Protokoll der Sitzung vom 16.03.2006

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es handelt sich um Existenzgefährdungen durch Mietnomadentum im Freistaat Sachsen.

Vor dem Hintergrund einer steigenden sozial-ethischen Verwahrlosung infolge andauernder hoher Arbeitslosigkeit werden auch im Freistaat Sachsen mehrfach kurzfristig angemietete Wohn- und/oder Geschäftsräume durch Mieter nach wenigen Monaten ohne Mietzahlung wieder verlassen. Für die Vermieter entstehen durch nicht gezahlte Nebenkosten sowie fehlende Mieteinnahmen Verluste in beträchtlicher Höhe, die oftmals Existenz gefährdend sind.

Meine Fragen an die Staatsregierung lauten:

1. Wie viele Fälle von so genanntem „Mietnomadentum“ im Freistaat Sachsen sind der Staatsregierung bekannt?

2. Welche gesetzgeberischen Möglichkeiten sieht die Staatsregierung, um bewusster Schädigung von Vermietern durch „Mietnomadentum“ zukünftig vorzubeugen?

Es antwortet noch einmal Herr Staatsminister Dr. Buttolo.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das so genannte Mietnomadentum ist im

Freistaat Sachsen zum Glück kein Massenphänomen. Natürlich ist nicht auszuschließen, dass vereinzelt Vermieter mit dieser Problematik konfrontiert sind. Es handelt sich, wie gesagt, um singuläre Schwierigkeiten. Aus diesem Grund erfasst die Staatsregierung derzeit zu dieser Problematik keine statistischen Zahlen – weder in zivilrechtlicher noch in strafrechtlicher Hinsicht. Weder das Statistische Landesamt des Freistaates Sachsen im Rahmen der Haushaltsbefragung oder Gebäude- und Wohnraumzählung noch die Generalstaatsanwaltschaft bei der Erfassung von Betrugs- und Sachbeschädigungsbeständen fragen ausschließlich zur Problematik des Mietnomadentums.

Zur zweiten Frage. Zwingenden Handlungsbedarf für eine gesetzgeberische Initiative sieht die Staatsregierung zurzeit nicht. Natürlich wird die Staatsregierung das Problem weiterhin aufmerksam verfolgen. Meines Erachtens sind die derzeitigen Möglichkeiten, die dem Vermieter zur Verfügung stehen, ausreichend. So kann sich der Vermieter beizeiten ein möglichst umfassendes Bild des Mietinteressenten durch Selbstauskünfte bzw. Anfragen per Auskunft vor Mietvertragsabschluss verschaffen.

Zum Beispiel vermag sich der Vermieter beim Amtsgericht zu erkundigen, ob der zukünftige Mieter in einem Schuldnerverzeichnis geführt wird. Dies ist dann der Fall, wenn die Person in einem anhängigen Zwangsvollstreckungsverfahren eine eidesstattliche Versicherung abgegeben hat oder eine Haft angedroht worden ist, weil die Person die Pflicht zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht erfüllt hat. Auch kann der Vermieter klären, ob bereits ein Mahnverfahren gegen den zukünftigen Mieter läuft oder dieser sich in Konkurs bzw. in Insolvenz befindet.

Natürlich sollte der Vermieter keinesfalls auf eine Mietkaution verzichten. Der Abschluss eines Mietvertrages in der Absicht, die Miete nicht zu zahlen, oder in der Kenntnis, die Miete nicht zahlen zu können, erfüllt den Straftatbestand des Betruges und wird von den Staatsanwaltschaften des Freistaates Sachsen entsprechend verfolgt.

Nach dem Gesagten ist nach meiner Überzeugung eine Gesetzesinitiative des Freistaates nicht erforderlich.

Danke schön.

Frau Abg. Simon steht schon bereit für ihre Frage; Frage Nr. 4.

Der Presse war zu entnehmen, dass im Fachkrankenhaus Großschweidnitz Umbau- und Erweiterungsarbeiten durchgeführt werden.

Meine Fragen an die Staatsregierung lauten:

1. In welchem Umfang sind von den Arbeiten Gebäude oder Flächen betroffen, die bisher nicht ausschließlich im Sinne der medizinischen Aufgaben des Fachkrankenhauses genutzt wurden, sondern auch durch gemeinnützige Vereine?

2. Auf welche Weise und in welchem Umfang erhalten solche Vereine Unterstützung, damit sich für sie keine Existenzgefährdungen bzw. Einschränkungen ihrer gemeinnützigen Tätigkeit aus den Um- und Erweiterungsarbeiten im Fachkrankenhaus ergeben?

Frau Ministerin Orosz antwortet für die Staatsregierung.

Danke schön. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Simon! Im sächsischen Krankenhaus Großschweidnitz sind in der Tat Baumaßnahmen im Gange. „Gott sei Dank“, sage ich an dieser Stelle. Die Erweiterung des Maßregelvollzuges durch den Neubau eines Stationsgebäudes, eines Therapiegebäudes und eines Torhauses mit Sporthalle ist vorgesehen. Zudem wird das Gesamtgelände des Maßregelvollzuges durch eine neue Sicherheitsmauer gesichert. Auf dem vorgesehenen Baufeld stehen untergeordnete Gebäude, von denen eines an den örtlichen Fußballverein vermietet ist. Der Mietvertrag wurde wegen der bevorstehenden Bauarbeiten fristgerecht zum 31.12. gekündigt.

Ich fahre gleich fort mit der Beantwortung der zweiten Frage. Die Räume sind kostenlos an den Verein vermietet. Dem Verein wurde zugesagt, dass für die Einrichtung eines neuen Vereinshauses wiederverwendbares Material vor dem Abbruch aus dem Gebäude unentgeltlich entnommen werden kann. Des Weiteren wurde dem Verein ein Containergebäude angeboten, das sich ebenfalls auf dem Baufeld befindet. Das Containergebäude kann dem Verein zu einem symbolischen Kaufpreis übergeben werden. Die Umsetzungskosten sind durch den Verein zu tragen. Eine weitere finanzielle Unterstützung ist haushaltsrechtlich nicht zulässig.

Die Antwort befriedigt mich nicht. Ich wende mich später noch einmal an Sie.

Herr Abg. Petzold ist als Nächstes an der Reihe, seine Frage zu stellen; Frage Nr. 9.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es geht um die Vergabe von Eintrittskarten für die Fußball-Weltmeisterschaft in Leipzig zu Sonderkonditionen an Behörden des Freistaates Sachsen.

Meine Fragen an die Staatsregierung lauten:

1. Welche Informationen besitzt die Staatsregierung darüber, dass für Behörden des Freistaates Sachsen ein Sonderkontingent von Eintrittskarten für die FußballWeltmeisterschaft in Leipzig zu Vorzugsbedingungen bereitgestellt wird, bzw. in welchem Umfang wurde dies bisher genutzt?

2. Wie bewertet die Staatsregierung angesichts der möglichen Sonderkontingentierung von Eintrittskarten für die Fußball-Weltmeisterschaft in Leipzig für Behörden den Umstand der offensichtlichen Bevorzugung der Nomen

klatura des Freistaates Sachsen gegenüber dem sächsischen Bürger und Steuerzahler?

Für die Staatsregierung antwortet Herr Staatsminister Winkler.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf die Anfrage des Abg. Petzold möchte ich wie folgt antworten: Dem Freistaat Sachsen stehen für jedes der fünf Spiele, die in Leipzig stattfinden – vier Vorrundenspiele und ein Achtelfinalspiel –, jeweils 15 Ehrenkarten zur Verfügung. Das sind in der Summe 75 Ehrenkarten. Darüber hinaus ist dem Freistaat angeboten worden, für jedes dieser Spiele in Leipzig bis zu jeweils 60 Kaufkarten zu erwerben. Des Weiteren besteht die Möglichkeit, 50 Kaufkarten für alle Spiele, die außerhalb Sachsens in ganz Deutschland stattfinden, zu kaufen. Schließlich erhalten der Ministerpräsident und der Landtagspräsident für alle Spiele in ganz Deutschland je eine Ehrenkarte.

Wie wird die Staatsregierung mit den Ehren- und Kaufkarten umgehen? Der Ministerpräsident des Freistaates wird Repräsentanten der Staaten, die Spiele in Leipzig bestreiten, nach Sachsen zu diesen Spielen einladen. Wir wollen das Motto der Weltmeisterschaft „Die Welt zu Gast bei Freunden“ praktisch umsetzen und dabei für Leipzig und für Sachsen werben. Hierfür werden die jeweils 15 Ehrenkarten verwendet. Von den insgesamt 300 Kaufkarten für die Spiele in Leipzig wird die Staatsregierung restriktiv Gebrauch machen.

Sollten für die ausländischen Gäste und für deren Begleiter über die jeweils 15 Ehrenkarten hinaus noch Eintrittskarten benötigt werden, wird das Kaufkartenkontingent in Anspruch genommen. Gleiches gilt für die angemessene protokollarische Betreuung der Gäste durch die Staatsregierung, indem zum Beispiel Vertreter des Parlamentes und Vertreter von Vereinen und Verbänden eingeladen werden.

Darüber hinaus wird die Staatsregierung von dem Angebot der Fifa keinen Gebrauch machen. Insofern gibt es keine Privilegierung von irgendwelchen Personengruppen oder gar Politikern.

Ich bedanke mich für die Antworten.

Frau Abg. Simon kann die nächste Frage stellen; Frage Nr. 5.

Danke, Frau Präsidentin. Ich habe Fragen zur Aufgabe der Kreisfreiheit von Görlitz und Hoyerswerda.

Minister Buttolo schätzte in seiner Antwort auf eine Anfrage ein, dass der von den Städten Hoyerswerda und Görlitz gesetzte Termin für die Aufgabe der Kreisfreiheit zum 1. Januar 2007 aufgrund des Verhandlungsstandes und der notwendigen Fristen des Gesetzgebungsprozesses nahezu ausgeschlossen ist.

Meine Fragen an die Staatsregierung lauten:

1. Hält es die Staatsregierung in dieser Situation für sinnvoll, die „Einkreisung“ von Görlitz und Hoyerswerda nicht im Vorgriff auf, sondern im Zuge der anstehenden Verwaltungs-, Funktional- und Strukturreform zu realisieren?

2. Welche Wirkungen sieht die Staatsregierung bei einer „Einkreisung“ von Görlitz in den Landkreis Löbau-Zittau für das von ihr favorisierte Modell „12 plus 3“, welches auf die Verbindung von Görlitz mit dem Landkreis Niederschlesische Oberlausitz bzw. der beiden Landkreise Löbau-Zittau und Bautzen orientiert?

Es antwortet für die Staatsregierung Herr Staatsminister Dr. Buttolo.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zur ersten Frage von Frau Simon möchte ich wie folgt antworten: Gemäß dem Beschluss des Kabinetts vom 20.12.2005 zu den Eckwerten der Verwaltungs- und Funktionalreform im Freistaat Sachsen soll spätestens bis um 31.08. ein Vorschlag zur Neustrukturierung der sächsischen Verwaltung unterbreitet werden, wenn eine Neustrukturierung infolge der Aufgabenübertragung auf die kommunale Ebene erforderlich wird.

Zu berücksichtigen ist jeweils, ob und gegebenenfalls wie auf kommunale Initiative zurückzuführende gebietsspezifische Neugliederungsvorschläge auf der Ebene der Landkreise und Kreisfreien Städte in das zu erarbeitende Konzept eingebunden werden können und wann diese realisierbar sind.

Die Staatsregierung begrüßt den in den Städten Görlitz und Hoyerswerda in Gang gekommenen Prozess der Willensbildung im Wege einer „Einkreisung“ nachhaltig. Diesem für die Entscheidungsträger vor Ort nicht leichten Findungsprozess gebührt unsere besondere Beachtung. Er sollte nicht deshalb ausgesetzt werden, weil bestimmte Entscheidungen zur Verwaltungs- und Funktionalreform im Freistaat noch ausstehen.

Zu Ihrer Frage 2, Frau Simon, möchte ich wie folgt antworten: Ich verweise auf die eben getroffenen Ausführungen und auf den bisherigen Verfahrensstand. Ob es flächendeckend zu einer Neugliederung der Landkreise und Kreisfreien Städte im Freistaat kommen wird, hängt im Wesentlichen davon ab, welche staatlichen Aufgaben auf die kommunale Ebene verlagert werden. Hieran schließt sich die Frage nach den künftigen Strukturen. Demzufolge ist es noch zu früh, von einem konkreten Modell zu sprechen.

Herr Buttolo, ich habe eine Nachfrage. Wäre es Ihnen möglich, mir eine Modellrechnung zu den finanziellen Auswirkungen zur Verfügung zu stellen, und zwar unter dem Gesichtspunkt niedrigerer Zuweisungen an Görlitz bzw. Hoyerswerda im Zuge der Aufgabe der Kreisfreiheit mit der Gegenrechnung des Gewinnes für den entsprechenden Landkreis,

der auf der Grundlage der dann höheren Einwohnerzahl höhere Zuweisungen bekommt? Das hätte ich gern kurzfristig.

Sehr geehrte Frau Simon, da muss ich Sie leider enttäuschen. Die Rechnung, die Sie von mir abverlangen, ist eine Angelegenheit der kommunalen Ebene. Die kommunale Ebene muss rechnen, was sie an Verwaltungsaufwand einspart, wenn sie als Kreisfreie Stadt Görlitz oder Hoyerswerda auf die Kreisfreiheit verzichtet, um zu erfahren, was sich durch die veränderten Schlüsselzuweisungen ergibt. Das ist eine Überlegung, die auf der kommunalen Ebene selbst anzustellen ist. Dass diese Überlegungen offensichtlich schon zum Erfolg geführt haben, kann man daran sehen, dass in den Parlamenten beider Städte bereits die entsprechende Diskussion geführt wurde.

Herr Minister Buttolo, mir geht es nur um die Höhe der Zuweisungen des Freistaates, die ich gern erfahren möchte.

Die Höhe der Zuweisungen des Freistaates ist allgemein bekannt: Das sind 50 Euro je Einwohner, gedeckelt bei 50 000 Einwohnern, also maximal 2,5 Millionen Euro.