Protokoll der Sitzung vom 28.01.2015

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Gibt es weitere Wortmeldungen? – Herr Abg. Dreher, bitte, zum Entschließungsantrag.

Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die AfD-Fraktion sieht diesen Antrag als Ausdruck eines unverantwortlichen Misstrauens gegen unsere sächsischen Sicherheitsbehörden. Sie haben mehr Vertrauen verdient. Wir werden den Antrag ablehnen.

Danke schön.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Der Liberalismus bei der AfD ist auch tot, oder?!)

Das war Herr Dr. Dreher für die AfD-Fraktion. Jetzt gibt es noch eine Wortmeldung von der Fraktion DIE LINKE. Herr Bartl, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Die Worte des letzten Redners fordern mich doch heraus, hierzu etwas zu sagen. Wir sind der festen Überzeugung, dass es nicht um die Frage des Vertrauens zur Polizei

geht, wenn wir über die Versammlungsfreiheit und den Schutz des Versammlungsgutes der Versammlungsfreiheit reden. Das unter anderem ist Sache des Parlaments, das ist Sache der Verteidigung der Verfassung, und es ist Sache der Gerichte. Deshalb gibt es keinen Versammlungsminister, der Innenminister sein kann. Wir halten es für einen völlig falschen Ansatz und begrüßen den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ausdrücklich. Es geht nicht anders als so fundamental.

(Beifall bei den LINKEN)

Nun noch eine Wortmeldung von der SPD-Fraktion. Herr Pallas, bitte.

Vielen Dank. – Vielleicht als kurze Reaktion darauf oder als Weiterführung des Gedankens: Ich empfinde das, was in dem Antrag beschrieben ist, als Beschreibung der Verfassungswirklichkeit und als Beschreibung der Verwaltungswirklichkeit in Sachsen. Es muss immer möglich sein, eine solche, auch gravierende Verwaltungsentscheidung von der Verwaltungsgerichtsbarkeit überprüfen zu lassen. Das ist dem unbenommen.

Wir dürfen aber nicht den Fehler machen, dass wir uns als Parlament die Verantwortung für das Verwaltungshandeln ins Haus ziehen. Wir haben die Regierung und die Verwaltung zu kontrollieren. Aber bei so einer Verwaltungsentscheidung gibt es einen konkreten Weg, damit umzugehen und den überprüfen zu lassen. Insofern kann man aus den genannten Gründen dem Antrag nicht zustimmen.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Meine Damen und Herren! Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Ich lasse über die Drucksache 6/813, Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, abstimmen. Wer möchte zustimmen? – Wer ist dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei keinen Stimmenthaltungen und zahlreichen Stimmen dafür hat der Antrag dennoch nicht die erforderliche Mehrheit gefunden.

Wir kommen zu einem weiteren Entschließungsantrag, Drucksache 6/818, eingereicht von der Fraktion

DIE LINKE. Soll dieser noch einmal eingebracht werden? – Herr Abg. Bartl, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollege Piwarz, zunächst werden Sie feststellen, dass es nicht der Dringliche Antrag von heute Morgen

(Christian Piwarz, CDU: Aber Teile davon!)

mit geänderter Entschließung ist, sondern ein eigenständiger Antrag.

(Christian Piwarz, CDU: Aha!)

Wir hatten auch erwartet, dass Sie bei der Dringlichkeit wieder – wie immer – einwenden werden, dass das nicht stimme.

(Christian Piwarz, CDU: Sie müssen besser begründen, Herr Bartl, das ist das Problem!)

Wir denken darüber nach!

Die Materie, um die es hierbei geht – das ist in dem ganzen Getümmel etwas untergegangen –, ist von sehr prinzipieller Bedeutung. Wir haben in der gesamten nachvollziehbaren Rechtsprechung der Bundesrepublik Deutschland kein Beispiel finden können, bei dem unter Berufung auf einen vermeintlichen Terrorverdacht, der sich zudem zunächst gegen einen Einzelnen gerichtet hat, für eine Großstadt, für eine Landeshauptstadt, eine derartige Rund-um-die-Uhr-Verfügung ausgesprochen worden ist. Es gab kein Beispiel in der gesamten Geschichte. Wenn überhaupt mit dem höchst umstrittenen Instrument der polizeilichen Allgemeinverfügung ein Versammlungsverbot ausgesprochen wurde und vor Gericht auch standhielt – diesbezüglich wundert mich die Position von Herrn Dr. Dreher als Richter, sie muss ja auch vor einem Gericht standhalten –, war es immer nur dann möglich, wenn sich die entsprechende Behörde auf den sogenannten polizeilichen Notstand berufen konnte.

Das Vorliegen eines polizeilichen Notstandes ist laut Verfassungsgerichtsrechtsprechung die Voraussetzung

dafür, ob ein Versammlungsverbot bei Allgemeinverfügung überhaupt verhängt werden kann. Das ist unmissverständlich judiziert durch den Verfassungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 6. November 2013 – ich zitiere: „Ein präventives Versammlungsverbot in Gestalt einer Allgemeinverfügung, welches auch friedliche Versammlungen erfasst, darf nur unter den Voraussetzungen des polizeilichen Notstands erlassen werden.“ Unter Ziffer 2 heißt es: „Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines polizeilichen Notstands liegt bei der Versammlungsbehörde.“

Herr Staatsminister Ulbig hat in mehreren Interviews nach der betreffenden Entscheidung erklärt: Polizeilicher Notstand war nicht gegeben. Darauf berufe man sich nicht.

Dasselbe hat uns heute der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion – ich nehme an, für die Regierungskoalition – expressis verbis erklärt. Somit war die Entscheidung verfassungswidrig. – Ende der Durchsage!

Deshalb ist der Antrag so fundamental, weil wir das als Parlament klarrücken müssen. Das ist sehr wohl Sache des Parlaments, Herr Kollege Pallas. Es ist wichtig, dass die Einhaltung der Verfassung, die in diesem Haus verabschiedet worden ist, auch hier immer wieder angemahnt und –

(Beifall bei den LINKEN)

Bitte zum Schluss kommen!

– gerade im 25. Jahr der Neukonstituierung dieses Parlaments nicht sorglos mit der Verfassung umgegangen wird. So sorglos können wir

nicht mit dem hohen Verfassungsgut Demonstrationsfreiheit umgehen. Deshalb bitten wir Sie sehr – auch als Signal für andere Länder der Bundesrepublik und nach außen –: Stimmen Sie diesem Antrag zu.

(Beifall bei den LINKEN)

Gibt es hierzu Wortmeldungen? – Herr Hartmann, bitte, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Fraktion DIE LINKE hat dem Parlament nun schnell einen dreiseitigen Entschließungsantrag vorgelegt.

(Klaus Bartl, DIE LINKE: Darüber können wir gern punktweise abstimmen!)

„Können wir gern punktweise abstimmen“, das ist sehr schön, Herr Bartl. Ich befürchte aber, da kämen wir zu demselben Ergebnis. Es gibt eine ganze Reihe von Feststellungen – –

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Im Dialog!)

Darüber reden können wir, nur beschließen werden wir am Ende des Dialogs und nicht davor.

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Ach, Sie haben das Ergebnis schon!)

Ja, Sie kommen schon mit dem Ergebnis.

Der vorliegende Antrag enthält aus unserer Sicht Behauptungen und Schlussfolgerungen, die wir so nicht teilen können. Auch wir bleiben bei dem, was wir bisher erklärt haben: Das behördliche Handeln war aus der Sicht der zum Zeitpunkt der vorliegenden Erkenntnisse und Fakten unter Berücksichtigung der im Freistaat Sachsen und in der Bundesrepublik Deutschland geltenden gesetzlichen Grundlagen richtig. Es wurde eine Grundrechtsabwägung zwischen dem Versammlungsrecht auf der einen Seite und der Gefährdung von Leib und Leben Dritter auf der anderen Seite vorgenommen. Dann ist diese Entscheidung so getroffen worden, wie sie getroffen worden ist.

Die Informationsquellen kommen aus besonders geschützten geheimdienstlichen Erkenntnissen. Die parlamentarischen Kontrollgremien können sich darüber verständigen, ob und inwieweit sie in der Tiefe ihren Kontrollauftrag diesbezüglich wahrnehmen. Wir beteiligen uns nicht an einem Diskurs, der zum Ziel haben soll, die Quellen geheimdienstlicher Tätigkeit öffentlich zu benennen. Das verstehen wir nicht unter geheimdienstlicher Arbeit und wehrhafter Demokratie.

Es bleibt zum Schluss durchaus der fade Beigeschmack einer gewissen Vorverurteilung und der Tendenz einer falschen Entscheidung durch die Sicherheitsbehörden des Freistaates Sachsen. Dem schließen wir uns nicht an. Ansonsten gilt das Schöne in der Demokratie, Herr Bartl: Der Rechtsweg steht jedem offen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU – Klaus Bartl, DIE LINKE: Eben nicht! – Sebastian Scheel, DIE LINKE: Das Verfassungsgut zu schützen, darum geht es!)

Gibt es weitere Wortmeldungen? – Bitte sehr, Herr Abg. Baumann-Hasske, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Kollegen! Herr Hartmann hat jetzt eine Menge vorweggenommen, obwohl ich es etwas differenzieren würde. Ich sehe Freiheit und Sicherheit nicht ganz so gleichberechtigt nebeneinander. Wir haben kein Grundrecht auf Sicherheit –