Protokoll der Sitzung vom 31.01.2018

Zum Zweiten noch ein Wort an die AfD und an die Redner, die vor mir gesprochen haben: Verwechseln Sie doch das Thema weltoffene Zuwanderung nicht mit der Frage der nationalen Identitäten. Es geht sowohl um das eine als auch um das andere. Vielleicht ist das auch so ein verbindendes Element in der Diskussion, wie ich es von der linken wie von der rechten Seite dieses Hauses an einer bestimmten Stelle gehört habe. Es geht nicht um unbegrenzte Zuwanderung in unser Land und auch nicht darum, dass jeder und jede hierher kommen kann. Es geht aber auch nicht darum, sich zu isolieren. Es geht um eine verantwortungsvolle Politik, die der Möglichkeit christlicher, weltoffener, liberaler Welten folgt, die besagt: Menschen in Not soll auch geholfen werden.

Es geht aber auch darum, Maß und Mitte zu finden, die eigenen Grenzen zu definieren und dann noch zu sagen: Wer hierher kommt, hat die Voraussetzungen zu erfüllen, er hat sich an Regeln zu halten, damit sich ihm diese Möglichkeiten eröffnen. Also sind Zuwanderung und deren Begrenzung, Integration und Regeln keine Widersprüche, sondern die zwei Seiten ein und derselben Medaille. Deswegen ist neben der Zuwanderung und deren Begrenzung auch die Bleibeperspektive bzw. die Abschiebung oder Rückführung derjenigen, die nicht darunter fallen, zu berücksichtigen. Deshalb wird sich auch diese Staatsregierung mit dem Thema Abschiebehaft und Ausreisegewahrsam beschäftigen.

Lassen Sie mich zum Schluss zum Thema Innere Sicherheit noch einmal sagen: Das Problem ist, dass es kein Schwarz-Weiß gibt, wie uns die linke oder rechte Seite diese Hauses weismachen will, sondern es geht um ein verantwortungsvolles Sowohl-als-auch. Es geht um die Möglichkeit einer humanitären Verpflichtung, Menschen in Not zu helfen und auch um die Herausforderungen unserer Gesellschaft, die einem demografischen Wandel unterliegenden Voraussetzungen zu begleiten, aber gleichzeitig auch darum, die Grenzen der Hilfsbedürftig

keit und die Regeln zu definieren. Das alles bleibt nicht allein Aufgabe der Polizei, sondern es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

Nicht nur bei der Polizei ist das so, sondern auch in anderen Bereichen, zum Beispiel bei der Feuerwehr. Beim Thema Feuerwehr will ich ganz deutlich sagen: Es geht hier um mehr als um allgemeine Bekenntnisse zum Ehrenamt und zum Brandschutz.

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE – Beifall der Abg. Sabine Friedel, SPD)

Es geht auch – das hat der Ministerpräsident deutlich gemacht – um eine weitere investive Stärkung der Kommunen bei der Erfüllung der Voraussetzungen für den Brandschutz im investiven Bereich, im Ausstattungsbereich für die Kameraden und auch um deren Stärkung im Einsatz, wenn es beispielsweise um Feuerwehrführerscheine geht.

Aber lassen Sie mich auch eines sagen: Es bleibt eine kommunale Verantwortung. Damit bin ich bei den Ausführungen der AfD und den LINKEN zur Kommunalfinanzierung. Das ist der letzte Punkt, den ich hier anspreche. Die eine Seite sagt: Gebt doch jedem Landkreis 10 Millionen Euro, damit er frei etwas machen kann, weil er ja bis jetzt nichts hat. Die andere Seite kommt gleich mit einem 250 Millionen-Euro-Paket an. Dann reden Sie doch bitte erst einmal über die Voraussetzungen. Der sächsische Finanzausgleich – das ist keine Selbstverständlichkeit, was von der SPD vorhin schon einmal deutlich gemacht wurde – ist etwas Besonderes in der Bundesrepublik Deutschland, denn in anderen Bundesländern hängen die Kommunen am Tropf des Landtages und an dessen eigenen Befugnissen.

Im Freistaat Sachsen partizipieren die Kommunen an den Einnahmen. Dabei geht es nicht um 10 Millionen Euro, dabei geht es auch nicht um 250 Millionen Euro, meine sehr verehrten Damen und Herren, sondern dabei geht es im Jahr 2018 um 3,37 Milliarden Euro. Es geht um allgemeine freie Mittelzuweisungen, also um Mittel, die die Kommune zur allgemeinen freien Verwendung hat, nämlich um die Situation der geringen Steuern etc. auszugestalten. Es geht um 2,4 Milliarden Euro, die die Kommunen im Haushalt als freie allgemeine Schlüsselzuweisungen haben und die sie eigenverantwortlich verwenden können.

(Zuruf des Abg. Carsten Hütter, AfD)

Dabei reden wir noch nicht über Förderprogramme des Freistaates Sachsen bei der Unterstützung von Schulen, von Feuerwehren etc. Wir sprechen auch nicht über Zuweisungen, wie sie es beispielsweise bei der KitaPauschale gibt.

Also tun Sie doch bitte nicht so, als ob im Freistaat Sachsen wegen der Landespolitik die Kommunen am Verhungern sind. Wenn wir darüber reden – das ist richtigerweise auch Programm dieser Staatsregierung –, dann doch darüber, welche Leistungen bei der Aufgabenüber

tragung zum Teil vom Bund bestellt werden, für die es keine Förderung oder Finanzierung im Rahmen des Konnexitätsprinzips gibt. Wir müssen dafür sorgen, dass Leistungen auch von denen bezahlt werden, die sie bestellen. Deswegen ist die Finanzausstattung der sächsischen Kommunen gut. Der Freistaat Sachsen unterstützt sie.

Gleichwohl stehen die Kommunen vor Herausforderungen, die vor allem dadurch definiert sind, dass es bundespolitische Vorgaben gibt, die durch die Kommunen zu erfüllen sind.

(Zuruf des Abg. Rico Gebhardt, DIE LINKE – Carsten Hütter, AfD: Das ist Schönmalerei!)

Herr Gebhardt, die CDU hat zweifelsohne auch Verantwortung im Bund. Aber wir sind hier in Sachsen und reden für die sächsische CDU.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Sie sind seit 27 Jahren in der Verantwortung!)

Ansonsten will ich an Ihre Adresse sagen: Möglicherweise würde Ministerpräsident Ramelow, den Sie heute als Kronzeugen angeführt haben, wenig begeistert sein von Ihrer Rhetorik und Ihrem Auftreten in diesem Landtag. Aber das ist Ihr ganz persönliches Problem.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Gibt es vonseiten der Fraktionen noch Redebedarf? – Herr Lippmann, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werter Kollege Hartmann, viel Getöse, großes Theater. Doch auch Sie haben leider keine einzige Idee präsentiert, wie Sie dieses Land wirklich nach vorne bringen könnten. Stattdessen wollen Sie uns die Sachen, die uns schon der vorherige Innenminister erzählt hat und die jetzt offensichtlich nach dem Prinzip „alter Wein in neuen Schläuchen“ verkauft werden sollen, als Modernisierung verkaufen.

Sie verheimlichen aber bei zwei Punkten etwas und gehen einen totalen Irrweg. Sie haben die Wachpolizei angesprochen. Ich sage Ihnen ganz persönlich als Innenpolitischer-Sprecher-Kollege: Das ärgert mich massiv. Sie haben dem Landtag bei der Einführung des Wachpolizeigesetzes nicht die Wahrheit gesagt. Es waren Sie und die Kollegen von der SPD, die hier nahezu geschworen haben, es sei eine Übergangslösung, und man hätte bewusst ein Außerkrafttreten vereinbart und wollte das dann nicht verlängern.

Jetzt redet diese Koalition über die Verlängerung der Wachpolizei. Dass wir das für absurd und schädlich halten, ist das eine, aber Sie erweisen auch der Staatsregierung und der Koalition einen Bärendienst, weil Sie die Glaubwürdigkeit vor diesem Hause ramponieren, wenn

Sie immer Versprechen abgeben, die Sie dann nicht halten.

(Albrecht Pallas, SPD, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie die Zwischenfrage? – Bitte, Herr Pallas.

Danke, Frau Präsidentin! – Kollege Lippmann, würden Sie mir recht geben, dass wir im Wachpolizeidienstgesetz eine Laufzeit geregelt haben? Würden Sie mir weiterhin recht geben, dass in der Absichtserklärung der Koalition vom Dezember letzten Jahres die Rede davon ist, dass unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Bewerberzahlen die Notwendigkeit einer Verlängerung der Wachpolizei geprüft werden soll?

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Wir haben etwas anderes vom Ministerpräsidenten gehört!)

Herr Kollege Palles, ich habe das schon zur Kenntnis genommen, was in Ihrer sogenannten Absichtserklärung drinsteckt und was vonseiten der Regierung erzählt wird. Ich sage es Ihnen ganz deutlich: Ich weiß doch, was das Ergebnis des Prüfauftrages sein wird. Das ist dann mal einer der wenigen Prüfaufträge, die diese Koalition umsetzen wird, und dann wird das Wachpolizeigesetz verlängert. Sie strafen sich selbst Lügen, denn Sie haben diesem Haus erzählt, dass es zeitlich begrenzt sei.

(Zuruf des Abg. Albrecht Pallas, SPD)

Das haben Sie damals hier gesagt. Von daher ist das ein massiver Wortbruch, den Sie begehen.

(Zuruf des Abg. Albrecht Pallas, SPD)

Sie begehen auch deswegen einen massiven Fehler, weil Sie das Problem weiterhin mit einer Hilfsbrücke schieben, anstatt endlich noch mehr für den Einstellungskorridor bei der sächsischen Polizei zu tun.

(Zuruf des Abg. Albrecht Pallas, SPD)

Herr Kollege Hartmann, das Zweite, was mich dann nur noch erheitert, ist: Wenn Sie Maßnahmen wie die von der CDU unterstützte Vorratsdatenspeicherung oder die geplante Einführung der automatisierten stationären Kennzeichenerfassung als „chirurgische Eingriffe“

bezeichnen. Die Datenschleudern schlechthin, die Massenintervention im Polizeirecht schlechthin! Angesichts dessen frage ich ernsthaft, wann Sie das letzte Mal bei einem Chirurgen waren; denn das, was Sie hier damit behaupten, ist eine Beleidigung für diesen Berufsstand.

Es ist doch absurd, dass Sie jetzt hier wieder das Märchen erzählen, man bräuchte Vereinheitlichung im Bundesgebiet bei der Polizei und beim Polizeirecht. Ich habe es

schon dem letzten Innenminister erklärt, und ich erkläre es auch noch einmal Ihnen, Herr Staatsminister Wöller: Dann seien Sie wenigstens konsequent und geben das Polizeirecht an den Bund ab, anstatt immer die Märchen zu erzählen, man dürfe in Sachsen nicht andere Polizeigesetze haben als in anderen Ländern. Dann seien Sie wenigstens konsequent, oder begreifen Sie, dass es ein Vorteil sein kann, dass man in den Ländern verschiedene Polizeigesetze hat und eben die Frage –

Bitte zum Ende kommen.

– der Freiheit der Bürgerinnen und Bürger anders gewichtet als in anderen Regierungen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die AfD-Fraktion; Herr Wendt, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Hartmann, Sie sind ja der Innenexperte der CDU-Fraktion. Wissen Sie, was das Problem der CDU ist? – Sie fahren immer nur auf Sicht und reagieren erst dann, wenn der Karren bereits an die Wand gefahren ist. Auszulöffeln haben das dann die sächsischen Bürger, und damit können wir als AfD-Fraktion uns nicht abfinden.

Natürlich entstehen Ängste, und das zu Recht. Sie können doch die Ängste der sächsischen Bevölkerung nicht einfach ignorieren. Haben Sie sich einmal mit den Leuten vor Ort unterhalten? Haben Sie wirklich das Gespräch gesucht? Ich mache das regelmäßig. Letztendlich äußern die Menschen auf der Straße immer das Gleiche: Man traut sich des Nachts nicht mehr allein, ja, sogar nicht mehr zu zweit oder zu dritt auf die Straße, weil Ihre Politik für Unsicherheit in unserem Land sorgt, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Vereinzelt Beifall bei der AfD)

Hier geht es in erster Linie eben nicht um Ihr Sowohl-alsauch. Hier geht es in erster Linie um die Sicherheit unserer Bürger im Freistaat Sachsen. Nehmen Sie das doch bitte endlich einmal zur Kenntnis.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren, damit ist die Aussprache zur Regierungserklärung beendet. Ich schließe den Tagesordnungspunkt.