Es wurde nie ein Zweifel dran gelassen, dass das – wie bei den Extremhochwassern 2002 und 2013, wo vom Bund durch den Aufbauhilfefonds auch im privaten Bereich erheblich Schäden reguliert wurden – nicht zum Dauerzustand wird. Das haben wir so nie kommuniziert. Deshalb ist eigene Vorsorge zu treffen, Versicherungsschutz herzustellen. Es gibt keine konkreten Hilfsprogramme, und es ist nicht geplant, dass Schäden im privaten Bereich übernommen werden.
Ich bin kein Sozialexperte, aber es gibt immer soziale Härtefälle, bei denen es Möglichkeiten gibt, dies im Einzelfall zu betrachten und zu helfen. Das weiß ich nicht; aber solche Dinge gibt es.
Es hat uns aber in einem bestärkt, Herr Kollege Urban, und wir in Sachsen fordern das schon sehr lange: In ganz Deutschland muss eine Pflichtelementarschadensversicherung eingeführt werden. Dazu muss der Druck noch einmal erhöht werden, damit das umgesetzt wird. Wir haben dies in der Umweltministerkonferenz diskutiert und auch von Sachsen aus gefordert. Die Ministerpräsidentenkonferenz hat sich dazu bekannt.
Wir reden über das Hochwasser, aber wir hatten das Thema bereits in der vorhergehenden Debatte, und wir müssen es den Leuten klarmachen: Es geht nicht nur um Hochwasser, sondern um Stürme oder Extremereignisse wie hühnereigroße Hagelkörner und Ähnliches; das haben
wir alles schon erlebt. Es kann also nicht nur denjenigen, der direkt am Fluss oder am Bach lebt, mit Extremschadensereignissen treffen, sondern auch denjenigen auf dem Berg. Deshalb ist es für mich durchaus der richtige Weg, diese Pflichtversicherung deutschlandweit einzuführen. Ich denke, wir waren noch nie so nah dran, wie wir es zurzeit sind. Ich weiß, Pflichtversicherungen sind nun nicht gerade beliebt. So mancher scheut sich auch, dies zu bekennen, weil es eine Pflicht wird. Aber wenn man diesen Solidargedanken über alle Hausbesitzer zieht, dann kann es wirklich jedem helfen, auch dem, der es heute überhaupt nicht ahnt. Am Ende wird das der richtige Weg sein.
Die Elementarschäden-Richtlinie – das geht mehr in Richtung der Kommunen – wurde im Vogtland nicht gezogen. Roland Wöller sitzt hier. Wir werden diese Elementarschäden-Richtlinie unter Federführung des SMI anschauen und weiterentwickeln, um sie passfähiger zu machen. Man lernt auch aus solchen Ereignissen. Im privaten Bereich sollte es diese Pflichtversicherung geben; davon bin ich überzeugt. Der Staat kann nicht in jedem Einzelfall helfen. Es ist auch oft ungerecht: Der eine trifft Vorsorge und macht sehr viel; der andere macht nichts, und ihm wird geholfen, dem anderen aber nicht – obwohl es auch andere Gründe dafür geben kann, warum jemand etwas nicht macht. Ich denke, es ist der richtige Weg, mit diesem Solidarmodell abzusichern.
Wir hatten die Hochwasservorsorge bereits in der Aktuellen Debatte angesprochen. Im Koalitionsvertrag findet sich auch ein Auenprogramm. Welche konkreten Schritte wurden schon ergriffen? Wo steht dieses Auenprogramm aktuell?
Wir haben sehr konkrete Projekte, und wir sind dabei, diese anzugehen. Ich kann es Ihnen, wenn es um die Hochwasserschadensbeseitigung geht, nicht genau aus dem Kopf sagen, wo was genau ist. Ich kann Ihnen das aber gern nachreichen, und wir können später darüber diskutieren.
Wir sind in puncto Auenprogramm dabei, einiges auf den Weg zu bringen. Ich würde Ihnen das gern nacharbeiten und in einem persönlichen Gespräch erläutern. Ich gebe zu, dazu war ich im Detail nicht vorbereitet.
Vielen Dank, Herr Staatsminister. Wir haben noch 4 Minuten. Für die Fraktion DIE LINKE Frau Abg. Pfau.
Danke, Herr Präsident! Herr Staatsminister, Sie hatten vorhin die Talsperre Pirk angesprochen. Es war nicht das erste Mal, dass die Talsperre übergelaufen ist bzw. geöffnet wurde. Deshalb kam in der Bevölkerung die Frage auf, ob es nicht besser wäre, ein spezielles Rückhaltebecken für diese Talsperre einzurich
ten, um die Anwohner, die immer betroffen sind und deren Häuser förmlich absaufen, dadurch zu unterstützen.
Ich weiß nicht, wie die territorialen Gegebenheiten sind. Sie meinen, im Oberlauf der Weißen Elster ein Becken einzurichten?
Das habe ich auch erst mit der Zeit lernen müssen, wie diese Berechnungen erfolgen. Wenn dieses Becken vollläuft und der Scheitel noch nicht erreicht ist, dann läuft diese komplette Welle über dieses vollgelaufene Becken darüber hinweg und füllt die nachfolgende Talsperre Pirk – vielleicht leicht verzögert, aber von der Menge her genauso stark wie das Becken.
Die regulatorische Möglichkeit des Hochwasserschutzes durch ein Vorstaubecken muss natürlich zur Folge haben, dass bestimmte Scheitel dort schon gebrochen werden. Ich kann das jetzt aus der Ferne nicht beurteilen, ob das dort überhaupt möglich ist. Wir haben auch in anderen Bereichen diese Diskussion. Es ist immer entscheidend, ob wir den Scheitel damit brechen bzw. verringern können. Wenn wir das nicht können, ist der Effekt an einem bestimmten Punkt dieses Vorstaus einfach null, weil die gesamte Menge, die dann über dieses Becken kommt, also der Zulauf, über dieses läuft. Der Effekt im Unterlauf ist genau der gleiche.
Ich hoffe, dass ich das ein wenig verständlich erläutert habe. Ich habe auch eine Weile gebraucht, das zu begreifen, und immer gesagt: Wenn man so ein Becken einrichtet, dann muss das doch einen Effekt haben. Aber wenn das Becken bereits voll ist und der Pegel weiter steigt, dann läuft der gesamte Zulauf über das Becken hinweg und die Wirkung dieses vielleicht anscheinend sinnvollen Beckens ist dann nicht mehr gegeben.
Das kann ich allerdings jetzt nach den konkreten geografischen Erkenntnissen aus der Region nicht beurteilen. Aber ich denke, das wird auch dort in etwa so zutreffen. Man schaut sich so etwas sicherlich noch einmal an; ich denke aber, dass es schwierig sein wird.
Ganz kurze Frage: Leute haben aufgeforstet, sind im neunten Jahr und haben zehn Jahre Bindungsfrist. Dann ist der Sturm dort in einer Neuaufforstung drin gewesen. Sie hatten es vorhin schon angedeutet, dass es keine Rückforderung gibt. Wie wird trotzdem damit umgegangen? Was sollen die Leute machen? Vielleicht können Sie dazu noch ein paar Worte sagen.
Das ist natürlich auch wieder eine Einzelfallentscheidung, die zu prüfen ist. Die Frage ist auch, wie lange diese Aufforstung her ist und wie stark die Schäden sind. Ich glaube, die Grenze der Schädigung
dieser aufgeforsteten Bestände liegt bei 50 %. Danach spricht man von einem – ja, so kann man es sagen – Totalschaden, und dann ist diese Maßnahme nicht mehr in dem Sinne, wie es einmal angedacht worden ist. Wenn die Schädigung unter 50 % liegt, bedeutet das erst einmal noch gar nichts. Dann ist es, wie ich das vorhin bereits erläutert habe, höhere Gewalt, und es kommen keinerlei Rückforderungen auf den Waldbesitzer zu. Er kann diese Fläche auch wieder neu aufforsten – wenn diese 50 % überschritten sind – und auch eine Förderung in Anspruch nehmen.
Wenn die Schädigung weniger als 50 % beträgt, gilt sie sowieso als aufgeforstet. Das ist gegeben, und niemand braucht Angst haben, dass er nach einem Sturm nun auch noch seine Fördermittel zurückzahlen muss. Auch wenn er einen neuen Antrag nach einem Totalschaden stellt, ist es nicht so, dass er dann nicht mehr gefördert wird. Das ist das Grundprinzip.
Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Meine Damen und Herren Abgeordneten, ich danke Ihnen für Ihre Fragen.
Die Fraktionen nehmen wie folgt Stellung: die CDU, danach die SPD, die Fraktion DIE LINKE, die AfD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Staatsregierung, wenn das Wort gewünscht wird.
Wir beginnen mit der Aussprache. Für die CDU-Fraktion spricht Herr Abg. Mackenroth. Bitte, Sie haben das Wort.
Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Titel lautet: „Gemeinsam für wirksamen Opferschutz in Sachsen“. Opferschutz ist ein Gesamtkunstwerk mit fünf verschiedenen Phasen. Die erste Phase ist die Prävention. Prävention ist der beste Opferschutz, und Prävention wird immer wichtiger. Jede Straftat, die nicht passiert, erspart den Menschen Leid und häufig auch die einschneidende Erfahrung, dass man als Kriminalitätsopfer von der Gesellschaft immer noch zu oft alleingelassen wird.
Die zweite Phase ist angesiedelt im unmittelbaren TatUmfeld. Dort braucht es jemanden, der dem Opfer wieder Lebensmut zuspricht, ihm gleichzeitig aber Empathie sowie Betreuung und Rat zukommen lässt.
Die dritte Phase ist die Aufarbeitung durch die Strafjustiz. Vernehmungen, Begleitung und juristische Beratungen sind gefragt.
Die vierte Phase beschäftigt sich mit den Spätfolgen, etwa im Bereich der posttraumatischen Behandlung und mit medizinischen Fragestellungen, und die fünfte Phase schließlich beinhaltet zivilrechtliche Beratung, die Beratung nach dem Opferentschädigungsgesetz und andere juristische Dienstleistungen.
Opferschutz entzieht sich weitgehend einer standardisierenden Betrachtung, weil jedes Opfer ein Individuum ist, das jeweils anders auf eine Straftat reagiert. Niemand kann sich besser zu Fragen der Hilfen aus Sicht der Opfer äußern als die Ehrenamtlichen, etwa des Weißen Rings, die tagtäglich von Ängsten, Selbstzweifeln und eigenen Vorwürfen der Opfer zum eigenen vermeintlichen Verschulden erfahren.
Der vorliegende Prioritätenantrag der Koalition, verehrte Kolleginnen und Kollegen, bildet all das ab. Von daher zielt er absolut in die richtige Richtung, und noch mehr: Er setzt organisatorisch an und nimmt die Polizei in die Pflicht. Richtig ist: Prävention ist ein Kerngeschäft der Polizei, und die Einführung der hauptamtlichen Opferschutzbeauftragten in den fünf großen Dienststellen im Freistaat entspricht auch einer Kernforderung der Opferhilfsorganisationen. Sie stellt aus meiner Sicht einen Quantensprung im Opferschutz im Freistaat Sachsen dar.
Besonders gut finde ich dabei, dass die Aufgaben der Opferschutzbeauftragten detailliert beschrieben werden und nicht im Unverbindlichen kleben bleiben, sondern sich weg von den allgemeinen Programmsätzen hin zur konkreten Hilfestellung bewegen.
Für die Umsetzung dieser Aufgaben der Opferschutzbeauftragten scheinen mir folgende Punkte besonders wichtig zu sein: Erfolgreiche Präventionsprojekte haben zwei Dinge gemeinsam: die Nachhaltigkeit und die Netzwerkarbeit.
Bei der Netzwerkarbeit wird es nicht nur um die Zusammenführung der Profis gehen, also derjenigen, die sich bezahlt oder staatlich gefördert um die Opfer kümmern. Dringend erscheint mir die Einbindung des Ehrenamtes, das gerade beim Opferschutz über ein einzigartiges Hilfsspektrum verfügt. Das Ehrenamt hat, besonders in der Phase zwei, rund um das eigentliche Tatgeschehen Zeit für das Opfer, Zeit für Gespräche und für die Aufarbeitung des Geschehens, woran es sonst meistens in den Dienststellen fehlt. Denn oft schließt sich die Tür nach der Vernehmung und das Opfer bleibt allein.