Ich wollte es eigentlich unterlassen. Aber ich habe mich natürlich in Vorbereitung des Redebeitrages auch einmal umgeguckt, was der Vertreter Ihrer Partei in der vierten Wahlperiode zu der Einbringung des Gesetzentwurfes der Fraktion der Linkspartei.PDS gesagt hat. Da gibt es dann so markige Sprüche: Das Bessere ist der Feind
Gegen das Anliegen hat in diesem Hause niemand etwas. Das würde ich auch in der Rede von Herrn Brachmann unterstützen. Wir haben auch nie gesagt, dass wir das als eine schlechte Idee empfinden. Wir empfinden es als eine ausgesprochen gute Idee. Wir haben damals unter demselben Gesichtspunkt - das hat auch nichts damit zu tun, ob wir jetzt eine andere Koalition haben -, dass wir eben keine finanzielle Deckung gefunden haben, die ausreichend ist, das Vorhaben abgelehnt. Das wissen Sie doch auch. Es gab doch keine prinzipiellen politischen Unterschiede. Deswegen bitte ich darum, das auch so zu sehen. - Danke.
Vielleicht passt es auch noch dazu. Herr Kosmehl, zu den Fragen der Finanzierbarkeit. Ohne die finanzielle Lage des Landes zu verkennen, meine ich, dass es eigentlich gar nicht so kompliziert sein dürfte. Aber auf der einen Seite setzt der Finanzminister dank der Arbeit der Justizministerin auf Einzelplan 11 Titel 111 210 - Bußgeld, Geldstrafen, Gerichtskosten und was da alles ist -, also auf eine wachsende Zahl von - entschuldigen Sie bitte - Gesetzesverstößen.
Bei diesem Titel ist wie in den letzten Jahren - ich habe mich kurzfristig noch einmal informiert - auch in diesem Jahr wieder mit wachsenden Einnahmen zu rechnen. Wenn man also davon ausgeht, dass zunehmend mehr Täter da sind, könnte man doch diese Mittel nutzen, um auch den Opfern entgegenzukommen. Das heißt, die Finanzierung dürfte gar nicht so kompliziert sein, wie es die CDU hier immer darstellt.
Herr Kollege Krause, ganz so einfach ist es nicht. Aber einen Aspekt kann man, wenn eine öffentlich-rechtliche Opferschutzstiftung Sachsen-Anhalt bestehen würde, natürlich nicht außer Acht lassen, nämlich dass sich der Richter bei Auflagen nicht nur an gemeinnützige Vereine, sondern auch an diese Stiftung wenden könnte. Das liegt aber in seinem Ermessen. Ich halte es nicht für sinnvoll, an dieser Stelle vom Haushaltsgesetzgeber festgelegt schon Mittel zu reservieren. Aber wenn wir eine Stiftung hätten, würde dem erkennenden Gericht eine weitere Möglichkeit zur Verfügung stehen.
Herr Kosmehl, wenn Sie noch mitmachen, dann würde ich noch eine Frage von Herrn Dr. Brachmann zulassen. Danach möchte ich den Antrag zur Abstimmung stellen. - Herr Dr. Brachmann, bitte.
Herr Kosmehl, Sie haben sowohl bei der Einbringung als auch jetzt noch einmal darauf abgestellt, dass eine Stiftung schon deshalb Sinn macht, weil es möglich wird, auch privates Kapital zu akquirieren. Dem Gedanken kann ich durchaus nahe treten. Ich frage Sie nur: Haben Sie auch Erkenntnisse darüber - Sie haben mehrere Beispiele aufgeführt -, ob es in anderen Ländern funktioniert hat, auf diese Art und Weise privates Kapital zu binden? - Wenn wir nämlich dann auf dieser Stiftung sitzen bleiben, alle nur erwarten, dass das Land einzahlt, und nicht damit zu rechnen ist, dass von privater Seite noch etwas dazukommt, dann geben wir den Leuten mehr Steine als Brot.
Sehr verehrter Kollege Herr Dr. Brachmann, ich denke, ich bin nicht so blauäugig zu sagen: Wenn wir eine Stiftung haben, dann wird das private Kapital sprudeln wie noch nie. Dazu bedarf es sicherlich einer über Jahre dauernden Mentalitätsveränderung, nämlich dass man privates gesellschaftliches Engagement durch Zustiftung ermöglicht. So weit sind wir in Deutschland leider noch nicht, anders als zum Beispiel in den Vereinigten Staaten, wo das private Stiften sehr stark verbreitet ist.
Aber ich glaube schon - ich habe keine konkreten Zahlen aus den anderen Ländern, aber das können wir in der Anhörung erfragen -, dass der eine oder andere bereit ist, für die Stärkung des Opferschutzes Teile seines Geldes zu stiften. Aber ich glaube - um Ihre Frage ganz konkret zu beantworten -, man darf nicht davon ausgehen, dass nur mit der Einrichtung einer Stiftung automatisch die Geldquelle der privaten Mittel sprudelt.
Danke sehr, Herr Kosmehl. - Damit haben wir die Debatte beendet und treten in das Abstimmungsverfahren zur Drs. 5/98 ein. Einer Überweisung in den Ausschuss für Recht und Verfassung stand nichts im Wege. Allerdings hatte Herr Kosmehl zu Beginn seiner Rede eine Überweisung in den Finanzausschuss beantragt. - Sie hatten den Ausschuss für Recht und Verfassung und den Finanzausschuss genannt.
Steht dem etwas entgegen? - Dann würde ich darüber einzeln abstimmen lassen. Ansonsten können wir gemeinsam abstimmen. - Gut, danke.
Wer der Überweisung der Drs. 5/98 zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Recht und Verfassung und zur Mitberatung in den Ausschuss für Finanzen zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Dann ist das einstimmig beschlossen und der Antrag ist in diese Ausschüsse überwiesen worden. Wir schließen den Tagesordnungspunkt 10 ab.
Auswirkungen der Kürzungen der Regionalisierungsmittel - Planungssicherheit für den Nahverkehr in Sachsen-Anhalt
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist ein Grundkonsens in der Gesellschaft, dass die Mobilität der Bevölkerung nicht nur durch das Auto gegeben sein soll. Mithilfe des Regionalisierungsgesetzes sollte eine leistungsfähige Alternative zum Auto angeboten werden. Dabei lag das besondere Augenmerk auf den Mobilitätsangeboten der Schiene.
Nunmehr hat die so genannte große Koalition in Berlin die Kürzung eben dieser Mittel für die Realisierung des Regionalisierungsgesetzes für den Zeitraum von 2006 bis einschließlich 2009 um 1,8 Milliarden € gekürzt.
Dabei ist festzuhalten, dass ursprünglich eine Kürzung um 2,5 Milliarden € geplant war. Die Differenz zwischen dem geplanten und dem tatsächlichen Kürzungsbetrag diente dazu, sich das Plazet der Ministerpräsidenten für die 3-prozentige Mehrwertsteuererhöhung zu erkaufen. Infolgedessen hat auch die große Koalition in SachsenAnhalt im Bundesrat der Mehrwertsteuererhöhung zugestimmt.
Die FDP ist weiterhin der Auffassung, dass die Landesregierung dem Land Sachsen-Anhalt damit einen Bärendienst erwiesen hat. Die Zustimmung zur Erhöhung der Mehrwertsteuer wird durch die Reduzierung der Kürzung der Regionalisierungsmittel um 600 Millionen € in keiner Weise aufgehoben.
Unabhängig davon, wie man die Erhöhung der Mehrwertsteuer volkswirtschaftlich bewertet, ist festzuhalten, dass die Kürzung der Regionalisierungsmittel für das Land Sachsen-Anhalt eine Gesamtkürzung in Höhe von 90 Millionen € bis zum Jahr 2009 bedeutet. Laut einer Aufstellung der „Allianz pro Schiene“ vom 16. Juni 2006 macht die Kürzung für das Jahr 2006 für das Land Sachsen-Anhalt noch einen moderaten Betrag von 5,3 Millionen € aus. Im Jahr 2007 beträgt die Kürzung bereits 28 Millionen €, im Jahr 2008 26 Millionen € und im Jahr 2009 31,5 Millionen €.
Dabei ist zu beachten, dass der derzeitig ausgesetzte Dynamisierungsfaktor von 1,5 % jährlich erst ab dem Jahr 2008 wieder greifen soll. Ob das wirklich der Fall sein wird, wird sich dann noch herausstellen. Meine persönliche Befürchtung ist, dass auch dieser Dynamisierungsfaktor nicht wieder zum Tragen kommen wird, wenn sich herausstellen sollte, dass die Mehrwertsteuererhöhung zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte nicht in dem Maße beitragen wird, wie das derzeit von den Verantwortlichen erhofft wird. Hier bliebe also noch ein Betrag von weiteren 5 Millionen € jährlich zur weiteren Kompensation übrig, sodass die Gesamtkürzung für das Land Sachsen-Anhalt 100 Millionen € betragen würde.
Meine Damen und Herren! Gleichzeitig allerdings bleibt das Land Sachsen-Anhalt verpflichtet, weiterhin einen zukunftsfähigen und leistungsfähigen öffentlichen Schienenpersonennahverkehr zu organisieren. Dabei ist das Land durch längerfristige Verträge aus dem Jahr 2003 und an Vereinbarungen gebunden, wobei die Bundes
regierung das bundeseigene Unternehmen, die Bahn, in keiner Weise zu einem Entgegenkommen animiert hat.
Vor diesem Hintergrund bleibt die Frage, wie die Landesregierung mit den Kürzungen und ihren Folgen umgehen will. Ich gestehe gern zu, dass ein Fehlbetrag von 5,3 Millionen € für das Jahr 2006 noch ein lösbares Problem darstellt, auch wenn wir gerade gehört haben, dass 500 000 € für eine Opferstiftung viel zu viel wären. Aber die weiteren Jahresscheiben von bis zu 31,5 Millionen € und im schlimmsten Fall 36,5 Millionen € im Jahr 2009 stellen allerdings eine ernsthafte Gefährdung der Ziele des Schienenpersonennahverkehrs im Land SachsenAnhalt dar.
Bei nüchterner Betrachtung bleiben letztlich drei Optionen. Die erste ist: Der Bund besinnt sich und gibt die Gelder dennoch frei. - Das ist nicht ernsthaft zu erwarten. Die zweite wäre: Das Land fängt die Kürzung aus eigenen Mitteln ab. - Das wird wohl eher in den Bereich der Fantasie gehören. Die dritte: Das Land lässt die Kürzung in vollem Umfang durchschlagen.
Lassen Sie mich die letzte Option noch etwas weiter erläutern. Es ist offensichtlich, dass das Land keine eigenen Mittel hat, um die fehlenden Jahresscheiben in Höhe von mehr als 30 Millionen € zu kompensieren. Auch ist es das erklärte Ziel des Finanzministeriums, eine Nettoneuverschuldung von 0 € bis zum Jahr 2011 zu erreichen, ein fundamentaler Gegensatz zu einer möglichen Kreditfinanzierung dieser Kürzung.
Es bliebe noch eine Verschiebung der Mittel im eigenen Haushalt des zuständigen Ministeriums, aber auch hierbei sehe ich nicht wirklich einen Hoffnungsschimmer angesichts des Umfangs der Mittel. Wenn die Mittel aber zur Verfügung stehen, dann bin ich darauf wirklich gespannt; denn in diesem Fall müssten angekündigte Projekte wie das Modernisierungsprogramm der Schulen oder die Renovierung der Bahnhöfe mit einem Umfang von 15 Millionen € gefährdet sein. Der Spötter mag zwar die Frage stellen, wozu man einen Bahnhof renoviert, wenn kein Zug mehr fährt oder anhält. Aber ich bin mir auch sicher - die Erfahrung habe ich auch gemacht -: Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird.
Eine weitere Möglichkeit wäre natürlich, die notwendigen Mittel aus Verschiebungen im Gesamthaushalt zu erzielen, sodass andere Häuser einen Ausgleich der Regionalisierungsmittel mitfinanzieren. Auf die Reaktion des Innenministers bin ich schon gespannt, der bereits Einsparungen in Höhe von 133 Millionen € bei den Kommunen erklären soll. Ich bezweifle, dass er dann noch weitere Mittel zur Verfügung stellt, um dem Verkehrsminister zu helfen.
So töricht wird die Landesregierung ja wohl nicht sein, auf Mehreinnahmen in Größenordnungen zu hoffen, die einerseits die angekündigten Einsparungen rechtfertigten und andererseits die Kompensierung der Reduzierung der Bundesmittel ermöglichten. Es bleibt also der Schluss, dass die Landesregierung die Kürzungen durchreichen wird.
Die Folgen sind auf den ersten Blick einfach: Entweder es kommt zu Streckenstillegungen oder 3,26 Millionen Streckenkilometer werden jährlich weniger gefahren oder die Preise werden erhöht oder alles zusammen wird geschehen. Da allerdings für den Schienenpersonennahverkehr Verträge mit den handelnden Unternehmen geschlossen worden sind, ist eine einfache Durchreichung der Kürzung so leicht nicht möglich.
Es ist zwar richtig, dass in den Verträgen so genannte Abbestelloptionen enthalten sind, nach denen das Land unter gewissen Voraussetzungen berechtigt ist, Kilometerleistungen abzubestellen. Eine solche Option hat allerdings die Grenze, die in den Verträgen definiert ist. Diese Grenze findet sich in der wirtschaftlichen Auskömmlichkeit für das Betreiberunternehmen.
Gerade bei dem letzten Punkt, der wirtschaftlichen Auskömmlichkeit, liegt auch die Grenze der Möglichkeit einer Fahrpreiserhöhung: Die Reduzierungen können nicht einfach auf den Fahrpreis umgelegt werden, weil im gleichen Moment mit der Erhöhung des Fahrpreises die Attraktivität des Nahverkehrsangebotes in Konkurrenz zum Automobil sinkt. Die Folge würde sein, dass die Betreiberunternehmen niedrigere Fahrgastzahlen zu verzeichnen hätten und damit eine Verringerung des Einnahmesockels.
Auch die Verringerung der Taktzahl auf den gefahrenen Strecken findet ihre Grenze. Wenn Zugverbindungen so sporadisch sind, dass der Fahrgast kaum noch Möglichkeiten hat, flexibel zu sein, dann verliert die Strecke an Attraktivität. In solchen Fällen wird man eher dazu neigen, die Strecke ganz stillzulegen.
Strecken abseits der hochfrequentierten Achsen geraten so weiter ins Minus und können durch attraktive Strecken kaum noch querfinanziert werden. Die Folge ist, dass es zu Streckenschließungen kommt. Diese wiederum finden ihre Grenzen im Auftrag des Landes, eine leistungsfähige Alternative zu dem Auto vorzuhalten. Es wird also in der Folge einen Mix geben müssen aus der Kompensierung aus Landesmitteln, aus der Weiterreichung der Kürzungen und aus den damit verbundenen Folgen für die Quantität des Schienenpersonennahverkehrs.
In dieser Situation stellt sich schon die Frage, inwieweit es sinnvoll ist, auf den Bund einzuwirken, damit er einen flexibleren Umgang mit den Verträgen mit der Bahn - soweit sie die Bahn betreffen - zulässt. Auch mit kürzeren Ausschreibungsfristen hinsichtlich der abzuschließenden Leistungsverträge wäre dann mehr Wettbewerb zulässig.
In der Frage der Ausschreibung ist darauf zu drängen, dass die Einsparpotenziale für das Land generiert werden. Es ist nicht einzusehen, warum bei jeder Neuausschreibung auch neue Schienenfahrzeuge zur Bedingung gemacht werden, warum jedes benutzte Schienenfahrzeug Teppich und Klimaanlage haben muss.
Sehr geehrte Damen und Herren! Aufgrund der im Jahr 2003 abgeschlossenen langfristig laufenden Verträge herrscht Planungssicherheit für alle Beteiligten. Darauf waren wir im Jahr 2003 sehr stolz. Die Kehrseite ist, dass die Möglichkeiten, durch neuerliche Ausschreibungen mehr Wettbewerb zuzulassen und damit für das Land Kostensenkungen zu generieren, in Sachsen-Anhalt nicht ausgeschöpft sind. Gleichwohl kann man die Möglichkeit eines Nachverhandelns in Anbetracht der veränderten Umstände in Erwägung ziehen, damit der Schienenpersonennahverkehr in Sachsen-Anhalt in der Fläche zu annehmbaren Bedingungen aufrechterhalten bleibt.