Herr Präsident! Ich möchte ebenfalls mein Nein bei der Abstimmung begründen. Ich komme auf § 58 Kennzeichenerkennung zurück. Wenn man die Begründung des Gesetzentwurfs liest und die Debatte von heute verfolgt, dann kann man eigentlich nur mit Nein stimmen. In der Begründung des Gesetzentwurfs steht unter anderem zu Abs. 1: „Die hier geregelte automatisierte Kennzeichenerkennung stellt gerade keinen Eingriff dar, der unterschiedlich jeden trifft, der mit dem Fahrzeug eine ohne besonderen Anlass oder dauerhaft eingerichtete Stelle passiert.“ – Ich denke, die Debatte hat genau das Gegenteil gezeigt.
Des Weiteren wird zu § 59 gesagt: „Die Befugnis wahrt angesichts der Beschränkung in der Auswertung absichtlich die besonders zu verhütenden Straftaten und ihre Auswirkungen auf die rechtstreue Bevölkerung das Übermaß.“ Es würde also gewahrt.
Ich sage Nein. Hier kehrt man die Unschuldsvermutung um. Man ändert sozusagen die Rechtsstaatlichkeit. Ich kenne noch Zeiten – das sage ich trotzdem, auch wenn es
Ihnen nicht passt –, als ich ins Vogtland gefahren bin. Man hat mich gefragt, was ich denn hier im Grenzbereich wolle. Ich musste es dann ausführlich begründen. Das erinnert mich schon sehr daran – auch wenn ich jetzt in Dresden wohne –, wenn ich in meine Heimat, ins Erzgebirge, fahre und weiß, dass mein Kennzeichen ständig erfasst wird.
Ich finde das Theater, das Sie hier machen, einfach absurd. Wer ein wenig Geschichtsbewusstsein hat, weiß, wie solche Dinge anfangen. Sie haben heute damit begonnen, deshalb habe ich dagegen gestimmt.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich möchte eine Erklärung für mein Abstimmungsverhalten abgeben. Neben den in der Debatte genannten Kritikpunkten habe ich dem Polizeigesetz nicht zustimmen können, weil die Erfolglosigkeit polizeilicher Ermittlungen bei anti-sorbischen Straftaten gezeigt hat, dass die Polizei ihre bereits bestehenden Kompetenzen nicht genügend ausgenutzt hat. Eine Erweiterung der Befugnisse weckt hier keine Hoffnung, sondern eher Befürchtungen.
Was wir im sorbischen Siedlungsgebiet der Lausitz brauchen, sind mehr Polizisten mit sorbischen Sprachkenntnissen und Sensibilität für die Lage einer autochthonen nationalen Minderheit. Wir brauchen Polizisten, die unser Lausitzer Lebensmodell des deutsch-sorbischen Miteinanders repräsentieren. Das wird durch dieses Polizeigesetz nicht erreicht. Deshalb konnte ich ihm nicht zustimmen.
Ich habe gegen das Polizeigesetz gestimmt, weil ich den Fachleuten in der Jugendarbeit, insbesondere der mobilen Jugendarbeit, zustimmen kann, die bereits in mehreren Schreiben – auch an alle Abgeordneten des Landtags – erklärt haben, dass diese Gesetze leider gegen die mobile Jugendarbeit arbeiten. Mit den verschärften Kontrollen und einer Kriminalisierung der Klienten, insbesondere der mobilen Jugendarbeit, wird die befriedende Wirkung, die die Jugendsozialarbeit eigentlich haben sollte, untergraben.
Mit dem gerade beschlossenen Gesetz ist zu befürchten, dass es vermehrte und tiefergehende Kontrollen geben wird, beispielsweise auch Aufenthalts- und Alkoholverbo
te, die zu einer weiteren Verdrängung und zur Kriminalisierung von Jugendlichen im öffentlichen Raum führen werden. Das Gesetz schränkt eindeutig die Verselbstständigung von jungen Menschen erheblich ein, und ihre Rechte werden darin nicht respektiert. Deshalb habe ich gegen das Gesetz gestimmt.
Sehr geehrter Herr Präsident, ich möchte ebenfalls eine persönliche Erklärung zu meinem Abstimmungsverhalten abgeben. Ich habe gegen das Polizeigesetz gestimmt, weil ich möchte, dass Menschen keine Angst vor der Polizei haben. Unter dem Deckmantel der Kriminalitätsbekämpfung wird umfassend in unsere Freiheits- und Bürgerrechte eingegriffen.
Ich weise nochmals darauf hin: Über 21 000 Menschen haben sich mit der Petition „Grundrechte schützen – Neues Polizeigesetz in Sachsen verhindern!“ an den Sächsischen Landtag gewandt. Bis zum heutigen Tag wurde diese Petition nicht an den Petitionsausschuss weitergeleitet. So geht man mit Bürgeranliegen nicht um!
Das neue Polizeigesetz schränkt unsere Freiheitsrechte durch die Legalisierung der Telekommunikationsüberwachung massiv ein. Die geplante Ausweitung der Videoüberwachung einschließlich der Gesichtserkennung und eine zunehmende Militarisierung der Polizei lehne ich entschieden ab. Wer eine bürgerfreundliche Polizei will, konnte diesem Gesetz heute nicht zustimmen.
Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Auch ich gebe eine Erklärung zum Abstimmungsverhalten ab.
Als Sozialarbeiter trete ich zunächst uneingeschränkt und solidarisch für die Interessen meiner Klientinnen und Klienten ein. Das birgt Konfliktpotenzial – zum einen, weil möglicherweise meine eigenen Ansichten den Zielen bzw. Intentionen der Klientinnen und Klienten entgegenstehen, zum anderen aber auch, weil deren Ziele sowie die Ideen, Anliegen und Zielstellungen des Staates und der Gesellschaft an sich miteinander in Einklang zu bringen sind.
Diese Konflikte aufzulösen ist eine Aufgabe von sozialer Arbeit, und wenn man sich ständig damit herumschlagen muss, dass jede Anstrengung auf Kosteneffizienz geprüft wird, dann ist das schon mühsam genug. Wenn es aber zu hegemonialen Deutungsstreits kommt, wenn soziale
Arbeit instrumentalisiert wird oder lediglich die schnelle Feuerwehr spielen darf, dann wird es umso kritischer.
Das nun beschlossene Polizeirecht greift an dieser Stelle umso intensiver ein. Soziale Arbeit ist Vertrauensarbeit. Ihre Erfolge sind nicht immer sofort in Zahlen messbar. Es braucht meist viel Zeit, um Veränderungen herbeizuführen, und es geht darum, gegenseitiges Vertrauen aufzubauen und die verschiedenen Interessen der Klientinnen und Klienten, der eigenen Profession und der Gesellschaft in Einklang zu bringen.
Welchen Anspruch an das Vertrauen der Menschen hat soziale Arbeit denn noch, wenn diejenigen, denen man sich anvertraut, von der Polizei abgehört werden dürfen – ohne jede Berechtigung durch die Polizeiliche Kriminalstatistik, ohne kriminologische Begründung, ohne verfassungsrechtlich robusten Rückhalt? Dieses Gesetz ist der Gefährder an sich, und ich denke, dass es ein so substanzieller Angriff auf die soziale Arbeit in Sachsen ist, wie es vermutlich nur noch zuletzt der radikale Kürzungshammer unter Schwarz-Gelb war. Deshalb habe ich mit Nein gestimmt – aus tiefster Überzeugung.
Herr Präsident, auch ich möchte eine Erklärung zu meinem Abstimmungsverhalten abgeben. Eine immer härter auftretende Polizei kann die Probleme in der Gesellschaft nicht lösen. Ich glaube, diesem Satz können sehr viele hier im Parlament zustimmen.
Mein Ansatz ist, dass wir wesentlich mehr und bessere Prävention im Bildungsbereich durchführen; denn
dadurch haben wir eine Chance, Kriminalität schon von Anfang an vorzubeugen bzw. sie zu beseitigen. Das heißt, hierauf muss der Schwerpunkt liegen und nicht auf einem verschärften Gesetz, so wie wir es jetzt haben.
Vielen Dank, Herr Präsident. Auch ich möchte mein Abstimmungsverhalten erklären. Seit vielen Jahren beobachte ich Polizeieinsätze bei antifaschistischen Demonstrationen, und ich beobachte sie bei Nazidemonstrationen. Ich habe in all den Jahren festgestellt: Sobald es neue Mittel und Möglichkeiten gab, wurden diese bei antifaschistischen Demonstrationen eingesetzt, wohingegen es bei Nazidemonstrationen sehr häufig Zurückhaltung gab. Ich weiß, dass heute ein Tag ist, an dem sich Nazis freuen, dass der Polizei mit diesem Polizeigesetz weitere Mittel in die Hände gegeben werden, um gegen Antifaschistinnen und Antifaschisten vorzugehen.
(Beifall bei den LINKEN – Andreas Nowak, CDU: Leg mal eine neue Platte auf, Kollegin! – Carsten Hütter, AfD: Dauerschleife! Oh Gott, oh Gott!)
Insofern: Wenn wir Demokratie abbauen wollen, dann machen wir das Geschäft der extrem Rechten. Deshalb habe ich diesen Gesetzentwurf abgelehnt.
Vielen Dank, Herr Präsident! Auch ich möchte mein Abstimmungsverhalten erklären. Ich habe gegen das Polizeigesetz gestimmt, weil Fanrechte Bürgerrechte sind. Vorfeldkriminalisierung unterstellt jedem Fan potenziell, ein Krimineller zu sein.
Mit diesem Polizeigesetz schafft man nicht weniger, sondern mehr Gewalt. Hier wurden alle Regeln der modernen Psychologie und der modernen Pädagogik missachtet; Herr Jalaß sprach gerade von den Sozialarbeitern. Aufrüstung entschärft aber keine Konflikte. Bereits jetzt werden Grundrechte eingeschränkt, durch geheime Datenbanken, die die Reisefreiheit einschränken, durch jahrelange Überwachung – zum Beispiel Fanprojekt Chemie Leipzig –, durch Betretungsverbote und vieles mehr. Eine Verschärfung ist nicht hinnehmbar.
Genau das aber geschieht mit diesem Polizeigesetz und macht aus jedem Fußballfan einen potenziellen Gefährder. Ich habe aus freiem Herzen diesen Gesetzentwurf abgelehnt.
Vielen Dank, Herr Präsident! Auch ich möchte eine Erklärung zu meinem persönlichen Abstimmungsverhalten abgeben. Ich habe mit Nein gestimmt.