Protokoll der Sitzung vom 08.07.2015

Meine Damen und Herren! Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 5

Bericht des Petitionsausschusses

(Berichtszeitraum 1. Januar 2014 bis 31. Dezember 2014)

Drucksache 6/1991, Unterrichtung durch den Petitionsausschuss

Das Präsidium hat dafür eine Redezeit von 10 Minuten je Fraktion festgelegt. Falls gewünscht, darf zunächst die Vorsitzende des Petitionsausschusses das Wort ergreifen. Die Vorsitzende des Ausschusses schreitet schon zur Tat. Frau Lauterbach, als Vorsitzende, hat das Wort. Bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Auch in diesem Jahr haben wir wieder einen Bericht des Petitions

ausschusses vorliegen, der eine öffentliche Würdigung verdient. Er sieht in diesem Jahr etwas anders aus. Das ist gut so, das steigert die Aufmerksamkeit. Aber das ist natürlich nicht das Wichtigste.

Das Wichtigste sind die vielen positiven Entscheidungen, die der Petitionsausschuss getroffen hat, im Interesse der Bürgerinnen und Bürger. Unter Einhaltung der Gesetze kann selbstverständlich nicht allen Petitionen abgeholfen

werden. Schauen wir auf das Jahr 2014, ein Wahljahr, zurück.

Im Gegensatz zu Anträgen und Gesetzentwürfen, die nach der Wahl gegebenenfalls erneut ins Parlament eingebracht werden müssen, unterliegt der Petitionsausschuss nicht der Diskontinuität. So konnten die Abgeordneten des neu gewählten Petitionsausschusses die Arbeit im Herbst unverzüglich aufnehmen und laufende Petitionsverfahren zum Abschluss bringen.

Im Jahr 2014 waren es 748 Schreiben an den Petitionsausschuss. Davon konnten 662 als Petitionen anerkannt werden. Den Bürgerinnen und Bürgern in Sachsen wird in diesem Bericht das Petitionsrecht erklärt. In vielen Gesprächen vor Ort merke ich, dass das Wort Petition etwas fremd ist und manchmal noch der Erläuterung bedarf. Es gibt viele Fragen dazu, wie und wo Petitionen eingereicht werden können. Formfragen oder die Nutzung des Internet stehen zur Diskussion. Was passiert mit meinem Anliegen bis hin zur Entscheidung? Was bedeutet dann diese Entscheidung der Petition?

All das erfahren die Bürger im Bericht des Petitionsausschusses. Sie können auch erfahren, wer die Mitglieder des Petitionsausschusses sind, wie sie arbeiten und welche Möglichkeiten der Einflussnahme sie haben.

Unter den Petenten gibt es auch erfahrene Petenten. Hier stehen Fragen an zur Zeitschiene: Wie lange dauert die Bearbeitung einer Petition? – Meist viel zu lange. Wie können sich die Petenten in die Entscheidungen einbringen? Wer bearbeitet meine Petition? Kann ich mit ihr oder mit ihm reden?

Dabei ist natürlich der Datenschutz ganz wichtig. Petenten wie Berichterstatter sollen einen gewissen Schutz genießen. Leider sind die Mitarbeiterinnen des Petitionsdienstes dadurch oft Zielscheibe drängender Fragen.

Werte Abgeordnete, betrachten wir thematische Schwerpunkte, so gingen für den Fachbereich des Staatsministeriums des Innern 114 Petitionen ein, davon 60 mit Anliegen aus dem Sachgebiet Kommunalwesen und 20 mit Anliegen, die die öffentliche Sicherheit und Ordnung betrafen. Oder nehmen wir den Bereich des Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz. Hier gab es 96 Einzelpetitionen zu den Themen wie Sozialversicherung, Altenhilfe, Renten- und Pflegeversicherung oder Leistungen nach dem SGB II.

Es sind viele statistische Erhebungen und Zahlen im Bericht zu finden. Hinter jeder Petition steht ein Problem und oft auch ein Schicksal, mit dem Bürgerinnen und Bürger in Sachsen und darüber hinaus nicht zurechtkommen, bei dem sie unsere Hilfe brauchen. Wichtige Informationen zum Berichtsjahr werden zusammengefasst, zum Teil unterstützt durch Grafiken, aber auch inhaltliche und regionale Schwerpunkte werden herausgearbeitet.

Am interessantesten für alle – für Bürgerinnen und Bürger, aber auch für uns Abgeordnete – sind die zahlreichen Beispielpetitionen, die uns in diesem Bericht vorgelegt werden; sind doch meist die Themen, die vielfach vor

Ort angesprochen werden und die wir in unserer politischen Arbeit berücksichtigen müssen, die Themen, die Menschen in Sachsen beschäftigen. Wir als Abgeordnete begegnen diesen Themen in unserer Arbeit vor Ort, regen vielleicht die eine oder andere Petition an und begleiten sie bis zu ihrer endgültigen Entscheidung.

Mich hat eine Petition in den letzten Jahren besonders beschäftigt. Ich möchte Ihnen nur ganz kurz den Sachverhalt erklären. Herr A. kann aufgrund seiner körperlichen Beschwerden nicht mehr seinen Beruf ausüben. Er möchte aber keine Verrentung, sondern beantragt Teilhabe am Arbeitsleben bei der Rentenversicherung, und zwar im Jahr 2011. Es folgten Ablehnungen, Widersprüche, Sachermittlung des Medizinischen Dienstes, dann ein Jahr keine Reaktion vonseiten der Rentenversicherung. Nach einer Untätigkeitsklage wurde die Teilhabe am Arbeitsleben bewilligt.

Trotz dieser Zeitverzögerung hat sich der Petent selbst um eine Umschulung bemüht. Diese neue Ausbildung wurde aber von der Rentenversicherung als ungeeignet abgelehnt, eine Kostenübernahme nicht bewilligt. Es folgten erneut ein Widerspruch, Sachermittlung des Medizinischen Dienstes – die Zeit ging ins Land. Die Ausbildung hat der Petent inzwischen begonnen; auch war inzwischen eine Klage anhängig.

Durch den Petitionsausschuss konnte zwischen Rentenversicherung und Petent vermittelt werden. Der Petent hat im Vertrauen zum Petitionsausschuss seine Klage zurückgezogen. Im Jahr 2014 gab es eine Zusage von der Rentenversicherung. Ende gut, alles gut? Für mich nicht. Ich bin eher der ungeduldige Typ, das dauert mir einfach alles viel zu lange. Die Petition hat insgesamt drei Jahre gedauert. Kein Einzelfall.

An diesem Abriss sehen Sie, dass es schon Sinn macht, dass sich Bürgerinnen und Bürger mit ihren Anliegen an den Petitionsausschuss des Landtags wenden. Der Bericht des Petitionsausschusses informiert auch zum Verhältnis zwischen Parlament und Gericht. Der Landtag hat keine Möglichkeiten, in schwebende Gerichtsverfahren einzugreifen. Und das ist richtig so. Deshalb hat der Petent die Klage vor Gericht auch zurückgezogen – ein Vertrauensvorschuss für den Petitionsausschuss. Das passiert nicht so oft. Eher wird parallel zur Petition ein Gerichtsverfahren angestrebt, was unseren Handlungsspielraum einschränkt. Das ist ein typisches Problem, das uns in der Petitionsarbeit oft begegnet.

Werte Abgeordnete, uns beschäftigen immer häufiger Massen- und Sammelpetitionen. Diese werden dem Präsidenten meist direkt übergeben. Die Petenten geben sich hier richtig Mühe, uns ihr Anliegen zu erläutern – so zum Beispiel zum Hochschulwesen, dem Hochwasserschutz oder der Wasserentnahmeabgabe. Da sind über 13 000 Unterschriften zum Thema Hochschulwesen schon beeindruckend.

Werte Abgeordnete, ich möchte den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Petitionsdienstes sehr gern hier an dieser Stelle meinen Dank aussprechen.

(Beifall bei den LINKEN, der CDU und der SPD)

Es ist immer ein konstruktives, nettes Zusammenwirken, das die Arbeit des Petitionsausschusses natürlich sehr unterstützt. Sie arbeiten zuverlässig und erfüllen uns Abgeordneten eigentlich jeden Wunsch.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ministerien tragen mit ihrer Stellungnahme an den Petitionsausschuss eine große Verantwortung. Auch ihnen vielen Dank. – Frau Staatsministerin, geben Sie das bitte an die momentan nicht anwesenden Minister weiter.

Als Ausschussvorsitzende möchte ich natürlich auch den Mitgliedern des Petitionsausschusses danken. Es besteht ein gutes Zusammenwirken im Interesse der Petenten. Es ist eben ein etwas anderer Ausschuss.

(Beifall bei den LINKEN und vereinzelt bei der CDU, der SPD und der AfD)

Vielen Dank, Frau Lauterbach. – Meine Damen und Herren, die Reihenfolge in der weiteren Aussprache: CDU, DIE LINKE, SPD, AfD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Staatsregierung, sofern das Wort gewünscht wird. Für die CDUFraktion spricht jetzt Frau Abg. Dietzschold. Bitte, Sie haben das Wort.

Sehr verehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der erste Jahresbericht des Petitionsausschusses in der neuen Legislaturperiode ist etwas Besonderes: Zum einen wird damit endgültig die fünfte Wahlperiode abgeschlossen.

Zum Zweiten ist dieser Bericht im Hintergrund immer von einem Wechsel geprägt. Es sind einige Mitglieder ausgeschieden und gleichzeitig neue Mitglieder in den Petitionsausschuss eingetreten.

Zum Dritten erlaubt der Bericht abschließend, über die Arbeit des Petitionsausschusses in der vergangenen Legislaturperiode zu berichten.

Viertens ist der Petitionsausschuss der einzige Ausschuss des Sächsischen Landtags, für den der sogenannte Grundsatz der Diskontinuität nicht gilt. Dieser Grundsatz bedeutet, dass alle alten Beschlussvorlagen wie Gesetzentwürfe und Anträge mit dem Ende der Legislaturperiode als erledigt gelten und neu eingebracht und behandelt werden müssen. Petitionen müssen dagegen nicht neu eingelegt werden. Das jeweilige Petitionsverfahren wird fortgeführt.

Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir an dieser Stelle, den ausgeschiedenen Mitgliedern des Petitionsausschusses für ihre Arbeit zu danken – für die konstruktive Zusammenarbeit, die immer mit dem Ziel verbunden war, dem Anliegen der Petenten Rechnung zu tragen. Auch wenn Petitionen nicht abgeholfen werden konnte, ist es uns immer wichtig, den Petenten dies in den abgegebenen Berichten ausführlich zu erläutern und ihnen damit eine fundierte Antwort zu geben.

Den mittlerweile nicht mehr ganz so neuen Mitgliedern des Ausschusses möchte ich auch danken – dafür, dass sie sich für eine Mitarbeit im Petitionsbereich entschieden haben und sich nun der Sorgen und Nöte der Bürgerinnen und Bürger annehmen und sich um diese kümmern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte noch kurz Revue passieren lassen, welche Themen in den vergangenen Jahren angesprochen wurden. Der Ausschuss hat sich in dieser Zeit – die Ausschussvorsitzende hat dies schon erwähnt – mit einer unglaublichen Bandbreite an Themen auseinandergesetzt: Vom Umgang mit dem Wolf bis zum Personalschlüssel in den Kindertageseinrichtungen. Schwerpunkte waren und sind aber auch die öffentliche Sicherheit, Abwasser, Straßenbau, Rundfunkgebühren oder Sozialleistungen in allen erdenklichen Formen.

Mir ist hier besonders eine Petition einer Seniorin in Erinnerung, die ihre Rente beantragt hat und von dem Rententräger nichts wieder gehört hat und nun gar nicht wusste, ob sie eine Rente bekommt und finanziell abgesichert ist oder nicht. Wie soll sie ihr Leben gestalten? Sie hat eine Petition eingelegt. Der Grund war eigentlich nur, dass der Rententräger nicht auf ihr Anliegen geantwortet und ihr mitgeteilt hat, dass ihr Rentenantrag ordnungsgemäß eingegangen ist und ihre Rente bearbeitet wird. Nach einem Vierteljahr hat sie einen Bescheid erhalten. Sie war eben so in Sorge und hat deshalb schon eine Petition geschrieben.

Dabei ist festzustellen, dass die Anzahl der Petitionen im genannten Zeitraum rückläufig, aber die Beteiligung über Mehrfach- und Sammelpetitionen ungehindert hoch ist. So gab es beispielsweise im Jahr 2012 über 11 000 Unterschriften zur Schiffbarkeit im Leipziger Gewässerverbund und in den Jahren 2013 und 2014 um die 20 000 Unterschriften zum Thema Wolf. 2014 wurden insgesamt 748 Petitionen eingelegt, davon waren drei Massenpetitionen, 47 Sammelpetitionen und 14 Mehrfachpetitionen.

Damit wird deutlich, dass bei einer sich verändernden Form der Wahrnehmung die Möglichkeit, sich mit Bitten und Beschwerden an den Landtag zu wenden, von der Bevölkerung engagiert genutzt wird. Damit wird auch deutlich gemacht, dass Petitionen ein wichtiges Herzstück einer funktionierenden Demokratie sind.

Meine Damen und Herren! Zum Schluss möchte ich noch einmal die Gelegenheit zum Dank nutzen. Dieser gilt allen, die einen reibungslosen Ablauf des Petitionsverfahrens gewährleisten. Das betrifft zum einen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Petitionsdienstes, die dem Petitionsausschuss in den vergangenen Jahren mit Rat und Tat zur Seite gestanden haben und dies sicherlich auch in den kommenden Jahren tun werden. Zum anderen gilt der Dank auch der Staatsregierung für die konstruktive und engagierte Zusammenarbeit. Gerade bei Nachfragen und bei Vor-Ort-Terminen gab es ein gutes Zusammenwirken. Dafür ein herzliches Dankeschön.

Abschließend kann ich nur empfehlen, den vorliegenden Bericht zu lesen; es handelt sich dabei um eine interessante Lektüre.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Vereinzelt Beifall bei allen Fraktionen – Unruhe)

Vielen Dank, Frau Dietzschold. Sehr geehrte Frau Abg. Junge und sehr geehrter Herr Abg. Fischer, ich möchte Sie darauf hinweisen, dass wir hier in einer Landtagssitzung sind und in keiner touristischen Veranstaltung.

Für die Fraktion DIE LINKE spricht Frau Abg. Junge.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Petitionsausschuss nimmt eine besondere Stellung im Sächsischen Landtag ein. Er ist die Schnittstelle zwischen Parlament und Bevölkerung und ermöglicht dem Bürger einen direkten Zugang zur Politik. Wir Politikerinnen und Politiker beschäftigen uns unmittelbar mit den Anliegen, Sorgen und Wünschen der Bürgerinnen und Bürger und versuchen zu helfen. Das haben auch meine beiden Vorrednerinnen in ihren Beiträgen dargestellt.

Unser Ziel ist es, uns umfassend für die Belange der Bürgerinnen und Bürger einzusetzen. Als Neuling im Petitionsausschuss bin ich über die sachliche und sehr konstruktive Arbeit sehr erfreut. So stelle ich mir die Ausschussarbeit generell im Sächsischen Landtag vor. Wir nehmen einander ernst und arbeiten sachbezogen an den Petitionen. Die Vielfalt der Themen und Anliegen ist riesig, ja gewaltig. Schwerpunktthemen waren 2014 – darauf beziehe ich meinen Redebeitrag – die Verbesserung des Betreuungsschlüssels in Kindertageseinrichtungen, der Hochwasserschutz und auch eine massive Kritik der Regelungen des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages.

Beim Letztgenannten stößt die doppelte Bezahlung der Rundfunkgebühr ab 2013 für Lauben, Datschen und jede Art von Wochenendhäusern auf Unverständnis und große Kritik. Im Zuge des neuen Rundfunkfinanzierungssystems wird deutlich, dass es zahlreiche Ungerechtigkeiten gibt – das machen die unterschiedlichen Petitionen sehr deutlich – eben durch zusätzliche Belastungen und durch höhere bürokratische Hürden für die Beitragsbefreiung für Menschen mit Behinderungen sowie für Personen mit geringerem Einkommen. Hier sollte sich die Sächsische Staatsregierung dieser vielen Petenten annehmen, Initiative ergreifen und sich für eine Neuverhandlung des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages aktiv einsetzen.