Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zur LINKEN komme ich dann. Der Hintergrund ist weidlich dargestellt worden. Es gilt ein medienpolitischer Grundsatz, über den wir heute diskutieren. Wer regional sendet, der kann auch regional werben. Ob das über Regionalfenster geschieht oder über regionale Sender selbst, das sei dahingestellt. Das heißt aber auch, wem diese Regionalität fehlt, der darf auch nicht regional werben. Diesen Grundsatz hat das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ausgehebelt, weil er auch nicht verbrieft war. Das hat uns die Möglichkeit gegeben,
hier eine Regelungslücke zu schließen. Das passiert mit dem Achtzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag.
Grundsätzlich ist regionalisierte Werbung in bundesweiten Programmen nicht verboten, es sei denn, die Länder machen eine Ausnahme. Für Sachsen kann ich ganz klar sagen, dass wir nicht vorhaben, diese Länderöffnungsklausel zu nutzen, denn unsere regionalen Fernsehsender tragen mit ihren Programmen zur lokalen Identität bei und sind ein ganz wichtiger Faktor in der regionalen Meinungsbildung und auch Meinungsvielfalt. Wie es auch schon anklang, haben unsere regionalen Sender es schon schwer genug – so darf man sagen –; der zusätzliche Verlust von Werbegeldern wäre fatal.
Dabei dürfen wir eines nicht vergessen – das hat die Anhörung gezeigt: Wir befinden uns gerade in einer grundsätzlichen Umwälzung des Werbemarktes, auf die unsere bisherigen Regelungen gar nicht passen. Da ist Vorsicht geboten. Wir beschäftigen uns jetzt mit regionalen Werbemärkten, parallel dazu laufen wir aber Gefahr, den nationalen oder gar internationalen Werbemarkt aus dem Auge zu verlieren. Akteure wie Amazon oder Google warten nicht auf uns und machen auch vor dem deutschen Werbemarkt nicht halt. Dabei tritt das Problem auf, dass diejenigen, die Inhalte produzieren, nicht mehr zwingend gleichbedeutend sind mit denen, die von den Inhalten profitieren.
Es ist unsere große medienpolitische Aufgabe, hier ordnend einzugreifen und Wettbewerbsverzerrungen entgegenzuwirken. Das heißt nicht, dass wir Konkurrenz unterbinden wollen, aber wir müssen Rahmenbedingungen schaffen, in denen die Freiheitlichkeit von Kommunikation und Information noch möglich ist. Das ist auch eine Vielfaltsfrage. Herr Prof. Hain hat es in der öffentlichen Anhörung sehr schön verdeutlicht. Er hat gesagt, die großen Internet-Unternehmen haben einen Einfluss auf die Meinungsbildung, indem sie in der digitalisierten Kommunikation eine Gatekeeper-Funktion übernommen haben. Das heißt, weltweit agierende Konzerne setzen die Rahmenbedingungen für unseren demokratischen Diskurs. Deshalb dürfen wir das nicht dem freien Spiel der Kräfte überlassen, sondern müssen auch hier Rechtsrahmen entwickeln und damit die Vielfalt sichern. Das muss im Bund, auf der europäischen Ebene passieren, aber natürlich haben wir als Freistaat auch eine Verantwortung.
Mit diesem kleinen Exkurs wollte ich deutlich machen, auf welcher medienpolitischen Diskussionsebene wir uns befinden. Was den vorliegenden Staatsvertrag angeht, so schließen wir damit kurzfristig eine Regelungslücke. Das finden wir gut. Wir freuen uns, dass auch die Fraktion DIE LINKE zustimmen wird, und ich kann sagen, dass die SPD-Fraktion ebenfalls zustimmen wird.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegen! Unser Rundfunkrecht gleicht dem Turmbau zu Babel. Von Urteil zu Urteil türmen wir neue und geänderte Rundfunkstaatsverträge aufeinander. Die vielen Änderungen machen das Recht aber nicht schlüssiger oder transparenter. Ich zitiere hierzu den ehemaligen Verfassungsrichter Hans Hugo Klein, der in einem „FAZ“-Interview verwundert feststellte, was man im Laufe der Jahre aus dem eigentlich klaren und eindeutigen Artikel 5 unseres Grundgesetzes so alles herausgeurteilt habe.
Der Grund für diese Verwunderung ist simpel. Von Beginn an ging es um Macht und ganz entscheidend um den Machterhalt. Daran hat sich seit den Dreißigerjahren des vorherigen Jahrhunderts nichts geändert.
Gerade hatten wir noch den Siebzehnten, und schon habe ich die nicht ganz einfache Aufgabe, Sinn und Zweck des Achtzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrages zu
Meine Kollegin Frau Dr. Muster hat eben ganz dezent darauf hingewiesen, wie die Staatsregierung versuchte, mit Sowohl-als-auch-Besetzungen der geforderten Staatsferne gerecht zu werden, ohne die politische Kontrolle über die Gremien zu verlieren. Die Änderungen bzw. Ergänzungen verbergen eben oft mehr, als sie offenbaren.
Die Großtat des Achtzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrages liegt in dem Satz: Werbung ist Teil des Programms. Eigentlich ist das eine Banalität, jedenfalls für die frei angebotenen Programme von Radio und Fernsehen, die sich ohne Zwangsgebühren finanzieren müssen. Was bezweckt also dieser eigentlich sinnlose Satz? – Sinnlos, weil Programme und Werbung schon immer und vom Konzept her aufeinander bezogen waren und sind.
Programme sind immer nur Umfelder für zielgruppengerechte Werbung. Das gilt für die freien Medien und für die mit Zwangsgebühren finanzierten Anbieter, die unter den Rundfunkbegriff fallen.
Nochmals: Was soll dieser Aufwand? Soll Werbung etwa zur Grundversorgung erklärt werden? – Wohl kaum; denn das wäre der Selbstmord unseres Rundfunksystems. Muss Werbung künftig ausgewogen gestaltet werden? – Das wäre wohl der Irrsinn hoch fünf; denn das klappt schon bei der reinen Programmgestaltung nicht einmal vom Ansatz her.
Wie auch immer, die bisherigen Regulierungen der begrenzten Werbezeiten im öffentlich-rechtlichen System und die Lizenzbedingungen für die privaten Anbieter haben sich bewährt und sollten vom Prinzip her beibehalten werden. Dazu braucht es keine Feststellung, dass Werbung Teil des Programmes sei. Oder soll hiermit einem neuen öffentlich-rechtlichen Medienkonzept der Zuschauerverfolgung der Weg geebnet werden?
Der kontinuierliche Bedeutungsverlust des Zwangsgebührensystems wäre ein Indiz für diese Absicht. Darüber wird uns dann sicherlich der auch schon vorgelegte Neunzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag Auskunft geben. Wir sind nicht bereit, diese Reise ins Unbestimmte mitzugehen. Wir sind nicht bereit, ein Rundfunkrecht weiterzuentwickeln, das sich jetzt schon aus dem Zentrum der Gesellschaft entfernt hat. Keinem ist geholfen, wenn wir den Turmbau zu Babel bis zum endgültigen Zusammenbruch vorantreiben. Jetzt schon sind die widersinnigen Änderungen der verschiedenen Staatsverträge der Bevölkerung nicht mehr zu vermitteln. Wir lehnen diesen Staatsvertrag deshalb ab.
Meine Damen und Herren! Jetzt spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Abg. Dr. Maicher. – Bitte sehr, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es wurde schon gesagt: Ende 2014 wurde ProSiebenSat.1 Media durch das Bundesverwaltungsgericht erlaubt, in ihrem überregionalen Programm regionale, dezentrale Werbung zu schalten.
Das Ziel des Konzerns, neue Marktchancen zu nutzen, die nun technisch möglich sind, ist wirtschaftlich legitim. Inzwischen hat ProSiebenSat.1 diese Angebote bereits umfangreich beworben.
Gegenwind kommt von den lokalen und regionalen Medienanbietern. Sie sehen den medienpolitischen Konsens aufgebrochen, wonach regionale Werbung auch regionale Inhalte finanzieren soll. Es geht im Kern um den Erhalt der regionalen, lokalen Medienangebote und um Vielfalt – das ist schon gesagt worden –; denn für sie ist es ohnehin schwer, sich auf dem schwierigen Werbemarkt zu finanzieren. So hieß es aus dem Fachbereich Radio des Verbands privater Rundfunk und Telemedien: Wer regionale Vielfalt wolle, müsse für die lokalen Hörfunkangebote auch ein planerisch verlässliches Angebot schaffen.
Wir GRÜNE sind ebenfalls der Auffassung, dass die lokalen und regionalen Radio- und TV-Sender auf dem regionalen Werbemarkt nicht gegen eine übermächtige Konkurrenz nationaler Sender antreten sollen. Diese Konkurrenz würde zudem nicht nur den Rundfunk,
sondern auch die regionale Presse treffen. Im Sinne der Medienvielfalt können wir nicht riskieren, dass lokale und regionale Medien diese Finanzierungsquelle teilweise abgeben müssen, weil die Unternehmen Werbebudgets zu den großen TV-Konzernen verlagern.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist medienpolitisch verantwortungsvoll, hierbei nicht blind den Marktgesetzen zu folgen und den großen Unternehmen den Platz zu überlassen, nur weil sich die technischen Bedingungen geändert haben. Stattdessen muss eine Regulierung daran ausgerichtet sein, dass Medienvielfalt bestmöglich gewährleistet wird. Die Expansionsbestrebungen von Konzernen sollten dort enden, wo wir negative strukturelle Konsequenzen für regionale Medienlandschaften nicht ausschließen können. Nur mit dieser Änderung im vorliegenden Entwurf kann ein Verbot von regionaler Werbung in nationalen Programmen durchgesetzt werden.
Es bleibt aber unsere Kritik – das will ich noch sagen –, dass Ausnahmen letztlich sehr leicht per Landesgesetz umzusetzen sind. Die Bayerische Staatsregierung und die CSU haben auf diese Länderöffnungsklausel bestanden. Wahrscheinlich fiel es ihr schwer, dem ProSiebenSat.1Lobbyisten Edmund Stoiber den Laufpass zu geben. Da das aber kein Problem für uns hier in Sachsen ist, weil es hier den breiten Konsens für ein Verbot gibt, stimmen wir dieser Änderung des Rundfunkstaatsvertrages zu.
Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Gib es Redebedarf für eine weitere Runde aus den Reihen der Fraktionen? – Das vermag ich nicht festzustellen. Ich frage die Staatsregierung: Wird das Wort gewünscht? – Herr Staatsminister Dr. Jaeckel, bitte sehr. Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Vieles ist schon gesagt worden. Deshalb kann ich mich hierzu auf einen noch kürzeren Redebeitrag beschränken als zuvor.
Ich möchte Ihnen, Frau Wilke, die Frage entgegenhalten, wieso Sie diesen Gesetzentwurf nicht unterstützen können, weil Sie ja mit der Medienpolitik nicht die Reise ins Unbestimmte – um Sie zu zitieren – beschreiten wollen. Dieser Gesetzentwurf stärkt die Position der sächsischen Lokal- und Regionalmedien.
Frau Maicher hat schon darauf hingewiesen, dass mit der Bayerischen Staatsregierung einige Diskussionen zu führen waren. Ich möchte darauf kurz Bezug nehmen. Dass wir diesen Gesetzestext, den Sie heute hier vorfinden, als eigenen Staatsvertrag einbringen mussten, liegt ausschließlich an der Bayerischen Staatsregierung. Wir hätten diesen Teil gerne zum Gegenstand des Siebzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrages gemacht, konnten das aber nicht, weil die Bayerische Staatsregierung etwas versucht hat, was im Ergebnis leider gescheitert ist.
Die Bayerische Staatsregierung hat versucht, mit den privaten Rundfunkanbietern und insbesondere mit ihren lokalen Zeitungsverlegern und lokalen Rundfunk- und Medienanstalten eine eigene Lösung zu finden, auch unter der Folie, dass es dort große private Anbieter gibt.
Für diese Arbeit hat sich die Staatskanzlei in Bayern stark engagiert. Sie hat aber im Ergebnis festgestellt, dass die von den Juristen und von den Staatskanzleien ausgearbeitete Regelung, die jetzt mit diesem Staatsvertrag vorgelegt wird, nicht besser zu formulieren war; denn würde man den national agierenden privaten Fernsehveranstaltern die Möglichkeit geben, Werbung auf einzelne Regionen zuzuschneiden, was jetzt untersagt wird, dann wäre das nicht nur ein Eingriff in die regionalen Werbemärkte, sondern es würde auch dazu führen, dass den lokalen und regionalen Rundfunk- und Presseanbietern ein Teil ihrer Finanzierungsgrundlage wegfallen würde. Genau das hat die Staatsregierung nicht gewollt. Frau Fiedler und Herr Panter haben für die Koalition darauf hingewiesen, dass wir die Länderöffnungsklausel für Sachsen nicht ziehen werden.
Eine letzte Bemerkung, warum es uns als Staatsregierung auch so wichtig war, das Verbot auszusprechen, die Werbung auf einzelne Regionen zuzuschneiden. Wir haben nämlich Erkenntnisse darüber, dass den kleineren lokalen und regionalen Anbietern die Werbemärkte wegbrechen.
Das liegt an der Wirtschaftsstruktur im Freistaat Sachsen. Viele mit öffentlichem Geld finanzierte Träger, also insbesondere die Energieversorger, aber auch die Abwasserentsorgungs- und Wasserversorgungsbetreiber, haben in den letzten Jahren ihre Werbebudgets deutlich reduziert. Das merken insbesondere die lokalen Rundfunk- und Fernsehveranstalter im Freistaat Sachsen. Wir haben uns deshalb in der Staatskanzlei nach einigen Gesprächen, die Frau Fiedler und andere gemeinsam geführt haben, darüber Gedanken gemacht, wie es uns gelingen kann, diese Werbemärkte wieder etwas zu verbessern. Dazu will ich von einer Erfahrung hier in Dresden sprechen.
Eine große Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hat in einer regionalen Zeitung eine ganzseitige Stellenanzeige geschaltet, um Fachpersonal zu gewinnen. Auf diese Stellenanzeige hat sie keine einzige Bewerbung bekommen. Ich glaube, aufgrund des Medienverhaltens von jungen Menschen ist es eher erforderlich, hier auch einmal Angebot und Nachfrage über die lokalen Medienunternehmen zusammenzubringen. Eine andere Regelung, die uns diese regionale Werbung untersagt hätte, hätte diese Möglichkeiten beschnitten. Deshalb hat sich die
Sächsische Staatsregierung für diesen Gesetzentwurf eingesetzt. Ich bitte Sie um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf.
Vielen Dank, Herr Staatsminister. Meine Damen und Herren, wir kommen nun zur Abstimmung. Aufgerufen ist das Gesetz zum Achtzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, Drucksache 6/2754, Gesetzentwurf der Staatsregierung. Abgestimmt wird auf der Grundlage der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien, Drucksache 6/3051. Änderungsanträge
Ich schlage Ihnen die artikelweise Abstimmung vor. Möchte jemand widersprechen? – Das ist nicht der Fall.
Wir stimmen ab über die Überschrift des Gesetzentwurfs. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmen dagegen und keinen Stimmenthaltungen ist der Überschrift mehrheitlich entsprochen worden.