre verschenkt. Wir stehen am selben Punkt wie im Frühjahr 2005, mit dem einzigen Unterschied, dass in der Zwischenzeit weiter Schulen geschlossen wurden, in den Kommunen damit auch ganze Teile des kommunalen Lebens niedergegangen sind und sich Schulwege für viele Schülerinnen und Schüler in geradezu unvertretbarem Maße verlängert haben. Ganze Regionen sind zur schulfreien Zone geworden.

Herr Flath hat im Mai 2005 in einer von uns GRÜNEN beantragten Aktuellen Debatte an uns folgendermaßen appelliert: „Vielleicht kann ich die Opposition überzeugen, mich in den nächsten Wochen insofern zu unterstützen, als sie sich einfach an der Debatte nicht beteiligt.“

(Lachen bei den GRÜNEN)

Gemeint war die Debatte zu den damals bevorstehenden Schulschließungen. Das hätte Ihnen sicher gut gefallen. Gewerkschaften, Eltern, Schüler, Kommunalpolitiker und wir von der Opposition sollten einfach zu den schulpolitischen Grausamkeiten des Herrn Flath schweigen. Das ist das Demokratieverständnis der CDU! Auch daran hat sich leider in den vergangenen Jahren nichts geändert.

Mit der fragwürdigen Praxis der Vergabe von Fördermitteln setzen Sie bis zum heutigen Tage Ihre Schulschließungspolitik mehr oder weniger verdeckt fort und weigern sich wie schon seit Jahren aus rein ideologischen Gründen, eine Debatte über moderne Schulstrukturen und alternative Unterrichtsformen gerade auch für den dünn besiedelten Raum zu führen.

Ich fürchte allerdings, dass die Bestrebungen der FDP, gemeinsam mit der CDU künftig Schulschließungen zu verhindern, ähnlich erfolglos enden werden, wie der Versuch der Sozialdemokraten, gemeinsam mit der CDU Gemeinschaftsschulen aufzubauen. Wenn Herr Wöller heute über die Presse verkündet, die FDP sei bezüglich ihrer Schulpolitik nicht regierungsfähig, dann kann ich nur feststellen: Da haben Sie ja etwas gemeinsam!

Danke schön.

(Heiterkeit und Beifall bei den GRÜNEN)

Ich erteile das Wort der Fraktion der FDP. Wird das gewünscht? – Nicht. Dann frage ich die CDU-Fraktion.

(Torsten Herbst, FDP, signalisiert Redebedarf.)

Herr Herbst, ein wenig aufmerksam müssen Sie schon sein, wenn Sie aufgerufen werden.

Ich wurde gerade von der CDU abgelenkt.

Meine Damen und Herren der Koalition, dass Ihnen die Diskussion unangenehm ist, kann ich irgendwie verstehen. Ich weiß, es ist die letzte Sitzung, Herr Colditz,

(Heinz Lehmann, CDU: Für uns nicht!)

aber dass wir jetzt ein Auge zudrücken und nur Wohlfühlthemen auf die Tagesordnung setzen, das Zugeständnis können wir Ihnen leider nicht machen.

Es wird immer behauptet, dass Alternativen zu Schulschließungen nicht vorhanden sind. Da sage ich: Alternativlos ist der Tod, zu allen anderen Themen kann man immer Möglichkeiten finden.

(Beifall bei der FDP und der Linksfraktion)

Ich glaube, dass man Unterschiede machen sollte, Unterschiede zwischen Stadt und Land, zwischen dichter und dünner besiedelten Regionen,

(Staatsminister Frank Kupfer: Machen wir doch!)

und dass sich das im Schulgesetz wiederfinden sollte.

Längeres gemeinsames Lernen bis zur Klasse 6 wäre übrigens auch eine Möglichkeit, um Schulstandorte in den Regionen zu sichern.

Es gibt intelligente Lösungen, nur habe ich den Eindruck, dass die Regierungsfraktionen, aber insbesondere das Kultusministerium diese nicht wollen. Wenn Martin Dulig hier ein bisschen jammert, dass er eigentlich nicht für diese Schulschließungen ist, kann ich aus heutiger Sicht nur sagen: Die SPD windet sich, weil sie einmal etwas anderes wollte und in ihrem Wahlprogramm vieles gefordert hat, das aber nun nicht liefern kann, weil sie sich nicht durchgesetzt hat. Aber das ist eine Sache, die man am Anfang einer Koalition im Koalitionsvertrag regeln muss, und wenn man dies nicht tut, dann muss man auch damit leben, dass man für die Ergebnisse in Haftung gezogen wird, wenn man regiert.

(Beifall bei der FDP)

Am 23. März 2009 hatte der Kultusminister gesagt: Wir schließen keine Schulen mehr vom Land aus, aber wir wissen: 75 Schulen stehen weiter unter Beobachtungsstatus, weitere 13 Schulen dürfen keine neuen Klassen einrichten. Was ist denn das – außer einem ganz klaren Weg hin zu weiteren Schulschließungen? Ich denke, man sollte an dieser Stelle den Bürgern keinen Sand in die Augen streuen, weil es nämlich egal ist, ob die Schulen direkt oder indirekt geschlossen werden. Wenn der Schulstandort wegfällt, ist dies ein Verlust für die Gemeinde und eine Belastung für die Schüler und die Eltern.

(Zuruf des Staatsministers Frank Kupfer)

Es hat niemand hier, auch die Koalition bisher nicht, einmal ehrlich vorrechnen können, was denn die Einsparungen oder die Verbesserungen durch die Schulschließungen sind. Das habe ich nicht gehört. Ich sehe nur, dass sich die Regierung Alternativen verweigert. Man kann natürlich – und man muss auch – über Geld sprechen, da Geld nur endlich vorhanden ist, auch im Staatshaushalt. Das sagen auch wir von der Opposition. Aber, meine Damen und Herren, es ist die Frage, welche Prioritäten man setzt. Wir haben bei der Verwaltungsreform diskutiert, ob man beispielsweise drei Landesdirektionen – früher Regierungspräsidien – braucht. Sie kosten, wenn ich es richtig im Kopf habe, in jedem Jahr einen dreistelligen Millionenbetrag. Wenn man der Meinung ist, sich diesen Verwaltungsluxus leisten zu müssen, dann kann man ja dieser Auffassung sein. Aber dann dürfen Sie nicht argumentieren, dass für die Bildung kein Geld vorhanden sei.

(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Cornelia Falken und Caren Lay, Linksfraktion)

Wenn ich die Panikattacken – auch des Kultusministers – heute in der Zeitung sehe, wenn über Verantwortung und Steuergelder gesprochen wird, dann möchte ich einmal ein klein wenig die Frage anreißen, wer die Verantwortung dafür hat, dass wir eine Bürgschaft von 1,75 Milliarden Euro für die Landesbank im Haushalt haben. Das können Sie der Opposition, denke ich, nicht in die Schuhe schieben. Das ist Verantwortung der Regierung, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der FDP und des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion)

Aus FDP-Sicht kann ich nur sagen: Für uns gehört das Schulgesetz, für uns gehören die Förderrichtlinie zum Schulhausbau sowie die Schulnetzplanungsverordnung auf den Prüfstand, weil man nicht alles so lassen kann, wie es vor vielen Jahren einmal als sinnvoll erachtet wurde, sondern man muss sich den Realitäten stellen.

Ob das verändert wird, meine Damen und Herren, werden wir heute nicht mehr entscheiden können, das wird der Wähler am 30. August entscheiden. Ich bin jedoch sehr, sehr zuversichtlich, dass es eine Entscheidung geben wird, die sehr, sehr eindeutig ausfallen wird und die Hoffnung für die sächsischen Schulen bedeutet.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Ich erteile der CDU-Fraktion das Wort; Herr Colditz, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren, nicht nur von der FDP, auch von der Opposition insgesamt, Sie unterstellen uns, dass wir keine ausreichenden Vorgaben gesetzt hätten, um kleinere Schulstandorte zu erhalten. Wenn Sie einmal einen Blick ins Schulgesetz werfen, dann werden Sie darin sehen, dass diese Aussage so nicht zutrifft. Wollen Sie wirklich

ignorieren, dass wir in Sachsen vergleichsweise die geringsten Schülerzahlen in allen Klassen und allen Schularten haben?

(Beifall bei der CDU und des Staatsministers Prof. Dr. Roland Wöller)

Wollen Sie wirklich leugnen und ignorieren, dass wir gesetzlich – auch das ist einmalig in Deutschland – Mindestschülerzahlen fixiert haben, die weit unter dem bundesweiten Durchschnitt liegen? Diese Vorgaben sollen für den ländlichen Raum auch wirksam werden. Wollen Sie das einfach ignorieren und in den Wind schlagen?

(Holger Zastrow, FDP: Die haben keine Schulen!)

Meine Damen und Herren! Wenn Sie demgegenüber wirklich kleinere Vorgaben fordern, warum sagen Sie dann den Menschen nicht, dass auch diese Vorgaben an die Grenzen des Machbaren stoßen? Das unterstelle ich Ihnen ja sogar noch; Herr Herbst, das haben Sie vorhin ebenfalls bereits gesagt. Auch mit kleineren Vorgaben komme ich an die Schwelle des Machbaren, und dann habe ich genau die gleiche Konfliktsituation, die jetzt von Ihnen so gepflegt und propagiert wird.

(Zuruf des Abg. Holger Zastrow, FDP)

Meine Damen und Herren! Sie müssen schon auch deutlich sagen, wie Sie diese Vorgaben finanzieren wollen. Ich kann mich nicht erinnern, dass in der Haushaltsdiskussion von irgendeiner Fraktion die Forderung aufgeworfen wurde, dass wir uns in Sachsen kleinere Klassen leisten müssen. Ich kann mich an Änderungsanträge diesbezüglich nicht erinnern.

(Holger Zastrow, FDP: Doch!)

Der Finanzkuchen ist aufgeteilt, wo wollen Sie denn das Stück herausschneiden? Aus dem Bereich der Sozialpolitik, der Verkehrspolitik oder der Wirtschaftspolitik? Für diese Bereiche propagieren Sie von dieser Stelle aus, genauso kompetent zu sein.

(Zuruf des Abg. Holger Zastrow, FDP)