Ich möchte diese nutzen, um zu Herrn Homann noch eine Aussage zu treffen. Es geht doch um die Frage, ob die Kommunen in der Lage sind, solche Strecken zu bestellen, ob sie finanzielle Möglichkeiten dafür haben. Dafür muss sich der Freistaat mehr einsetzen.
(Andreas Nowak, CDU: Die haben doch Planungssicherheit! Die sind verantwortlich für die Verteilung!)
(Andreas Nowak, CDU: Entweder sie sind verantwortlich oder sie sind es nicht! Das ist doch Quatsch!)
Herr Nowak, zu Ihrer Aussage vorhin, dass Ihr Freund Ihnen erzählt hätte, dass es in Leipzig um die Frage eines 30-Minuten-Taktes geht und im ländlichen Raum darum, ob der Bus zweimal am Tag fährt. Es sind ganz andere Realitäten. In Leipzig geht es um die Frage eines 5Minuten- oder eines 10-Minuten-Taktes und im ländlichen Raum darum, ob überhaupt eine Bushaltestelle vorhanden ist. Das sind die Realitäten, die geklärt werden müssen.
Herr Baum, Sie haben vorhin gesagt, ich dürfe nicht in Schwarz und in Weiß denken oder in Auto und in Bahn. Ich gebe Ihnen recht. Es geht doch aber um die Frage, –
Trotz der geringen Redezeit – der Entschließungsantrag wird ja dann noch begründet – ist eine zweite Rederunde eröffnet worden. Die Fraktionen verfügen auch noch über Redezeit – so ist es nicht – und die Staatsregierung ebenfalls. Wer möchte jetzt in dieser zweiten Runde das Wort ergreifen? Hat die CDU-Fraktion noch einmal Redebedarf? – SPD? – AfD?
Herr Kollege Baum nimmt jetzt das Wort. Wir haben noch mehr als vier Minuten Redezeit. Es wäre schade um die Redezeit bei diesem wichtigen Thema. Viereinhalb Minuten.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mobilität verbindet, und Mobilität kommt natürlich nicht ohne die entsprechende Infrastruktur aus. So wie ohne Breitbandanschluss kein Zugang zum Internet möglich ist, so kann kein Zug ohne Schienen und Gleise und kein Bus oder Auto ohne Straßen fahren. Lassen Sie mich also noch kurz, nachdem ich in meinem ersten Redebeitrag eher vom Betrieb gesprochen habe, das herüberbringen, was Mobilität in Bewegung hält. In dieser Runde möchte ich also vor allem über die Infrastruktur sprechen.
Ohne eine gut ausgebaute, gut erhaltene und vernetzte Infrastruktur ist keine Mobilität möglich. Wie wichtig die Infrastruktur für eine funktionierende Mobilität ist, haben nicht zuletzt die Debatten über den Bundesverkehrswegeplan gezeigt, die wir im letzten Jahr intensiv geführt haben.
Für Sachsen – das muss man an dieser Stelle ganz klar sagen – gibt es im neuen Bundesverkehrswegeplan – das hat der Minister vorhin auch gesagt – natürlich Licht und Schatten. Es gehört zur Ehrlichkeit dazu, dass wir uns in einigen Bereichen eine viel deutlichere Aussage gewünscht hätten. Dies betrifft ganz konkret den Ausbau der Schieneninfrastruktur, vor allem im Bereich des Fernverkehrs. Wir müssen in der Tat wirklich aufpassen, dass Sachsen in Zukunft nicht noch weiter vom Fernverkehr abgekoppelt wird.
Zu den einzelnen Bahnstrecken wurde von Staatsminister Dulig schon alles Wichtige gesagt. Aber die Elektrifizierungen – darauf möchte ich jetzt noch einmal kurz eingehen – zwischen Dresden und Görlitz, aber auch zwischen Cottbus und Görlitz – sind vor allem auch ein wichtiger Beitrag – das wird immer ein Stück weit vergessen –, um den notwendigen Strukturwandel in der Lausitz, in der Oberlausitz weiter zu befördern. Denn gute und bessere Anbindung, das heißt, bessere und verlässlichere Mobilität, ist die Grundvoraussetzung dafür, dass der Strukturwandel in der Lausitz gelingt, damit wir perspektivisch die nötigen Strukturentwicklungen voranbringen können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich noch einen Blick auf meine Heimatregion, die Oberlausitz, werfen. Es ist meine tiefe Überzeugung, dass nur mit verbesserten Verkehrsanbindungen auf Straße und Schiene die nötigen Strukturentwicklungen in der Lausitz, und zwar im sächsischen wie im brandenburgischen Teil, gelingen können. Deshalb liegt mir die infrastrukturelle Entwicklung dort besonders am Herzen. Sehr häufig sprechen mich Menschen aus der Oberlausitz darauf an, was wir zur Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur und damit natürlich zur Mobilität der Menschen in der Region tun können und müssen.
Nur ein kleines Beispiel: Für Berufspendler aus der Oberlausitzer Braunkohlenregion um Weißwasser herum ist es de facto praktisch unmöglich, täglich mit der Bahn nach Dresden hin und zurück zu fahren. Aber es gibt sie eben auch, die Pendler nach Dresden, die mit dem Auto fahren müssen. Ich selbst bin keine Ausnahme, und das schon seit mindestens sieben Jahren.
Da in der Oberlausitz viele Menschen auf das Auto angewiesen sind, besteht meines Erachtens auch bei diesem Thema Handlungsbedarf. Deshalb habe ich zusammen mit einigen Mitstreitern aus der Region den Vorschlag gemacht, eine neue, möglichst anbaufreie Bundesstraße in Nord-Süd-Richtung mitten durch die Lausitz zu bauen, die in Verlängerung der B 178n bei Weißenberg die A 4 im Süden mit der A 15 bei Cottbus verbindet. Nicht nur Zittau, Weißwasser und Cottbus würden mit so einer Verbindung näher zusammenrücken, auch das Lausitzer Seenland könnte damit noch besser erschlossen werden und noch mehr Touristen anlocken.
Insgesamt wäre eine solche natürlich aus Bundesmitteln finanzierte Straße ein Bindeglied zwischen Sachsen und Brandenburg. Sie wäre eine wichtige Maßnahme, um die Anbindung der Oberlausitz mit dem Rest der Republik weiter zu verbessern. Genau das brauchen wir, wenn wir den Strukturwandel zu einem Erfolg führen wollen.
Und ich sage Ihnen ganz ehrlich: Wir als Politiker können keine Unternehmen dazu zwingen, in der Lausitz zu investieren und dort neue Arbeitsplätze zu schaffen. Was wir aber tun können ist, diesen Standort attraktiv zu machen.
Das war Kollege Baum für die SPD-Fraktion. Gibt es jetzt Redebedarf bei der AfD? – GRÜNE? – Sie haben keine Redezeit mehr. – Gibt es bei der Staatsregierung Redebedarf? – Ja, sie hat noch mehr als 16 Minuten Redezeit. Herr Staatsminister Dulig, bitte.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will am Schluss der Debatte noch einmal bestimmte Dinge auf den Punkt bringen.
Ich wollte mit meiner Regierungserklärung vor allem deutlich machen: Wir haben einen Paradigmenwechsel vorgelegt. Es geht eben nicht nur um eine Verkehrspolitik, die vom Verkehrsträger aus denkt. Es geht eben nicht nur darum, dass man sich jetzt die einzelnen Punkte vornimmt und dann durchdekliniert – Straße, Schiene, ÖPNV, Rad –, sondern dass man das vom Menschen her denkt. Dieser Paradigmenwechsel, dass wir wirklich über Mobilitätspolitik reden, wurde von Ihnen sozusagen als gegeben hingenommen.
Ich möchte noch einmal feststellen, dass das eine neue Qualität ist, an der wir auch gemessen werden wollen; denn es führt dazu, dass wir vom Menschen aus denken und nicht von den Strukturen aus. Das muss dann natürlich auch Konsequenzen haben.
Frau Meier, ich mache eine Fachregierungserklärung im wirklichen Sinn. Wenn Sie sich damit auseinandersetzen und die Geschäftsordnung lesen, dann ist eine Fachregierungserklärung dazu da, die Planungen einer Regierung deutlich zu machen. Es ist natürlich, wenn man in der Mitte einer Legislaturperiode steht, sowohl einen Rückblick als auch eine Vorausschau zu geben. Es gibt Dinge, mit denen sind wir zufrieden, und es gibt Dinge, mit denen sind wir nicht zufrieden. Von daher haben wir einen sehr nüchternen Blick. Aber wir haben auch ehrgeizige Ziele.
Sie sind eine sehr gute Verkehrstheoretikerin. Ich bin jemand, der es umsetzen muss. Ich bin derjenige, der in der Verantwortung steht und der auch sagen muss, was er tun kann und was nicht. Es ist leicht sich hinzustellen und zu sagen, ich solle mich für eine Bahnstrecke einsetzen. Es war aber damals eine kluge Entscheidung, den ÖPNV zu kommunalisieren. Auch wenn wir heute in der Landeshauptstadt sind: Diskutieren Sie durchaus einmal diese Frage im Erzgebirge, in Nordsachsen, in der Oberlausitz. Wer weiß denn am besten Bescheid, was gut für eine Region ist? Soll Dresden bestimmen, welche Bahn, welcher Bus, welche Straßenbahn wohin fährt? Nein, das kann nur eine Region selbst, genauso wie Sie beim Thema Kultur nicht von Dresden aus planen können, welche kulturellen Angebote in den Regionen sinnvoll sind.
Es ist richtig, die kommunale Ebene zu stärken. Und das müssen Sie konsequent tun. Wenn sich nämlich ein Landespolitiker für eine Strecke einsetzt, warum sollte er es dann nicht auch für eine andere tun? Sie setzen sich dann tatsächlich einem Wettstreit des Populismus aus, der unverantwortbar ist. Deshalb haben wir eine klare Einteilung, wer wofür zuständig ist. Diese Forderung, dass man sich für eine einzelne Strecke einsetzt, das ist wirklich Populismus, das ist aber auch verantwortungslos, denn wir haben die Aufgabe an dieser Stelle geteilt. Und die heißt: Die Verantwortung ist beim Thema ÖPNV kommunal.
Wir müssen für die Finanzierung sorgen. Ich bin nach wie vor stolz darauf, dass es uns gelungen ist, gemeinsam mithilfe des Sächsischen Landtages mit dem Doppelhaushalt Planungs- und Finanzierungssicherheit bis zum Jahr
2031 hinzubekommen. Das ist ein riesengroßer Erfolg. Damit wird verhindert, dass wir Verkehrspolitik nur in Haushaltsjahren denken, sondern wir geben tatsächlich diese Sicherheit.
Zum Zweiten, Thema Regionalisierungsmittel. Frau Meier, Hochmut kommt vor dem Fall. Ich würde gern mit Ihnen darüber diskutieren, wie sich die GRÜNEN bei dem Thema Regionalisierungsmittel im Bund verhalten haben. Die GRÜNEN haben uns nicht unterstützt, ganz im Gegenteil. Es war Baden-Württemberg an der Spitze, das gesagt hat: Wir wollen zu der alten Regelung zurückkommen. Wir wollen keinen Kieler Schlüssel, sondern wir wollen den herkömmlichen Schlüssel.
Im Vermittlungsausschuss haben die Bundestagsabgeordneten der GRÜNEN nicht mit uns auf der Ostseite gekämpft, sondern auf der anderen Seite. Stellen Sie sich bitte nicht hier hin, als seien Sie diejenigen gewesen, die für die 200 Millionen Euro gesorgt haben. Es war der Ministerpräsident und es waren die Verkehrsminister.
Thema Radverkehr. Die Frage ist: Wer ist zuständig? Wie kann man messen, dass wir mehr für den Radverkehr tun? Wenn es um den gebauten Kilometer geht, muss ich heute schon sagen, wir werden das am Ende der Legislaturperiode nicht als unseren Erfolg verkaufen können. Nur dies als Maßstab zu sehen ist auch unfair. Ich hatte in meiner Regierungserklärung deutlich gemacht, dass man für die Planung eines Radweges von ungefähr gleichen Planungszeiten ausgehen muss, weil die Planungsprozeduren dieselben sind, wie beim Thema Straßenverkehr. Deshalb geht es nicht darum zu messen, wie viele Kilometer in den letzten zwei Jahren gebaut wurden und in den nächsten zweieinhalb Jahren gebaut werden, sondern vor allem darum, wie viele Kilometer wir in Planung gegeben haben und wie viele wir danach tatsächlich realisieren können. Ich habe heute deutlich gesagt, dass wir alle 545 Kilometer, die wir uns mit der Radverkehrskonzeption vorgenommen haben, in Planung bringen und so viele wie möglich davon bauen wollen. Das ist mein ehrgeiziges Ziel.
Thema Radstationen. Ich erinnere an die Haushaltsverhandlungen. Im Ausschuss habe ich auf die Fragen, ob Radstationen finanziert werden können, auf die Richtlinie zur Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs aufmerksam gemacht und den Hinweis gegeben, dass es nicht Fahrradstationen im klassischen ADFC-Sinn sind, weil es – darauf hat Kollege Baum hingewiesen – innerhalb dieser Radstationen, wie der ADFC es vorschreibt, kommerzielle Anteile gibt, die nicht förderfähig sind. Deshalb haben wir diese Trennung hinnehmen müssen. Das lag aber nicht daran, dass wir das wollen, sondern das ist beihilferechtlich nicht anders möglich.
Zu guter Letzt zum Tempo 30. Ja, ich war damals sehr stolz darauf, weil es durchaus auch unserer Initiative zu verdanken war, dass wir in der Verkehrsministerkonferenz diesen Paradigmenwechsel geschafft haben. Vorher war die Denkweise gerade der Verkehrspolitiker, dass Verkehr immer nur etwas mit Durchfluss zu tun habe. Das müsse zügig durchfließen. Andere Belange müssten sich dem unterordnen. Jetzt ist es das erste Mal gelungen, dass man gerade in diesen sensiblen Bereichen von Kindergärten, Krankenhäusern, sozialen Einrichtungen gesagt hat, dort müsse es umgekehrt sein, dort müsse klar sein, dass wir im Sinne des Menschen, im Sinne von Lärmemissionsschutz auf Tempo 30 gehen.
Bereits in der Verkehrsministerkonferenz haben die großen Städte gesagt: Lasst uns das praktikabel gestalten. Wenn an einer Strecke, zum Beispiel in Hamburg, 170 soziale Einrichtungen liegen, stellen sich natürlich die Fragen mit dem Tempo 30 und dem Durchflussverkehr anders, als wenn Sie diese Frage in Meißen, in Pirna oder ähnlichen Städten stellen. Das müssen Sie berücksichtigen. Wenn Sie tatsächlich zu einer Regelung kommen, die am Schluss die Akzeptanz für eine solche Regelung verloren gehen lässt, dann haben Sie auch nicht viel gewonnen. Denn es geht darum, dass wir es im Sinne der Menschen machen.
Am Freitag gab es im Bundesrat zwei Änderungsanträge, einen harten Antrag von Hamburg – dem hat Sachsen nicht zugestimmt – und einen weicheren, der darauf hingewiesen hat, dass dort, wo soziale Einrichtungen zwar an Bundesstraßen, die Zugänge aber an der Nebenstraße liegen, eine Kann-Regelung erreicht wird. Diesem Kompromiss haben wir zugestimmt, aber auch im Wissen darum, dass er nicht mehrheitsfähig gewesen ist. Das heißt, es ist die komplette Variante durchgestimmt worden, auch in unserem gemeinsamen Sinn. Die Änderungen, die damals vorgeschlagen wurden, hatten den Hintergrund, dass sie eine gewisse Praktikabilität in großen Städten zeigen sollten. Und Sachsen besteht genauso auch aus Städten und ländlichen Bereichen. Von daher war es unser Interesse, das zu berücksichtigen. Daraus einen Skandal zu machen geht an der Sache vorbei, weil es darum ging, wirklich Tempo 30 praktikabel in den großen Städten umzusetzen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, Mobilitätspolitik für Sachsen, das ist ein Paradigmenwechsel, bei dem wir viel zu tun haben. Es geht nicht darum, sich nur auf die Schulter zu klopfen. Es geht nicht nur darum, sich zu beweihräuchern. Es geht darum, die Herausforderung anzunehmen, denn es bedeutet, dass sich noch ganz andere Politikfelder miteinander vernetzen müssen. Wir haben heute nur einige angerissen. Von daher liegt die große Aufgabe vor uns: Wir blicken nicht zurück, sondern wir blicken nach vorn, im Sinne der Menschen in Sachsen.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Herr Dulig, weil Sie eben den Bundesrat erwähnt haben, möchte ich das klarstellen. Es gab eine Verwaltungsverordnung auf Bundesebene, die sah vor: „Innerhalb geschlossener Ortschaften ist die Geschwindigkeit im unmittelbaren Bereich von straßengelegenen Kindergärten … in der Regel auf Tempo 30 zu beschränken.“ Was dann vorgelegt wurde, ist ein Änderungsantrag, dem Sachsen zugestimmt hat, und dort heißt es: „Innerhalb geschlossener Ortschaften kann die Geschwindigkeit im unmittelbaren Bereich von... angeordnet werden.“ Dem haben Sie zugestimmt. Das ist eine Aufweichung, eine KannRegelung. Und die ist so zum Glück nicht durchgegangen.