Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir eine Bemerkung zu einigen Fakten, die von der PDS dargestellt werden. Da gibt es nämlich Fakten, die keine sind, weil sie nicht stimmen.
Dies gilt in Bezug auf die Steuereinnahmen. Zum einen wird es nicht dazu kommen, dass infolge des teilweisen Vorziehens der dritten Stufe der Steuerreform unsere Kommunen belastet werden. Vielmehr beabsichtigt das Land, die Bundeskompensation an die Kommunen weiterzureichen. So war das auch immer einkalkuliert. Aufgrund der Verteilungskriterien und der relativ geringen Einkommensteuerausfälle in Sachsen-Anhalt können wir davon ausgehen, dass die Kommunen ihre direkten Steuerausfälle vollständig ersetzt bekommen. Die 20 Millionen, die letztlich zulasten der Kommunen gingen, werden durch die Kompensation des Bundes aufgefangen.
Auf längere Sicht, jenseits von 2004, werden dann die Streichung der Steuervergünstigungen, die auch beschlossen wurde, und die Senkung der Gewerbesteuerumlage voll zu Buche schlagen. Den wichtigsten Beitrag leistet in diesem Zusammenhang die Senkung der Gewerbesteuerumlage, die bereits in diesem Jahr um mehr als 40 % zurückgeht und ab 2006 sogar halbiert wird. Obwohl diese Maßnahme das Land viel Geld kostet, haben wir im Bundesrat dafür gestimmt, weil die Neuregelung einen wichtigen Beitrag zur Finanzierung der Kommunalhaushalte leistet.
Lassen Sie mich feststellen, dass die Kommunen nach unserer Schätzung in diesem Jahr 47 Millionen € mehr haben werden. Im Jahr 2005 werden es 62 Millionen €,
Meine Damen und Herren! Die Vertreter der Kommunen sind zu Recht besorgt, dass es aufgrund des Hartz-IVKompromisses zu zusätzlichen Belastungen kommen könnte. Frau Dr. Weiher hat es angesprochen. Diese Sorge teile ich durchaus. Ich sage ganz klar: Sollte es in der Tat so sein, dass die Kommunen in Sachsen-Anhalt durch den Kompromiss, der auf der Basis von Hartz IV im Vermittlungsausschuss erzielt wurde, nicht entlastet, sondern belastet werden, dann muss in Bezug auf das Finanztableau nachgebessert werden.
Unter Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände sowie der Bundesagentur für Arbeit hat die Landesregierung eine Arbeitsgruppe eingerichtet. Sie soll die finanziellen Auswirkungen der Reform für unsere Kommunen und für den Landeshaushalt ermitteln. Wir sollten zunächst einmal die Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe abwarten. Erst dann sind politische Bewertungen angebracht.
Im Übrigen wird die weitere Entwicklung sowohl von der Finanzministerkonferenz als auch von den Staatssekretären der ostdeutschen Finanzministerien kritisch überprüft. So ist gewährleistet, dass die Länder frühzeitig dem Bund gegenübertreten und Forderungen erheben können. Dass dies im Interesse der Kommunen sein wird, brauche ich an dieser Stelle nicht weiter zu betonen.
Meine Damen und Herren! Der Antrag der PDS - lassen Sie mich das zusammenfassend sagen - enthält populistische Forderungen, die an sich nicht haltbar sind. Gleichwohl betreffen sie ein wichtiges Anliegen: die Stärkung der Kommunalfinanzen.
Sollte der Landtag eine Ausschussüberweisung beschließen, dann werden wir als Regierung im Finanzausschuss - oder wo auch immer - die Diskussion zu diesem Thema, sehr geehrte Vertreter der Opposition, konzentriert fortsetzen. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister. Nun kommen wir zu den Fragen. - Zunächst Frau Dr. Weiher, dann Herr Gallert.
Herr Minister, Ihnen ist sicherlich bekannt, dass es bei der Reformierung der Gemeindefinanzen zwei Arbeitsbereiche gab, zum einen den Bereich der Modernisierung der Gewerbesteuer und zum anderen den Bereich der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe. Die Modernisierung der Gewerbesteuer ist sicherlich nicht als ein Komplex hineingenommen worden - so nehme ich einmal ganz stark an -, weil es auf dem sozialistischen Konzept der PDS beruhte.
Mich würde einfach interessieren, an welcher Stelle Sie aus unserem Antrag herauslesen, dass wir für eine Modernisierung der Gewerbesteuer sind. Ich gebe zu, dass wir tatsächlich dafür sind, aber es ist speziell in diesem Antrag nicht formuliert, darauf muss ich hinweisen.
In Punkt 2 des Antrages ist unter dem ersten Spiegelstrich eine Formulierung gewählt worden, die der Landtag in seiner Souveränität vor einem Jahr fast einstimmig - im Protokoll sind weder Gegenstimmen noch
Stimmenthaltungen vermerkt - angenommen hat. Es ist die gleiche Formulierung. Ich würde es deshalb sehr merkwürdig finden, wenn der Landtag ein Jahr später - die Situation hat sich nicht geändert; im Gegenteil - zu einem völlig anderen Ergebnis kommen würde. Auch aus Punkt 2 des Antrages ist auf kein wie auch immer geartetes sozialistisches Konzept der PDS zu schließen.
Noch einmal: Ich möchte fragen, an welcher Stelle Sie aus dem Antrag herauslesen, dass eine Modernisierung der Gewerbesteuer verlangt wird.
Zweitens. Sie sind darauf eingegangen, dass sozusagen die richtigen Kühe gemolken werden müssen. Ihnen ist sicherlich die letzte OECD-Statistik über die internationalen Steuervergleiche bekannt, die die Steuervergleiche aus dem Jahr 2003 aufnimmt. Ihnen sind sicherlich auch die darin enthaltenen Quoten zur Gewinnsteuer und zur Steuerquote insgesamt bekannt. Beide Quoten liegen in Deutschland weit unter dem Durchschnitt in der EU. Meine Frage ist: Welche Kühe werden denn nun tatsächlich gemolken?
Was die Modernisierung der Gewerbesteuer angeht: Zu der Frage, ob es wirklich aus dem Antrag korrekt so zu schlussfolgern ist, möchte ich jetzt nicht Stellung nehmen, weil ich darüber keine Expertise betreibe. Frau Dr. Weiher, Sie erlauben mir aber festzustellen, dass die PDS, nach allem, was ich höre, lese und sehe, für eine Revitalisierung der Gewerbesteuer ist.
Wenn ich mich da irre, dann korrigieren Sie mich, und wir führen eine politische Diskussion an dieser Stelle. Ich sage, dass das der falsche Weg ist. Dafür ist durchaus der Begriff „sozialistisch“ angebracht, falls Sie ihn überhaupt noch verwenden wollen.
Wenn Sie Unternehmen zusätzlich mit einer Steuer belegen wollen, es aber keine Erträge und keinen Gewinn gibt, wenn Sie also gezielt gewinnunabhängige Komponenten einführen wollen, dann halte ich das für eine antimarktwirtschaftliche Politik. Die würde ich durchaus unter dem Begriff „sozialistisch“ subsumieren. Aber über Worte wollen wir uns an dieser Stelle nicht streiten. Das ist auch nicht so wichtig.
Ich glaube, in der Sache sind wir uns aber völlig einig, Frau Dr. Weiher. Die PDS würde doch nicht bestreiten, dass sie sich massiv für die Revitalisierung eingesetzt hat. Das ist aus ihrer Sicht auch völlig legitim.
Zu dem zweiten Punkt, was den internationalen Vergleich betrifft: Ich habe immer ganz klar gesagt, dass wir, was die Steuerquote insgesamt betrifft, in der Tat nicht mehr ein überdurchschnittliches Niveau im internationalen Vergleich haben und dass wir deswegen unbedingt eine Steuerstrukturdiskussion führen müssen.
Es geht nicht mehr um den Anteil der Besteuerung am gesamten Bruttoinlandsprodukt, sondern es geht vor allem darum, dass wir eine vernünftige, leistungsfördernde Steuerstruktur haben. Das habe ich immer gesagt. Insofern steht der internationale Vergleich überhaupt nicht im Widerspruch zu dieser Linie.
Ich sage es aber noch einmal: Die Idee einer Gemeindewirtschaftssteuer mit einer Ausdehnung der Besteuerung auf die Freiberufler und mit einer massiven Einführungen von ertragsunabhängigen Komponenten ist der Weg in eine falsche Steuerstruktur, genau in diesem definierten Sinn.
Die ist ein bisschen kürzer, Herr Paqué. - Sie waren gestern selbst Zeuge der Bewertung der Gemeindesteuerreform, insbesondere der Absenkung der Gewerbesteuerumlage durch den Herrn Ministerpräsidenten auf dem abendlichen Empfang der kommunalen Spitzenverbände. Ich frage Sie an der Stelle, ob Sie seine Bewertung teilen?
Ich bin der Meinung, dass wir noch nicht alle Probleme gelöst haben. Das ist doch völlig klar. Wir haben eine Hilfe für die Kommunen gewährleistet; aber ich habe nie behauptet, Herr Gallert, dass wir am Ende des Weges angekommen sind. Wenn Sie mir erlauben, an dieser Stelle die politische Perspektive meiner Partei und die Konzepte, die von Dr. Weiher erwähnt wurden, einzubringen, dann ist doch eines klar - das haben wir auch immer gesagt -: Wir brauchen eine solide Basis für die Kommunalfinanzen.
Diese solide Basis ist im Rahmen der Gewerbesteuer - Umlage hin oder her - nicht zu gewährleisten, weil die Gewerbesteuer grundsätzliche strukturelle Mängel hat. Deswegen müssen wir aus meiner Sicht die Gewerbesteuer abschaffen, wenn wir eine langfristig tragfähige Lösung haben wollen, und durch ein Zuschlagsmodell ersetzen, über dessen Ausgestaltung man dann zwischen den Parteien diskutieren kann und diskutieren sollte.
Nur so werden wir das Problem lösen. Frau Dr. Weiher, an dieser Stelle sind wir eben ganz anderer Meinung, da können Sie zu Recht mit dem Kopf schütteln. Es ist einfach so, dass Sie mit einer Steuer, die letztlich entweder nur von einem sehr kleinen Teil von Unternehmen gezahlt wird oder sehr viele - -
(Frau Dr. Weiher, PDS: Das ist doch aber ent- schieden worden, indem die Gewerbesteuer so verhunzt worden ist, wie sie heute ist! Die war doch vorher völlig anders!)
Es geht um die Frage, ob man eine Steuer, die von der Grundidee her aus einer ganz anderen Zeit stammt, die inzwischen nur noch ein ganz kleiner Teil von Unternehmen zahlt und die im Übrigen extrem konjunkturanfällig ist, dadurch revitalisieren kann, dass man sie derart verbreitert, sodass schwere andere Nachteile entstehen, nämlich die Wirtschaft belastet wird, oder ob man sie strikt auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit beschränkt. Dann wird sie aber keinen Ertrag bringen, Frau Dr. Weiher. Deswegen sagen wir in aller Deutlichkeit: Wir müssen ein ganz anderes Modell haben.
Ich freue mich darüber, dass inzwischen auch der Deutsche Städtetag nicht mehr die dogmatische Meinung vertritt, dass man unbedingt eine Revitalisierung dieses Modells braucht, sondern sich der Meinung des Landkreistages anschließt, dass man vernünftigerweise auch über ganz andere alternative Modelle nachdenken sollte. Das werden wir mit diesen Verbänden gemeinsam tun. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Minister Herr Paqué. - Wir hören nun die Beiträge der Fraktionen. Zunächst spricht Herr Tullner für die CDU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Thema Kommunalfinanzen ist ein bisschen der rote Faden, der sich durch die letzten zwei Tage gezogen hat. Wir hatten wohl fast alle die Gelegenheit, gestern Abend mit den kommunalen Spitzenverbänden im informellen Gespräch darüber zu reden. Das ist auch das Thema des Antrages, der heute vorliegt. Die Problemlage ist nicht neu, aber aktueller denn je. Deswegen will ich gleich zu Anfang namens der Koalitionsfraktionen sagen, dass wir beantragen, den Antrag in den Finanzausschuss zu überweisen, weil wir uns im Finanzausschuss damit noch einmal auseinander setzen wollen.
Frau Dr. Weiher, ich denke, Ihre Bewertung der Ergebnisse des Vermittlungsausschusses ist selbstverständlich differenziert zu betrachten. Es ist aber ein Indiz dafür, wie Politik im Moment abläuft. Wenn man die Problemlagen nicht löst, sondern es sozusagen in einer Inszenierung nur zum Show-down kommen lässt und die Probleme an sich - ich sage es einmal so - schließlich in einer Nacht-und-Nebel-Aktion lösen will, dann kann das nur scheitern. Das kann nur scheitern.
Ich habe auch niemanden so verstanden, dass wir bereits eine grundlegende Problemlösung erreicht haben. Es ist vielmehr als Überbrückungskonzept, als Notlösung verstanden worden. In diesem Zusammenhang muss man die Dinge betrachten.
Sie haben über die Hartz-Reformen gesprochen. Nun stellt sich heraus, dass wir zwar einen Grundsatzbeschluss haben, aber die Konditionen für die Umsetzung völlig unklar sind. Die Landkreise auch in diesem Land - das wurde gestern noch einmal deutlich - sind mehrheitlich bereit, diesen Weg zu gehen, aber selbstverständlich nur dann, wenn die Konditionen klar sind. Das ist ein typischer Fall von Grundsatzbeschlüssen, bei denen das Kleingedruckte noch nicht geregelt ist.
Was die Gewerbesteuer angeht: Unsere Auffassung war immer, dass die Gewerbesteuer international ein Auslaufmodell ist und deswegen abgeschafft werden muss. Wir haben deshalb als eine Alternative das Zuschlagsmodell entwickelt.
Ich denke, diesbezüglich müssen wir miteinander weiter im Gespräch bleiben, obwohl Sie selbstverständlich eine dezidiert andere Auffassung dazu haben. Das ist ganz offensichtlich. Aber wir alle müssen uns doch verständigen, wenn wir zu einem einvernehmlichen Ergebnis kommen wollen.
Grundsätzlich ist es doch wohl so, dass wir zwar über Finanzen auf kommunaler Ebene, auf der Landes- oder
auf der Bundesebene sprechen können, dass wir aber, solange die Grundlagen, nämlich die Wirtschafts- und Finanzpolitik, nicht klar und nicht richtig sind, keine wirklichen Verbesserungen erreichen können. Deswegen muss man einfach feststellen, dass wir im Bund weiter daran arbeiten müssen.
Die Union ist auch dazu bereit. Es ist immer wieder gesagt worden, dass wir wirtschafts- und finanzpolitisch grundlegende Reformen auch durchführen müssen, nachdem wir uns auf ein Konzept verständigt haben. Im Moment sehe ich noch nicht so richtig, wohin der Weg der Bundesregierung diesbezüglich führt. Deswegen ist es immer wieder Ihr Ziel, so eine Art Exit-Option einzubauen: Der Bund muss das regeln.
Das ist nicht ganz realistisch; denn wir wissen doch alle, wie die Haushalts- und Finanzlage des Bundes ist. Wir wissen auch, wie die wirtschaftspolitischen Rahmendaten sind. Deshalb muss der Bund seine Hausaufgaben in diesem Bereich machen und die Grundlagen dafür schaffen, dass wir überhaupt zu einer Verteilmasse kommen und den Kommunen dann wieder eine Ausstattung geben können, die wirklich notwendig ist. Darüber sind wir uns alle einig.
Sicherlich ist die Vergleichbarkeit nicht immer gegeben: Am kommenden Sonntag wird in Spanien ein neues Parlament gewählt. José Maria Aznar wird nicht wieder antreten. Aber er hat gezeigt, dass auch in Europa Haushaltsüberschüsse möglich sind, wenn die Grundlagen und die Rahmenbedingungen stimmen. Daran sollten wir alle gemeinsam arbeiten. Deswegen finde ich es gut, dass wir im Finanzausschuss noch einmal darüber reden können. - Vielen Dank.