Aktuell sind von 55 Planstellen 13 besetzt. Zum dritten Mal in Folge wurde die Stelle des dortigen Filmarchivs vergeblich ausgeschrieben. Das heißt im Umkehrschluss: Es fehlen bereits jetzt Fachkräfte für die Grundaufgaben der Archivierung, geschweige denn, dass es genügend Personen gibt, die als IT-Spezialisten eingesetzt werden könnten. Mittlerweile ist es wohl so, dass es für die Archive kein finanzielles Problem im Haushalt mehr gibt, aber die Personaldecke so dünn ist, dass konzeptionelle Arbeit, zum Beispiel für die Digitalisierung der Staatsarchive, geschweige denn der kommunalen Archivunterlagen nicht angegangen werden kann. Personal für Ausschreibung oder Begleitung von Vergaben oder Betreuung von externen Büros sind im Moment nicht umsetzbare Leistungen. Die Gründe für fehlenden Nachwuchs sind die gleichen, wie bei den anderen Berufsgruppen im Landesdienst, zum Beispiel die deutlich schlechtere Bezahlung als im Westen.
Eine Anhörung von Sachverständigen hätte auch die Chance gehabt, ein Forschungsprojekt der Deutschen
Forschungsgemeinschaft mit dem Thema „Digitalisierung von archivalischen Quellen“ zu präsentieren, an dem sich das Sächsische Staatsarchiv beteiligt hat und das ganz klar Handlungsaufträge hatte: die Entwicklung eines Masterplans für die Digitalisierung von Archivgut, die Entwicklung von Priorisierungskriterien als Grundlage einer breiten Digitalisierungskampagne in enger Abstimmung mit der Forschung und die perspektivische Veröffentlichung der Digitalisate in einem nationalen Portal.
Erkenntnisse im Bereich der Digitalisierung von Archivgütern gibt es also und diese sollten auf allen Ebenen umsetzbar sein, auch in Bibliotheken oder Kommunen. Sicherlich kann dabei eine Zusammenarbeit zwischen staatlichen Behörden und anderen Aufgabenträgern von Vorteil sein. Personell leistbar ist diese im Moment nicht. Das gehört zur Wahrheit auch dazu.
Natürlich wissen wir auch jetzt schon, dass die Kommunen durch das Archivgesetz einer Pflichtaufgabe unterliegen. Aber kennen wir wirklich die Situation der Archive auch in den kleinsten Gemeinden, oder sieht es mit der personellen Ausstattung und damit mit der Archivsituation dort vielleicht noch schlimmer aus?
Im Übrigen dürfen wir nicht vergessen, dass die ostdeutschen Bundesländer, also auch Sachsen, mehr Aufgaben haben, die sich aus der Historie ergeben. In der DDR gab es staatliche Wirtschaftsunterlagen, Unterlagen diverser Parteien usw. Auch diese bedürfen der dauerhaften Bewahrung, ohne dass Datenschutz oder Persönlichkeitsrechte vernachlässigt werden.
Ich habe auch einmal nachgefragt, was mit den Unterlagen der Kulturräume geschieht. Die Antwort war: Im Kulturraumgesetz sind diese nicht verankert. Im Übrigen gab es wohl früher auch mal Archivpädagogen, die den Besucher für den kritischen Umgang mit Archivquellen sensibilisierten.
Nach dem, was wir im Verlauf des Untersuchungsausschusses „Neonazistische Terrornetzwerke in Sachsen“ erlebt haben, bedarf es auch Aufklärung in Behörden, was man vielleicht nicht schreddern und der Nachwelt als Unterlagen erhalten sollte. Das ist die eine Seite der Medaille: die personelle Ausstattung.
Die andere Seite sind die technischen Möglichkeiten, wenn wir in nicht so weiter Zukunft so etwas wie einen kostenfreien, transparenten, barrierefreien virtuellen
Wie sieht die digitale Infrastruktur aus? Oft kommt der Sachsenserver schon zum Erliegen, wenn ich einmal im Umweltportal surfen will. Stellen Sie sich die Unmengen von Daten vor, die sachsenweit, in einem Archivportal Deutschlands oder sogar in der Umsetzung der europäischen INSPIRE-Datenstrategie zu handeln sind. Dafür sind große Investitionen in den nächsten Landeshaushalten definitiv vorzusehen.
Bereits vor einem Jahr habe ich Schlussfolgerungen geäußert, die mangels einer Open-Data-Strategie auch heute noch aktuell sind. Von einem breiten digitalen
Zugang zu Daten sind wir in Sachsen meilenweit entfernt. Die Verwaltung muss endlich in die Lage versetzt werden zu handeln.
Zum Schluss komme ich auf mein Freiberger Bergarchiv zurück. Auch das spielte in meiner Rede vor einem Jahr eine Rolle, nämlich das ROHSA-Projekt, Rohstoffe in Sachsen. Wenn nicht viele Jahrhunderte vor uns kluge Menschen Unterlagen in ordentlicher Qualität bewahrt hätten, würden wir sprichwörtlich im Dunkeln tappen.
Heute sitzen Fachleute zuhauf im Lesesaal des Bergarchivs, dessen Nutzung so großen Zuspruch erfährt, dass niemand über verkürzte oder wegfallende Öffnungszeiten im Ansatz nachdenken darf. Der große Anspruch des digitalen Bergarchivs besteht zum Beispiel darin, den Zugang zu Geodaten für alle Bürgerinnen und Bürger im Jahr 2021 in die Wirklichkeit umzusetzen. Dann sollten schleunigst alle Geodaten haltenden Stellen der Landesverwaltung diese einheitlichen Datenstrukturen auf einer gemeinsamen Plattform angehen.
Das geht meines Erachtens nur durch eine einheitliche Steuerung, wo auch immer diese angesiedelt ist. Ich bin ohnehin der Meinung, dass diese strategisch wichtige Aufgabe in der Staatskanzlei besser aufgehoben wäre als nur in einem Fachministerium. Und last but not least, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Weg hin zu einer Open-Data-Strategie oder einem Transparenzgesetz ist offensichtlich noch sehr, sehr lang.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben es hier mit einer Zeitenwende zu tun. Frau Kliese sprach bereits von der Arche Noah. Wer sich mit den Problemen der Digitalisierung in der öffentlichen Hand beschäftigt, der kann die Probleme durchaus auch analog der Zeitenrechnung vor und nach Christi Geburt strukturieren.
Seit mehr als einem Vierteljahrhundert haben unsere Schreibmaschinen ausgedient; seitdem verfügt auch der Amtsschimmel über weitestgehend digitale Aktenbestände. Die sind im Sinne einer Good Governance im Einklang mit dem Datenschutz und der Informationsfreiheit schnellstens allgemein und zentral zugänglich zu machen mit einheitlichen Systemen und benutzerfreundlichen Oberflächen.
Was wir dabei nicht gebrauchen können, ist eine Zweiklassengesellschaft, in der der Staat und seine Mitarbeiter ohne unmittelbare persönliche und sachliche Betroffenheit in den Spuren der Bürger herumspazieren können. Solch unkontrollierbarer Zugriff muss endlich aufhören – ob sich die Räuber bezeichnenderweise nach der diebischen Elster nennen oder ob Schleierfahnder ohne richterliche Erlaubnis im verdächtig Trüben fischen.
Die Digitalisierung der Archive ist also nicht nur eine technische, sondern auch eine Frage des Datenschutzes – neben allem Organisatorischen die eigentliche Herausforderung. Doch davon steht in dem Antrag der Regierungsfraktionen kein Wort; denn die graue Vorzeit zu digitalisieren ist gut und schön, aber außerordentlich personalintensiv und damit teuer – vor allem, wenn man sich nach alter bürokratischer Sitte mehr mit der Abgrenzung von Zuständigkeiten und Handlungsfeldern beschäftigt. So soll Sachsen Digital in fünf strategischen Zielen mit 15 Handlungsfeldern 106 konkrete Maßnahmen verfolgen, und das nach allen möglichen internationalen Standards.
Das klingt gut, hat aber auch etliche Amtsschimmelfußfesseln an internationalen Vorgaben, die dem Souverän, also uns Sachsen, die Handlungsspielräume verengen. Die Vielflieger der internationalen Organisationen setzen die Standards, die wir nun zu realisieren haben. Mit nationaler Selbstbestimmung hat das nichts mehr zu tun.
So kennen wir es von der EU und den geheimen Titelvereinbarungen. Immer wieder und auf allen Ebenen geht es um die Unterwerfung unter die wiederkehrende Herrschaft einer selbst ernannten Aristokratie, nicht etwa nur auf EU-Ebene, sondern international.
Nein, Aristokratie. – Hätten wir also früher unsere Schularbeiten gemacht – denn die Digitalisierung ist ja keine Entwicklung von gestern, sondern von vorgestern –, gäbe es heute mehr Spielräume. Hätte Sachsen den Zug der Zeit früher erkannt, müssten wir jetzt nicht mit hohem personellen und finanziellen Aufwand das Versäumte aufholen. Wir hätten das viele Geld selbst verdienen können, mit Rechten und Lizenzen, möglicherweise sogar mit der Hardware – das viele Geld, das wir nun den führenden Systemanbietern hinterhertragen müssen –; denn eine erfahrene Arbeitskraft benötigt zum Scannen von einem Regalmeter vergleichsweise homogener Akten eine Woche. Homogene Akten, das sind überwiegend gleiche Formate, wenige Heft- und Büroklammern, wenig dünnes Durchschlagpapier. Wohlgemerkt sind die Unterlagen dann als Bilder erfasst ohne die Möglichkeit einer Volltextrecherche.
Die Stadtarchive und insbesondere die vier sächsischen Staatsarchive mit ihren 90 Kilometern an stofflichen Originalen müssten zusätzlich 100 Angestellte für je 22 Jahre auf die Gehaltsliste setzen, ihre Personalstärke somit verdoppeln. Nicht gerechnet sind dabei die Kosten für Computer, Scanner, Software und Arbeitsräume. Das ist durchaus eine Kraftanstrengung, die man mit mehr Voraussicht und rechtzeitiger Eigeninitiative bequemer hätte haben können.
Große Worte wie die von der sächsischen Digitalisierungsstrategie unter dem Hohlraum Sachsen Digital offenbaren immer mehr, als sie zu verbergen suchen: Sachsen hat die Zeitenwende verschlafen. Können wir das
mit einer Zustimmung belohnen? Schweren Herzens müssen wir das, denn der Berg an Arbeit muss endlich angegangen werden.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Im Mai dieses Jahres fand der 22. Sächsische Archivtag in Dresden statt. Dabei wurde unter anderem konstatiert oder vielmehr konsterniert festgestellt, dass die meisten Archive des Freistaates Sachsen noch nicht für die Digitalisierung der Verwaltung gerüstet sind. Es fehlt in fast allen Archiven an geeigneter Infrastruktur, um digitale Unterlagen zu archivieren. Rund ein Drittel der Archive hat sich überhaupt noch nicht mit der elektronischen Archivierung beschäftigt.
Vor diesem Hintergrund begrüßen wir auch diesen Antrag, der dazu beiträgt, dass wir Informationen zum aktuellen Stand der Digitalisierung bekommen. Wir GRÜNE werden also diesem Antrag zustimmen.
Gleichwohl zwei Anmerkungen unsererseits: In Punkt 1.5. soll die Staatsregierung dem Landtag darüber berichten, wie es um die Fachkräftesituation der Archive im Freistaat Sachsen bestellt ist. In der Tat ist die Formulierung etwas schwammig gewählt. Wenn Sie mit dieser Frage darauf abzielen, wie viele Personen in den kommunalen Archiven arbeiten und welcher Fachkräftebedarf sich dort in den nächsten Jahren abzeichnet, dann hoffe ich, dass sich die Staatsregierung nicht wieder auf ihre beliebte Formel zurückzieht, dass sie dem Landtag über Angelegenheiten, die in die kommunale Selbstverwaltung fallen, nicht zur Auskunft verpflichtet ist. Dann bekommen wir nämlich überhaupt keine Informationen zu diesem Bericht; aber wir lassen uns hier gern eines Besseren belehren.
Wenn Sie aber mit dieser Frage darauf abzielen, wie die Personalsituation im Sächsischen Staatsarchiv aussieht, dann kann ich Ihnen heute schon antworten: bescheiden bis dramatisch, und das wissen allen voran Frau Dr. Wettmann, aber auch diejenigen, die den Bericht der Personalkommission bis zum Schluss gelesen haben. Darin steht nämlich, dass bis zum Jahr 2030 98 der 120 Bediensteten in den Ruhestand gehen – allein in den nächsten drei Jahren 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und SPD, sahen es übrigens nicht für erforderlich an, hier das Staatsarchiv bei den Aufgaben mit Personal zu unterstützen. Allein in dieser Legislaturperiode wurden und werden neun kw-Vermerke vollzogen; das heißt, die Stellen werden nicht wieder besetzt. Gleichzeitig – das kann man im Jahresbericht des Staatsarchives nachlesen – ist die Nachbesetzung frei werdender Stellen schwieriger denn je, denn auf dem Arbeitsmarkt gibt es schlicht kein Fachpersonal. Umso absurder ist es dann auch, dass im
Staatsarchiv regelmäßig den ausgebildeten Fachangestellten für Medieninformationsdienste keine dauerhafte berufliche Perspektive geboten werden kann. Wenn ein Staat eigenes Fachpersonal ausbildet, dies dann aber nicht beschäftigt, dann ist das doch wirklich ein komplettes Versagen der Personalpolitik in diesem Land.
Wir GRÜNE haben hier einen konkreten Vorschlag im letzten Doppelhaushalt eingebracht. Um diese Altersabgänge zumindest abzufedern, haben wir gesagt, es gibt drei bis vier befristete Stellen. Aber selbst das haben Sie in den Haushaltsverhandlungen mit einem Handstreich abgelehnt. Es wäre gut gewesen, wenn Sie unserem Antrag schon im letzten Haushaltsverfahren gefolgt wären – statt Ihres jetzigen Eintretens für die sächsischen Archive und des Betonens der Richtigkeit der Digitalisierung des Archivguts –; dann müssten Sie heute nicht feststellen, dass das Sächsische Staatsarchiv bei seinen Aufgaben im Regen stehengelassen wurde und die Beratung öffentlicher und nicht staatlicher Archive nur noch im geringen Umfang wahrnehmen kann.
Sollte sich also hier ein Defizit bei der Ausübung der Beratungsaufgaben im Bericht ergeben, dann ist ganz klar die defizitäre Personalpolitik hier in diesem Land dafür verantwortlich.
Aber noch ein zweiter Punkt: Ihre Forderung nach einem Landesprogramm Digitalisierung Archive – Punkt 2 – steht meines Erachtens ein bisschen im Widerspruch zu Ihrer Absichtserklärung, die Sie am Montag hier vorgebracht haben, in der Sie gesagt haben, Sie wollen die Zahl der Förderanträge reduzieren. Aber Papier ist ja geduldig.
Wir GRÜNE sehen tatsächlich einen hohen Förderbedarf – aber vor allem, was die Einstellung von Personal angeht –, und dafür ist ein Landesprogramm wegen seiner zeitlichen Begrenzung eher ungeeignet.
Ich verknüpfe mit der Zustimmung zu Ihrem Antrag wirklich die Hoffnung, dass Sie im Ergebnis des Berichts endlich konsequent für eine an den Aufgaben orientierte, ausreichende personelle Ausstattung der Archive sorgen. Wir werden Sie in den Beratungen über den nächsten Doppelhaushalt hier gern beim Wort nehmen.
Herzlichen Dank, sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für den vorliegenden Antrag hätte es kaum einen besseren Zeitpunkt geben können; denn in diesem Jahr ist in Sachen Staatsarchiv und sächsisches Archivwesen generell eine ganze Menge passiert. Wir konnten insbesondere im Staatsarchiv einiges auf die Beine stellen.
Ich persönlich bin gleich sieben Mal bei Veranstaltungen auf der Archivstraße gewesen – anlässlich des Reformationsjubiläums, aber auch, gemeinsam mit dem Landtagspräsidenten, wegen des Umzugs des Landtagsarchivs.
Daneben ist auch im Bereich der Digitalisierung wieder viel vorangekommen. Heute wird schlichtweg erwartet, dass wichtige Informationen jederzeit und schnell auf Laptop und Co. verfügbar sind, gerade wenn es um jene fundierten Daten und Quellen geht, die ich immer gern als Rückspiegel unserer Demokratie betrachte. In Sachsen haben wir uns sehr früh dieser Aufgabe gestellt.
Jetzt bitte ich alle diejenigen, die hier nur mit Kritik unterwegs gewesen sind, die Ohren zu spitzen. Ich erinnere Sie daran: Seit 2013 verfügt der Freistaat als eines der ersten deutschen Länder über ein elektronisches Staatsarchiv und sichert so dauerhaft und rechtskonform seine jüngsten staatlichen Überlieferungen.