Protokoll der Sitzung vom 26.01.2006

Zu diesen Maßnahmen zählen auch Aussteigerprogramme, mit deren Hilfe Menschen beim Ausstieg aus dem rechtsextremistischen Milieu unterstützt werden sollen. Auch das Aussteigerprogramm des LfV Sachsen, das eine regionale Ergänzung zum Aussteigerprogramm des Bundesamtes für Verfassungsschutz darstellt, ist entsprechend konzipiert. Dieses Programm gehört zu den präventiven Maßnahmen, für die das Landesamt für Verfassungsschutz aufgrund seines allgemeinen Auftrages – nämlich die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu schützen – im Rahmen seiner Annexkompetenz zuständig ist.

Das Aussteigerprogramm wurde im April 2001 eingerichtet und sieht eine passive Rolle des LfV Sachsen vor. Dies bedeutet, dass sich der Betroffene, der sich von der rechtsextremistischen Szene trennen will, dies aber aus eigener Kraft nicht vollziehen kann, nach seinem eigenen Entschluss an das LfV Sachsen wendet, um dieses um Unterstützung zu bitten. Das LfV führt mit dem Aussteigewilligen ein Informationsgespräch. Entsprechend seiner individuellen Situation zeigt das LfV Möglichkeiten und Perspektiven zum Ausstieg aus der Szene auf. Dem Betroffenen werden durch das Amt Hilfestellungen angeboten und gegebenenfalls Kontakte zu Behörden und anderen Institutionen hergestellt. Finanzielle Zuwendungen werden nicht gewährt. Eine aktive Ansprache von Angehörigen der rechtsextremistischen Szene mit dem Ziel, diese aus der Szene herauszubrechen oder zu schwächen bzw. zu verunsichern, sieht das Aussteigerprogramm nicht vor.

(Zuruf des Abg. Matthias Paul, NPD)

Dieses von mir beschriebene Programm steht jedem Rechtsextremisten jederzeit und ohne Ansehen seiner Person oder seiner Funktion innerhalb der Szene offen. Das LfV Sachsen hat jüngst in zwei Fällen Hilfe suchende Abgeordnete bei ihrem Ausstieg unterstützt. Dabei hat es sich exakt an die von dem Aussteigerprogramm vorgegebenen Grenzen gehalten. Der persönliche und freie Entschluss zum Ausstieg stand im Vordergrund, ohne dass auf die Willensbildung oder wie auch immer eingewirkt worden wäre. Daher ist kein Verstoß gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung erkennbar, weil seitens der Exekutive gerade nicht

(Holger Apfel, NPD: Lügner!)

auf den freien Entschluss der Abgeordneten eingewirkt wurde, wie dies verschiedentlich – meines Erachtens mitunter auch wider besseres Wissen – behauptet wird. Hätte das LfV in diesen fraglichen Fällen keine Hilfestellung gegeben, würde das vielmehr die Wehrhaftigkeit unserer Verfassungsordnung in Zweifel ziehen, wenn gefährdete Personen schutzlos bleiben.

Ich möchte daher Folgendes noch einmal ausdrücklich unterstreichen: Die beiden vom LfV Sachsen bei ihrem Ausstieg aus dem Rechtsextremismus unterstützten Abgeordneten haben sich auf eigenen Wunsch von der NPD gelöst. Ihr Entschluss, sich von der Partei zu trennen, bestand bereits vor ihrem ersten Kontakt mit dem LfV. Ihre Entscheidung, welcher Fraktion sie angehören oder nicht mehr angehören wollen, war und ist Ausdruck ihrer freien, durch die Verfassung geschützten Mandatsausübung. Bei sachgerechter Analyse aller Fakten und Zeitabläufe dieser beiden Ausstiege wird deutlich, dass die Behauptung der NPD, es habe sich um eine staatlich gelenkte Herauslösung von Abgeordneten gehandelt, nicht haltbar ist. In meinen Augen handelt es sich vielmehr um

ein verschwörungstheoretisches Konstrukt, das jeglicher Grundlage entbehrt.

(Beifall bei der CDU, der Linksfraktion.PDS, der SPD, der FDP, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich abschließend noch Folgendes sagen: Ich habe in den letzten Wochen zahlreiche Gespräche mit Abgeordneten der Koalition und der Opposition geführt. Wie Sie alle wissen, war ich gestern persönlich in der PKK und habe umfassend berichtet.

(Zuruf von der NPD: Sie können es auf den Tisch legen!)

Die Gründe dafür sind denkbar einfach. Mir ging es und mir geht es um die transparente Darstellung der tatsächlichen Zusammenhänge und um eine Versachlichung der Debatte. Ich denke, dies sollte das Anliegen aller Demokraten im Hause sein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der Linksfraktion.PDS, der SPD, der FDP, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Die NPD-Fraktion hat keine Redezeit mehr.

Meine Damen und Herren! Wird weiter das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann ist die 2. Aktuelle Debatte, beantragt von der Fraktion der NPD, „Geheimdienstmachenschaften gegen die Opposition in Sachsen?“, abgeschlossen. Der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Wir kommen damit zu

Tagesordnungspunkt 2

Fragestunde

Drucksache 4/4048

Ich bitte die Abg. Frau Simon, Linksfraktion.PDS, ihre Frage an die Staatsregierung zu stellen; Frage Nr. 1.

(Unruhe im Saal)

Ich bitte um Aufmerksamkeit.

Vielen Dank, Herr Präsident.

In einem Berufsschulzentrum der Oberlausitz wurde im Unterricht das Ausfüllen von ALG-II-Anträgen behandelt. Dabei wurde gefordert, wahrheitsgemäß alle persönlichen Angaben zu den familiären Verhältnissen, Bankverbindungen usw. einzutragen. Als sich einige Auszubildende weigerten, wurde ihnen die Bewertung mit der Note 6 angedroht.

Meine Fragen an die Staatsregierung:

1. Auf welcher datenschutzrechtlichen Grundlage basiert die Forderung nach Bekanntgabe persönlicher Daten im Rahmen einer solchen Ausbildungsmaßnahme?

2. Sind die bezüglich der Bewertung angedrohten Konsequenzen rechtens?

Für die Staatsregierung antwortet Herr Staatsminister Flath.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Abg. Simon! Zu den von Ihnen gestellten Fragen möchte ich Ihnen sagen: Ich sehe keine datenschutzrechtliche Grundlage. Für den Fall, dass sich dies in der Wirklichkeit tatsächlich abgespielt hat, hätte ich mehrere pädagogische Bedenken.

Nur, Frau Abg. Simon, wenn Sie tatsächlich eine Klärung befördern wollen, dann verstehe ich die Geheimniskrämerei nicht. Dann würde ich Sie einfach bitten oder auch auffordern, Ross und Reiter zu benennen, damit wir aufsichtlich tätig werden können. – So weit zu meiner Antwort.

Herr Minister, Sie können davon ausgehen, dass ich niemals einen Sachverhalt an Sie herangetragen hätte, der sich nicht tatsächlich abgespielt hat. Ich bin gerne bereit, Ihnen die Unterlagen zu geben. – Danke.

Gut; danke schön.

Ich bitte jetzt, dass der Abg. Petzold, Fraktion der NPD, seine Frage an die Staatsregierung stellt; Frage Nr. 3.

Herr Präsident! Es handelt sich um die Sicherheitslage zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Leipzig.

Angesichts von Ausschreitungen zwischen rivalisierenden Fußballanhängern und der Polizei auch und gerade in letzter Zeit im Freistaat Sachsen sind Präventivmaßnahmen zur Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung im Bereich von Sportstätten unabdingbare Notwendigkeit.

Meine Fragen an die Staatsregierung:

1. Welche Hinweise besitzt die Staatsregierung, wonach sich derzeit schon gewaltbereite Fußballanhänger aus Großbritannien in Vorbereitung der FußballWeltmeisterschaft im Freistaat Sachsen aufhalten sollen?

2. Welche Maßnahmen gedenkt die Staatsregierung einzuleiten, um ein unkontrolliertes Einsickern gewaltbereiter Fußballanhänger aus dem Ausland in den Freistaat Sachsen zu unterbinden?

Für die Staatsregierung antwortet Herr Staatsminister Buttolo.

Sehr geehrter Herr Präsident! Ich beantworte die Fragen wie folgt:

Zu Frage 1: Es liegen keine Erkenntnisse vor, dass sich bereits gewaltbereite Fußballanhänger aus Großbritannien im Freistaat Sachsen aufhalten.

Zur Frage 2: Zur Verhinderung der Anreise gewaltbereiter Personen aus dem Ausland zur Fußball-WM 2006 nach Deutschland werden abgestimmte Maßnahmen auf Bundesebene vorbereitet. Die Bundesregierung trifft in Vorbereitung der WM bilaterale Vereinbarungen mit Teilnehmern aus den Anrainer- und Transitstaaten. Schwerpunkte dieser Vereinbarungen sind der anlassbezogene Informationsaustausch zwischen Deutschland und diesen Staaten und der anlassbezogene Einsatz von ausländischen polizeilichen Unterstützungskräften in Deutschland sowie Maßnahmen zur Verhinderung der

Ausreise gewaltbereiter Personen nach Deutschland auf der Grundlage des jeweils geltenden nationalen Rechts.

Die Verhandlungen zu den Vereinbarungen sind noch nicht abgeschlossen. Bereits im Vorfeld der WM erfolgte eine Intensivierung des Informationsaustausches in den relevanten Lagefeldern bundesweit und im Freistaat Sachsen. Die darin übermittelten Erkenntnisse dienen der Vorbereitung lageangepasster polizeilicher Maßnahmen.

Ich bedanke mich für die Aussage.

Ich bitte, dass der Abg. Lichdi seine Frage stellt. – Er ist nicht im Saal. Dann bitte ich Frau Simon, Linksfraktion.PDS, ihre Frage an die Staatsregierung zu stellen; Frage Nr. 2.

Meine Frage betrifft das Einbahnstraßensystem im Transitverkehr nach Tschechien.

Entsprechend einer Pressemeldung des Wirtschaftsministeriums soll ab Februar 2006 der Grenzübergang in Neugersdorf verstärkt für den Lkw-Verkehr in Richtung Tschechien genutzt werden. Bei prognostizierten zusätzlichen 600 Lkws pro Tag würde sich die Zahl der Fahrzeuge auf der Transitstrecke fast verdoppeln.

Meine Fragen an die Staatsregierung: