Protokoll der Sitzung vom 10.12.2009

(Zustimmung bei der LINKEN und bei der FDP)

Darin stimme ich Ihnen zu. Wenn damit konkrete Maßnahmen verbunden sind, dann werden auch die Folgen im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens erörtert. Hierbei geht es momentan um eine Rechtsgrundlage, um nicht mehr und nicht weniger. Aber ich wiederhole mich.

Herr Kosmehl, bitte.

Es ist weniger eine Frage, vielmehr eine Zwischenintervention. - Herr Dr. Brachmann, Ihren Ausführungen habe ich entnommen, dass ich davon ausgehen kann, dass die Frau Ministerin in den Haushaltsjahren 2010 und 2011 beim Finanzministerium keinen Antrag auf eine außerplanmäßige Ausgabe für die Beschaffung eines Mobilfunkverhinderungsgerätes einreichen wird. Ein solcher wäre im Übrigen auch nicht mehr möglich; darüber haben wir bereits geredet. Sie als Koalitionsfraktionäre haben zwar gesagt, ein solches Gesetz müsse für die Anstalt in Burg dringend in Kraft treten, aber in den nächsten zwei Jahren brauchen sie es erst einmal nicht.

Diese Frage hätten Sie an die Justizministerin stellen können. Die Absprachen innerhalb der Regierungskoalition sehen so aus, dass wir für den Haushaltsplanentwurf 2010/2011 keine finanziellen Mittel bereitgestellt haben. Von Dringlichkeit war bei mir jedenfalls nicht die Rede, Herr Kosmehl.

(Zustimmung von Frau Fischer, SPD)

Danke sehr, Herr Dr. Brachmann. - Damit ist die Debatte beendet. Wir stimmen ab über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht und Verfassung in der Drs. 5/2289. Wünscht jemand an irgendeiner Stelle Einzelabstimmung? - Das ist nicht der Fall.

Dann lasse ich über den Gesetzentwurf in seiner Gesamtheit abstimmen. Wer dem Gesetzentwurf in der Fassung der Beschlussempfehlung zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer ist dagegen? - Das sind die Oppositionsfraktionen.

(Zurufe von der LINKEN)

- Teile der Oppositionsfraktion DIE LINKE. - Damit ist der Gesetzentwurf beschlossen worden.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 14 auf:

Zweite Beratung

Aktionsprogramm „Barrierefreies Sachsen-Anhalt“

Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 5/851

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales - Drs. 5/2309

Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 5/2332

Die erste Beratung fand in der 26. Sitzung des Landtages am 14. September 2007 statt. Berichterstatter ist der Abgeordnete Herr Schwenke. Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 5/851 wurde in der 26. Sitzung des Landtages am 14. September 2007 zur federführenden Beratung und Beschlussfassung an den Ausschuss für Soziales überwiesen. Mit der Mitberatung ist der Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr betraut worden.

Der Ausschuss für Soziales hat sich erstmals in der 27. Sitzung am 3. April 2008 mit dieser Problematik befasst. In dieser Sitzung verständigte sich der Ausschuss zunächst über den weiteren Umgang mit dem Antrag.

Dazu lag ihm von der Fraktion DIE LINKE der schriftlichen Vorschlag vor, die Ausschüsse für Inneres, für Bildung, Wissenschaft und Kultur, für Wirtschaft und Arbeit, für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien, für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie für Recht und Verfassung zu bitten, sich an der Erarbeitung einer Beschlussempfehlung zu beteiligen und konkrete Vorschläge einzubringen. Für die einzelnen Ressorts wurden dafür bestimmte Problemstellungen definiert.

Der Ausschuss hat sich jedoch dem Vorschlag der Fraktion der FDP angeschlossen, Vertreter der Ministerien für eine Berichterstattung zur Gesamtproblematik in den Ausschuss einzuladen. Es wurde vereinbart, zunächst das Ministerium des Innern, das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt sowie das Kultusministerium auf der Grundlage des Antrages in der Drs. 5/851 anzuhören.

Die Berichterstattung der genannten Ressorts fand in der 29. Sitzung des Ausschusses für Soziales am 18. Ju

ni 2008 statt. Im Ergebnis der Berichterstattung blieben jedoch Fragen offen, sodass das Ministerium des Innern sowie das Kultusministerium gebeten wurden, dem Ausschuss nochmals Bericht zu erstatten. Die Berichte wurden dahin gehend kritisiert, dass sie sich vorwiegend auf die Barrierefreiheit im Zusammenhang mit Rollstuhlfahrern bezogen.

Das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt wurde zudem gebeten, einen schriftlichen Bericht über Maßnahmen zur Verbesserung der Barrierefreiheit im ländlichen Raum, insbesondere vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung, nachzureichen.

In der 30. Sitzung des Ausschusses für Soziales am 3. September 2008 fanden weitere Berichterstattungen der Landesregierung zur Problematik der Barrierefreiheit statt. Eingeladen wurden die Staatskanzlei sowie das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr, das Ministerium für Wirtschaft und Arbeit, das Ministerium der Justiz sowie das Ministerium der Finanzen. Vorab wurden von fast allen Ressorts schriftliche Berichte zu dieser Problematik eingereicht. Auch das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt sowie das Kultusministerium haben nochmals schriftliche Zuarbeiten vorgelegt. Die Berichte wurden zur Kenntnis genommen und erörtert.

Da der Ausschuss den Bericht des Kultusministeriums jedoch wiederholt als ungenügend einschätzte - die Kritik aus der vorangegangenen Sitzung, dass sich Barrierefreiheit im Schulbereich auf Baumaßnahmen reduziere, hatte in der neuen Zuarbeit keine Berücksichtigung gefunden -, wurde das Kultusministerium erneut zur Berichterstattung in den Ausschuss eingeladen. Außerdem wurde das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr gebeten, den noch nicht schriftlich eingereichten Bericht nachzuliefern.

In der darauffolgenden Beratung zur Drs. 5/851 in der 36. Sitzung am 3. September 2008 wurde das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr angehört. Ein schriftlicher Bericht dieses Hauses lag vor.

Zur 39. Sitzung am 11. März 2009 wurde das Kultusministerium erneut zu einer Berichterstattung eingeladen. Dazu war auf die Bitte des Ausschusses hin der Kultusminister Herr Professor Dr. Olbertz anwesend, der ausführlich zum Thema der Barrierefreiheit im Zuständigkeitsbereich seines Ressorts berichtete. Mit dieser Berichterstattung wurde die Anhörung aller Ressorts der Landesregierung abgeschlossen.

In der 43. Sitzung des Ausschusses für Soziales am 20. Mai 2009 wurde eine vorläufige Beschlussempfehlung erarbeitet. Dazu lagen dem Ausschuss ein Entwurf der Koalitionsfraktionen und ein Entwurf der Fraktion DIE LINKE vor. Der Ausschuss ist der Empfehlung der Koalitionsfraktionen mit 8 : 3 : 0 Stimmen gefolgt und hat den in dem Entwurf enthaltenen Wortlaut als vorläufige Beschlussempfehlung übernommen.

Die Empfehlung der Fraktion DIE LINKE wurde mit 2 : 8 : 1 Stimmen abgelehnt, da die darin enthaltenen konkreten Vorgaben nach Ansicht der Fraktionen der CDU und der SPD die Handlungsspielräume der Landesregierung einschränken würden.

Der mitberatende Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr hat sich in der 38. Sitzung am 3. Juni 2009 mit dem Antrag und der vorläufigen Beschlussempfehlung befasst und empfohlen, diese unter der Maßgabe anzunehmen, dass unter Punkt 2 ein zusätzlicher Buchsta

be b eingefügt wird. Darin wird die Landesregierung gebeten, in den Aktionsplan zur Verwirklichung der Barrierefreiheit in Sachsen-Anhalt auch einen Maßnahmenplan zur weiteren Verbesserung der Barrierefreiheit im öffentlichen Personennahverkehr aufzunehmen. Der mitberatende Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr hat die Beschlussempfehlung mit 9 : 0 : 3 Stimmen verabschiedet.

Die abschließende Beratung über den Antrag führte der federführende Ausschuss für Soziales in der 50. Sitzung am 2. Dezember 2009 durch. Dazu lag ihm das genannte Votum des mitberatenden Ausschusses vor, welches vom federführenden Ausschuss übernommen wurde.

Darüber hinaus wurde auf Antrag der Koalitionsfraktionen in Absatz 3 der Beschlussempfehlung durch Einfügen der Wörter „räumlichen, mobilen und kommunikativen“ das Wort „Barrierefreiheit“ näher definiert.

Des Weiteren gab es eine Erweiterung des Punktes 2 der Beschlussempfehlung. Die Koalitionsfraktionen beantragten, unter Punkt 2 Satz 1 nach dem Wort „physischen“ die Wörter „mentalen und virtuellen“ einzufügen.

Die so erweiterte Beschlussempfehlung an den Landtag, die dem Plenum heute vorliegt, hat der federführende Ausschuss mit 7 : 3 : 0 Stimmen beschlossen. Das Hohe Haus wird gebeten, dieser Beschlussempfehlung ebenfalls zu folgen. - Ich danke für Ihre Geduld und Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der SPD)

Danke für die Berichterstattung, Herr Schwenke. - Für die Landesregierung spricht Ministerin Frau Dr. Kuppe.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren und Damen Abgeordnete! Eingangs will ich noch einmal in Erinnerung rufen, dass die Bundesrepublik Deutschland das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte behinderter Menschen unterzeichnet hat und das hierfür notwendige Ratifikationsgesetz in diesem Jahr in Kraft getreten ist.

Ein wichtiger Aspekt dieser Konvention ist die Herstellung der Barrierefreiheit mit dem Ziel, Menschen mit Behinderung die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Der barrierefreie Zugang zur physischen, sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Umwelt, zu Gesundheit und Bildung, zu Information und Kommunikation ist eine zentrale Forderung dieser Konvention.

Dabei liegt der Konvention die Überzeugung zugrunde, dass Behinderungen aus der Wechselwirkung zwischen Menschen mit Beeinträchtigungen jeglicher Art und einstellungs- und umweltbedingten Barrieren entstehen, die sie an der vollen und letztlich tatsächlich gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern.

Die in der Konvention genannten Forderungen zur Verwirklichung der Rechte von Menschen mit Behinderung werden in Deutschland von Bund und Ländern unterstützt und sind der Gegenstand weitreichender Regelungen, angefangen vom Grundgesetz über die Landesverfassungen bis hin zu zahlreichen bundes- und landesrechtlichen Bestimmungen, die diese Regelungen erfassen. Vor dem Hintergrund der Konvention müssen

aber auch diese gesetzlichen Regelungen weiterentwickelt werden.

Gesetze und Vorschriften sind aber auch nur die eine Seite der Medaille. Das Bewusstsein für Menschen mit Behinderung ist die andere. Die UN-Konvention misst den bewusstseinsbildenden Maßnahmen eine ganz besondere Bedeutung für die Inklusion von Menschen mit Behinderung bei.

Nach meinem Eindruck hat auch beispielsweise die Beschäftigung des Sozialausschusses und der anderen Fachausschüsse mit der Barrierefreiheit in der Landesverwaltung zu einer erheblichen Bewusstseinsbildung beigetragen. Die wiederholte Befassung mit dieser Thematik spiegelt zugleich auch die zahlreichen Fassetten der Barrierefreiheit und auch die Herausforderungen nicht nur, aber auch für die öffentliche Verwaltung wider.

An dieser Stelle will ich mich auch ausdrücklich bei den Mitgliedern des Sozialausschusses für die intensive und die ernsthafte Befassung mit dieser Thematik bedanken.

Grundlegend für die Beschlussempfehlung des Sozialausschusses, über die heute abgestimmt werden soll, ist die Überzeugung, dass die Herstellung der Barrierefreiheit einen fortwährenden Prozess darstellt, der Schritt halten muss mit der technischen, der gesellschaftlichen und der kulturellen Entwicklung und auch mit dem sich verändernden Verständnis von Teilhabe, von Integration und Inklusion und der insbesondere von solchen Maßnahmen getragen wird wie der kontinuierlichen Erhebung des Umsetzungsstandes, der kontinuierlichen Entwicklung und auch Fortschreibung von Maßnahmenplänen zur schrittweisen Herstellung von Barrierefreiheit in den verschiedenen Lebensbereichen und der Unterstützung der vorgenannten Prozesse durch das beständige Bewusstmachen und durch das Wachhalten dieses Themas.

Auf die Nennung konkreter Umsetzungsfristen wurde in der Beschlussempfehlung verzichtet, um die Konsensfähigkeit und die Offenheit der Prozesse für die technische und gesellschaftliche Entwicklung nicht zu gefährden, sondern diese Prozesse eher zu befördern.

Meine Damen und Herren! In den vergangenen zwei Jahrzehnten ist in Deutschland nicht nur das Bewusstsein für die Bedeutung der Barrierefreiheit gewachsen; es sind auch erhebliche Anstrengungen zur Herstellung der Barrierefreiheit unternommen worden. Obwohl wir noch längst nicht am Ziel sind, muss aber immer wieder darauf hingewiesen werden, dass schon eine ganze Menge passiert ist. Dabei wird auch zunehmend den Sinnesbehinderungen Rechnung getragen, die am Anfang gar nicht im Fokus waren, sondern - es wurde schon erwähnt - eher die Rollstuhlfahrer und -fahrerinnen betrachtet wurden.

Neben der Gestaltung des öffentlichen Raums kommt in einer Wissens- und Informationsgesellschaft der barrierefreien Gestaltung von Hilfsmitteln der Kommunikation und der Information, in diesem Zusammenhang insbesondere der barrierefreien Gestaltung des Internets, eine herausragende Bedeutung zu.

Meine Damen und Herren! Ich will auch noch darauf hinweisen, dass die Herstellung der Barrierefreiheit von großem Nutzen für die Gesellschaft insgesamt ist. Eine barrierefrei gestaltete Umwelt - wir wissen das - ist sowohl für die Menschen mit Behinderung als auch für Familien mit Kleinkindern, für Seniorinnen und Senioren,