Protokoll der Sitzung vom 17.09.2015

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich sage es gleich am Anfang, Herr Günther, dass wir – und wenn es ein rein symbolischer Akt ist – Ihrem Antrag zustimmen werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Er ist auch nach vielen Jahren in seiner Botschaft noch richtig. Herr Hippold, von daher können Sie das eigentlich auch tun. Wir haben diese Debatte schon viele Jahre geführt. Da haben Sie vollkommen recht. Im Grunde genommen könnte man sich das schenken, aber wir haben eine neue Legislaturperiode. Wir hatten vor Kurzem Diskussionen mit Herrn Tillich und dem tschechischen Ministerpräsidenten, die unterwegs waren und zumindest symbolisch signalisiert hatten, wir wollen euch im Elbeausbau unterstützen, wir wollen eure Staustufen vielleicht mittragen. Von daher ist es legitim, dass man diesen Antrag jetzt noch einmal in den Landtag einbringt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich glaube, im Grunde genommen stehen hier tatsächlich die Ansprüche an die Schifffahrt und an Natur und Umwelt in der Abwägung gegenüber. Die einen wollen fahren und ausbauen und die anderen befürchten Umweltschäden – eine wichtige, wenn nicht entscheidende Rahmenbedingung ist eine perspektivische Klimabilanz. Das wurde hier nebenbei angesprochen.

Zukünftig wird die Elbe deutlich weniger Wasser führen, wenn ich die letzten Monate sehe und wenn ich die Klimaprognostiker richtig verstehe. Ich kann durchaus verstehen, dass Tschechien als Binnenland nach kostengünstigen Lösungen sucht, um sich mit internationalen Handelswegen zu verbinden. Das müssen die Tschechen tun, und die Elbe bietet sich dafür unmittelbar an. Da sich die Schiffbarkeit der Elbe verbessert, wenn der Fluss angestaut wird, strebt die tschechische Seite an, eine Staustufe zu bauen. Das ist vollkommen nachvollziehbar.

Aber der geplante Ausbau der Elbe ist nach meiner Auffassung – hier schließe ich mich Herrn Günther vollkommen an – weder ökologisch noch volkswirtschaftlich vertretbar. Mit ihm würden sich die ökologischen Bedingungen für Pflanzen und Tiere verschlechtern, und zwar auf tschechischer wie auf deutscher Seite. Hinzu kommt, ein solches Bauvorhaben wäre wirtschaftlich nur dann sinnvoll, wenn nachfolgend auch auf deutscher Seite

eine rentable ganzjährige Schiffbarkeit für Güterschiffe gegeben wäre. Das ist aber nicht der Fall; denn die Elbe ist eigentlich ein Niedrigwasserfluss. Das weiß niemand besser als die Elbeanrainer, die zwischen Bad Schandau und Dresden wohnen. Oft plätschert dieser Fluss mit einem derart niedrigen Wasserstand dahin, dass er regelmäßigen wirtschaftlichen Güterverkehr nicht zulässt. Dieses Problem wird meines Erachtens in Zukunft zunehmen.

Herr Günther sprach es mehrfach an: Die Sohlehöhe der Elbe begrenzt die Masse der zu transportierenden Güter. Für einen durchgängigen Güterverkehr müsste entweder das gesamte Flussbett tiefer gelegt werden, oder es müssten weitere Staustufen gebaut werden. Diese Lösung lehnen wir für den sächsischen Flussabschnitt ab.

Herr Hippold, ich gebe Ihnen recht, Sie haben im Landesentwicklungsplan und auch im Koalitionsvertrag ein Ziel formuliert. Das heißt: Die Nutzung der Elbe ist im bisherigen Rahmen und ohne Ausbauten in Sachsen zu gewährleisten, und Maßnahmen zur Erhaltung der Schifffahrtsbedingungen auf der Elbe sind unter Beachtung der ökologischen und wasserwirtschaftlichen Funktionen durchzuführen. Staustufen sind auf sächsischer Seite nicht geplant.

Derzeit wird ein Großteil des Binnenschiffverkehrs aus oder nach Tschechien über andere Flüsse und Kanäle der Bundesrepublik abgewickelt. Sie haben das vorhin erwähnt. Ich kann mir jetzt auch schenken – das habe ich niedergeschrieben –, was die Folgen einer Staustufe in Tschechien wären, unter anderem das Problem, das wir schon einige Wochen vor uns hertragen. Diese polychlorierten Biphenyle würden sich wahrscheinlich in den Sedimenten der Staustufe anreichern. Was ist dann im Hochwasserfall? Möglicherweise kommt so ein Sedimentflash und trägt das zu uns. Wir nutzen das Wasser immer noch für unser Trinkwasser, also Uferfiltrat. Das wäre sicherlich nicht hilfreich. Auch für den Artenbestand wäre es nicht hilfreich.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Kupfer hat immer wieder darauf hingewiesen, wie schön die Elbe in den letzten Jahren geworden ist, wie viele Fischarten sich entwickelt haben. Sicher wäre eine solche Staustufe in Tschechien nicht hilfreich für die Fortentwicklung der Wasserqualität oder der Sedimentqualität hier auf unserer Seite.

Aber ich möchte noch einen anderen Aspekt ansprechen, und zwar den, den Herr Prof. Wöller gestern in der Diskussion zur Fachregierungserklärung eingebracht hat, nämlich eine mögliche Variante, Tschechien an internationale Transportwege anzubinden. Das wäre vielleicht der Ausbau der Bahnstrecke, wie sie ebenfalls im Landesentwicklungsplan 2013 raumordnerisch angedacht ist. Ich kann nicht wirklich einschätzen, wie ernst er das gestern gemeint hat; denn das wäre für die Tschechen eine wichtige Information. Vielleicht sollte man einmal kommunizieren, wie wir vielleicht gemeinsam mit der Deutschen

Bahn usw. diesen Landesentwicklungsplan und den Landesverkehrsplan mit ihnen gemeinsam umsetzen können.

Ich fasse daher für uns zusammen: Eine weitere Staustufe auf tschechischer und auch auf deutscher Seite löst nicht die Niedrigwasserprobleme im deutschen Flussabschnitt. Deshalb wird es meines Erachtens auch nie zu einem Ausbau kommen. Perspektivisch wird die Wassermenge in der Elbe weiter abnehmen. Auch da hilft keine Staustufe weiter.

Nicht noch einmal erwähnen muss ich die ökologischen Auswirkungen auf deutsche Flussabschnitte. Ich erwarte hier eine weiterhin konsequente Haltung der Staatsregierung in dieser Frage. Das werden wir ja vielleicht gleich hören in Ihrem Statement. Eine zuverlässige Anbindung Tschechiens über die Elbe kann meines Erachtens durch diese Staustufe dauerhaft nicht gewährleistet werden. Wir sollten tatsächlich stärker über die Bahnanbindung nachdenken.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Die SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD ist mehr als ein politisches Willensbekenntnis. Er ist Handlungsprogramm. Mit den Haushaltsverhandlungen haben wir das in vielen Punkten bereits bewiesen. Für die Elbe gilt: Kein Ausbaggern, keine weitere Vertiefung und keine Staustufen.

Wir können der tschechischen Seite nicht verbieten, bei Dečin eine Staustufe zu bauen. Hier in Sachsen haben wir nur ein Instrument, im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung eine Stellungnahme abzugeben. In dem Zusammenhang gilt, dass die Elbe eine wertvolle Natur- und Kulturlandschaft ist. Mit mehr als 400 Flusskilometern ist sie als ältestes deutsches Unesco-Bio

sphärenreservat Modelllandschaft für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen. Die Flusslandschaft Elbe stellt damit das größte Schutzgebiet in Deutschland dar. Selbstverständlich würde eine Staustufe in Dečin negative Auswirkungen auf die Natur- und Kulturlandschaft Elbe haben. Deshalb sprechen wir uns auch gegen den Bau einer Staustufe aus.

(Beifall des Abg. Wolfram Günther, GRÜNE)

Fairerweise muss man aber sagen, dass diese Position in der vergangenen Legislatur auch von der Staatsregierung, in persona Herr Kupfer, vertreten wurde.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Koalitionsvertrag haben wir ein jahrzehntelanges Dogma durchbrochen, das Dogma, dass die Elbe ganzjährig beschiffbar ist. Das ist sie nicht. Klimatisch bedingt werden wir immer wieder Phasen von Niedrigwasser haben, genauso wie wir uns auf Hochwasserereignisse einstellen müssen. Laut einer Studie des Potsdaminstituts für Klimafolgenforschung werden sich die Niedrigwas

serperioden in Zukunft durch die Erderwärmung verschärfen. Ein Ausbaggern der Elbe ist vor diesem Hintergrund ökologisch nicht sinnvoll. Deshalb steht dies auch so im Koalitionsvertrag. Das bedeutet aber nicht, dass auf der Elbe keine Schiffe mehr fahren sollen, sondern dass die Schiffe eben nicht das ganze Jahr fahren können. Trotzdem bleibt die Elbe eine überregionale Wasserstraße. Aber sie ist eben gleichberechtigt eine Natur- und Kulturlandschaft.

Sehr geehrte Damen und Herren von den GRÜNEN! Ich bedanke mich noch einmal herzlich, dass Sie den Koalitionsvertrag in diesen Antrag gepackt haben. Unsere Position ist klar: Wir brauchen diesen Antrag nicht und lehnen ihn deshalb ab.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der Staatsregierung)

Herr Abg. Urban für die AfD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! „Staustufen schaden nicht nur dem Ökosystem Elbe in Tschechien, sondern wirken sich bis weit nach Sachsen hinein aus.“ Das waren die Worte von Herrn Tillich aus dem Jahr 2005. Damals intervenierte Herr Tillich bei der EU, damit keine Subventionen für Staustufen in Tschechien bereitgestellt werden.

Die Elbe ist zwar eine der 28 Bundeswasserstraßen in Deutschland, eine hohe Bedeutung als Verkehrsweg genießt sie aber nur für das Binnenland Tschechien, das über die Elbe einen Anschluss an den Seehafen Hamburg hat. Deshalb drängt die Tschechische Republik darauf, dass Deutschland die Elbe so ausbaut, dass sie längere Zeit im Jahr schiffbar wird. Das wäre aber nur zu erreichen, wenn man die Elbe in Deutschland weiter begradigen, vertiefen und mit Staustufen versehen würde.

Bauliche Maßnahmen zur besseren Schiffbarmachung der Elbe auf deutscher Seite gab es reichlich. Ab 1991 begann man mit stromregelnden Maßnahmen, die ab 1995 systematisch auf allen Elbabschnitten durchgeführt wurden, die Seichtstellen aufwiesen. Ziel dieser Maßnahmen war es, an mindestens 345 Tagen im Jahr mehr als 1,60 Meter Fahrrinnentiefe und 50 Meter Fahrrinnenbreite zu gewährleisten. Nach Vollendung der Unterhaltungsarbeiten an bereits vorhandenen Strombauwerken am Ufer und im Flussbett wurden im Jahr 1995 zahlreiche neue Buhnen gebaut und Kopf- und Sohlschwellen im Flussbett ergänzt. Schwerpunkte dieser stromregelnden Maßnahmen waren die Seichtstellen bei Torgau und Magdeburg.

Die durch die Baumaßnahmen erreichten Tauchtiefen verbesserten die Bedingungen für eine wirtschaftliche Binnenschifffahrt nur in geringem Maße. Erwartungen an einen Boom der Elbeschifffahrt, die im Vorfeld der Baumaßnahmen immer wieder vonseiten der Binnenschifffahrtsverbände geweckt wurden, erfüllten sich nicht. Durch die Konkurrenz anderer Verkehrsträger, insbeson

dere des Lkw-Verkehrs, aber auch der modernisierten Güterbahn, gelang es der Elbeschifffahrt nicht, in nennenswertem Umfang neue Märkte zu erschließen. Gleichzeitig ging der Transport traditioneller Massengüter wie Kohle, Kies oder Stahl weiter zurück. Weite Strecken der Mittelelbe weisen heute kaum gewerblichen Schiffsverkehr auf. Dieser wird überwiegend über die vorhandenen Kanäle wie den Elbe-Seiten-Kanal, den Elbe-LübeckKanal und den Mittellandkanal geführt. Ein Ausbau der Elbe in diesem Abschnitt wäre daher nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch äußerst fragwürdig. Im Jahr 2014 sank der Frachtverkehr der Elbe auf ein neues Minimum von nur noch 400 000 Tonnen im Jahr.

Was sind die Argumente der Gegner eines weiteren Ausbaus der Elbe?

Anders als der Rhein ist die Elbe ein Niedrigwasserfluss. Alle Prognosen weisen auf einen weiteren Rückgang der Wassermenge der Elbe, vor allem in den Sommermonaten, hin. In den letzten Jahren unterschritt die Elbe im Schnitt an vier Monaten im Jahr das ohnehin sehr niedrige Minimalziel einer Fahrtiefe von 1,60 Meter. Zum Vergleich: Das auf dem Rhein gängige Europaschiff ist auf einen Tiefgang von 2,50 Meter ausgelegt.

Das im Landesverkehrsplan Sachsen 2025 festgelegte Ziel einer Mindesttiefe von 1,60 m an 345 Tagen ab Dresden stromabwärts und von 1,50 m an 345 Tagen ab Dresden stromaufwärts ist völlig unrealistisch und wäre nur durch den Bau von Staustufen auf sächsischem Boden zu erreichen.

Die geplanten Staustufen in Böhmen beeinflussen in negativer Weise besonders wertvolle Gebiete, die Böhmische Schweiz und die Sächsische Schweiz. Eine Beeinträchtigung dieser hauptsächlich vom Tourismus lebenden Regionen wäre mit dem Verlust vieler Arbeitsplätze verbunden. Zusätzlich wächst durch die Staustufen auch die Hochwassergefahr, weil im Falle einer Flutung, wie sie im Jahr des Hochwassers 2013 notwendig wurde, Sachsen kurzfristig die zusätzlichen Wassermassen aus Tschechien aufnehmen muss.

Die Bahn kann fast alle Güter umweltverträglicher transportieren, da sie ohne Warenumschlag viele Industrie- und Handelszentren direkt anfahren kann.

Der Staustufenbau verschwendet über die Europäische Union Hunderte Millionen Euro Steuergelder, denn auch Tschechien setzt darauf, dass Brüssel die Staustufe bei Dečin mindestens mit 70 % der Baukosten bezuschussen wird. Die Subventionierung steht im eklatanten Widerspruch zu den Zielen der EU-Wasserrahmenrichtlinie, die Verschlechterungen der Durchgängigkeit oder der Gewässergüte von Fließgewässern verbietet.

An dieser Stelle möchte ich die GRÜNE-Fraktion allerdings bitten, mit derselben Entschlossenheit die Durchgängigkeit unserer sächsischen Mittelgebirgsflüsse

einzufordern, anstatt noch im letzten Dorfbach eine Miniwasserkraftanlage zu begrüßen.

Der Konflikt um die Kanalisierung und bessere Schiffbarkeit der Elbe schwelt schon lange. Die Enthemmung zu weiteren Regulierungsmaßnahmen auch auf bundesdeutscher Seite könnte die mittel- und langfristige Folge des Baus der erwähnten Staustufen sein.

Die Elbe ist der letzte große nicht regulierte Fluss Europas, ein Natur- und Kulturerbe. Diesen Schatz für eine Schifffahrt aufs Spiel zu setzen, die dauerhaft nur mittels Subventionen möglich ist, wäre wirtschaftspolitischer Unsinn. Die sächsische Regierung täte gut daran, in Sachen Staustufen ihren Schlingerkurs zu beenden, deren Bau in Tschechien eindeutig abzulehnen und diese Haltung auch unmissverständlich gegenüber der tschechischen Regierung zu vertreten,

(Frank Kupfer, CDU: Haben wir gemacht!)

anstatt positive Signale auszusenden, wie Herr Tillich es kürzlich getan hat.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Wird von den Fraktionen noch weiter das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann frage ich die Staatsregierung. – Herr Minister Schmidt, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist nun ein Antrag, bei dem man wirklich nicht so richtig weiß, was er soll. Ich möchte gleich zu Anfang ganz klar sagen: Wir stehen dazu, dass es keinen Ausbau, sondern nur den Erhalt der Elbe gibt. Wir wollen, dass sie weiter Bundeswasserstraße bleibt, und wir sind nach wie vor und bleiben gegen den Bau einer Staustufe.