Protokoll der Sitzung vom 11.05.2006

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Die Antwort ist ganz klar: nein. Ich weiß nicht, woher Sie diese irrige Vorstellung nehmen. – Jedenfalls schwächelt die deutsche Wirtschaft an der Binnenkaufkraft. Deswegen sind wir ja Exportweltmeister. Wo ist denn der Erfolg der Niedriglohnstrategie, den Sie hier propagieren? Dann müssten

wir doch in Sachsen ein blühendes Wirtschaftsland ohne Arbeitslosigkeit sein, wenn das der richtige Weg wäre.

Auch die FDP sollte sich vielleicht nicht an Volkswirten, sondern an erfolgreichen Unternehmen orientieren. „Autos kaufen keine Autos“, möchte ich Henry Ford zitieren. Er hat es deutlich auf den Punkt gebracht.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Wir wollen die Wirtschaft ankurbeln, indem wir für höhere Löhne plädieren. Diejenigen europäischen Länder sind wirtschaftlich erfolgreich, die steigende Reallöhne haben. So ist es im Übrigen zu erklären, dass dort, wo ansatzweise Mindestlöhne existieren – nämlich über das Entsendegesetz in der Bauwirtschaft –, selbst die Unternehmerverbände dafür plädiert haben, dass es beibehalten und ausgeweitet wird und dass sich diese Regelung bewährt hat.

(Zuruf des Abg. Peter Wilhelm Patt, CDU)

Wenn Sie das für unvernünftig halten, dann wenden Sie sich bitte an die entsprechenden Unternehmerverbände der Bauwirtschaft. Ich habe nur aus deren Publikationen zitiert.

Auch die FDP verkündet hier nur die halbe Wahrheit. Wenn es nämlich um Ihre eigene Klientel geht, meine ich, dann sind Sie doch sicher auch für einen Mindestlohn, oder wollen Sie etwa die Honorar- und Gebührenordnungen für Rechtsanwälte, Notare und Zahnärzte aushebeln? Dazu muss ich sagen: Das finde ich unfair.

(Sven Morlok, FDP, steht am Mikrofon.)

Wenn es um die Pfründe der Besserverdienenden geht, dann wollen Sie diese verteidigen, aber der Friseurin gönnen Sie keinen Lohn, der höher als 3,60 Euro pro Stunde liegt.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Das kann doch nicht wahr sein!

Frau Lay, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, bitte.

Kollegin Lay, weil ich gerade hier stehe, möchte ich vor der Frage eine klare Antwort zu der Honorarordnung Ärzte und Gebührenordnung Rechtsanwälte geben: Klar, das wollen wir auch ändern – damit das deutlich wird.

Zu meiner Frage: Ist Ihnen bekannt, dass hinsichtlich des Mindestlohns im Baubereich die Initiative zuerst von den Altbundesländern gekommen ist, nämlich als Abwehr der flexiblen Arbeitnehmer aus dem Osten,

(Beifall bei der CDU)

und dass daraufhin notgedrungen die Arbeitgeber aus den ostdeutschen Ländern nachgezogen haben, weil, nachdem sie nicht mehr nach Westdeutschland gehen konnten, sie die Konkurrenz aus dem Osten fürchteten? Ist Ihnen dieser Zusammenhang bekannt?

Ich verstehe nicht, warum das gegen meine Argumentation sprechen soll.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Entscheidend ist doch bekanntermaßen, was am Ende dabei herauskommt. Dabei muss ich feststellen, diese Regelung hat sich bewährt, und ich denke, dass es nur folgerichtig ist, dass sich heute die Spitzenverbände der Bauwirtschaft für die Beibehaltung dieser Entsendegesetzregelung aussprechen. Insofern sehe ich mich in meiner Position bestätigt.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Auch die Mehrheit der Bevölkerung ist für einen Mindestlohn. Die Mehrheit der demokratischen Parteien hat sich für einen Mindestlohn ausgesprochen – mit Ausnahme der Anhängerschaft der FDP. Ich sage es einmal so: Minderheitenmeinung muss eine Demokratie ertragen können. Mehrheitsfähig darf es nicht werden.

Eine Mehrheit für den Mindestlohn gibt es übrigens auch in der Anhängerschaft der CDU. Das, Herr Hähle, hätten Sie sich vielleicht einmal zu Gemüte führen sollen, bevor Sie heute Ihre wirtschaftspolitischen Großkaliber in die Aktuelle Debatte geschickt hätten.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Die Höhe unseres Mindestlohnes – das haben Sie sehr schön zitiert –, wenn er etwa bei 50 % des Durchschnittslohnes liegen würde, wäre ein armutsfester Lohn. Das ist sozialpolitisch dringend notwendig, entspricht auch internationalen Ansprüchen an die Gestaltung des Lohnniveaus und orientiert sich an der Pfändungsfreigrenze, also an dem, von dem selbst die Gerichte der Ansicht sind, dass man von weniger nicht leben kann.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Meine Damen und Herren! Abschließend möchte ich nur wiederholen: Menschen haben ihre Würde und Arbeit hat ihren Preis. Unterstützen Sie deshalb die Mindestlohnkampagnen der Gewerkschaften und der Linksfraktion.PDS.

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Wird von den Fraktionen weiter das Wort gewünscht? – Herr Prof. Bolick, bitte.

Ich möchte dieser linksutopistischen Debatte etwas entgegenstellen und ausführen, was ein kluger Mann schon vor zirka 150 Jahren zu diesem Thema gesagt und ein sächsischer Mittelständler

einem Kollegen meiner Fraktion vor Kurzem zugesteckt hat.

(Oh! bei der Linksfraktion.PDS – Zuruf von der Linksfraktion.PDS: Oh, etwas zugesteckt!)

Oder ihm gegeben hat!

(Zuruf von der Linksfraktion.PDS)

Wenn es ein Stück Papier ist, kann man es zulassen. – Das Zitat lautet: „Ihr werdet die Schwachen nicht stärken, indem ihr die Starken schwächt. Ihr werdet denen, die ihren Lebensunterhalt verdienen müssen, nicht helfen, indem ihr die ruiniert, die sie bezahlen. Ihr werdet keine Brüderlichkeit schaffen, indem ihr Klassenhass schürt. Ihr werdet den Armen nicht helfen, indem ihr die Reichen ausmerzt. Ihr werdet mit Sicherheit in Schwierigkeiten

kommen, wenn ihr mehr ausgebt, als ihr verdient. Ihr werdet kein Interesse an den öffentlichen Angelegenheiten und keinen Enthusiasmus wecken, wenn ihr dem Einzelnen seine Initiative und seine Freiheit nehmt. Ihr könnt den Menschen nie auf Dauer helfen, wenn ihr für sie tut, was sie selber für sich tun sollten und können.“ – Abraham Lincoln.

(Bravo! von und Beifall bei der CDU)

Wird von den Fraktionen weiter das Wort gewünscht? – Der Staatsregierung? – Nicht.

Meine Damen und Herren! Damit ist die 1. Aktuelle Debatte, beantragt von der Linksfraktion.PDS zum Thema „Mindestlohn auch in Sachsen“, beendet.

Wir kommen zu

2. Aktuelle Debatte

Alle Jahre wieder – Linke Gewalt am 1. Mai

Antrag der Fraktion der NPD

Als Antragstellerin hat zunächst die Fraktion der NPD das Wort, danach CDU, Linksfraktion.PDS, SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Staatsregierung. Meine Damen und Herren! Die Debatte ist eröffnet. Ich bitte die NPD-Fraktion, das Wort zu nehmen. Herr Apfel, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man muss sicherlich kein Freund der Herren Worch und Hupka sein, um festzustellen, dass am 1. Mai der Rechtsstaat wieder einmal vor linksradikalen Gewalttätern kapituliert hat.

Gebilligt von Politik und Polizeiführung wurde und wird für die nationale Opposition das Recht auf freie Meinungsäußerung de facto außer Kraft gesetzt. Nachdem rechte Demonstrationen über Jahre willkürlich verboten wurden, die dann wieder von den Verwaltungsgerichten aufgrund eklatanter Rechtsbrüche kassiert wurden, haben die Verantwortlichen nun eine neue Strategie an den Tag gelegt. Natürlich dürfen nationale Dissidenten eine Demonstration anmelden und sie werden, wenn auch unter absurden Auflagen, genehmigt. Nun wird aber immer öfter eine Situation konstruiert, in der die Fortbewegung der Demonstration eingeschränkt oder unterbunden wird.

Am 1. Mai wurden in Leipzig zwei rechte Demonstrationen angemeldet. Der erste Demonstrationszug am Hauptbahnhof konnte sich nicht in Bewegung setzen, da nach Polizeiangaben angeblich 5 000 Gegendemonstranten den Abmarsch verhinderten.

(Starker Beifall bei der Linksfraktion.PDS)