Ich denke, daß diese Form unserer Zusammenarbeit erfolgversprechend für das gesamte Reformvorhaben ist. Ich hoffe, daß dieser fruchtbare Austausch mit den kommunalen Spitzenverbänden bis zum erfolgreichen Abschluß der Reform anhält; denn ein solches Unterfangen wie eine tiefgreifende Kommunalreform kann nur auf breiten Schultern getragen werden.
Meine Damen und Herren! Da sich der Landtag für die heutige Sitzung einen sehr engen Zeitrahmen gegeben hat, möchte ich auf die konkreten Dinge nur kurz eingehen.
Mit dem Vorschaltgesetz sollen die Gemeindeordnung, die Landkreisordnung und das Kommunalwahlgesetz novelliert werden. Um vor einer gesetzlich zu regelnden Gebietsreform freiwillige Zusammenschlüsse zu ermöglichen, besteht Regelungsbedarf in mehrfacher Hinsicht.
Zunächst sollen die Verfahrensvorschriften zur Bürgerbeteiligung gelockert werden. Die Bürgeranhörung soll statt eines zwingenden Bürgerentscheids die Regel sein. Ein Bürgerentscheid ist deshalb aber nicht ausgeschlossen.
Die Eigengestaltungsmöglichkeiten bei Gebietszusammenschlüssen sollen auf der Kreisebene verbreitert werden. Das Streben nach einer möglichst weitgehenden Akzeptanz von Zusammenschlüssen auf der Kreisebene erfordert die Möglichkeit eines Entschlusses durch Entscheidung des Kreistages und nicht wie bisher nur durch einen Gesetzesakt. Der Staat soll hier nur noch ergänzend im Rahmen der Kommunalaufsicht eingreifen müssen.
Das Gelingen einer derartigen Reform ist auch wesentlich von den vor Ort handelnden Personen abhängig. Diesen Umstand greift der Gesetzentwurf ebenfalls auf, indem er den im Amt befindlichen Wahlbeamten die Fortsetzung ihrer Tätigkeit für den Rest der laufenden Amtsperiode ermöglicht, wenngleich auch gegebenenfalls in modifizierten Tätigkeitsbereichen. Mit dieser Regelung wird gleichzeitig das Zusammenfinden der bisher selbständigen Kommunen erleichtert, da deren bisherige Verwaltungschefs die sachgerechte Einbringung und Abwägung der Interessen ihrer alten Gemeinden in der neuen Gebietskörperschaft sichern können.
Die Beseitigung potentieller Ängste vor einem Verlust der Selbstgestaltungsrechte und Einflußmöglichkeiten hat insbesondere auch die neue Regelung zur Stärkung der Ortschaftsverfassung als Zielsetzung. Hier ragt, in der Bundesrepublik bisher einmalig, die Einführung eines eingeschränkten Vetorechts der Ortschaft bzw. des Ortsbürgermeisters gegen die Ortschaft berührende Beschlüsse des Gemeinderates heraus.
Der Wahrung der örtlichen Identität dient auch die Einführung von Wahlbereichen bei den Wahlen zu den Gemeindevertretungen. Die Förderung des gegenseitigen Vertrauens der Kommunen bei der Zusammenführung von Körperschaften erfordert gerade auch in der freiwilligen Phase ferner die Verhinderung von Investitionen, die eine Gemeindeneugliederung erschweren.
Meine Damen und Herren! Die genannten Regelungspunkte sind ein erster Ansatz zur Flankierung der für die Erhaltung und Steigerung der kommunalen Leistungsfähigkeit und damit letztlich der kommunalen Selbstverwaltung so bedeutsamen Kommunalreform.
Lassen Sie mich zum Abschluß noch auf einen Punkt hinweisen, der zwar nicht Gegenstand des Vorschaltgesetzes ist, aber gleichwohl aus aktuellem Anlaß bei den anstehenden Ausschußberatungen überlegt sein sollte. Aktueller Anlaß sind die bevorstehenden Landrats- und Bürgermeisterwahlen im nächsten Jahr.
Die Gemeindeordnung und das Kommunalwahlgesetz sehen, wie es der Gesetzgeber wollte, keine Beschränkung bei der Zulassung von Bewerbern für die Funktion eines Landrates oder eines Bürgermeisters vor. Allerdings erscheint es mir gerade im Hinblick auf vorangegangene Wahlen notwendig, zumindest bei hauptamtlichen Wahlbeamten die Kandidatur sogenannter Juxoder Spaßkandidaten möglichst einzuschränken.
Ich möchte an dieser Stelle den beratenden Ausschüssen die Anregung mit auf den Weg geben, im Rahmen der ohnehin durch das Vorschaltgesetz zu ändernden kommunalrechtlichen Vorschriften zu überlegen, ob wir nicht in Sachsen-Anhalt ähnliche Regelungen einführen, wie es sie bereits in anderen Ländern gibt.
Meine Damen und Herren! Unabhängig davon lade ich Sie zu einer konstruktiven Mitarbeit an der Kommunalreform im Interesse der Menschen unseres Landes
Herr Minister, sind Sie bereit, eine Frage der Abgeordneten Frau Wernicke zu beantworten? - Bitte, Frau Wernicke.
Herr Minister, geben Sie mir recht, wenn ich feststelle, daß das Funktionieren oder Nichtfunktionieren eines Trägergemeindemodells weitgehend vom Leiter des Verwaltungsamtes, sprich Bürgermeister der Trägergemeinde, abhängt? Sind Sie der Meinung, daß aus einem gegebenenfalls schlechten Leiter des gemeinsamen Verwaltungsamtes dann ein besserer Bürgermeister einer größeren Gemeinde wird?
Die zweite Frage: Sie sagten, das Vorschaltgesetz gebe keine Größenordnungen für neue Gemeinden vor. Stimmen Sie mir zu, daß Sie durch die Abschaffung des Trägergemeindemodells automatisch neue Größenordnungen erzwingen?
Zum ersten muß ich nein sagen. Es hängt nicht allein vom Leiter oder der Leiterin der Verwaltung ab, wie ein Trägergemeindemodell funktioniert. Das Trägergemeindemodell an sich ist schlecht, und wenn es außerdem noch schlechter funktioniert, als es möglich ist, dann liegt es an allen handelnden Personen und ist nicht auf eine Person beschränkt.
- Das kann ich Ihnen genau sagen. Das haben wir auch schon einmal diskutiert. Leider ist Herr Becker nicht anwesend, sonst würde ich ihn wieder vorführen.
- Moment! - Die CDU-FDP-Regierung wollte damals das Modell der Verwaltungsgemeinschaften in SachsenAnhalt einführen. Seinerzeit war das Trägergemeindemodell überhaupt nicht vorgesehen. Es sollte ein normales Verwaltungsgemeinschaftsmodell sein. In einer der letzten Sitzungen des Innenausschusses vor der Verabschiedung des Gesetzes zur kommunalen Gemeinschaftsarbeit kam plötzlich der Vorschlag, eine Möglichkeit für größere Städte zu entwickeln, die mit kleineren Gemeinden eine Verwaltungsgemeinschaft bilden wollen. So ist dieses Trägergemeindemodell entstanden.
Wir haben darüber im Ausschuß kritisch diskutiert. Ich weiß genau, was ich damals gesagt habe und wo ich die Probleme sah. Das ist auch so eingetreten. Es ist kein vernünftiges Modell.
Man hat eine große Stadt und mehrere kleine Gemeinden, die große Stadt verwaltet die kleinen Gemeinden mit. Die große Stadt sagt: Wir haben zusätzlichen Aufwand, wir haben doch nichts davon, wir müssen die kleinen Gemeinden verwalten und bezahlen viel Geld dafür.
Das ist ein unausgewogenes Modell. Wir haben dazu Umfragen durchgeführt. Zwei Drittel der hauptamtlichen Bürgermeister von Trägergemeindemodellen und zwei Drittel auch der ehrenamtlichen Bürgermeister haben gesagt, dieses Modell solle wieder abgeschafft werden, es habe sich nicht bewährt.
Über neue Größenordnungen muß dabei nicht diskutiert werden. Sie sind nicht davon abhängig, ob es das Trägergemeindemodell gibt oder nicht. Ich sehe also keinen direkten Zusammenhang.
Ich habe eine Frage, Herr Minister. Sie erwähnten die Möglichkeit einer gesetzlichen Regelung zur Verhinderung von Spaßkandidaten bei der Urwahl von Bürgermeistern und Landräten. Habe ich den Gesetzentwurf nicht richtig gelesen?
Das ist ein Vorschlag, den ich hier zusätzlich unterbreite und der im Ausschuß mit diskutiert werden könnte.
Weil es dafür zu spät gewesen ist. Weil ich mit den Spitzenverbänden nicht mehr sprechen konnte und weil ich nicht an den Spitzenverbänden vorbei so etwas machen wollte, schlage ich es jetzt vor. Aber, wie gesagt, ich wollte vermeiden, daß mir der Vorwurf gemacht wird, ich hätte noch etwas ins Gesetz eingebaut, was nicht durch die Anhörung gegangen sei.
Das ist der Hintergrund, darum geht es. Deswegen schlage ich es jetzt vor, auch wenn es von Ihnen vielleicht etwas kritischer gesehen wird. Aber wir alle haben die Probleme in Halle vor Augen, wo ein Arbeitsamtsleiter zu einem Arbeitslosen sagt: „Wir haben keinen Job für sie, aber bewerben Sie sich doch einmal in Halle als Bürgermeister, vielleicht haben Sie eine Chance!“ So kann es nicht sein, und darum geht es.
Schönen Dank. - Ich möchte darauf hinweisen, daß zu diesem Gesetzentwurf ein Entschließungsantrag der CDU-Fraktion in der Drs. 3/3310 vorliegt, der in die Debatte einzubeziehen wäre. Die Fünfminutendebatte wird geführt in der Reihenfolge CDU, DVU-FL, SPD, FDVP, PDS. Für die CDU-Fraktion spricht jetzt der Abgeordnete Herr Jeziorsky. Bitte.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! „Zur Zeit weiß niemand genau, in welche Richtung das Ganze während der freiwilligen Phase läuft. Es könnten sich ja auch Allianzen gegen die Vernunft bilden.“ Mit diesem Satz, meine Damen und Herren, wird Ministerpräsident Reinhard Höppner von der „Mitteldeutschen Zeitung“ nach dem Kabinettsbeschluß über das heute zu debattierende Vorschaltgesetz zur Kommunalreform zitiert.
In der Tat, der Ministerpräsident hat recht. Niemand weiß genau, in welche Richtung das Ganze während der freiwilligen Phase läuft. Das hat zwei Gründe.
Der erste Grund: Das Leitbild des Innenministers, in dem Zahlen diskutiert werden, hat zur Folge, daß in Kungelrunden zwischen Altmark und Zeitz überlegt wird, wie man eventuell diese vorgegebenen Zahlen erreicht. Nun ist klar, jeder möchte noch ein paar Leute in seine Gebietskörperschaft bekommen. Dabei wird nicht bedacht, daß, wenn ich meine Gebietskörperschaft vergrößern will, irgendwo eine andere kleiner werden muß. Es geht also in der freiwilligen Phase nicht auf.
Der zweite, aber wesentlichere Grund ist, daß die Frage nach dem Warum nicht beantwortet wird. Das liegt daran, daß wir zwar ein Leitbild des Innenministers für die kommunale Ebene haben, mehr aber nicht, jedoch für die Frage der Struktur der Landesverwaltung noch keine Klarheit darüber, was noch staatlich erledigt werden soll, von wem und wo. Diese Frage wird bisher nicht klar beantwortet.
Genau in dieser Intention ist auch unser Entschließungsantrag zu verstehen. Wir können über diesen Gesetzentwurf nur dann sachgerecht beraten, wenn wenigstens grundsätzlich ein paar Pflöcke eingeschlagen sind, die über die Struktur der Landesverwaltung und über die zukünftige Aufgabenerledigung Auskunft geben. Wir sollten mit der Beratung warten, bis Aussagen zur Verwaltungsreform des Landes vorliegen.
Ich denke, wir als CDU haben durchaus einen großen Erfolg erzielt. Wir haben immer gesagt: Eine Kommunalgebietsreform muß ein Torso bleiben, wenn nicht eine Verwaltungs- und Funktionalreform vorangestellt wird. Dies wurde noch im Februar dieses Jahres vom Ministerpräsidenten abgelehnt, der der Meinung war, der Landtag müsse sich mit einer Landesverwaltungsreform überhaupt nicht befassen, das sei eine Aufgabe der Exekutive. Nunmehr wissen wir, daß uns im Herbst - so ist es zumindest angekündigt - ein Vorschaltgesetz zur Landesverwaltungsreform erwartet, so daß man tatsächlich beides in einem Ausschuß beraten könnte.
Zu den Inhalten des Gesetzes selbst. Der Innenminister ist kurz darauf eingegangen; ich will es auch tun. Wenn man schon zur Kommunalreform übergeht, aus der Freiwilligkeitsphase in die Pflichtphase kommt, muß man - darin gebe ich dem Innenminister recht - natürlich