Protokoll der Sitzung vom 10.12.2009

Sie alle wissen, wie schwierig es ist, eine JVA von Handys freizuhalten. Auf irgendeine Weise kann es immer gelingen, ein Handy in die Anstalt zu schmuggeln, beispielsweise durch einen Wurf über die Mauer oder dadurch, dass Handys auseinandergebaut und dann - die Leute haben Zeit - wieder zusammengebastelt werden.

Besucher und auch Anwälte der Gefangenen werden nicht hinreichend durchsucht, um jedes Gerät auffinden zu können, das jemand bei sich führt. Nicht jeder ist freiwillig bereit, sein Handy abzugeben. Darauf dürfen sich die Bediensteten der Justizvollzugsanstalten nicht verlassen.

Die Ordnung und Sicherheit muss an erster Stelle stehen. Wir haben uns für unser Land Sachsen-Anhalt mit der JVA Burg ein bundesweit angesehenes Aushängeschild in puncto Sicherheit gegönnt. Bei der Sicherheit dürfen wir nur wegen der Widerstände gegen den Einsatz eines Mobilfunkblockers keine Einschnitte dulden.

Um nach wie vor die hohen Sicherheitsstandards der JVA Burg-Madel und anderer Justizvollzugsanstalten, für

die dieses Gesetz ebenfalls zum Tragen kommen kann, aufrechterhalten und die Arbeit der in ihrem Job ohnehin stark geforderten Justizvollzugsbeamten so gut wie möglich entlasten zu können, bitte ich um Zustimmung zu dem vorliegenden Gesetzentwurf. - Danke.

(Zustimmung bei der CDU und von Frau Fischer, SPD)

Danke, Herr Sturm. - Jetzt spricht der Abgeordnete Herr Kosmehl von der FDP-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Sturm, ich habe jetzt wirklich noch einmal intensiv nachgedacht und überlegt, ob die CDU-Fraktion im Landtag von SachsenAnhalt der vierten Wahlperiode und der CDU-Minister der Justiz, Herr Dr. Curt Becker,

(Herr Sturm, CDU: Ohne Doktor!)

- ohne Doktor, Entschuldigung; Curt Becker - jemals auf die FDP-Fraktion zugekommen sind mit der Bitte, ein Mobilfunkverhinderungsgesetz zu machen.

(Zurufe von Herrn Sturm, CDU, und von der LIN- KEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, sie haben es nicht getan. Und sie wären bei uns auch auf großen Widerstand gestoßen; das kann ich Ihnen für die FDP in Sachsen-Anhalt sagen.

(Zustimmung von Herrn Franke, FDP, und von Frau Dr. Hüskens, FDP - Herr Borgwardt, CDU: Oh!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was ist das Problem? - Das Problem ist doch nicht, dass es Mobilfunkgeräte im Strafvollzug gibt. Die sind bisher entdeckt worden und auch zukünftig muss bei Kontrollen danach gesucht werden. Weil Handys im Knast nun einmal verboten sind, muss man, will man effektiv dagegen vorgehen, auch zukünftig Kontrollen durchführen.

Jetzt kommen Sie, Frau Ministerin, mit Ihrem Mobilfunkverhinderungsgerät und können uns weder sagen, was es in der Anschaffung und im Betrieb über die Jahre hinweg kostet, noch können Sie ausschließen, dass es technische, und zwar erhebliche technische Einschränkungen bei der Nutzung von Mobilfunk außerhalb der JVA Burg gibt. Genau darauf hat der Branchenverband Bitkom hingewiesen. Das sind Experten, das sind Fachleute, deren Hinweise man ernst nehmen sollte.

Sie haben jetzt gesagt: Die schalten sich zu; es gibt technische Geräte, die werden erst dann aktiv, wenn jemand versucht, eine Mobilfunkverbindung herzustellen. - Genau das ist das Problem. Wenn jemand auf der A 2 bei Burg liegen bleibt und sein Handy benutzen will, würde in dem Moment Mobilfunkverkehr festgestellt und unterdrückt werden. Damit kann der Notruf nicht benutzt werden.

(Herr Sturm, CDU: Es gibt Notrufsäulen!)

Ich sage Ihnen: Genau das dürfen wir nicht zulassen, weil auf den Bundesautobahnen die Notrufmöglichkeit gegeben sein muss. Dafür stehen in erster Linie die Betreiber der Mobilfunknetze in der Verantwortung. Aber

wir als Staat und insbesondere das Justizministerium als Verfassungsministerium sollten darauf achten, dass man genau solche Einschränkungen der Rechte nicht hinnimmt.

(Zustimmung bei der FDP - Ministerin Frau Prof. Dr. Kolb: Das werden wir noch einmal prüfen!)

- Jetzt kommen Sie mit Ihrem Einwand und sagen: Das werden wir noch einmal prüfen. Wenn Sie das prüfen wollen, dann prüfen Sie es doch, bevor der Landtag ein solches Gesetz verabschiedet.

(Zustimmung bei der FDP)

Wenn der Landtag dieses Gesetz verabschiedet und Ihnen diese Möglichkeit gibt, dann brauchten Sie uns nicht mehr zu fragen, dann könnten Sie auch eine Störung in Kauf nehmen. Ich sagen Ihnen: Das werden wir als FDP nicht befürworten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will noch einen zweiten Punkt ansprechen: das Personal. Ich bitte Sie herzlich - auch Sie, Herr Kollege Sturm -: Machen wir uns doch nichts vor. Sie brauchen auch weiterhin die gleiche Anzahl an Bediensteten in den Strafvollzugsanstalten, und die werden in gleicher Anzahl Kontrollen in den Zellen der Strafgefangenen vornehmen müssen, weil sie stets und ständig - so sagen es auch die gesetzlichen Grundlagen - nach verbotenen Gegenständen suchen müssen. Das sind nicht nur Handys. Das sind auch andere Gegenstände. Das können Betäubungsmittel sein. Das können Waffen sein, Messer oder Ähnliches oder andere nicht erlaubte Gegenstände.

Ich sage Ihnen: Eben weil sie diese Durchsuchungen durchführen müssen, sind dort keine Personaleinsparungen möglich, sondern es wird der gleiche Personaleinsatz erforderlich sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich warne davor. Sie sagen immer: Das ist doch nur ein Gesetz für Burg. Aber das steht so nicht darin. Es gilt für alle. Wir werden dieselbe Diskussion beim Maßregelvollzug auch wieder bekommen.

(Herr Gürth, CDU, zeigt dem Redner eine Karte mit der Aufschrift „Führ’ mich aufs Glatteis“)

Auch beim Maßregelvollzugsgesetz wird es darum gehen, Mobilfunkverkehr zu verhindern. Dann haben wir zum Beispiel in Bernburg, wo sich unmittelbar neben der Anstalt Wohnbebauung befindet, sogar eine stetige Behinderung des Mobilfunkverkehrs der Bewohner, wenn wir die Gerätschaften, die hier vorgeschlagen werden, nutzen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Herr Gürth, CDU, zeigt dem Redner eine Karte mit der Aufschrift „kinderleicht“)

Deshalb ist diese vorgeschlagene technische Lösung eben keine Lösung für den Strafvollzug in SachsenAnhalt. Und deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, lehnen wir es ab.

Herr Kollege Sturm, Herr Minister Goll aus Baden-Württemberg hat sich ein solches Gesetz durch den Landtag zwar bestätigen lassen; er hat es aber in den vielen Jahren nicht umgesetzt, weil die technische Realisierung nicht möglich ist, ohne dass es Einschränkungen des Mobilfunkverkehrs mit sich bringen würde. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der FDP - Zuruf von Herrn Sturm, CDU)

Danke, Herr Kosmehl. - Für die SPD-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Brachmann.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eigentlich wollte ich auf einen Redebeitrag verzichten. Aber nach den Debattenbeiträgen will ich nun doch noch sagen, weshalb meine Fraktion dem Gesetzentwurf zustimmen wird.

Es soll nichts anderes passieren als das, was Sie, Herr Kosmehl, eben in Bezug auf den Minister in BadenWürttemberg gesagt haben. Wir wollen eine gesetzliche Grundlage. Nicht mehr und nicht weniger geschieht zum jetzigen Zeitpunkt.

Dass diese Fragen, die Sie, Herr Kosmehl, jetzt zu Recht noch einmal aufgeworfen haben, technisch geklärt sein müssen, hat auch die Debatte im Rechtsausschuss ergeben. Niemand will, dass durch den Einsatz irgendwelcher Mobilfunkblocker Dritte Nachteile hinnehmen müssen. Das gilt für Notrufe auf der Autobahn und für alles, woran man so denkt. Die Idee, so etwas im Landtag einzuführen, hat es am 1. April auch gegeben.

(Herr Kosmehl, FDP: Genau da gehört das Ge- setz hin!)

Ich möchte noch einen zweiten Punkt ansprechen. Wir haben, wenn das Gesetz heute verabschiedet wird, in der Tat eine rechtliche Grundlage. Wir haben aber das Geld dafür noch nicht in den Doppelhaushalt 2010/2011 eingestellt, weil das Justizministerium selbst sagt, dass es erst noch an der Entwicklung arbeiten und den Markt beobachten müsse.

Wir können heute allerdings schon sagen: Wenn wir verhindern wollen, dass im Strafvollzug, insbesondere in Burg, Mobilfunk zum Einsatz kommt, dann brauchen wir dieses Gesetz. Wenn die technischen Möglichkeiten ausgereift sind, dann werden wir uns in diesem Hohen Hause darüber verständigen, wie viel Geld wir dafür einsetzen wollen. Das wird als Bestandteil der Haushaltsberatungen dann auch möglich sein.

Für heute würden wir diesem Gesetzentwurf zustimmen, wohl wissend, dass sich dadurch momentan noch nicht allzu viel bewegen wird. - Jetzt hatte sich Herr Kosmehl noch einmal gemeldet.

Es gibt Nachfragen von Frau Dr. Klein und von Herrn Kosmehl.

Bitte sehr.

Halten Sie es wirklich für seriös, jetzt ein Gesetz zu verabschieden, obwohl Sie noch nicht wissen, was es kostet? - Wir stellen seit Jahren jedes Jahr Mittel in Höhe von 20 Millionen € für Digitalfunk in den Haushaltsplan ein. Das Geld ist bisher nie abgerufen worden bzw. in Größenordnungen abgerufen worden, die verschwindend

gering sind. Jetzt machen wir ein Gesetz, von dem wir nicht wissen, was es kosten wird. Vielleicht sind wir in drei, vier oder fünf Jahren gezwungen, aufgrund dieses Gesetzes Beträge auszugeben, die wir uns auf diese oder jene Weise gar nicht mehr leisten können. Halten Sie das für seriös?

Frau Dr. Klein, wir machen des Öfteren Gesetze, bei denen erst im Zuge der Umsetzung im Rahmen der Haushaltsberatungen zu entscheiden ist, wie viel Geld das kostet.

(Zuruf von Frau Rogée, DIE LINKE)

Aber um auf dieser Strecke überhaupt tätig werden zu können, brauchen wir eine gesetzliche Grundlage. Nicht mehr und nicht weniger soll heute hier geschaffen werden.

Es gibt noch eine Nachfrage.

Eine Bemerkung. - Ich glaube, man kann auch ohne gesetzliche Grundlage tätig werden und bestimmte Forschungen und Entwicklungen anregen. Ansonsten ist bei Gesetzen eigentlich immer eine Folgekostenabschätzung notwendig.

(Zustimmung bei der LINKEN und bei der FDP)