Wer meint, weil wir jetzt Schulsozialarbeiter haben, brauchten wir keine Fachkräfte in der Jugendarbeit mehr, der spielt mit dem Feuer. Die letzten beiden gut funktionierenden Landesprogramme zur Finanzierung von Angeboten der offenen Kinder- und Jugendarbeit sowie ein gut funktionierendes Beratungssystem vor Ort sind in Sachsen-Anhalt unverzichtbar, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Der Ehrlichkeit halber muss man auch sagen, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass die Haushaltsberatungen nicht zu einer weiteren Erhöhung der Neuverschuldung führen dürfen. Das sind wir unseren Kindern und Enkeln bzw. den kommenden Generationen schuldig. Wir alle sind gehalten, Vorschläge zur Gegenfinanzierung etwaiger Rücknahmen von Einsparungsmaßnahmen zu unterbreiten.
Wer davon spricht, dass die Axt an das Fachwerk der Gesellschaft angelegt werde, sollte bei aller berechtigten Kritik an der Vorgehensweise des Sozialministeriums den Respekt voreinander nicht verlieren. Weder der Sozialministerin noch den anderen Mitgliedern des Kabinetts bereitet es Vergnügen, Einschnitte vornehmen zu müssen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin zuversichtlich, dass es uns in den Beratungen über den Einzelplan 05 gelingen kann, zu vernünftigen und vertretbaren Lösungen zu kommen.
Unser Respekt und die Achtung vor den Trägern und vor der Arbeit vieler ehrenamtlicher Helfer gebieten es, dass wir uns verantwortungsbewusst mit dem Doppelhaushalt 2010/2011 befassen, sobald uns dieser vorliegt. Dass wir uns dabei auch mit den Trägern beraten und verständigen, ist selbstverständlich. Dies bereits jetzt auf der Grundlage von Wasserstandsmeldungen zu tun, wäre unseriös und den Trägern gegenüber verantwortungslos. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kurze, für Ihren Beitrag. Herr Gallert hat eine Nachfrage. Wollen Sie diese beantworten? - Ja, bitte.
Das muss er nicht; es ist eine Intervention. - Herr Kurze, dass wir uns politisch an verschiedenen Stellen unterschiedlich positionieren, ist kein Problem, und dass wir uns dafür kritisieren, auch nicht.
Ich sage Ihnen nur eines: Das, was Sie jetzt in Bezug auf die Initiatoren dieses Aufrufes gemacht haben, ist, so finde ich, unanständig gewesen. Das geht so nicht.
Diejenigen, die ihn unterschrieben haben, haben explizit dargestellt, worauf sie sich bezogen haben - auf das Strategiepapier des Finanzministers dieser Landesregierung. Und das ist ihr gutes Recht. Wenn Sie als CDUFraktion diese Diskussion über zwei Monate nicht führen, ist das möglich. Die Träger haben es getan und dafür verdienen sie unseren Dank und nicht diese Art von Kritik, Herr Kurze.
Ich denke, zur Klärung der Geschäftsgrundlage muss man eines ganz deutlich sagen: Ich bekomme wöchentlich mehrere Non-Paper und ich weiß auch in der Regel verantwortlich damit umzugehen. Wenn dort eine Liste von Leuten, die das Non-Paper unterstützen, aufgeführt ist, diese aber nicht unterschrieben haben, bin ich doppelt vorsichtig; denn ich weiß nicht, ob es tatsächlich mit allen Betroffenen abgesprochen ist.
Ich denke, wir tun uns allen in diesem Raum nichts Gutes, wenn Non-Paper so diskutiert werden, als ob sie schon die Qualität von Beschlüssen der entsprechenden Leute hätten. Solange das nicht klar ist, halte ich es für unseriös, im Landtag so darüber zu diskutieren, als ob uns klare Beschlusslagen vorlägen.
Vielen Dank, Herr Scharf. - Wir hören jetzt den Debattenbeitrag der FDP-Fraktion. Frau Dr. Hüskens, bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muss ganz offen gestehen: Mir fehlen ein bisschen die Worte für das, was hier gerade abläuft. Wir alle wissen seit mindestens 14 Tagen, drei Wochen um die Probleme. Ich glaube nicht, dass es den Brief, den wir bekommen haben, gebraucht hätte, um uns auf das Problem hinzuweisen und eine Aktuelle Debatte zu diesem Thema zu führen. Ich glaube auch nicht, dass man sich als regierungstragende Fraktion einfach dahinter verstecken kann, dass man das ja noch nicht offiziell habe.
Die Fraktion DIE LINKE hat eine Aktuelle Debatte beantragt mit dem Ziel, dafür Sorge zu tragen, dass die Trägerlandschaft draußen im Land weiß, wie die Landtagsfraktionen zu den Kürzungsvorschlägen der Landesregierung stehen. Ich kann es für meine Fraktion eindeutig sagen. Ich habe schon 2003/2004, als solche Vorschläge kamen, ganz klar gesagt, dass der Schaden, den wir anrichten, wenn wir bei dieser Trägerlandschaft starke Einsparungen vornehmen, größer ist als der Nutzen für den Landeshaushalt.
Ich habe gehört, dass der eine oder andere nicht jeden Tag in den Haushalt schaut. Deshalb will ich Ihnen die Größenordnungen vergegenwärtigen. Wir bleiben einmal
Das Gesamtvolumen des Sozialressorts beträgt knapp 1 Milliarde €. Davon sind etwa 800 Millionen € konsumtive Mittel; darum geht es in diesem Bereich. Der Betrag, den die Träger bekommen, beläuft sich auf knapp 2 Millionen €. Die Einsparungen, über die wir hier reden, belaufen sich auf 250 000 €. - Ich bin davon echt beeindruckt. Das wird den Landeshaushalt retten.
Das könnten wir sicherlich tun, wenn wir dafür Sorge tragen, dass die vielen ehrenamtlich Tätigen sich von dieser Landesregierung und von diesem Landtag so richtig wertgeschätzt fühlen. Also, meine Damen und Herren, ich weiß, wie ich mich fühlen würde.
Ich halte diese Debatte für unglaublich. Ich bin der Meinung, dass wir sie heute schon beenden sollten und dass die regierungstragenden Fraktionen die Regierung nachhaltig auffordern sollten, dies im Haushaltsplanentwurf so nicht mehr vorzusehen.
Das, was Sie jetzt machen, ist doch ein schönes Spiel. Wir alle wissen, was am 27. September stattfindet. Wir haben alle schon davon gehört. An diesem Tag findet die Bundestagswahl statt. Jetzt sagen wir: Die Landesregierung hat einen Vorschlag ausgearbeitet, den wird sie vorlegen; dann werden die regierungstragenden Fraktionen irgendwann im Laufe des Jahres das Problem schon lösen. - Das ist dann nach der Bundestagswahl.
Ich habe das eine und das andere Mal auch die Erfahrung gemacht, dass die regierungstragenden Fraktionen dann plötzlich sagen: Wir können die Landesregierung jetzt nicht im Regen stehen lassen; das sieht ein bisschen blöd aus; wir müssen das mittragen.
Meine Damen und Herren, wenn Sie das ernst meinen, was ich in der Zeitung gelesen habe, dann besteht jetzt Handlungsbedarf für Sie und nicht erst, wenn Sie eine offizielle Vorlage von der Landesregierung bekommen.
Ein anderer Punkt ist die Frage: Ist unsere Beratungslandschaft tatsächlich so aufgestellt, wie wir es haben wollen? - Wenn Sie im Sozialausschuss - der Finanzminister hat ja vorhin darauf hingewiesen, dass wir dort darüber diskutieren - darüber diskutieren wollen, ob das alles noch passt, ob es Doppelstrukturen gibt, ob man an der einen oder anderen Stelle davon ausgehen kann, dass sich das Problem verlagert hat oder dass sich ein Problem gelöst hat, ob die Zielstellungen, die wir als Land an die institutionelle Förderung knüpfen, alle erfüllt werden, dann finden Sie in mir einen offenen Partner.
Darüber können wir immer reden, darüber kann man diskutieren. Ich weiß auch, dass wir dafür in der Trägerlandschaft kreative und auch kooperative Partner haben, die über diesen Punkt mit uns gerne reden. Das haben wir im Sozialausschuss mehr als einmal versucht, und ich glaube, das können wir auch in der Zukunft tun. Deshalb ganz klar: Verstecken Sie sich nicht hinter der Ausrede, man müsse den Haushalt auf die Art und Weise sanieren und retten. Das ist wirklich ein vorgeschobenes Argument.
Vor allen Dingen - ich kenne den Haushaltsplanentwurf auch noch nicht im Detail; anders als die Regierungsfraktionen muss ich mich immer bemühen, an den einen oder anderen Entwurf zu kommen - gibt es durchaus die Aussage, dass auch im Sozialministerium neue Aufgaben kreiert worden sind und neue Förderprogramme kreiert werden. Dazu muss ich die Frage stellen, ob wir, wenn wir eine gut eingeführte Trägerlandschaft im Land haben, die sich um die Probleme, die Sie ja offensichtlich in den letzten Jahren immer wieder gesehen haben, kümmert, diese zurückschneiden müssen und auf der anderen Seite neue Leistungen kreieren müssen.
Was ich heute auch verwunderlich finde, ist, dass man versucht, dieses Problem jetzt auf die finanzpolitische Ebene zu heben und der Finanzminister hierzu redet. Das Problem kommt aus dem Sozialministerium und nicht aus dem Finanzministerium.
Spannend - ich denke, das haben auch die Kollegen von der LINKEN so empfunden - ist allerdings auch die Diskussion, die um den Sachverhalt geführt worden ist. Wenn man einmal zurückschaut: Anfang August hat die Landesregierung die ersten Zahlen verlautbaren lassen.
Darauf hat es von der Fraktion der SPD eine Reaktion gegeben - die kann man in der Pressemitteilung nachlesen; Gott sei Dank ist so etwas hinterher auch alles noch greifbar -, in der es heißt - ich zitiere einmal -: Im Bereich Soziales muss die Beratungslandschaft in Sachsen-Anhalt - das heißt unter anderem Beratungsstellen, Frauenhäuser und Bereiche der Kinder- und Jugendhilfe - gesichert bleiben. Dazu soll ein Umstieg auf eine verlässliche Finanzierung erfolgen. Die Träger sollen über längerfristige Verträge Planungssicherheit erhalten.
Eine Woche später - fein aufpassen! - heißt es immerhin noch: Die Beratungslandschaft im Sozial- und Familienbereich in Sachsen-Anhalt wird erhalten; eine mehrjährige Finanzierung soll gesichert werden.
An dem gleichen Tag steht in der Kabinettsvorlage, die Sie bestimmt beide kennen - davon gehe ich einmal fest aus -, dass die Beratungslandschaft zukünftig nur noch 85 % dessen kriegen soll, was sie derzeit bekommt. Es steht auch darin, dass es die Überlegung gibt, Stellen zusammenzulegen. Dazu hätte ich, ganz ehrlich, an dem Tag eine andere Pressemitteilung erwartet, in der nämlich gestanden hätte: Liebe Regierung, so geht das nicht!
Auch im Sozialausschuss hatte, glaube ich, nicht nur ich den Eindruck, dass die Regierungsfraktionen sehr wohl wissen, was da passiert ist. Die Fragen, die im Rahmen des Fachgesprächs, das wir geführt haben, gestellt worden sind, gingen schon darauf hin: Können wir das Geld nicht woanders her bekommen, kann der Landkreis nicht bezahlen, kann man nicht mit weniger Geld die gleiche Aufgabe erfüllen? Ich weiß auch, wie das bei den Trägern angekommen ist.
Offensichtlich hat das Ministerium für Soziales nach dieser Sitzung angewiesen, die entsprechenden Schreiben an die Träger zu schicken. Ich glaube nicht, dass das eine Einzeltat war. Dafür habe ich lange genug in der Verwaltung gearbeitet. Wenn an vielen Stellen derartige Schreiben vorbereitet werden, wird dies angewiesen.
Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass die SPD-Fraktion von den Vorgängen jetzt überrascht war. Ich meine, wir arbeiten schon seit drei Jahren mit dem Sozialministerium in dieser Art und Weise zusammen.