Protokoll der Sitzung vom 11.12.2018

All das sind Dinge, in die wir mindestens genau so viel Energie stecken müssen, wie wir in das Projekt „Verbeamtung“ gesteckt haben. Das sind die pädagogischen Aufgaben, und das ist aus meiner Sicht die inhaltliche Qualität, der sich Bildungspolitik künftig wieder stärker widmen muss.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Und die AfDFraktion; Frau Abg. Wilke, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Mit dem uns vorliegenden Gesetz zur Umsetzung des Handlungsprogramms zur nachhaltigen Sicherung der Bildungsqualität in Sachsen legt uns die CDU-/SPD-geführte Staatsregierung einen weiteren Baustein auf dem Weg zum vollständigen Verderben des sächsischen Schulsystems vor.

(Zurufe von der CDU und der SPD)

Wer nach nunmehr drei Kultusministern und dem mittlerweile zweiten Handlungsprogramm dachte, schlimmer geht´s nimmer, wird von der CDU/SPD-Koalition wieder eines Besseren belehrt. In der festen Überzeugung, mit der Verbeamtung dem Lehrermangel endgültig den Garaus zu machen, wird auf der einen Seite sehr viel Geld in die Hand genommen, und auf der anderen Seite lässt man mehr als 20 000 Lehrerinnen und Lehrer hinten herunterfallen. So steht es um Wunsch und Wirklichkeit.

(Alexander Dierks, CDU: Sie haben überhaupt keine Ahnung!)

Die Verbeamtung ist ein scharfes Schwert, voller Willkür geführt. Sie trennt und kategorisiert in verbeamtungsfähig und nicht verbeamtungsfähig. Die Altersgrenze soll von bisher 47 Jahren auf 42 Jahre verschoben werden. Das

Argument: Ein Beamter lohne sich nur, wenn er dem Staat durchschnittlich 20 Jahre zur Verfügung steht. Nach meiner Rechnung wäre dies auch noch bei einer Altersgrenze von 47 Jahren gewährleistet. Aber sei es drum. Auch bei der Beibehaltung der bisherigen Altersgrenze könnten nur wenige Lehrerinnen und Lehrer mehr verbeamtet werden, denn Sachsens Lehrerschaft ist im Bundesvergleich deutlich überaltert. Dass das Beamtentum bei den sächsischen Lehrern, zumindest bei den unter 42Jährigen, gut ankommt, verdeutlicht ein wahrer Sturm an Anträgen.

Nach dem letzten Kenntnisstand haben fast 6 000 Lehrerinnen und Lehrer einen Antrag auf Verbeamtung gestellt. Das entspricht schon jetzt nahezu der Anzahl der Bestandslehrer, die zum 1. Januar 2019 die Voraussetzung für eine Verbeamtung erfüllen. Bei den restlichen Lehrerinnen und Lehrern ist die Stimmung eher düster. Sie bekommen nichts vom Kuchen ab und werden aus ihrer Sicht stattdessen nur mit Krümeln abgespeist. 170 Euro brutto im Monat als Ausgleich zum nicht erreichbaren Beamtentum sind das Angebot der Staatsregierung. Die betroffenen Lehrerinnen und Lehrer hingegen fordern den finanziellen Ausgleich der Nettolohnlücke; ob zu Recht oder Unrecht, darüber scheiden sich die Geister. Da man die Nettolohnlücke aufgrund der Statusunterschiede nicht berechnen und damit auch nicht schließen kann, können wir aber berechnen, was die Schließung der Bruttolohnlücke kosten würde. Frau Friedel hatte es auch schon angesprochen. Um sie zu schließen, müsste der Freistaat für einen E13-Lehrer ein um etwa 17 000 Euro höheres Arbeitgeberbrutto pro Jahr und Lehrer aufwenden. Das würde Kosten von insgesamt 290 Millionen Euro pro Jahr verursachen.

Zur Wahrheit gehört auch, dass ein E13-Lehrer auf Stufe 6 mit Lohnsteuerklasse 4 schon jetzt 3 500 Euro netto im Monat bekommt. Mit diesem Zahlenspiel soll auf keinen Fall die kommende Ungerechtigkeit durch das Handlungsprogramm relativiert werden. Dennoch sollten die Lehrerinnen und Lehrer bedenken, dass sie ein Gehalt beziehen, das weit über dem sächsischen Durchschnitt liegt, auch ohne verbeamtet zu sein.

Insofern treffen die Klagen der Lehrerinnen und Lehrer in der Öffentlichkeit nicht durchweg auf Gegenliebe. Um es noch einmal klar zu sagen: Ich halte weder die Verbeamtung noch die Schließung irgendwelcher Lücken für geeignet, die Bildungsqualität im Freistaat nachhaltig zu sichern.

(Alexander Dierks, CDU: Aber das Wort „Wettbewerb“ sagt Ihnen doch was?)

Eine außergewöhnlich hohe Alimentierung, eine üppige Pension, dazu noch Unkündbarkeit: Die Verbeamtung lockt keine begabten Lehrerinnen und Lehrer nach Sachsen, die aus Berufung Kinder und Jugendliche unterrichten wollen, sondern die das Lehramt – mehr denn je – als Verlegenheitslösung wählen.

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Die AfD-Fraktion hat daher von Beginn an dafür plädiert, die Rahmenbedingungen für Lehrerinnen und Lehrer zu verbessern: Klassenleiterstunde, kleinere Klassen mit höchstens 24 Schülern,

(Zurufe der Abg. Alexander Dierks, CDU, und Valentin Lippmann, GRÜNE)

Entlastung der Lehrerinnen und Lehrer von reinen Verwaltungsaufgaben, den Stopp der vollumfänglichen Inklusion mit seinem lernzieldifferenten Unterricht und die Stärkung der Schulen im ländlichen Raum.

Sie haben all unsere Vorschläge und Anträge in den Wind geschlagen. Stattdessen legen die CDU und die SPD Handlungsprogramm um Handlungsprogramm auf, eins bisher erfolgloser als das andere.

Frau Friedel, ob die Schulassistenz und „teach first“ hier weiterhelfen, wird die Zukunft zeigen.

Zum Schluss sei allen Lehrerinnen und Lehrern an dieser Stelle empfohlen, sich zur Landtagswahl 2019 für dieses etwas vergiftete Geschenk bei der CDU und der SPD zu bedanken. Die AfD-Fraktion wird sich daher bei der Abstimmung über den Antrag der Stimme enthalten.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD – Zuruf von der SPD: Bloß nicht angreifbar machen! – Zurufe von der CDU und der SPD)

Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Abg. Lippmann, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Man kann hier und heute eine sehr grundsätzliche Diskussion über die Sinnhaftigkeit und die Notwendigkeit der Verbeamtung von Lehrerinnen und Lehrern führen und ganz generell über die Frage, wer in einem Staat überhaupt verbeamtet werden sollte. Ja, auch wir GRÜNE stehen grundsätzlich der Verbeamtung über staatliche Hoheitsträger hinaus sehr kritisch gegenüber.

Allerdings sind wir in Anbetracht dessen, dass wir uns sprichwörtlich an jeden Strohhalm und ganz praktisch an jede Lehrerin und an jeden Lehrer klammern müssen, die wir bekommen können, nicht mehr in der Situation, dass wir heute ideologische Grundsatzfragen miteinander verhandeln können.

Deshalb sagen wir: Die Verbeamtung der Lehrerinnen und Lehrer ist eine Möglichkeit, die wir angesichts der dramatischen Situation an den sächsischen Schulen nicht ausschließen sollen; zum einen, um die Rückkehr verbeamteter Lehrerinnen und Lehrer in den Freistaat zu ermöglichen, zum anderen, um vor allem eine weitere Abwanderung in andere Bundesländer zu stoppen. Aber die Verbeamtungen – ich glaube, darin sind wir uns alle einig – sind nicht der heilige Gral zur Lösung des hausgemachten Lehrermangels im Freistaat.

Lassen Sie uns deshalb vor allem über die Umsetzung reden. Wir sind uns hoffentlich einig darüber, dass es, setzt man die Verbeamtung um, nicht zuletzt die Verantwortung für die Lehrerinnen und Lehrer gebietet, diese auch gut umzusetzen. Das ist aber in diesem Gesetz nicht der Fall. Vielmehr wurden zu Teilen Ignoranz, Inkompetenz und Inkohärenz in das Gesetz gegossen.

Klug wäre es gewesen, den Generationenwechsel an sächsischen Schulen für die Einführung der Verbeamtung zu nutzen. Stattdessen setzen Sie nun erst einmal willkürlich die Altersgrenze herab und verbeamten neben den neu einzustellenden Lehrerinnen und Lehrern nur einen kleinen Teil der Bestandslehrerschaft. Das Ergebnis: Ohne Not wurde damit Unfrieden gestiftet und massiver Widerstand provoziert.

Sie sägen dabei in einem Akt der überschießenden Unverfrorenheit an einem weiteren Ast der Personalplanung dieses Landes; denn mit ihrem Schlag gegen die Lehrerinnen und Lehrer durch die Absenkung der Höchstaltersgrenze für die Verbeamtung erweisen Sie einem attraktiven öffentlichen Dienst als solches einen Bärendienst und konterkarieren eine Vielzahl von durchaus anerkennenswerten Bestrebungen, diesen gerade in den letzten Jahren in Zeiten des Fachkräftemangels auch für ältere Quereinsteigerinnnen und Quereinsteiger attraktiv zu machen. Man braucht kein Prophet zu sein, um vorherzusagen, dass sich diese Borniertheit eines Tages rächen wird.

Wir haben auch gesagt – ich wiederhole das an dieser Stelle gern –, dass bei der Verbeamtung von Teilen der Lehrerschaft ein Nachteilsausgleich für alle nicht bzw. nicht mehr verbeamtungsfähigen Lehrerinnen und Lehrern unentbehrlich ist. Schon die erste Protestwelle sächsischer Lehrerinnen und Lehrer richtete sich in erster Linie nicht gegen die Verbeamtung als solche, sondern vor allem gegen den fehlenden Ausgleich für tarifbeschäftigte Lehrkräfte.

Wir begrüßen daher die bessere Bezahlung der Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer und die Anerkennung nach dem Recht der ehemaligen DDR. Wir begrüßen auch viele Maßnahmen des Handlungsprogramms, zum Beispiel die Programmbestandteile Schulassistenz oder die Einstellung weiterer Schulpsychologinnen und Schulpsychologen. Die Entlastung wird hoffentlich zeitnah für alle Lehrkräfte spürbar werden.

Was allerdings den Ausgleich für die Verbeamtung für angestellte Lehrerinnen und Lehrer betrifft, bleibt das Verhandlungsergebnis mit gerade einmal 170 Euro deutlich hinter den Erwartungen zurück, die man im Übrigen auch selbst geweckt hat.

Schließlich bleibt grundsätzlich festzustellen, dass sich das Besoldungs- und Entgeltgefüge im sächsischen Schuldienst in einer gehörigen Schieflage befindet und vor Inkohärenz strotzt. An einer Stelle werden Ungerechtigkeiten beseitigt, an anderer Stelle werden neue geschaffen. Das ganze System, das mit diesem Gesetzentwurf geschaffen wird, ist von vorn bis hinten aus Sicht meiner Fraktion nicht durchdacht.

Solche Fragen, wie die Übernahme von mehr Verantwortung honoriert und gleichzeitig das Abstandsgebot gewahrt werden soll, bleiben offen. Die vielen Schreiben der Funktionsstelleninhaberinnen und Funktionsstelleninhaber sprechen eine deutliche Sprache. Die Zulage ist ausschließlich der Entgeltgruppe 13 vorbehalten. Nun gibt es durchaus bekannte Fallkonstellationen, in denen derjenige, der eine bestimmte Funktion übernimmt und daraus folgend höhergruppiert dann den Anspruch auf die Zulage verliert, letztendlich weniger Geld in der Tasche hat, als derjenige, der einfach seinen Job wie bisher macht und die Zulage bekommt.

Das ist schlicht in der Öffentlichkeit und vor allem den Lehrerinnen und Lehrern nicht vermittelbar. Solche Ungerechtigkeiten nicht lösen zu wollen zeigt dann, dass Sie schlicht die Probleme, die mit dem Gesetzentwurf verursacht werden, zu Teilen ignorieren.

Wir werden uns ausdrücklich nicht am Herumdoktern am Entgelt und am Besoldungssystem beteiligen. Es ist gerade im Schulbereich weit davon entfernt, gerecht – auch leistungsgerecht – und in sich stimmig zu sein. Wir werden diesem Gesetzentwurf so lange nicht zustimmen können, bis die Kardinalfehler dieses Gesetzentwurfs behoben werden. Dazu komme ich später bei dem Änderungsantrag noch.

Schlussendlich ist es nämlich egal, ob man nun grundsätzlich für oder gegen die Verbeamtung von Lehrerinnen und Lehrern ist. Es bleibt festzustellen: So, wie Sie die Verbeamtung in diesem Gesetz planen, ist es schlicht nicht gut, und deswegen können wir ihm nicht zustimmen.

Zu guter Letzt, Frau Wilke, sehr schön, wie Sie hier etwas über Wertschätzung von Lehrerinnen und Lehrern erzählt haben. Aber seien wir doch mal ehrlich, eine Fraktion, die ein Hetzportal gegen Lehrerinnen und Lehrer betreibt, sollte beim Thema Wertschätzung von Lehrerinnen und Lehrern einfach mal die Klappe halten.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU, den LINKEN und der SPD)

Meine Damen und Herren, nun Frau Abg. Kersten. Frau Kersten, bitte sehr, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sie werden sich an verschiedene Schlagzeilen zum Thema Lehreranwerbung und Lehrerbindung in dieser Legislaturperiode erinnern. Im September 2015 begann es mit dem Sachsenstipendium: „Regierung lockt junge Lehrer mit bis zu 11 000 Euro aufs Land.“ Auch wenn die ersten angebotenen Stipendien schnell vergeben waren, änderte sich an der Situation an unseren Schulen freilich nichts.

Weiterhin zunehmender Unterrichtsausfall, überlastete Lehrkräfte, zu wenige Lehramtsabsolventen, die in Sachsen bleiben bzw. außerhalb der Großstädte unterrichten wollten. Es kam, wie es kommen musste: Es brauchte

ein Maßnahmenpaket. Dieses hieß „Zukunftsfähige Schule für Sachsen“ und wurde mit rund 213 Millionen Euro im Oktober 2016 geschnürt. Mit Schlagworten wie „Gewinnen und Binden von Lehrkräften“, “Anerkennen“ oder „Unterstützen“ wurde viel Geld eingeplant, um vor allem junge Lehrer und Referendare besser zu bezahlen. Aber auch Seiteneinsteiger, Lehrer an Oberschulen und vor allem ältere Lehrer sollten an das System Schule mit Zulagen gebunden werden.

Daneben wurde die Unterrichtsverpflichtung für Grundschullehrer als auch für ältere Lehrer abgesenkt. Ein Jahr später lesen wir im Blog des Kultusministeriums zu diesem Paket: „Ziel war es, den Lehrerberuf in Sachsen attraktiver zu machen und die Lehrerversorgung zu verbessern. Nach einem Jahr lässt sich feststellen: Das Maßnahmenpaket hat seine volle Wirkung entfaltet.“

Natürlich haben jene Lehrer, die die Möglichkeit zur Höhergruppierung hatten, diese auch genutzt. Natürlich haben sich Referendare gern besser bezahlen lassen. Natürlich haben über 500 Lehrer, die noch nicht das 63. Lebensjahr erreicht hatten, eine Bindungszulage beantragt. Und natürlich lassen sich Lehrkräfte gern ihre Überstunden bezahlen.

Allerdings gab es nur 14 Lehrer aus anderen Bundesländern, die nach Sachsen gelockt werden konnten. Auch haben fast 650 Lehrer von Teilzeitbeschäftigung auf Vollzeit erhöht. Um wie viele zusätzliche Stunden, also letztlich Lehrerarbeitsvermögen, es sich gehandelt hat, war in dem Blog leider nicht zu lesen. Die volle Wirkung war also offensichtlich nicht ausreichend.

Im März 2018 beschloss das Kabinett deshalb ein weiteres Handlungsprogramm mit einem Volumen von 1,7 Milliarden Euro. Dieses zweite Maßnahmenpaket – es soll nun um die nachhaltige Sicherung der Bildungsqualität in Sachsen gehen – soll es jetzt werden. Ich zitiere aus einer Pressemitteilung des Kultusministeriums bzw. aus dem Handlungsprogramm selbst: „Wir haben ein Handlungsprogramm, das an den richtigen Stellschrauben ansetzt.“ Oder „Gleichzeitig haben wir vielfältige Maßnahmen beschlossen, um die Lehrkräfte wertzuschätzen und zu entlasten.“ Weiterhin lesen wir von finanziellen Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität des Lehrerberufes. Dazu zählen Verbeamtung, Einstellungsgarantie, Anwärtersonderzuschlag, Beförderungsstellen oder

Anpassung der Schulleitungsämter; und wir lesen von strukturellen Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität des Lehrerberufes. Dazu gehören die Programme Seniorlehrkräfte, Schulassistenz, Flexi-Teilzeit, mehr Geld für Ganztagsangebote oder auch die Überarbeitung der Lehrpläne und Stundentafeln.