Protokoll der Sitzung vom 14.09.2007

(Zustimmung von Herrn Graner, SPD)

Welche kostendämpfenden Wirkungen maßvolle Selbstbeschränkungen auf diesem Gebiet haben können, hat uns der 15. KEF-Bericht aus dem vergangenen Jahr offenkundig gezeigt. In diesem Zwischenbericht zur Halbzeit der Gebührenperiode haben ARD, ZDF und Deutschlandradio trotz der Reduzierung des Gebührenanstiegs von 1,09 € auf 88 Cent angekündigt, dass sie am Ende der Gebührenperiode ein ausgeglichenes Ergebnis erzielen werden. Mindereinnahmen von 440 Millionen € können so ohne Gefährdung des Programmauftrags kompensiert werden - meines Erachtens ein Beleg für ein erhebliches Einsparpotenzial zugunsten der Gebührenzahler.

Meine Damen und Herren! Es geht um die Akzeptanz der Rundfunkgebühr bei einem öffentlich-rechtlichen Rundfunkangebot, das Meinungsvielfalt, Sorgfalt und Qualität widerspiegelt, insbesondere seiner kulturellen Verantwortung gerecht wird, und zum anderen um ein Rundfunkgebührenmodell, das die Kosten gerechter verteilt. Die CDU begrüßt insoweit die Bemühungen der Länder, hierfür eine alternative Lösung anzubieten, die zu Beginn der neuen Rundfunkgebührenperiode ab 1. Januar 2009 Anwendung finden sollte.

Die CDU will einen leistungsfähigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu einem angemessenen Preis. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts sollte deshalb keine Einladung an die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sein - meine Vorredner gingen darauf ein -, ihre Gebührenvorstellungen für die nächste Gebührenperiode zu überziehen. Auch einer Ausgleichszahlung für die Mindereinnahmen der Gebührenperiode stehen wir skeptisch gegenüber, denn wir sind als Gesetzgeber verpflichtet, die monatliche Rundfunkgebührenbelastung unserer Bürger auf einem erträglichen Niveau zu halten. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Danke sehr, Herr Borgwardt. - Damit ist die Debatte zum Tagesordnungspunkt 3 beendet. Beschlüsse in der Sache werden nicht gefasst.

Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 12 auf:

Erste Beratung

Entwurf eines Gesetzes des Landes Sachsen-Anhalt zur Ausführung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes (SchKG-AG LSA)

Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 5/850

Einbringerin ist die Ministerin für Gesundheit und Soziales Frau Dr. Kuppe. Sie haben das Wort. - Ich bitte Sie aber vorher, die Lautstärke im Saal etwas herunterzufahren.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Herren und Damen Abgeordneten! In Sachsen-Anhalt existieren derzeit 47 Schwangerschafts- und Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen. Träger der Beratungsstellen sind in der Regel die Verbände der freien Wohlfahrtspflege, aber auch Pro Familia und kleinere Vereine, wie das IRIS

Regenbogenzentrum e. V. in Halle und die Arbeits- und Bildungsinitiative e. V. in Sangerhausen.

Wir verfügen in Sachsen-Anhalt über ein flächendeckendes Netz an Beratungsstellen. Das Beratungsangebot erstreckt sich auf die Beratung zu allen eine Schwangerschaft unmittelbar oder mittelbar berührenden Fragen, auf Fragen der Sexualaufklärung, der Verhütung, der Familienplanung wie auf die Beratung im Schwangerschaftskonflikt.

Die Schwangerschaftskonfliktberatung stellt besondere Anforderungen an die Qualität der Beratung und bedarf daher der staatlichen Anerkennung. Diese anspruchsvolle und umfassende psychosoziale Beratung dient dazu, den persönlichen Entscheidungsspielraum im Ambivalenzkonflikt der Frau zu erweitern und ihre Fähigkeit zu stärken, die Folgen ihrer Entscheidung tragen zu können.

Im Jahr 2006 wurden neben vielen anderen Beratungen und Gruppenveranstaltungen 6 528 Konfliktberatungsgespräche geführt. Die meisten ratsuchenden schwangeren Frauen waren im Alter von 20 Jahren bis unter 40 Jahre.

Bislang erfolgt die Förderung der Beratungsstellen im Land Sachsen-Anhalt auf der Grundlage der Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Schwangerschaftsberatungsstellen des Ministeriums für Gesundheit und Soziales vom 24. September 2003.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf stellt die Förderung der Schwangerschaftsberatung nach den §§ 3 und 8 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes des Bundes auf eine gesetzliche Grundlage im Land Sachsen-Anhalt. Die Notwendigkeit dafür ergibt sich aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Juli 2004, das klar die Schaffung von entsprechenden gesetzlichen Grundlagen vorgibt.

Darüber hinaus legt das Bundesverwaltungsgericht einen Rechtsanspruch auf Übernahme von mindestens 80 % der notwendigen Personal- und Sachkosten durch den Staat fest. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Entscheidung getroffen; das Land Sachsen-Anhalt setzt mit seinem Ausführungsgesetz diese Vorgabe um.

Insoweit regelt § 5 Abs. 2 des Gesetzentwurfs die Förderung der notwendigen Personal- und Sachkosten in Höhe von mindestens 80 %. Das heißt, die bisherige Förderhöhe wird im Wesentlichen beibehalten, sie wird lediglich nach einem anderen Verfahren berechnet. Das Nähere zum Förder-, Anerkennungs- und Auswahlverfahren soll eine Verordnung des Ministeriums für Gesundheit und Soziales regeln.

Entsprechend der bundesgesetzlichen Vorgabe wird in dem vorliegenden Gesetzentwurf festgeschrieben, dass ein ausreichendes Angebot an Beratungsstellen vorzuhalten ist, und zwar wohnortnah und plural.

Für 40 000 Einwohnerinnen und Einwohner muss eine vollzeitbeschäftigte Beratungsfachkraft oder eine entsprechende Anzahl an Teilzeitbeschäftigten zur Verfügung stehen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat auch entschieden, dass die Länder aufgrund des Bundesrechts nicht zur Förderung eines zahlenmäßig überschießenden Angebotes an Beratungskräften, das heißt eines den im Bundesgesetz festgelegten Beratungsschlüssel übersteigenden Angebotes, verpflichtet seien. Der Gesetzentwurf

schafft die notwendigen rechtlichen Voraussetzungen, um den Bestand an Beratungskräften den tatsächlichen Gegebenheiten aufgrund der demografischen Entwicklung im Land anzupassen.

Das Land Sachsen-Anhalt verliert nach der vierten regionalisierten Bevölkerungsprognose bis zum Jahr 2025 rund eine halbe Million Einwohnerinnen und Einwohner. Die Zahl der potenziellen Hauptnutzerinnen der Beratungsstellen, Frauen im gebärfähigen Alter zwischen 15 Jahren und 45 Jahren, wird dieser Prognose zufolge in den Jahren von 2005 bis 2025 von 465 000 Personen auf 275 000 Personen schrumpfen. Prozentual nimmt der Anteil der Bevölkerungsgruppe der Frauen zwischen 15 und 45 Jahren an der Gesamtbevölkerung sogar noch deutlich stärker ab. Das sind die Hauptgründe für die Festlegung von Auswahlkriterien, um dennoch ein flächendeckendes, ein wohnortnahes und ein plurales Beratungsangebot sicherzustellen.

Die demografische Entwicklung und der Sicherstellungsauftrag nach § 1 des Gesetzes waren zugleich Anlass dafür, einen Sicherstellungsplan für das Beratungsnetz aufzustellen und zumindest im Abstand von drei Jahren unter Beteiligung der Liga der Freien Wohlfahrtspflege fortzuschreiben.

Im Vorfeld der Landtagsbefassung wurden die Liga der Freien Wohlfahrtspflege im Land Sachsen-Anhalt, die Landesarbeitsgemeinschaft der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten unseres Landes und die kommunalen Spitzenverbände angehört. In ihren Stellungnahmen begrüßten sie einhellig, dass durch ein Ausführungsgesetz ein verlässlicher Rahmen vorgegeben werde, der den Trägern von Beratungsstellen zukünftig mehr Planungssicherheit bietet.

Gleichzeitig wurde die Besorgnis ausgedrückt, dass mit der Umsetzung des Gesetzentwurfes Einschnitte in der psychosozialen Versorgung von Frauen und Familien einhergehen könnten. Der Grund für die Besorgnis ist die Anpassung der Zahl der geförderten Beratungsfachkräfte an den Beraterschlüssel von 1 : 40 000.

Darüber hinaus forderten die Verbände die Beibehaltung der Höhe des derzeitigen Festbetrages, der einen Anteil von ca. 90 % der Gesamtkosten der Beratungsstellen und mehr deckt. Die Verbände sehen es nicht so, dass sie 20 % der Gesamtkosten selbst erwirtschaften können. Hierzu habe ich bereits dargestellt, dass diese Bedenken mit der Formulierung „von mindestens 80 % der notwendigen Personal- und Sachkosten, die das Land trägt“ ausgeräumt sind.

Ebenfalls kritisiert wurde die in dem Gesetzentwurf vorgesehene Spitzabrechnung der notwendigen Personal- und Sachkosten wegen des damit verbundenen höheren Verwaltungsaufwandes. Diesbezüglich macht aber das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts eindeutige Vorgaben, indem es eine Förderpflicht bezüglich der notwendigen Kosten vorschreibt.

Die Förderung der notwendigen Personal- und Sachkosten erfordert jedoch - hierzu sage ich: leider - die Abkehr von der derzeitigen pauschalierten Förderung mit einem Festbetrag für Personal- und Sachausgaben, da sich notwendige Kosten immer auf den Einzelfall beziehen und eine Pauschale nicht regelhaft dem tatsächlich notwendigen Aufwand entspricht, sondern immer nach unten oder nach oben von den tatsächlichen Ausgaben abweichen kann.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Einen kleinen Teil der bereits geführten Diskussion habe ich Ihnen dargestellt. Wir werden sicherlich im Rahmen der Ausschussberatung die Möglichkeit haben, unsere Argumente weiter auszutauschen. Einen kleinen Vorgeschmack hat schon das Fachgespräch in der vergangenen Woche gegeben. Ich bitte Sie, den Gesetzentwurf an die Ausschüsse zu überweisen; mit der Federführung ist der Ausschuss für Soziales zu betrauen. - Danke.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Danke sehr für die Einbringung, Frau Ministerin. - Es ist eine Debatte mit fünf Minuten Redezeit je Fraktion vereinbart worden. Bevor als erste Debattenrednerin für die FDP Frau Dr. Hüskens spricht, begrüßen wir Schülerinnen und Schüler der Sekundarschule „Maxim Gorki“ in Schönebeck bei uns. Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Frau Dr. Hüskens, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die FDPFraktion hält den vorliegenden Gesetzentwurf grundsätzlich für sinnvoll. Meine derzeitige Einschätzung ist, dass dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in angemessener Art und Weise Rechnung getragen wird.

Wir haben für die Ausschussberatung allerdings zwei Punkte, über die wir gern diskutieren würden. Es ist tatsächlich so, dass im Rahmen des Fachgespräches schon der eine oder andere Hinweis gekommen ist. Mir ist aufgefallen, dass dem Ministerium mit der Formulierung unter § 2 - wenn wir das im Landtag so beschließen würden - eine sehr große Handlungsspanne gegeben würde. Wenn man ehrlich ist, kann man sagen: Die Formulierung, dass Erreichbarkeit - -

(Zuruf von Herrn Felke, SPD)

- Ja, Herr Felke, das Interesse hier im Saal geht wahrscheinlich auch aufgrund des Umstandes, dass hier mehr Männer als Frauen sind und dass unser Durchschnittsalter über dem für eine Schwangerschaftskonfliktberatung liegt, wohl doch ein wenig zurück.

(Heiterkeit - Herr Bischoff, SPD: Hört, hört! - Frau Bull, DIE LINKE: Beim Alter hier im Saal gibt es einen Abfall von rechts nach links! - Herr Dr. Thiel, DIE LINKE: Seien Sie vorsichtig!)

Wir haben in § 2 die Formulierung „die Erreichbarkeit mit dem öffentlichen Personennahverkehr“ - das passt hier ganz gut - „im Rahmen eines Tages“. Ich meine, wir haben zwar oft auch schon über den öffentlichen Personennahverkehr im Land diskutiert, aber es ist schon so, dass man innerhalb eines Tages die meisten Orte im Land erreichen kann.

Das heißt, es besteht auf der einen Seite die Möglichkeit zu sagen: Ein Angebot in Halle oder Magdeburg würde auch reichen. Man hat aber auch die Spannbreite, quasi in jeder Kreisstadt oder in allen Mittelzentren ein entsprechendes Angebot vorzuhalten. Diesbezüglich bin ich mir rechtlich einfach nicht ganz sicher, ob wir so verfahren können oder ob wir als Gesetzgeber nicht einen engeren Rahmen stecken müssen. Ich denke, das können wir auch mit dem Gesetzgebungs- und Beratungsdienst im Zuge der Ausschussberatung klären.

Auf der anderen Seite - ich denke, das wird auch die Diskussion im Ausschuss prägen - stellt sich die Frage, ob wir tatsächlich einen Kostenanteil in Höhe von etwa 20 % beim Träger fixieren können.

Ich glaube, wir alle haben inzwischen genügend Erfahrung mit Förderprogrammen, um zu wissen, dass es dann, wenn darin „Kostenübernahme von mindestens 80 %“ steht, in der Mehrzahl der Fälle auch diese 80 % sein werden. Ich möchte aber auch darauf hinweisen, dass das Urteil, das hier gefällt worden ist, auf der Basis einer Klage eines katholischen Trägers erlassen worden ist, der auf mindestens 50 % geklagt hatte, weil er eben auch keine Scheine ausgestellt hat. Er hat eine Schwangerschaftskonfliktberatung gemacht und das Gericht hat gesagt hat: mindestens 80 %.

Ich sehe darin noch eine Schwierigkeit, über die wir reden müssen. Wir haben als Ausschuss auch schon einmal darum gebeten, uns so eine Art Vollkostenrechnung darüber zu machen, was an Landesmitteln für die Verbände in diesem Bereich zur Verfügung gestellt wird. Ich denke, dass wir das brauchen, um wirklich abschätzen zu können, ob wir mit diesem Gesetzentwurf eine unzumutbare Härte für die entsprechenden Träger produzieren oder ob das Ganze realistisch ist.

Wir müssen natürlich auch sehen, dass wir noch Träger finden, die dieses Angebot vorhalten. Das mag bei der Kirche aufgrund ihrer weltanschaulichen Sicht ein bisschen leichter möglich sein als bei kleineren Trägern; Frau Kuppe hat den einen oder anderen vorhin genannt. Ich habe ein bisschen Sorge, dass diese Träger, wenn wir so herangehen, die Finanzierung nicht mehr sicherstellen können. Wir müssen im Ausschuss darüber diskutieren und das noch einmal sehr dezidiert prüfen, bevor wir das Gesetz beschließen.

Der Punkt Pluralität ist eben auch sehr wichtig. Wir wollen, dass eine ganze Reihe von weltanschaulichen Angeboten in diesem Bereich gemacht wird. Wir müssen dann aber auch sicherstellen, dass nicht nur die großen Träger die entsprechenden Angebote machen können.

Zusammengefasst: Wir unterstützen die Ausschussüberweisung. Ich bin mir sicher, dass wir die offenen Punkte im Rahmen der Ausschussdebatte konstruktiv erledigen können. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung von Herrn Steinecke, CDU)

Danke sehr, Frau Dr. Hüskens. - Für die CDU-Fraktion spricht die Abgeordnete Frau Brakebusch.