Protokoll der Sitzung vom 05.04.2001

Mittel zur Entlastung erhalten. Ich halte dies für nicht gerechtfertigt, und ich halte es für dringend erforderlich, dass hierbei eine Korrektur erfolgt.

(Herr Sachse, SPD: Diese Einzelbetrachtung ist doch gar nicht zulässig!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Große Anfrage bot der Landesregierung die Chance, sich eineinhalb Jahre nach der Einführung der Ökosteuer einmal detailliert mit den Folgen und Auswirkungen dieser Ökosteuer auf die Bürger zu beschäftigen und zu prüfen, welche Auswirkungen dies auf den wichtigsten Aspekt in unserem Land, nämlich die Beschäftigung, hat.

Als wir die Reden der Landesregierung zur Einführung der Ökosteuer hörten, dachten wir, im Land bricht ein Boom aus, jetzt geht es los, Arbeitsplätze werden geschaffen, die Lohnnebenkosten werden drastisch verringert, jetzt wird der Faktor Arbeit billiger und die Unternehmen stellen zunehmend Leute ein.

Wenn man in den Kammern und bei den Verbänden nachfragt, wenn man sich das Gutachten der MartinLuther-Universität ansieht, das für das sächsische Handwerk erstellt worden ist, dann ist festzustellen, dass die Einführung der Ökosteuer keinerlei positive Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt hatte. Ganz im Gegenteil: Wegen der Mehrkosten, insbesondere im mittelständischen Bereich, wurden Leute entlassen und geht die Einstellungsneigung drastisch zurück.

Sachsen-Anhalt ist das Land mit der höchsten Arbeitslosigkeit. Wer, wenn nicht wir, hätte schon aus diesem Grund im Bundesrat gegen die Ökosteuer stimmen müssen?

(Beifall bei der CDU und bei der FDVP - Frau Ludewig, CDU: Jawohl!)

Dies war ein falscher Schritt. Es droht zudem - das haben wir schon gehört - im Jahr 2003 eine Fortführung dieser Ökosteuer ohne eine Kompensation. Was machen Sie, wenn im Mai 2002 die Sonderregelungen auslaufen?

(Herr Dr. Daehre, CDU: Dann sind wir doch dran!)

Wir haben hier Ausnahmetatbestände. Diese Ausnahmetatbestände für energieintensive Produzenten laufen im Mai 2002 aus. Vor der EU sind Konkurrentenklagen zu erwarten. Die ersten Anmeldungen liegen vor. Wenn die Wettbewerbskommission der EU diesen Ausnahmetatbeständen keine Genehmigung erteilt, dann sind wir erst recht gekniffen. Dann ist dies ein Wettbewerbsnachteil, der weiterhin das wertvollste Gut betrifft, das wir in Sachsen-Anhalt haben und dringend benötigen, nämlich Arbeitsplätze.

Aus diesem Grund muss man bei der Ökosteuer gegensteuern. Man darf diese auf keinen Fall verlängern.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der FDVP)

Herr Abgeordneter Gürth, es gibt zwei Fragewünsche. Sind Sie bereit zu antworten? Herr Professor Dr. Trepte und Herr Metke möchten gern Fragen stellen. - Bitte.

Herr Gürth, gestatten Sie auch drei Fragen? Erste Frage. Sie haben von einer direkten und von einer aus

schließlichen Korrelation von Ökosteuer und Preissteigerungsrate gesprochen. Ist es Ihr Ernst, dass die Ökosteuer - nur die haben Sie genannt - die ausschließliche Ursache für den Preisanstieg ist?

Zweite Frage. Sie wissen genau, dass der Anstieg der Energiepreise nicht nur, sondern eher mariginal durch die Ökosteuer verursacht worden ist. Sie haben aber in Ihrer Rede ausschließlich über die Ökosteuer gesprochen. Das Thema Ihrer Großen Anfrage heißt aber „Konsequenzen der Energiepreisverteuerung für Sachsen-Anhalt“. Geben Sie zu, dass Sie mit dieser Rede das Thema verfehlt haben?

(Zustimmung von Frau Tiedge, PDS - Heiterkeit und Zustimmung bei der SPD - Zuruf von Herrn Dr. Daehre, CDU)

Dritte Frage. Ich habe die Position der PDS hier fünfmal vorgetragen. Muss ich sie ein sechstes Mal vortragen, damit Sie, Herr Gürth, sie sich merken?

(Heiterkeit bei der SPD)

Herr Professor Trepte, die Fragen waren so gut, dass man sie eigentlich im Raum stehen lassen müsste. Sie sprechen für sich.

Natürlich hat die Preissteigerungsrate, die Inflationsrate, nicht ausschließlich mit der Ökosteuer zu tun. Aber betrachten Sie einmal allein die Gutachten des RheinischWestfälischen Instituts; dann werden Sie feststellen, welchen hohen Anteil die Ökosteuer an der Preissteigerungsrate hat.

Nehmen Sie als Beispiel den Bereich des Einzelhandels und versetzen Sie sich in die Situation eines Einzelhändlers. Die Ladenmieten verteuern sich, die Kosten erhöhen sich. Wie soll er diese Kosten umverteilen? Diese Kosten werden auf die Verbraucherpreise umgelegt. Das bedeutet, jeder bezahlt das mit, wenn er einkaufen geht.

(Zuruf von Herrn Prof. Dr. Trepte, PDS)

Darüber hinaus steigt der Preis für die Güter, die die Endverbraucher kaufen, bereits in der Produktion.

Ich muss immer wieder darauf hinweisen, dass es in diesem Zusammenhang um die Wettbewerbsfähigkeit unserer Arbeitsplätze geht. Wenn wir die ökologische Steuerreform einseitig umsetzen, so wie es die Bundesregierung getan hat, und zumindest in dieser Form einen nationalen Alleingang unternehmen, dann bedeutet das, dass mit jeder Erhöhung der Ökosteuer, der Stromsteuer und der Mineralölsteuer die Wettbewerbsfähigkeit unserer Arbeitsplätze gefährdet wird. Ich denke, insofern sind die Punkte, die wir hier angesprochen haben, völlig berechtigt.

In Bezug auf Ökosteuer, Energiepreissteigerung und Preissteigerungen insgesamt ging ich bis zu Ihrer Anfrage, verehrter Herr Professor Trepte, davon aus, dass Ihnen der Inhalt der Großen Anfrage bekannt ist und ich diesen nicht noch einmal ausdrücklich anführen muss.

Herr Metke, Sie können Ihre Frage stellen. - Herr Oleikiewitz möchte auch noch eine Frage stellen. Herr Gürth, Sie werden gefordert.

Herr Gürth, ist Ihnen bekannt, dass der Chefökonom der Deutschen Bank, Herr Walter, das Instrument der Ökosteuer ausdrücklich als sinnvoll und zukunftsweisend befürwortet?

Falls Ihnen diese Aussage bekannt ist, dann frage ich Sie: Wie erklären Sie sich diese Aussage vor dem Hintergrund Ihrer Ausführungen, dass eine die Wirtschaft schädigende Auswirkung der Ökosteuer festzustellen ist? Ich meine, Herr Walter steht außerhalb des Verdachts, der rot-grünen Bundesregierung nahe zu stehen.

(Herr Dr. Daehre, CDU: O Mann, jetzt zieht er aber an!)

Herr Metke, ich muss staunen, wenn Sie als Gewerkschaftsfunktionär gerade Norbert Walter, den Chefvolkswirt der Deutschen Bank, zitieren.

(Zustimmung bei der CDU - Herr Dr. Daehre, CDU: Da könnten wir noch andere Fragen stel- len!)

In anderem Zusammenhang halten Sie das, was er sagt, nicht für richtig. Ich finde diese Aussagen interessant und nehme sie auch zur Kenntnis, aber wenn man im Bankenviertel von Frankfurt im Elfenbeinturm in der obersten Etage sitzt, dann hat man leicht eine andere Sicht auf solche Dinge.

(Zustimmung bei der CDU - Lachen bei und Zu- rufe von der SPD)

- Das können Sie ihm auch sagen.

Wenn Sie das im Gesamtzusammenhang in Europa für die nächsten 15 Jahre sehen, dann kann das eine interessante Philosophie des Herrn Norbert Walter sein. Wenn er dies losgelöst betrachtet und wir weiter einen nationalen Alleingang unternehmen, dann frage ich mich: Was sagen Sie als Verantwortlicher der Gewerkschaften den Arbeitnehmern, die nicht in 15 Jahren, sondern heute jedes Mal am Ende des Monats Probleme haben, weil sie so wenig in der Tasche haben?

Oben in den Bankentürmen kann man leicht philosophieren. Deswegen sehe ich das, was Norbert Walter dazu gesagt hat, mit großer Gelassenheit und auch mit Respekt. Dies ändert aber nichts an der Position, die wir hierzu vertreten.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der FDVP)

Herr Oleikiewitz, bitte stellen Sie Ihre Frage.

Herr Gürth, da Sie sich bei der ökologischen Steuerreform so gut auskennen, stelle ich folgende Frage: Ist Ihnen bekannt, das zwischen 1990 und 1998, also in dem Zeitraum, in dem Ihre Partei in Bonn regierte, die Steuern auf die Mineralöle in einem Maße wie nie zuvor in der Geschichte Deutschlands angestiegen sind? Wie erklären Sie sich, dass in dieser Zeit aus Ihren Kreisen keine Kritik an der Erhöhung der Mineralölsteuer kam und dass sie sich offensichtlich überhaupt nicht auf das Preisniveau in Deutschland ausgewirkt hat?

Vielen Dank für Ihre Frage. Lieber Kollege Oleikiewietz, das ist keine neue Frage.

(Herr Dr. Daehre, CDU: Diese Frage müssen Sie wiederholen! Für die Presse! - Zurufe von der SPD)

- Herr Kollege, ich weiß nicht, ob das lediglich eine rhetorische Frage war oder ob Sie darauf auch eine Antwort hören möchten.

(Herr Oleikiewitz, SPD: Ich möchte einfach eine Antwort, weil sie noch nie kam!)

Ich frage nur, weil Sie sich jetzt abwendeten. Okay, dann ist das in Ordnung. Vielen Dank für Ihre Frage.

Man muss wohl nicht wiederholen, wofür die Einnahmen aus der Erhöhung der Mineralölsteuer zu Beginn der 90er-Jahre verwendet wurden: nämlich insbesondere für die Finanzierung der Lasten aus der deutschen Einheit.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der FDVP)

Ich möchte Ihnen eine Gegenfrage stellen. Bei Ihnen klang ein leichter Ton der Kritik an der Steuererhöhung in der damaligen Zeit durch. Halten Sie es, falls dies so war, für gerechtfertigt, auf diese Steuer mit mehreren Stufen der Ökosteuer noch einmal draufzusatteln? - Das würde ich eher verneinen.

(Zustimmung von Herrn Dr. Sobetzko, CDU)

Außerdem muss man auch den Gesamtzusammenhang betrachten. Wir haben am Anfang über den Zusammenhang zwischen der Mineralölsteuererhöhung Anfang der 90er-Jahre und der Finanzierung der deutschen Einheit gesprochen.

Wenn man im Jahr 1998 einen unglaublichen Wahlkampf führt und Versprechungen hinsichtlich der Sicherheit und der Finanzierung der Rente macht, dann aber andererseits ein in sich geschlossenes System auf den Kopf stellt, die demografische Formel abschafft, um dann über die Hintertür wieder dem kleinen Mann in die Tasche zu greifen und über Steuern die Rentenbeiträge erneut zu stabilisieren, dann macht das keinen vernünftigen Sinn.