Danke, Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatsminister, Sie haben dankenswerterweise darauf hingewiesen, das kriminalpräventive Räte ein sehr gutes Mittel sein können, um die unterschiedlichen Akteure in der Präventionsarbeit zusammenzubringen. Jetzt ist es ein wenig wie bei der Bildung: Wir wollen das Niveau insgesamt heben, aber es muss auch möglich sein, dass wir weiterhin eine Spitzenförderung betreiben. Es gibt diese Städte und Gemeinden, die bereits solche Räte haben. Deshalb von mir die Frage: Wird es möglich sein, mit der Richtlinie und den Mitteln, die das Land bereitstellt – zum Beispiel in der Stadt Dresden, die ein solches Gremium hat –, das Ganze beispielsweise bis auf die Stadtbezirksebene herunterzubrechen, um auch dort solche Möglichkeiten der Vernetzung zu schaffen und durch das Land zu unterstützen?
Ja, vielen Dank für die Frage. Das muss im Prozess gemeinsam mit den Kommunen ausgelotet werden. Ich bin ausgesprochen dankbar, dass gerade auch die großen Städte vorangegangen sind. Das betrifft die Landeshauptstadt, Chemnitz und Leipzig. Alle haben unter nicht ganz einfachen Haushaltsbedingungen beschlossen und auch schon eingestellt, dass der Gemeindeordnungsdienst verstärkt wird. Das ist ein sehr wesentlicher und wichtiger Baustein.
Leider ist es aber so, dass nach meiner Erfahrung die kriminalpräventiven Räte nur alle drei Monate zusammenkommen, wenn nicht sogar in größeren Abständen. Das ist deutlich zu wenig, sodass wir in einem mehrstufigen Prozess zunächst einmal die kriminalpräventiven Räte in Städten einrichten, wo sie noch nicht vorhanden sind. Dafür gibt es bereits Bestrebungen, und dafür bin ich dankbar. Wir – also das Referat 33 in meinem Hause, das dafür sehr viel unterwegs ist – flankieren, beraten und begleiten das.
Zunächst muss eine Sicherheitsanalyse auf der Basis der Polizeilichen Kriminalstatistik, aber auch anderer verfügbarer Daten erstellt werden. Dazu gehört auch die Frage der subjektiven Sicherheitseinschätzung der Bürger. Wir helfen dort mit. Die Polizei ist also ein fester Bestandteil der kommunalen Präventionsarbeit, damit man die Datengrundlage hat.
Es ist ganz wichtig, dass man diese Datengrundlage zum Anlass nimmt, um gemeinsam mit den Ortsteilen, Stadtmissionen und anderen Akteuren in der Stadt darüber zu diskutieren, wie, wo und in welchem Umfang wir einzelne kriminalpräventive Maßnahmen ableiten wollen. Das muss beschlossen werden. Dabei ist viel mehr möglich, als man denkt. Es sind lauter kleine Bausteine, die man dort ansetzen muss.
Bei der Umsetzung dieser Maßnahmen bin ich dafür offen – das sage ich auch als Innenminister –, wo und wie der Freistaat mehr als bisher helfen kann. Ich hatte das Ange
bot der Unterstützung der Videografie im öffentlichen Raum gemacht. Es soll allerdings nicht der Eindruck entstehen, dass ich das als Allheilmittel begreife. Es wird kommunal vor Ort entschieden und diskutiert. Wenn es gewünscht wird und passt, dann machen wir es. Wenn es nicht gewünscht wird, dann sind andere Maßnahmen am Zuge, und wir werden diese gleichermaßen und ebenso unterstützen. Wichtig ist mir zweierlei:
Erstens. Es ist das Bewusstsein zu schaffen, dass die kommunalen Akteure nicht nur Einfluss, sondern wesentlichen Einfluss auf ihre eigene Sicherheitslage haben. Sie sind – mit der Unterstützung des Freistaates – Bestandteil der „Produktion von Sicherheit“. Nach diesem Doppelhaushalt kann keiner mehr den Vorwurf erheben, der Freistaat zöge sich zurück. Im Gegenteil: Wir haben mit dem Personalaufwuchs mehr Möglichkeiten und wollen sie mit den Akteuren vor Ort heben.
Zweitens müssen wir im Diskussionsprozess mit den Kommunen im nächsten Jahr sehen, wie wir das organisieren. Dann werden Lücken oder Vorschläge entstehen, die wir aufgreifen und parlamentarisch beraten müssen. Daraus können wir Schlussfolgerungen ziehen, was wir vonseiten des Freistaates mehr tun können. Ich will ein sicheres Sachsen sowie sichere Städte und Kommunen haben. Diese Gemeinsamkeit muss in der Diskussion auch zum Ausdruck kommen.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatsminister! Wie hat sich der Personalansatz der Polizei im Präventionsbereich in den vergangenen zehn Jahren – prozentual oder gern auch in absoluten Zahlen – verändert? Wie wollen Sie mit gegebenenfalls weniger Personal gleichzeitig die Prävention stärken?
Vielen Dank für die Frage, Herr Abgeordneter! Für die Präventionsbereiche in den Polizeidienststellen gab es im Jahr 2008 einen Personalansatz von 269 und im Jahr 2018 von 100 Stellen. Im Jahr 2008 wurde in den Präventionsbereichen zusätzlich noch Verkehrsprävention betrieben.
Man kann es nicht nur auf Stellen beziehen, sondern man muss differenzieren, dass Personal sowohl für Kriminal- und Präventionsarbeit als auch für Verkehrsprävention zuständig ist und gleichzeitig noch andere Aufgaben erledigen muss. Eine wirklich trennscharfe Abgrenzung im Rahmen von Vollzeitäquivalenten ist nicht möglich, aber die von mir genannte Größenordnung zeigt, dass wir hierbei deutlich Nachholbedarf haben und das entsprechend regeln wollen.
Was wollen wir tun? Zunächst wurde die Organisationsentscheidung getroffen, dass zum 1. Januar 2019 in den Polizeidirektionen wieder der Fachdienst Prävention eingerichtet wird. Zudem wurde im Rahmen der Evaluierung und Empfehlung der Fachkommission aufgrund der steigenden Bedarfe an Maßnahmen der polizeilichen
Prävention – zum Beispiel im Bereich der polizeilichen Beratung für die Bevölkerung, für die Wirtschaft, also Unternehmen und Betriebe, sowie im Bereich der schulischen Prävention zu den Themen Drogen und neue Medien – ein Personalmehrbedarf von 55 Bediensteten in den Polizeidirektionen anerkannt. Mithin werden, beginnend mit dem Doppelhaushalt 2019/2020, die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass künftig insgesamt 100 Bedienstete für den Bereich der polizeilichen Prävention zur Verfügung stehen, also 85 in den Polizeidirektionen und 15 im Landeskriminalamt.
Darüber hinaus ist Prävention Aufgabe eines jeden einzelnen Polizeibeamten. Zur weiteren Verbesserung wurden mit Unterstützung des Landeskriminalamtes die Aus- und die Fortbildungsinhalte in der sächsischen Polizei modifiziert. Auch bei der Vermittlung von Präventionsbotschaftern werden neue Wege gegangen. So werden künftig in den klassischen Presseinformationen, in Internetpräsentationen oder auch bei der Teilnahme an Veranstaltungen und Messen die sozialen Netzwerke stärker genutzt. Gerade diese sozialen Netzwerke werden wir deutlich – deutlicher als in der Vergangenheit – aus- und aufbauen.
Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatsminister! Noch einmal zurück zum Wohnungsbau. Eines Ihrer Handlungsfelder ist, mehr Eigentum zu schaffen, also die Eigentumsquote in Sachsen zu erhöhen. Jetzt gibt es bereits verschiedene Förderinstrumente. Dabei geht es regelmäßig um Kredite, mit denen Sie auch Erleichterungen bringen wollen.
Das bedeutet, dass damit vor allem auch Menschen angesprochen werden, die ohnehin in der Lage sind, ein Darlehen zu erhalten. Das Problem ist, dass wir die soziale Durchmischung erhalten wollen. Sie kennen sicher das Thema Baugemeinschaften. Menschen sind durchaus bereit – vielleicht auch gemeinschaftlich mit anderen –, Eigentum zu bilden. Auch alternative Projekte, sprich: Raumpioniere, die das in die Hand nehmen, tun den Städten gut, aber dafür greifen diese Instrumente noch nicht so richtig.
Welche Strategie gibt es, um solchen Leuten mit einem Kredit zu helfen, damit sie als Familie Eigentum jenseits vom Eigenheim bilden können?
Vielen Dank für die zwei Fragen. Zur Durchmischung muss man Folgendes sagen: Es ist besonders in den Ballungsräumen wichtig: Wir haben derzeit auch in der Landeshauptstadt keine eigenständige große städtische Wohnungsbaugesellschaft. Das ist eine freie Entscheidung der Landeshauptstadt Dresden. Aber so, wie ich vom Oberbürgermeister und von Vertreter des Stadtrats gehört habe, wird diese Diskussion gerade geführt. Dies ist in Bezug auf die Vermischung wichtig; denn nur das Einsetzen von kommunalem Eigenkapital führt wirklich dazu,
dass nicht nur zu 100 % sozial gebundener Wohnraum entsteht, sondern damit auch Angebote für andere, die nicht an den sozialen Wohnraum gebunden sind, gemacht werden können. Das ist die notwendige Voraussetzung, um dieser Vermischung entsprechend Nachdruck zu verleihen.
Eigenkapitalbildung haben wir in den Richtlinien abgebildet. Ich nenne noch einmal den ländlichen Raum. Dort haben wir bewusst darauf abgestellt, dass auch Personenkreise in den Fokus gerückt werden, für die das extrem schwierig ist. Das spiegelt Ihre Frage wider.
Erstens. In Bezug auf die Besicherung haben wir ein staatliches Förderdarlehen außerhalb des Bankbereiches. Dort greift nicht die Kreditfinanzierungsrichtlinie; denn gerade junge Leute haben keine Sicherheiten, und ältere Leute haben beim Beleihungsauslauf dann höchstens nur noch 20, 25 Jahre, und das verlangten sozusagen die Banken. Ab 80 Jahren ist dann in der Regel Schluss. Dann kann man nicht mehr tilgen und seinen Kapitaldienst leisten. Diese beiden Gruppen würden herausfallen. In unserer Richtlinie fallen sie eben nicht heraus.
Das Zweite ist der niedrige Zinssatz, derzeit von 0,75 %. Dieser gilt im Übrigen für die gesamte Laufzeit von 25 Jahren. Sie haben also eine hohe Zinsbindung und dadurch keine Zinsaufschläge. Normalerweise zahlen Sie nach zehn, 15, 20 Jahren entsprechend mehr Zinsen. 0,75 % sind also sehr, sehr ideal.
Wir haben die nachrangige Besicherung an rangbereiter Stelle. Der Freistaat schreibt nicht den zweiten oder dritten Rang vor, sondern es wird die Rangstelle eingetragen, für die es erforderlich ist. Im Übrigen ist es das nur für den Neubau und nicht für die Sanierung.
Das Dritte ist: Wir haben mit der SAB, über die die Förderrichtlinie ausgereicht wird, im Wohnungsgipfel vereinbart, dass wir dankensweiterweise mit dem Bund wieder das Baukindergeld bezahlen. Es sind 1 200 Euro pro Kind und pro Jahr über zehn Jahre. Wenn Sie das zusammennehmen – zwei Kinder –, dann ist das jede Menge Geld. Die SAB hat sich sofort bereit erklärt, dieses Geld in einer Summe auszubezahlen. Eine Familie mit zwei Kindern bekommt 24 000 Euro sofort auf die Hand, ohne Besicherung. Das ist Eigenkapital, welches sie sofort einsetzen kann zum Bau, zum Erwerb einer Eigentumswohnung oder eines Hauses.
Das ist ein ganz wesentlicher Baustein, dass wir hier vorankommen. Die Abflusszahlen liefern wir gern noch nach. Es ist nach meiner Kenntnis so, dass gerade der Freistaat Sachsen an erster oder zweiter Stelle ist, was das Baukindergeld in der Bundesrepublik Deutschland betrifft. Ich denke, dass wir dabei auf einem guten Weg sind.
Meine Damen und Herren, die Zeit für die Fragestunde ist leider abgelaufen. Ich bedanke mich bei Herrn Staatsminister Wöller für die Beantwortung der Fragen und schließe den Tagesordnungspunkt.
Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Es beginnt die einreichende Fraktion DIE LINKE mit Frau Abg. Schaper. Danach folgen die CDU, SPD, AfD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Frau Kersten und die Staatsregierung, wenn sie es wünscht. Frau Abg. Schaper, Sie haben das Wort.
Meine sehr verehrte Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In zehn Tagen klopft der Weihnachtsmann an die Türen. Die Wünsche von mindestens 90 000 sächsischen Kindern wird er kaum erfüllen können, seien diese auch noch so bescheiden.
Denn so viele Kinder sind es hierzulande, die von Hartz IV betroffen sind. Auch zum Fest der Liebe wird ihr Leben von der Armut ihrer Eltern geprägt sein. Wir alle hier im Raum können uns wahrscheinlich nicht wirklich vorstellen, was das tatsächlich bedeutet.
Selbst schuld, lautet die landläufige Ansicht zum Thema Arbeitslosigkeit. Man müsse sich eben mehr bemühen. Die meisten Langzeitarbeitslosen machten sich auf Kosten der anderen ein schönes Leben.
Laut dem Sachsenmonitor stimmt die Hälfte der Bevölkerung dieser Aussage zu. Hartz IV stellt Hilfsbedürftige unter Generalverdacht, unterstellt ihnen, dass sie zu Hause nur faul in der Hängematte liegen. Aber das stimmt nicht. Es ist schlimm, dass dieser Staat mit den Betroffenen trotzdem so umgeht, als seien solche Klischees wahr, denn pauschale Urteile sind niemals korrekt.
Eine Frau hat mir ein Schreiben ihres Jobcenters zugeschickt. Es zeigt, welches Bild dieser Staat von erwerbslosen Menschen hat. Um Energie zu sparen, empfiehlt man ihr und ihrem Kind, sich die Hände mit kaltem Wasser zu waschen. Sie wird darauf hingewiesen, dass Vollbäder eine Ausnahme sein sollten und dass sie ihre Toilette bitte sehr sparsam spülen sollte. Auch heißt es wörtlich: „Beim Wäschewaschen ist auf Effizienz zu achten.“
So schlägt den Hilfsbedürftigen Misstrauen entgegen. So wird ihnen die Würde genommen. Hartz IV führt zu dauerhafter Armut, zu Existenzangst in breiten Bevölkerungsschichten. Dieser Staat rechnet, was er den Betroffenen als Existenzminimum zugesteht, künstlich klein. Denn was diese Menschen angeblich zum Leben brauchen, wird anhand dessen berechnet, was sie bereits ausgeben können. Es ist klar, welches Ergebnis herauskommt, und das ist politisch so gewollt. Diese zynische
Zur Einführung von Hartz IV zog man noch die Einkommen der unteren 20 % heran, um die Regelsätze zu berechnen. Seit 2011 orientiert man sich nur noch am Einkommen der unteren 15 %.
Schon ohne diese Änderung läge der Hartz-IV-Regelsatz heute bei 571 Euro, statt – wie bald – bei 424 Euro. Dieser Staat betrügt die Ärmsten der Armen, während die Reichsten weiter große Vermögen anhäufen. Es sind nicht die Hartz-IV-Betroffenen, die diese Gesellschaft um Milliarden betrügen. Das zeigt zum Beispiel der Skandal um Cum-Ex und ähnliche Geschäfte von Steuerflüchtigen.
Und das ist nur die Spitze des Eisbergs. Die deutsche Gesellschaft ist heute so ungleich wie vor dem Ersten Weltkrieg. Das Vermögen der Reichen wächst auf Kosten der arbeitenden Bevölkerung, während die Mächtigsten die Armen schröpfen.
Vor Hartz IV ist übrigens keiner gefeit. Das kann den Facharbeiter, der nach 30 Jahren Arbeit seinen Job verliert, ebenso treffen wie die alleinerziehende Mutter zweier Kleinkinder, die ihre Arbeitsstelle nicht mit den Betreuungszeiten ihrer Kinder vereinbaren kann. Schon kurz nach einer Lebenskrise ereilt einen das Schicksal Hartz IV, ungeachtet des vorhergehenden Lebenswegs. Es ist längst an der Zeit, das unsoziale Hartz-IV-System zu Grabe zu tragen.
Ich will Ihnen drei weitere Gründe dafür nennen, dass wir uns heute mit dem Thema beschäftigen müssen.
Erstens. Trotz der guten Wirtschaftslage stecken in Sachsen rund 330 000 Menschen in Hartz IV. Was oft vergessen wird: Davon arbeiten über 71 000, mehr als 37 000 sogar sozialversicherungspflichtig. Bei ihnen kommt die gute Konjunktur eben nicht an. Sie werden nicht viel mehr Geld zur Verfügung haben, solange sie auf solche mickrigen Leistungen angewiesen sind.
Der zweite Punkt sind die Sanktionen. In Sachsen waren 2017 fast 9 000 Haushalte davon betroffen, darunter über 2 300 Haushalte mit Kindern. Ihnen wurde von dem sowieso schon viel zu niedrigen Budget auch noch das