Protokoll der Sitzung vom 09.05.2007

(Höhnisches Lachen des Abg. Klaus Bartl, Linksfraktion.PDS)

Wieso sollte das, wenn es in Wien so gewesen ist, hier bei uns anders sein?

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Wir sollten alles machen wie in Wien!)

Nicht alles, Herr Porsch, nicht von allen Österreichern, aber von Österreich kann man sich auch manche Anregung holen.

In der Anhörung ist ausgeführt, dass es erhebliche Bedenken gibt, ob der Freistaat Sachsen für das Gesetz in dieser Form nach Artikel 72 Grundgesetz die Gesetzgebungskompetenz hat. Ich führe Ihnen das alles hier so aus – –

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, bitte, Frau Kollegin Lay. Es geht immer noch um die Rechtsstaatlichkeit, die Sie ja so hoch halten.

– Ja, zu der bekennen wir uns natürlich.

Ich möchte nachfragen. Wenn Sie die Persönlichkeitsrechte und den Datenschutz derart in Gefahr sehen, wenn Sie auch einen Eingriff durch die Europäische Union befürchten, warum haben diese Befürchtungen offensichtlich nicht Ihre Parteikollegen im Berliner Abgeordnetenhaus umgetrieben, die ja einem ähnlich lautenden Gesetzentwurf zugestimmt haben, und warum hat es offensichtlich auch keine Rolle gespielt, als der Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD auf Bundesebene verfasst wurde – ich habe während meiner Rede daraus zitiert –, wo ganz ähnliche Vorschläge für die Bundesebene gemacht wurden? Offensichtlich haben sich Ihre Parteifreunde unserer Rechtsauffassung angeschlossen und nicht Ihrer.

Na ja, Frau Kollegin, das Berliner Abgeordnetenhaus gilt ja als sehr risikofreudig. Wir halten es in dieser Frage wie Bismarck, der einmal gesagt hat – er ist ja auch ein großer konservativer Politiker gewesen –: „Ich lerne am liebsten aus den Fehlern anderer.“ Lassen Sie uns doch einmal abwarten, was bei der juristischen Prüfung in Berlin herauskommt, und dann können wir immer noch weiter diskutieren.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung – Staatsminister Dr. Horst Metz: Sehr gut!)

Meine Damen und Herren, zusammenfassend: Wir sehen keine Rechtfertigung des schwerwiegenden Eingriffs in das verfassungs- und europarechtlich geschützte Gut der informationellen Selbstbestimmung. Aus diesen Gründen – auch dem Rat unserer Sachverständigen in der Anhörung folgend – werden wir dieses Gesetz ablehnen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Die SPD-Fraktion erhält das Wort; Herr Abg. Pecher.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte auf das Thema eingehen, das mein Kollege Rößler angesprochen hat. Ich glaube, es existiert ein gewisses Missverständnis: Das eine ist ein Gesetzentwurf, der vorgelegt

wurde, und bei dem anderen geht es um einen Kodex, einen Governance Kodex – Deutschland, aber auch Brandenburg hat einen in Kraft gesetzt –, der vorschreibt, wesentliche Bereiche der Zusammenarbeit zwischen Gesellschaftern, Aufsichtsgremien und Vorständen darzulegen, und der teilweise weit über das Handelsgesetz hinausgeht.

Richtig ist, dass dieser Kodex nicht gesetzlich als bestimmend durchzusetzen, zu verankern ist; er ist eine freiwillige Verpflichtung.

Aber es gibt einen Rechtshebel, der Sinn macht, und das ist praktisch über § 161 Aktiengesetz die Entsprechenserklärung, die dort durch das Transparenz- und Publizitätsgesetz eingefügt worden ist. Das heißt im Klartext: Wenn sich Vorstände und Aufsichtsräte nicht an Teile dieses Kodex halten, dann sind sie verpflichtet, es gegenüber dem Gesellschafter und bei den öffentlichen Einrichtungen des Freistaates – sagen wir einfach mal: dem Parlament – zu begründen.

Das ist etwas, das Sinn macht; das haben wir auch im Ausschuss entsprechend artikuliert. So ein Kodex ist eben nicht nur der Punkt Offenlegung von Vorstandsgehältern oder Aufsichtsratsbezügen, sondern er regelt weite Bereiche des Verfahrens in den entsprechenden Gesellschaften. Gleichwohl haben wir im Wirtschaftsausschuss, aber auch im Finanzausschuss unsere Sicht der Dinge dargelegt und klipp und klar gesagt, dass wir dem Anliegen der Offenlegung der Gehälter entsprechen und es auch so sehen.

Für mich persönlich möchte ich anmerken, dass ich es nicht einsehe, warum ich als Abgeordneter meine Bezüge offenlege, die jeder einsehen kann – da stimme ich Ihnen, Frau Lay, vollkommen zu –, während das bei Managergehältern nicht getan wird. Ich glaube nämlich: Wer diesen Job als Abgeordneter ernst nimmt, der kann sich durchaus mit dem Job eines Managers vergleichen.

Ich möchte noch auf das Thema der Neiddebatte eingehen – leider klang es beim Vorstellen des Gesetzentwurfes durch die PDS wieder an; ich finde es bedauerlich. Wir haben natürlich in Deutschland die Situation, dass der Hartz-IV-Empfänger auf den VW-Arbeiter schimpft, dass der zu viel bekommt; der VW-Arbeiter auf seinen Abteilungsleiter als Weißkittel schimpft, dass der zu viel bekommt, und der Weißkittel auf das Management schimpft, dass die viel zu viel bekommen. Aber gerade deshalb glaube ich, dass wir, wenn diese Gehälter offengelegt werden und wenn insbesondere begründet wird, nach welchen Kriterien sie festgelegt wurden, in Deutschland eine solche Debatte aushalten und entsprechend bestehen können. Vonseiten der SPD-Fraktion tragen wir also dieses Anliegen.

Den zweiten Teil dieses Gesetzentwurfes, der sich auf Punkt 65b Beteiligungsbericht bezieht, halte ich persönlich für etwas unausgegoren, für zusammengestückelt, gleichwohl die Ansätze vernünftig sind. Ich würde mir aber einen komplexen Kodex mehr wünschen. Wir haben dazu in der Koalition einen entsprechenden Vorstoß gemacht, wir haben das in den entsprechenden Arbeits

kreisen eingebracht. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass wir hier aufgrund des Koalitionsvertrages gebunden sind und der Partner CDU nicht bereit ist, sich diesbezüglich zu bewegen.

Deshalb – das habe ich auch schon in den Ausschüssen gesagt – werden wir diesem Gesetzentwurf aufgrund des Koalitionsvertrages und der dortigen Bindungen nicht zustimmen.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Die NPD-Fraktion erhält das Wort; Herr Abg. Delle.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich feststellen, dass meine Fraktion diesen Gesetzentwurf der Linksfraktion.PDS für sinnvoll und unterstützenswert hält. Wir werden ihm zustimmen – wie wir auch dem entsprechenden Antrag vom Juni 2005 zugestimmt haben.

Einige in diesem Landtag vertretene Parteien unterstellen der Einbringerin nichts anderes, als die Kultivierung eines sogenannten Neidkomplexes oder eine Neugierde im Sinn zu haben. Da meine Fraktion zu den Befürwortern dieses Gesetzentwurfes zählt, möchte ich diese Unterstellung für meine Fraktion gleich zu Beginn aufs Schärfste zurückweisen; denn, meine Damen und Herren, wenn die sächsischen Bürgerinnen und Bürger die gleichen Forderungen nach Transparenz in ihren Unternehmen – sprich: den Staatsunternehmen – erheben wie die Gesamtheit der Bundesbürger oder der Aktionäre in Bezug auf die börsennotierten Aktiengesellschaften, dann handelt es sich weiß Gott nicht um einen Neidkomplex, sondern um die Einforderung einer angemessenen vertrauensbildenden Maßnahme innerhalb der Solidargemeinschaft.

Und leider: Gerade beim Hervorheben der Aktionärsrechte und beim Herunterspielen der Bürgerrechte kann man in diesem Zusammenhang feststellen, wie bedenkenlos mittlerweile vor allem die ehemalige Arbeiterpartei SPD neoliberales Geschwätz übernimmt – gerade so, als wäre sie inzwischen zur Lobby der Hochfinanz aufgestiegen.

So erklärte der SPD-Abgeordnete Mario Pecher im Oktober 2005 – im Gegensatz zu heute – hier im Landtag: Die Bekanntgabe der Vorstands- und Aufsichtsratsgehälter bei börsennotierten Aktiengesellschaften sei eigentlich nur für die Aktionäre sinnvoll. Da diese aber über die ganze Welt verstreut wohnen würden und außerdem zum Teil anonym seien, sei es aus rein praktischen Gründen leider Gottes notwendig, die Gehälter öffentlich zu machen, statt sie eben nur den Shareholdern mitzuteilen. Dass die Zahlen dabei so ganz nebenbei auch allen Bürgerinnen und Bürgern bekannt werden, sei eigentlich ein nicht wünschenswerter Nebeneffekt des Gesetzes, den man aber wohl in Kauf nehmen müsse. – So sinngemäß die SPD vor anderthalb Jahren.

Sie vergessen aber geflissentlich zu erwähnen, dass es sich bei diesen Managern nicht nur um hoch bezahlte

Spezialisten, sondern um Machthaber handelt, die teilweise mehr realen Einfluss auf unsere Gesellschaft ausüben als die meisten Minister in diesem Land. Man denke nur an die Chefs von Konzernen wie Deutsche Bank, Deutsche Telekom oder Daimler-Chrysler.

(Zuruf des Abg. Mario Pecher, SPD)

Diese gehören in der Tat zur Machtelite dieses Landes. Deswegen wäre es unsinnig, sie ausschließlich als Privatpersonen zu betrachten, die ihre Arbeitskraft verkaufen und ein Recht auf Geheimhaltung des Preises gegenüber Dritten haben. Sie handeln für Millionen von Menschen und sind somit eine Art Mandatsträger – nicht nur der Aktionäre. Deswegen sollten sie die gleiche Transparenz aufweisen wie Minister und Abgeordnete.

Und, meine Damen und Herren von der SPD, Sie unterschlagen auch die Tatsache, dass der eigentliche Motor der Diskussion über die Offenlegung der Vorstands- und Aufsichtsratsgehälter das Transparenzbedürfnis der Öffentlichkeit war – das heißt der Arbeitnehmer, der Gewerkschaften und aller politisch interessierten und engagierten Bürger, die sich übrigens im Klaren darüber sind, dass ihr Schicksal in weit stärkerem Maße von der Wirtschaft als von Parlamenten und Regierungen beeinflusst wird.

Meine Damen und Herren, es ist schlimm genug, dass man den Bürgerinnen und Bürgern nur widerwillig zubilligt, über die zum Teil astronomischen Gehälter vieler Konzernbosse informiert zu werden. Aber dass man ihnen ausgerechnet bei den Gehältern der Vorstände und Aufsichtsräte ihrer eigenen Unternehmen, also der Staatsunternehmen, jeglichen Einblick verwehrt, ist ein Zustand, der keineswegs damit zu rechtfertigen ist, dass es sich dabei um privatrechtlich ausgehandelte Verträge handelt. Ja, natürlich sind Geschäftsführerverträge einer GmbH privatrechtliche Verträge; aber es gibt nichts, was gegen ihre Veröffentlichung spricht – zumindest dann nicht, wenn es sich um eine vom Gesellschaftsvertrag vorgesehene und zwischen den Vertragspartnern vereinbarte Veröffentlichung handelt. Etwas anderes schlägt die PDS auch nicht vor.

Im Zusammenhang mit dem vorliegenden Antrag ist so zum Beispiel festzustellen, dass Unternehmen wie die Sachsen LB oder die Sächsische Aufbaubank sächsische Staatsunternehmen mit zentraler wirtschaftspolitischer Bedeutung sind. Die beiden Unternehmen sind eben Beispiele für sächsische Gesellschaften mit einer Mehrheitsbeteiligung des Freistaates. Beide sind strategische Instrumente der sächsischen Wirtschaftspolitik, also für die landespolitische Gestaltung außerordentlich wichtig. Diese geht aber alle Bürgerinnen und Bürger an, meine Damen und Herren!

Kann mir deshalb bitte einmal jemand verständlich erklären, warum die sächsischen Bürgerinnen und Bürger als Eigentümer dieser Unternehmen ein geringeres Transparenzbedürfnis diesbezüglich haben sollten als die Gesamtheit der deutschen Bürger oder die Aktionäre in

Bezug auf die börsennotierten Aktiengesellschaften? Ich gehe davon aus, dass Sie mir diese Erläuterung schuldig bleiben werden, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition und – vermutlich – auch von der FDP.

Deswegen liegt der vorliegende Gesetzentwurf meines Erachtens genau richtig, wenn er unter anderem vorsieht, dass bei Unternehmen mit überwiegender Staatsbeteiligung der Freistaat als Gesellschafter dafür zu sorgen hat, dass Vorstandsgehälter und vergleichbare Vergütungen veröffentlicht werden.

Wie schon eingangs festgestellt: Meine Fraktion wird dem vorliegenden Gesetzentwurf zustimmen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der NPD)

Die FDP-Fraktion erhält das Wort. Herr Dr. Schmalfuß, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die FDP-Fraktion wird den vorliegenden Gesetzentwurf ablehnen. Die Gründe sind dieselben wie am 5. Oktober 2005, als wir bereits im Plenum über das Thema gesprochen haben. Zum damaligen Zeitpunkt war es ein Antrag der PDSFraktion; jetzt ist es – mit der gleichen Zielrichtung – ein Gesetzentwurf. Das ablehnende Votum der FDP-Fraktion wird Sie daher nicht überraschen.

Dreh- und Angelpunkt sind für mich unverändert die Fragen:

Erstens. Schafft die Offenlegung von Bezügen einen erkennbaren Mehrwert für irgendjemanden?

Zweitens. Ist die Offenlegung so bedeutend, dass sich in der Führung der öffentlichen Unternehmen irgendetwas ändert? – Die FDP-Fraktion ist der Auffassung: nein.

Die Behauptungen im Gesetzentwurf, die eine Offenlegung untermauern sollen, sind an keiner Stelle belastbar untersetzt. Im Vorblatt, zweiter Absatz, heißt es: „Die Bürgerinnen und Bürger des Freistaates haben einen Anspruch darauf zu erfahren, wie hoch die Vergütungen der Verwaltungsräte, Aufsichtsräte und Geschäftsführungen von privatrechtlichen Gesellschaften sind, die dem Freistaat Sachsen in Gänze gehören oder an denen er beteiligt ist.“