Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hiermit eröffne ich die 35. Sitzung des Landtages von SachsenAnhalt der fünften Wahlperiode. Dazu möchte ich Sie und alle Anwesenden ganz herzlich begrüßen.
Ich komme zu Entschuldigungen von Mitgliedern der Landesregierung. Für die 19. Sitzungsperiode des Landtages liegen Entschuldigungen der Landesregierung vor.
Ministerin Frau Professor Kolb hat sich für die Sitzung des Landtages am Freitag ganztägig entschuldigt. Sie wird an einer Konferenz in Pisa teilnehmen.
- Meine Damen und Herren, bitte senken Sie den Schallpegel ein bisschen, sonst verstehen Sie nicht, was ich Ihnen sagen will.
Herr Minister Dr. Daehre nimmt am heutigen 28. Februar ab 16 Uhr an einer Mitgliederversammlung des Baugewerbeverbandes in Magdeburg teil. Er wird um 16 Uhr die Sitzung verlassen und am Freitag ab 11 Uhr die Landesbauausstellung in Magdeburg eröffnen.
Minister Dr. Haseloff bittet seine Abwesenheit am heutigen Sitzungstag ab 12.30 Uhr zu entschuldigen. In Berlin findet ein Treffen der Arbeitsminister der Länder statt. - Das sind die Entschuldigungen von Mitgliedern der Landesregierung.
Ich komme zur Tagesordnung, meine Damen und Herren. Die Tagesordnung für die 19. Sitzungsperiode des Landtages liegt Ihnen vor. - Es gibt eine Wortmeldung. Herr Franke, bitte.
Die FDP-Fraktion zieht den Antrag „’Freiwilliges Soziales Jahr Politik’ sinnvoll gestalten“ - das betrifft den Tagesordnungspunkt 16 - zurück.
Bevor ich zur Tagesordnung gekommen bin, haben Sie mir schon fast die Arbeit abgenommen. Das ist gut so.
Ich komme jetzt zur Tagesordnung. Meine Damen und Herren! Im Ältestenrat ist vereinbart worden, die Tagesordnungspunkte 10 und 12 als erste Tagesordnungspunkte am Freitag zu behandeln.
Die Fraktion DIE LINKE hat fristgemäß eine Aktuelle Debatte beantragt. Die Drs. 5/1139 liegt Ihnen vor. Gemäß der Vereinbarung im Ältestenrat werden wir den Tagesordnungspunkt 18 heute als ersten Tagesordnungspunkt behandeln. Ich sehe, dass dazu eine große Aufmerksamkeit herrscht.
Zum Tagesordnungspunkt 8 liegt Ihnen eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht und Verfassung betreffend die Stellungnahme zu einem Verfahren vor dem Landesverfassungsgericht vor. Der Ausschuss für Recht und Verfassung beantragt die Behandlung von drei weiteren Beschlussempfehlungen, die Ihnen in den Drs. 5/1141 bis 5/1143 vorliegen. Der Ausschuss hat
diese Beschlussempfehlungen erst in der gestrigen Sitzung beraten. Ich schlage vor, die Drucksachen als Tagesordnungspunkte 8 b bis 8 d zu behandeln.
Dann liegt der Wunsch vor - Herr Franke hat das schon beantragt -, den Tagesordnungspunkt 16 - „Freiwilliges Soziales Jahr Politik“ sinnvoll gestalten - zurückzuziehen.
Es gibt einen weiteren Antrag. Herr Dr. Thiel hat mich wissen lassen, dass die Fraktion DIE LINKE darum bittet, den Tagesordnungspunkt 13 - Drs. 5/1131 - von der heutigen Tagesordnung zu nehmen und auf die Tagesordnung der nächsten Sitzungsperiode im April zu verschieben.
Herr Präsident, wir haben als CDU-Fraktion die Frage, warum wir den Tagesordnungspunkt 13 heute nicht behandeln können. Wir haben uns alle darauf vorbereitet und haben diesmal eine Landtagssitzung, bei der am Freitag noch viel Zeit vorhanden ist. Können wir den Grund erfahren, warum wir Tagesordnungspunkt 13 heute nicht behandeln sollen?
Dann würde ich Herrn Dr. Thiel oder Frau Dr. Paschke das Wort geben. Bitte schön, dann sagen Sie das. - Es ist ja schön, wenn Sie sich ordentlich vorbereitet haben, das ist sehr gut so.
Der Grund liegt nicht darin, dass wir heute viel Zeit haben oder nicht viel Zeit haben, sondern es ist bei der Beantragung bei Punkt 2 des Antrages ein Fehler unterlaufen. Mann muss der Landesregierung diese Chance der Unterrichtung geben, die im Dezember 2007 vom Landtag beschlossen worden ist. Bei der Vorbereitung dieses Antrages habe ich diese Unterrichtungspflicht nicht berücksichtigt. Ich bitte, das zu entschuldigen.
Herr Präsident, wir möchten als Fraktion zum Tagesordnungspunkt 9 - Erledigte Petitionen - Redebedarf anmelden.
Weitere Änderungen zur Tagesordnung liegen mir nicht vor. Ich sehe auch im Saal keine Wortmeldungen. Ich bitte über die so geänderte Tagesordnung abzustimmen. Wer seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Zustimmung bei allen Fraktionen. Damit ist die Geschäftsgrundlage des heutigen und des morgigen Tages gegeben. Die Tagesordnung ist so beschlossen.
Zum zeitlichen Ablauf. Wir haben Spielraum; aber, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, das sollte uns nicht dazu verleiten, uns nicht an die vereinbarten Zeiten zu halten. Bei dem Tagesordnungspunkt, der jetzt folgt, werde ich das natürlich so handhaben, wie sich das gehört. Dafür bitte ich um Verständnis.
Die heutige Sitzung wird gegen 18 Uhr, vielleicht auch ein bisschen eher beendet sein. Wir müssen sehen, ob wir vielleicht etwas von morgen auf die heutige Tagesordnung nehmen. Das wird der Ablauf zeigen. Ab 19 Uhr findet die parlamentarische Begegnung statt. Die T-Systems Enterprise Services GmbH will mit uns im Hotel Maritim eine parlamentarische Begegnung durchführen. Ich bitte darum, dass wir rege davon Gebrauch machen.
Dann begrüße ich Gäste. Ich darf Gäste der Landeszentrale für politische Bildung auf der Südtribüne begrüßen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, herzlich willkommen zur heutigen Sitzung!
Einschätzung des Ministerpräsidenten Professor Dr. Böhmer zum Zusammenhang zwischen Kindstötungen in den neuen Bundesländern und den gesetzlichen Regelungen von Schwangerschaftsabbrüchen in der DDR nach 1972
Im Ältestenrat ist für die Aktuelle Debatte eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion vereinbart worden. Ich habe angedeutet, dass wir das entsprechend steuern werden. Aber wir sollten uns zumindest in etwa an die Zeiten halten.
Die Rednerreihenfolge wird sein: DIE LINKE, SPD, FDP, CDU. Es ist mir signalisiert worden, dass nach der Einbringung durch den Abgeordneten Herrn Gallert Herr Professor Böhmer das Wort nehmen will. Anschließend gehen wir der genannten Reihenfolge nach vor.
Meine Damen und Herren! Das ist genug der Vorrede. Ich darf jetzt die Einbringung durch die Fraktion DIE LINKE aufrufen. Der Fraktionsvorsitzende Herr Gallert hat das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste! Meine Fraktion hat diese Aktuelle Debatte beantragt, weil die Diskussion zu diesem Thema auf der heutigen Landtagssitzung unabdingbar ist. Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass ihr Verlauf und ihr Ergebnis viele Menschen in diesem Land Sachsen-Anhalt mehr bewegen wird, als vieles, was wir sonst hier tun. Das ist verständlich und nachvollziehbar, weil die Frage nach den gesellschaftlichen Ursachen von Kindstötungen eine der sensibelsten überhaupt ist, zumal dann, wenn sie mit den Biografien verbunden wird, die die Menschen in diesem Land haben.
Bevor wir jedoch in die Bewertung einsteigen, ist es noch einmal wichtig festzuhalten, worüber wir hier reden. Wir reden über zwei autorisierte Interviews, eine Kurz- und eine Langfassung, von Professor Böhmer, in denen unter anderem Folgendes zu lesen ist. Die Frage lautet:
„Immer neue Kindstötungen in den neuen Ländern, zuletzt drei Fälle innerhalb einer Woche in Brandenburg, schrecken die Öffentlichkeit auf. Der Kriminologe Pfeiffer behauptet, die Wahrscheinlichkeit eines Babys, umgebracht zu werden, ist in den neuen Ländern drei- bis viermal so hoch wie im Westen. Warum?“
„Ich erkläre mir das vor allem mit einer leichtfertigeren Einstellung zum werdenden Leben in den neuen Ländern. In der DDR wurde 1972 der Schwangerschaftsabbruch bis zur zwölften Woche freigegeben. Die Frauen entschieden, ohne sich auch nur einmal erklären zu müssen. Das wirkt bis heute nach. Es kommt mir so vor, als ob Kindstötungen von Neugeborenen, die es allerdings schon immer gab, für manche ein Mittel der Familienplanung seien.“
Als diese Aussage von Herrn Böhmer am Sonntag und am Montag bekannt wurde, waren die Reaktionen eindeutig: Nicht nur Frauen, die in der DDR gelebt haben, fühlten sich durch diese Aussage völlig zu Recht angegriffen und reagierten entsprechend; zumindest zu diesem Zeitpunkt taten das in gleicher Art und Weise auch die Politiker.
In dieser Phase gab dann der CDU-Fraktionsvorsitzende Herr Scharf eine Meldung heraus, in der die Auffassung enthalten war, dass man sich nicht auf die von den bösen Medien verbreitete Fassung beziehen sollte, sondern das ausführliche und längere Interview des Herrn Böhmer zur Grundlage nehmen sollte. In diesem antwortete Herr Böhmer auf die gleiche Frage wie folgt:
„Zunächst: Aus einer statistischen Aneinanderreihung folgt noch keine Kausalität. Dennoch ist die Häufung nicht zu leugnen. Ich erkläre sie vor allem mit einer leichtfertigeren Einstellung zum werdenden Leben in den neuen Ländern. In der DDR wurde 1972 der Schwangerschaftsabbruch bis zur zwölften Woche freigegeben. Die Frauen entschieden ganz allein. Manche kamen grinsend zu uns ins Krankenhaus und sagten nur: ‚Wegmachen!’, weil sie einen Platz für einen Urlaub an der Schwarzmeerküste hatten. Eine solche Einstellung zum Leben wirkt bis heute nach. Es kommt mir so vor, als ob Kindstötungen, die es allerdings schon immer gab, ein Mittel der Familienplanung seien.“
Jawohl, Herr Scharf, Sie hatten Recht. Auch ich hätte besser auf die Langfassung warten sollen, bevor ich meine erste Bewertung abgegeben habe. Denn nach dieser Fassung des Interviews musste ich mich in den eigenen Reihen schon rechtfertigen, nicht deutlich genug geworden zu sein.
Nun ist zu lesen und zu hören, dass alle auf eine Erklärung bzw. eine Klarstellung dieses Interviews von Herrn Böhmer am heutigen Tag warten. Herr Böhmer, ich sage Ihnen mit aller Deutlichkeit: Wir tun das nicht. Aus unse
rer Sicht waren Sie in diesem Interview absolut klar und verständlich und die Antworten sind auch nicht so kompliziert, als dass sie noch einmal erklärt werden müssten.