Protokoll der Sitzung vom 17.09.2004

(Zustimmung bei der PDS und von Herrn Rothe, SPD)

Das zum Ersten. Deshalb meine Frage: Aus welchen Gründen haben Sie im Rahmen der damaligen Haushaltsberatung, als es um die Entstehung des Landesverwaltungsamtes ging, nicht zumindest den Finanzausschuss darauf hingewiesen, dass Sie eine solche Regelung schaffen werden und welchen Zeitraum eine solche Regelung haben wird? Sie können doch zum damaligen Zeitpunkt nicht im Ernst angenommen haben, dass sich die Abgeordneten eine solche Regelung vorstellen können, da Sie, wie ich schon ausgeführt habe, auch von anderer Seite als gesetzeswidrig angesehen wird. Das würde mich tatsächlich interessieren.

In diesem Zusammenhang würde mich auch interessieren, aus welchen Gründen Sie für eine solche Regelung einen Zeitraum von zwei Jahren vorsehen und Sie der Meinung sind, dass es zwei Jahren bedarf, entsprechende Vorstellungen bezüglich eines Umzugs oder auch Nichtumzugs bei den Bediensteten zu erreichen.

Die zweite Frage bezieht sich auf den ersten Komplex, auf die Personalkosten. Sie haben schon gestern und heute noch einmal sehr überzeugend dargestellt, dass man - diesbezüglich stimme ich Ihnen durchaus zu - die Personalkosten, wie gefordert, in den Griff bekommen muss, weil sich, wenn das nicht passiert, das Schicksal des Landes an den Personalkosten entscheiden wird - so Ihre Aussage.

Frau Dr. Paschke hat in ihrem Beitrag deutlich darauf hingewiesen, dass Sie erst in letzter Zeit 2 500 Lehrer verbeamtet haben und dass nach entsprechenden Aussagen im Zusammenhang mit den Zielvereinbarungen mit der MLU vorgesehen ist, dort weitere Verbeamtungen vorzunehmen.

Sie wissen doch genau wie wir nicht erst seit gestern oder heute, dass die Pensionsrückstellungen und die Vorsorgeaufwendungen, die für die Beamten erbracht werden müssen, in den nächsten Jahren explizit ansteigen und Formen annehmen werden, die genau an den Stellen möglicherweise das Schicksal des Landes entscheiden.

(Herr Gürth, CDU: Wollen Sie jetzt einen zweiten Redebeitrag abgeben? - Zuruf von der CDU: Fra- ge! - Unruhe bei der CDU)

Wie erklären Sie, dass Sie auf der einen Seite sparen wollen und

(Unruhe bei der CDU)

auf der anderen Seite durch Verbeamtungen Tatsachen schaffen, durch die die Absicht zu sparen völlig konterkariert wird?

(Zustimmung bei der PDS)

Zunächst zu dem zweiten Punkt. Dazu kann ich nur sagen: Die Verbeamtung von Lehrern durch die Landesregierung ist nicht primär aus fiskalischen Gründen vorgenommen worden. Bei allem Respekt: Auch mir ist vollkommen klar - wir haben darüber auch im Finanzausschuss bei anderer Gelegenheit schon oft genug disku

tiert -, dass es auf längere Sicht keine Einsparung mit sich bringt, Lehrer oder sonstige öffentliche Bedienstete zu verbeamten. Es ist völlig klar, dass zu einem späteren Zeitpunkt Pensionen anfallen und dass dafür in irgendeiner Weise Vorsorge getroffen werden muss.

Also die Verbeamtungen, die erfolgten, sind nicht aus fiskalischen Gründen erfolgt. Insofern geht Ihre Frage an dieser Stelle ins Leere. Ich sehe an dieser Stelle keinen Grund, gewissermaßen auf längere Sicht fiskalische Argumente nachzuweisen; denn ich habe Sie nie postuliert.

Erlauben Sie mir, zum ersten Punkt zu sagen, dass eine Gesetzeswidrigkeit in keiner Weise festgestellt worden ist. Wenn sich der Rechnungshof und der GBD äußern, dann ist das etwas anderes, als wenn - ich bin kein Jurist - gerichtsfest gesichert ist, dass es sich um eine Rechtswidrigkeit handelt. Hier haben bestimmte Leute ihre Meinung gesagt und Position bezogen.

Das heißt aber noch lange nicht, dass wir in der Regierung zum damaligen Zeitpunkt der Überzeugung sein mussten, dass wir die Parlamentarier an dieser Stelle informieren müssten, weil wir eine Regelung einführten, die gesetzwidrig wäre. Das ist eine Argumentation, die ich nicht nachvollziehen kann. Zum damaligen Zeitpunkt gab es überhaupt keinen Grund, in irgendeiner Weise daran zu zweifeln, dass wir hierbei auf gesetzlich sicherem Grund stehen. Insofern gab es auch keinen Bedarf an besonderer Information.

Frau Dr. Paschke, Sie haben jetzt das Wort.

Eine kurze Anmerkung und eine Frage. Die Anmerkung bezieht sich auf Ihren Schnellbrief. Sie haben in dem Schnellbrief die gesetzliche Grundlage angeführt. Der zweite Absatz des Schnellbriefes beginnt mit den Worten: Abweichend von dieser gesetzlichen Grundlage ist entsprechend TOP 2 des Beschlusses der Staatssekretärskonferenz usw. - Es steht also selbst in Ihrem Brief, dass es von der gesetzlichen Grundlage abweicht.

Zu meiner Frage. Würden Sie angesichts der auch von mir geteilten Einschätzung bezüglich der prekären Situation, was den öffentlichen Dienst, die Finanzen des Landes Sachsen-Anhalt und auch der Bundesrepublik betrifft, unserer Forderung, die wir immer wieder erhoben haben, zustimmen, dass es zu einer grundsätzlichen Diskussion über den öffentlichen Dienst, also sozusagen zu einem Leitbild für diesen, kommen muss, in der alle diese Kompetenten angesprochen werden, ohne dass wir versuchen, die Grundsatzlinie dadurch festzulegen, dass wir jedes Jahr im Sinne einer Salamitaktik ein Scheibchen abschneiden?

Frau Dr. Paschke, ich stimme Ihnen in Ihrer Meinung zu, dass wir eine grundlegende Diskussion über das öffentliche Dienstrecht brauchen. - Danke schön.

(Zustimmung von Herrn Kosmehl, FDP - Zuruf von Frau Budde, SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. - Meine Damen und Herren! Wir treten in die Fünfminutendebatte ein. Als erster

Redner erhält für die CDU-Fraktion der Abgeordnete Herr Scharf das Wort. Bitte sehr, Herr Scharf.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Land Sachsen-Anhalt wendet in den nächsten beiden Haushaltsjahren jährlich etwa 2,3 Milliarden € für das Personal - das muss man sich immer wieder vergegenwärtigen - und ungefähr 400 Millionen € jährlich für die Sonderversorgungssysteme der ehemaligen DDR - vor zehn Jahren waren es noch 40 Millionen € - auf. Die Personalausgabenquote liegt bei 24 %, ohne die Ausgliederungen und die Zahlungen im Rahmen von Sonderversorgungssystemen usw. zu berücksichtigen. Das alles sind ziemlich Besorgnis erregende Fakten, die uns in den nächsten Jahren in kaum veränderter Art und Weise begegnen werden.

Die Landesregierung kennt diese Fakten und hat deshalb seit langem ein Handlungskonzept aufgelegt. Sie handelt nicht konzeptionslos. Sie handelt auch in Bezug auf die Bezahlungselemente für Beamte nicht konzeptionslos. Wir haben frühzeitig ein Personalabbaukonzept aufgestellt und wir praktizieren seit Jahren zum Teil recht großzügige Altersteilzeitmodelle und viele andere Formen einer sozialverträglichen Personalbewirtschaftung.

Wir müssen den schmerzhaften Prozess der Anpassung der Personalkosten an die finanziellen Möglichkeiten des Landes Sachsen-Anhalt weiter vollziehen, weil wir immer noch Korrekturen aus den letzten Jahren ausgleichen müssen. An dieser Stelle möchte ich eindeutig sagen, dass sich nach meiner Auffassung die Lage des Haushalts in dem Beratungsgang, in dem wir uns jetzt befinden, gegenüber dem vergangenen Jahr nicht verbessert hat. Ich kann nicht sehen, dass wir neue finanzielle Spielräume gewonnen haben. Wir werden es bei vielen Diskussionen über die Einzeltitel, beim Ringen um die Notwendigkeit von Einzeltiteln noch schmerzhaft erleben, dass wir uns vieles nicht werden leisten können, was in den letzten Jahren noch leistbar war und was eigentlich, wenn es uns besser ginge, weiter geleistet werden sollte.

So gesehen muss man dem Landtag durchaus attestieren, dass er bezüglich der beamtenrechtlichen Sonderzahlungen bei den letzten Haushaltsberatungen nicht besonders konsequent gewesen ist. Wir alle haben gehofft, wir kommen in eine bessere Situation und werden ab 2006 diese Maßnahmen wieder für entbehrlich erachten können. Wir haben es uns im letzten Jahr nicht gewünscht und nicht vorgestellt, dass wir schon ein Jahr später darüber würden sprechen müssen, sogar noch konsequenter von den Beamten finanzielle Beiträge einfordern zu müssen.

Mehr Planbarkeit im Landtag von Sachsen-Anhalt hätte vielleicht Irritationen in der Öffentlichkeit verhindert. Aber der Landtag als Gesetzgeber ist nun einmal so, wie er ist, und wir haben auch nicht weiter blicken können.

Man muss allerdings fairerweise sagen, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst eine faktische Unkündbarkeit haben. Das gilt sowohl für den Tarifbereich als auch für den Besoldungsbereich, für den es per Gesetz festgelegt ist. Das ist heutzutage in dieser unsicheren Lage ein Wert an sich. Es gab viele Situationen, insbesondere in den alten Bundesländern, in denen man im öffentlichen Dienst durchaus benachteiligt war, weil man in der freien Wirtschaft mehr verdie

nen konnte. Wir haben in Sachsen-Anhalt eine inverse Situation, in der der eigentlich benachteiligte öffentliche Dienst der Privilegierte ist. Das ist eine atypische Situation, die uns aber wahrscheinlich noch über einige Jahre begleiten wird.

Die Landesregierung hat mit dem Tarifvertrag über die Absenkung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich betriebsbedingte Kündigungen vermieden. Das ist übrigens nach meiner Auffassung eine große Leistung. Die Vorgängerregierung hat diesbezüglich nur Absichtserklärungen abgegeben. Zu einem Tarifvertrag ist es aber nicht gekommen.

Insofern haben wir in puncto Planbarkeit sowohl für das Land als auch für die Beschäftigten in hohem Maße eine Sicherheit erreichen können.

Wir sind darauf angewiesen, insbesondere wenn es darum geht, die Personalkörper umzubauen, wenn viele Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz wechseln müssen und wenn sich die Entfernungen zwischen Wohnort und Arbeitsplatz zum Teil erheblich vergrößern, auf möglichst viel Akzeptanz bei den Beschäftigten zu stoßen. Da kann ich sehr gut verstehen, dass die Landesregierung die Findungsphase im Rahmen von freiwilligen Leistungen - in Anführungszeichen - etwas verlängert hat, weil auch wir noch nicht ganz genau wissen, ob der jetzige Arbeitsort für die Beschäftigten der endgültige Arbeitsort ist.

Es ist schon ein Stückchen Unehrlichkeit seitens der Opposition, wenn die Landesregierung gewillt ist, hier auf die besonderen Härten der Umsetzungsphase einzugehen, und wenn gerade dieses Eingehen auf die besonderen Härten der Landesregierung seitens der Opposition fiskalisch und rechtlich in erheblichem Maße vorgeworfen wird. Meine Damen und Herren, das ist leider nicht ehrlich.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Freilich hätte ich mir auch gewünscht - ich bin aber kein Jurist -, dass wir von Anfang an den Weg gegangen wären, die gesetzliche Grundlage so sicher zu schaffen, dass wir hinterher nicht eine juristische Diskussion darüber gehabt hätten, ob eine Verordnung ausreicht oder ob wir ein Gesetz brauchen. Jetzt nähen wir doppelt und wir schaffen die notwendige gesetzliche Grundlage. Damit ist, denke ich, an dieser Stelle auch Rechtssicherheit für alle auf Dauer gegeben.

Herr Scharf, sind Sie bereit, eine Zwischenfrage der Abgeordneten Frau Dr. Weiher zu beantworten?

Ich habe noch zwei Sätze. Dann beantworte ich sie.

(Frau Dr. Weiher, PDS: Gestern habe ich Ihre Zwischenfrage auch zwischendurch beantwortet!)

- Das ist ein Wort. Dann antworte ich gleich.

Bitte sehr, Frau Dr. Weiher:

Herr Scharf, Sie haben eben über die unehrliche Position gesprochen. Ist es nicht auch eine unehrliche Posi

tion, dass die Landesregierung eine außergesetzliche Regelung schaffen möchte und den Gesetzgeber nicht darüber informiert?

Frau Dr. Weiher, es ist so - das wissen Sie auch -, dass der Haushaltsplan des Landes Ausgabeermächtigungen und Ausgabeverpflichtungen beinhaltet. So gesehen hat die Landesregierung, solange sie die Haushaltsordnung einhält, durchaus einen Spielraum, die Gelder innerhalb der Titel so oder so auszugeben.

Wir wissen alle - das ist uns als Abgeordnete immer wieder begegnet -, dass wir nicht ganz genau im Klaren darüber sind, welche Ausgaben sich hinter den einzelnen Titeln verbergen. Wir haben es selbst nach wochenlangem Beraten im Finanzausschuss immer wieder erlebt, dass wir doch nicht jeden Stein so umgedreht haben, dass jedem Abgeordneten bis zum letzten Euro klar gewesen ist, was damit passiert.

Ich möchte sagen: Die Mittel werden nicht falsch verausgabt. Ich kann keinen haushaltsrechtlichen Verstoß erkennen.

(Frau Dr. Weiher, PDS: Es ist doch eine außer- gesetzliche Regelung! Das steht doch in dem Schnellbrief drin!)

- Ich kann haushaltsrechtlich keinen Verstoß erkennen. Aber selbst wenn dem so ist und Sie meinen, dort liegt ein Verstoß vor, stimmen Sie mir doch wahrscheinlich darin zu, dass wir mit der neuen gesetzlichen Grundlage zumindest für die Zukunft für alle eine saubere rechtliche Grundlage schaffen werden.

(Frau Dr. Weiher, PDS: Was ist mit der Vergan- genheit?)

- Das wird der Landesrechnungshof vielleicht noch weiter aufarbeiten. Dass aber der Landesrechnungshof, der GBD und die Landesregierung unterschiedliche Auffassungen haben, haben wir gerade gehört. Ich vermute, das Thema wird im Finanzausschuss noch weiter vertieft werden.

Herr Präsident, damit bin ich eigentlich schon am Ende meiner Rede. Ich möchte nur noch einen Satz von gestern wiederholen. Ich kann es mir zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorstellen, dass wir aus dem Stand in der Lage sind, 27 Millionen € zusätzlich aus diesem Haushalt zu erwirtschaften. Ich denke, wer dieses jetzt zur ersten Lesung schon als sein Ziel proklamiert, der kennt die Enge des Haushaltes nicht. Wenn wir bei der zweiten Lesung noch „Luft“ haben, dann, denke ich, werden wir uns über die eine oder andere Frage noch unterhalten können. Ich sehe diese Luft jetzt nicht. Ich denke, das ist auch ein Gebot der Ehrlichkeit.