Sie haben verstanden, dass es mir wichtig war, auf die Effizienz hinzuweisen. Ich wollte nicht die Erfolge kleinreden.
Für die Staatsregierung berichtet zunächst der Staatsminister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, Herr Dulig, zum Thema „Touristische Nutzung von Tagebauseen kommt voran – Staatsregierung unterstützt Regionen im struktu
rellen Wandel“. Hierzu wird der Minister zehn Minuten sprechen. Anschließend – Sie kennen das Prozedere – haben die Fraktionen das Wort.
Es wird noch ein zusätzliches Thema geben, beantragt von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: „Ziele der Staatsregierung für den Bahngipfel mit der DB AG am 22. Juni 2015“.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die touristische Nutzung von Tagebauseen heute zum Thema zu machen, hat natürlich einen besonderen Hintergrund.
Es liegt nicht nur daran, dass die aktuelle Diskussion vor Ort immer geführt wird, wenn es um die touristische Nutzung der Seen geht, sondern auch daran, dass wir die Debatte in die Frage einordnen müssen, die wir in einer anderen Richtung immer gestellt haben, nämlich was den Strukturwandel in den Regionen betrifft, der immer angemahnt wird, wenn es um die Lausitz und das mitteldeutsche Revier geht. Wir fangen nicht bei null an, sondern reden über ein Thema, bei dem wir bereits in der Revitalisierung und Renaturierung vorangeschritten sind. Nun müssen wir uns Fragen zur Nutzung stellen.
Es gibt diejenigen, die sagen, dass es nur um die Renaturierung geht. Es gibt aber auch die anderen, die sagen, dass es im Rahmen eines Strukturwandels auch um die touristische Nutzung gehen muss. Genau in diesem Spannungsfeld findet die Diskussion statt. Dazu muss man sich eindeutig bekennen. Die Staatsregierung hat sich eindeutig bekannt, nämlich für die touristische Nutzung der Tagebaufolgelandschaften, der Tagebauseen und der umliegenden Regionen.
Die touristische Nutzung kommt voran. Die Beherbergungsstatistik belegt eindrucksvoll die gestiegenen Ankünfte und Übernachtungen, insbesondere im Leipziger Neuseenland. Dort stiegen die Übernachtungen im Zeitraum 2012 bis 2014 um 3,5 % auf 673 000, im gesamten Lausitzer Seenland um 23 % auf 503 000.
Die wachsenden touristischen Angebote in den letzten Jahren in den beiden Seenländern, zum Beispiel bei den Fahrgastschiffen, beim Tauchen, Radfahren, beim Wildwasserkanal, zeigen die beeindruckende Vielfalt an touristischen Möglichkeiten. Das hat zu zahlreichen mittelständischen Unternehmensgründungen geführt. Die umfangreiche Förderung sowohl bei der Erschließung von gewerblichen Tourismusbetrieben sowie bei den Basiseinrichtungen für die Infrastruktur des Tourismus als auch bei den Investitionsvorhaben im Tourismusgewerbe wurde durch uns gezielt weitergeführt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Entwicklung ist sehr unterschiedlich. Deshalb kann man die Regionen nicht in einen Topf werfen. Wir haben unterschiedliche touristische Verbandsstrukturen. Das Leipziger Neuseenland ist integriert in die Destination Leipzig und die Region Leipzig. Das Lausitzer Seenland ist im länderübergreifenden Zweckverband Sachsen und Bran
denburg verankert. Der sächsische Teil ist integriert in die Destination Oberlausitz. Während das Leipziger Neuseenland über ein tourismuswirtschaftliches Gesamtkonzept verfügt, wurde in der Lausitz das regionale Entwicklungskonzept gerade erst fertiggestellt. Das Leipziger Neuseenland hat deshalb natürlich einen gewissen Vorlauf. Es ist durch die Vernetzung mit der Großstadt und dem Umland von Leipzig natürlich etwas bevorteilt, weil es von einem größeren Einzugsgebiet lebt.
Im Leipziger Neuseenland sind diverse Akteure bereits gut vernetzt. Es findet eine sehr gute Bündelung von Interessen statt. Es gibt das „Tourismuswirtschaftliche Gesamtkonzept für die Gewässerlandschaft im mitteldeutschen Raum“, das jetzt schon mit Leben erfüllt wird. Es gibt dort für jeden See ein Nutzungskonzept. Man geht dort sehr zielgruppenorientiert vor. Auch die Vermarktung läuft sehr professionell.
Beim Lausitzer Seenland ist die Bevölkerungsdichte deutlich geringer als im mitteldeutschen Revier. Daher müssen natürlich die Nutzerinnen und Nutzer längere Anreisen in Kauf nehmen. Wir sind auch bei der Sanierung noch nicht so weit, weil die komplizierten Bodenverhältnisse nicht mit dem mitteldeutschen Revier vergleichbar sind. In der Lausitz gibt es komplexere Anforderungen. Das regionale Entwicklungskonzept ist noch nicht umgesetzt, weil wir das Konzept als solches erst im März fertiggestellt haben. Deshalb gibt es dort noch keine so weitreichende Entwicklung. Wir treffen auch auf eine Zurückhaltung bei potenziellen Investoren, wenn es um Hotels, Ferienhausanlagen etc. geht.
Positiv ist dort, dass es einen sehr großen und wachsenden Zuspruch von Gästen aus Tschechien gibt, die die regionale Nähe nutzen. Wir haben im gesamten Lausitzer Seenland eine Verdoppelung der Gästeanzahl aus Tschechien in den letzten zwei Jahren erlebt.
Jeder See in der Lausitz braucht wie im Leipziger Neuseenland ein spezifisches Nutzungsprofil. Wenn das Lausitzer Seenland im deutschlandweiten Wettbewerb der Wassersportreviere erfolgreich sein will, müssen die Nutzungsfragen natürlich besonders kreativ beantwortet werden. Wir brauchen Alleinstellungsmerkmale für die touristischen Angebote. Wir wollen Nutzungen zulassen, die es sonst nicht oder kaum gibt, zum Beispiel Kitesurfen und auch das Nutzen von Schnellbooten. Dabei geht es aber immer auch darum, dass wir die Naturschutzinteressen im richtigen Maß im Auge behalten. Das gilt zum Beispiel beim Bärwalder See, wo wir durch Tonnen abgesperrte Landeflächen für Vögel vorgesehen haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir reden hier über eine bergbauliche Folgenutzung. 2008 haben der Freistaat Sachsen und die LMBV eine Rahmenvereinbarung zur Übertragung der Tagebaurestseen geschlossen. Das Ziel war eine Nutzungsbeschleunigung. Da aber die Seen noch nicht endgültig fertiggestellt sind und der Bergaufsicht unterliegen, müssen vorzeitige touristische Nutzungsmöglichkeiten jetzt sichergestellt werden.
Um dies zu gewährleisten, wird es einen neuen Vertrag zwischen dem Freistaat Sachsen und der LMBV geben. Ich werde diesen am 18. Juni 2015 – also in Kürze – unterzeichnen.
Es gilt aber auch weiterhin die Herausforderung für alle Beteiligten – die Gemeinden, die Landkreise, die Behörden, die Unternehmer, die Nutzer, die Einwohner –, dieses dann mit umzusetzen. Wir stellen dafür viel Geld zur Verfügung. Wir haben die §-4-Mittel erhöht und bereits in den letzten Jahren 57 Millionen Euro allein im Zeitraum 2013 bis 2015 investiert. Bei den letzten Haushaltsverhandlungen haben wir noch einmal diesen Ansatz gestärkt. Wir wollen die Schaffung der touristischen Infrastruktur unterstützen.
Als vierten Punkt möchte ich das Thema Schifffahrtsverordnung ansprechen. Die Sächsische Schifffahrtsverordnung vom 12. März 2004 galt bis Ende August 2014 für allgemein schiffbare Gewässer sowie Gewässer, die die Wasserbehörden nach § 17 Abs. 2 Satz 3 Sächsisches Wassergesetz für schiffbar erklärt haben.
Mit der jüngsten Änderung der Sächsischen Schifffahrtsverordnung zum 30. August 2014 hat sich deren Geltungsbereich auf Gewässer ausgedehnt, auf denen das Befahren mit Wasserfahrzeugen nach dem Sächsischen Wassergesetz durch zuständige Wasserbehörden zugelassen ist. Eine solche Zulassung wurde zum Beispiel 2008 für den Bärwalder See erteilt. Sie wurde vor Fertigstellung der Gewässer für Nutzung nach § 17 erteilt, um dem touristischen Nutzenswunsch aus der Region frühzeitig zu entsprechen im Vertrauen auf raschen Sanierungsfortschritt.
Wir haben die Änderung der Sächsischen Schifffahrtsverordnung vor allem wegen der Rechtsklarheit und wegen eines vereinfachten Vorschriftenbestandes erlassen. Seit Jahren intensiviert sich auf den Lausitzer Seen der touristische Betrieb, während der Sanierungsbergbau noch andauern wird. In diesem Verhältnis müssen wir natürlich auch alle dortigen Fortschritte mit bewerten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir als Staatsregierung sind hierbei in Vorleistung gegangen, weil wir wollen, dass der Folgenutzungsgrad erhöht wird und bewusst für die Tourismusnutzung gefördert werden soll. Wir erwarten daraus hohes Engagement, Kreativität und Impulse mit großen Nachfolgeinvestitionen aus der gesamten Region und für die gesamte Region.
Ich bin optimistisch, dass es uns mit den Kollegen des sächsischen Umwelt- und Landwirtschaftsministeriums gelingen wird, den Weg zur touristischen Zwischennutzung weiterhin gemeinsam zu beschreiten und Lösungen – zum Beispiel zu Fragen der Schifffahrtsverordnung und des Wasserrechts – zu finden; denn für die Schifffahrtsverordnung ist das SMWA zuständig, für das Wasserrecht das SMUL, und bestimmte Regelungen müssen jetzt einfach einmal harmonisiert werden. Ich bin zuversichtlich, dass uns das gemeinsam gelingen wird. Wir brauchen pragmatische Lösungen und dürfen dabei das große Ziel nicht aus den Augen verlieren, dass es bei der touris
tischen Nutzung der Tagebaufolgelandschaft auch um einen Teil des Strukturwandels geht, der beispielhaft für die nachfolgenden Regionen sein muss, die ebenfalls vor diesen Fragen stehen werden.
Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Die Fraktionen haben jetzt die Möglichkeit der Nachfrage. Es beginnt die CDU-Fraktion.
Herr Minister, Sie hatten bereits darauf hingewiesen: Es handelt sich um bergbauliche Folgeeinrichtungen. Es gab in der jüngeren Vergangenheit Veröffentlichungen dahin gehend, dass anderswo teilweise verheerende Rutschungen an diesen Tagebaurestlöchern stattgefunden haben. Daraus ergibt sich die Frage: Sind ähnliche Schäden auch an den neu erschlossenen touristischen Tagebauseen zu erwarten? Viel wichtiger wäre noch: Was ist an Präventionsmaßnahmen vorgesehen, um solchen Rutschungen und solchen Gefahren entgegenzuwirken?
Diese verheerenden Rutschungen an Tagebaurestlöchern ereignen sich meist dort, wo noch nicht komplett saniert ist und es ungesicherte Böschungen gibt. Was in letzter Zeit geschehen ist, ist vonseiten der LMBV so weit wieder hergestellt worden, nach ihrer Einschätzung auch so, dass sich keine Rutschungen mehr ereignen können.
Eine hundertprozentige Sicherheit kann niemand geben, deshalb gehen wir in diesen Bereichen sehr sensibel vor. Wo es die Einschätzung gibt, dass Restrisiken vorhanden sind, wird bewusst abgesperrt. Es bleibt dabei, dass bestimmte Bereiche, die sowohl see- als auch landseitig von der Nutzung lieber ausgeschlossen sein sollten, durch Betonnung abgegrenzt werden, damit das Restrisiko, das es immer geben kann, minimiert wird und wir mit den entsprechenden Möglichkeiten sicher sein können, dass die ausgewiesenen Flächen wirklich sicher sind. Dort, wo die Betonnung vorhanden ist, sollten besser noch einmal Bereiche abgegrenzt werden, bei denen ein Restrisiko bestehen könnte.
Wir bleiben bei dem Thema Rutschungen. Wir haben immerhin noch mindestens 33 000 Hektar Flächen, die gesperrt sind. Darunter sind auch Rutschungsflächen, davon 30 % Wasserflächen und 70 % Landflächen. Ein Teil ist durch die LMBV gesperrt, ein Teil ist durch das Oberbergamt gesperrt.
Wann ist perspektivisch mit der Freigabe dieser 33 000 Hektar Flächen nach Ihrer Konzeption zu rechnen?
Sie werden von mir jetzt kein Datum hören. Wir schließen einen neuen Vertrag ab, weil die Planungen, die damals zu dem ersten Vertrag geführt
haben, gar nicht eingehalten werden konnten. Die Sanierungen von Tagebaunachfolgelandschaften sind nicht so genau planbar, dass man tatsächlich mit der punktgenauen Landung alle Risiken ausschließen kann. Genau deshalb schließen wir einen zweiten Vertrag, um weiterhin mit der LMBV diese Dinge zu regeln, um sukzessive die Risiken abzubauen bzw. die Übergabe in die andere Nutzung zu gewährleisten. Wir werden – wie es bereits die ganze Zeit stattfindet – die Gespräche und diesen Prozess zwischen Oberbergamt und LMBV, unter Beteiligung des SMUL und des SMWA, begleiten. Wir haben ein großes Interesse, dass wir sicher, aber auch zügig zu den vernünftigen Übergaben kommen, damit wir Rechtssicherheit für alle haben und damit die Sache zwischen den unterschiedlichen Beteiligten geklärt ist.
Jetzt liegt es noch in der Verantwortung vor allem von LMBV und Oberbergamt. Es ist nicht so planbar, dass man wirklich sagen kann, es ist zu einem bestimmten Zeitpunkt abgeschlossen. Das haben die Erfahrungen der letzten Jahre gezeigt.
Sehr geehrter Herr Staatsminister! Wir wissen, dass Tagebaurestseen vorzeitig an Nutzer, hauptsächlich an Kommunen, übertragen werden. Nun gibt es eine ganze Reihe Gefahrenpotenziale, was Böschungen betrifft. Dazu ist bereits gefragt worden. Auch die Wasserqualität spielt eine Rolle.
Es kommt jetzt erst einmal noch nicht zu einer vorzeitigen Übertragung der Tagebaurestgewässer; denn wir sind bei den durch die Braunkohlensanierung entstehenden Tagebauseen entsprechend der ursprünglichen Planungen noch nicht so weit. Genau deshalb sind wir dabei, neue Verträge zu schließen, um diese Übergänge zu gewährleisten.
Übernächste Woche wird dieser Vertrag unterzeichnet werden. Mit diesem neuen Vertrag wollen wir die Zuständigkeiten zwischen LMBV und den zukünftigen Nutzern regeln, damit die touristische Nutzung für die Kommunen bereits jetzt stattfinden kann, auch wenn wir noch nicht alles abgeschlossen haben, sondern im Rahmen des neuen Vertrages diese Rechtssicherheit für die touristische Nutzung möglich machen können.
Wir investieren viel Geld. Wir haben selbst ein Interesse daran, dass das investierte Geld für die Infrastruktur und für den Tourismus jetzt auch genutzt werden kann. Entgegen einem nicht sehr sauber recherchierten „SZ“-Artikel der Regionalausgabe geht es nicht darum, etwas zu verhindern, sondern wir haben sogar ein großes Interesse daran, dass wir bereits jetzt zu einer touristischen Nutzung unter der Berücksichtigung der Gesetze, an die wir uns halten müssen, kommen.
Die offenen Fragen werden wir einvernehmlich zwischen dem SMUL und dem SMWA klären. Der Nutzung soll nichts entgegengestellt werden, aber die eigentliche Übertragung kann erst erfolgen, wenn die Aufgaben der LMBV erledigt sind.