Protokoll der Sitzung vom 26.04.2012

Fakt ist aber: Die Artenschutzbemühungen im Bereich Biber, Luchs, Wildkatze oder anderer Arten und das, was Herr Dr. Aeikens in Bezug auf die Fischfauna angesprochen hat - das kann man dieser Landesregierung und auch den Vorgängerregierungen nicht absprechen. Ich frage mich, wo Sie in den letzten 20 Jahren gewesen sind, wenn Sie das nicht mitbekommen haben.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU)

Also, Herr Bergmann, ich kann Ihnen versichern, dass ich hier in den letzten 20 Jahren und davon mehr als zehn Jahre lang im Naturschutz des Landes Sachsen-Anhalt gearbeitet habe und deswegen, glaube ich, ziemlich gut weiß, wovon ich hier rede.

Die Dinge, die Sie genannt haben, sind die Highlights. Die gibt es. Das räume ich ein. Das will ich überhaupt nicht in Abrede stellen. Aber Sie reden immer nur über die positiven Dinge und lassen die Misserfolge links liegen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Nehmen Sie zum Beispiel den Schutz des Rotmilans. Sie sagen, die Landesregierung könne nicht regeln, dass sich die Art in ganz SachsenAnhalt ausbreite. Sie wissen aber genauso gut wie ich, dass die Landesregierung sehr wohl Sorge dafür tragen könnte, dass die wesentliche Rotmilanpopulation im Hakel erhalten bleibt. Dafür passiert zu wenig.

(Herr Daldrup, CDU: Passiert gar nicht zu wenig! - Herr Gallert, DIE LINKE: Für den Rotmilan sollte sich wenigstens die SPD einsetzen!)

Dort brechen die Populationen ein, weil die Forstwirtschaft nicht entsprechend gestaltet wird, weil die Landwirtschaft im Umfeld des Hakels so inten

siv betrieben wird, dass die Nahrungsgrundlagen für diese Art nicht mehr gegeben sind.

Das sind die Punkte, an denen die Landesregierung ansetzen könnte. Das sind die Maßnahmen, die wir für den Artenschutz einfordern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Kollege Weihrich.

Wir treten nunmehr in das Abstimmungsverfahren ein. Es gab kein Überweisungsansinnen. Wir stimmen deshalb über den Änderungsantrag ab. Danach ist über den Ursprungsantrag und den Alternativantrag abzustimmen.

Wir stimmen zunächst über den Änderungsantrag ab. Wer möchte dem Änderungsantrag in der Drs. 6/1060 zustimmen? - Die Fraktion DIE LINKE. Wer stimmt dagegen? - Das sind alle anderen Fraktionen. Enthält sich ein Abgeordneter oder eine Abgeordnete der Stimme? - Das ist nicht der Fall. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt worden.

Wir stimmen über den Ursprungsantrag in der Drs. 6/1015 ab. Wer dem Ursprungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer möchte sich der Stimme enthalten? - Niemand. Damit hat der Ursprungsantrag keine Mehrheit gefunden.

Wir stimmen nunmehr über den Alternativantrag in der Drs. 6/1052 ab. Wer stimmt dem Alternativantrag zu? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer stimmt dagegen? - Das ist die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer enthält sich der Stimme? - Das ist die Fraktion DIE LINKE. Damit hat der Alternativantrag die erforderliche Mehrheit gefunden und ist angenommen worden. Der Tagesordnungspunkt ist erledigt.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 2:

Beratung

Artgerechte und gesellschaftlich anerkannte Nutztierhaltung voranbringen

Antrag Fraktionen CDU und SPD - Drs. 6/1026

Änderungsantrag Fraktion DIE LINKE - Drs.6/1059

Änderungsantrag Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs.6/1061

Zunächst hat die Einbringerin das Wort. Ich erteile dem Abgeordneten Herrn Barth das Wort.

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wenn es um die Nutztierhaltung in unserem

Land geht, dann müssen wir zuerst festhalten, dass wir das Bundesland mit dem geringsten Viehbesatz in Deutschland sind. Das ist vielen vielleicht nicht bekannt, es ist aber so.

Das Ziel der Koalitionsfraktionen ist es, den Tierbesatz durch den Ausbau einer art- und umweltgerechten Nutztierhaltung regional ausgewogen zu erhöhen. Es geht dabei um die Erhaltung und Entwicklung regionaler Wirtschaftskreisläufe und Wertschöpfungsketten, um den Ausbau zukunftsfähiger Arbeitsplätze und um die Erfüllung hoher Standards für den Verbraucherschutz.

Wie in der vergangenen Landtagssitzung bei der Beratung über den Antrag „Gesundheitsschutz stärken - Initiative gegen Antibiotikaresistenzen“ bereits mehrfach betont wurde, kommt den Bedingungen für die Haltung von Nutztieren eine Schlüsselrolle für die Senkung des Einsatzes von Antibiotika zu.

Die Koalitionsfraktionen wollen gemeinsam mit den Landwirten, den Tierärzten, den Verbraucherschützern und den Verbrauchern Lösungswege finden, um die Haltungsbedingungen im Sinne des Tierwohls und der Tiergesundheit zu verbessern. Wir befinden uns in einem Prozess, der nicht unwesentlich von nationalen und EU-weiten Entwicklungen bestimmt wird.

Sehr geehrte Damen und Herren! Welche Erwartungen verbinden die Regierungsfraktionen mit ihrem Antrag? - Ich denke, es ist richtig und wichtig, dass wir uns im Landtag mit einer nachhaltigen Nutztierhaltung befassen.

Unter nachhaltiger Nutztierhaltung verstehen wir, dass die art- bzw. tiergerechte Haltung den Anforderungen an den Umwelt- und Naturschutz entspricht und gleichzeitig wirtschaftlich tragfähig ist.

Wie in unserem Antrag unter Punkt 1 formuliert, wollen wir durch einen betriebs- und behördenübergreifenden Datenabgleich mehr Transparenz bei der Ausbringung von Wirtschaftsdüngern erreichen. Dazu bedarf es einer Ermächtigungsgrundlage für die Länder im Düngegesetz. Mit einer solchen Regelung soll starken lokalen Tierkonzentrationen entgegengewirkt werden.

Die Landesregierung hat bereits in der letzten Wahlperiode mit der Einrichtung des Forums Nutztierhaltung eine Plattform geschaffen, die insbesondere hinsichtlich der Tiergesundheit und des Tierwohls zu mehr Transparenz beitragen soll. Die entsprechenden Ergebnisse und Lösungsansätze sollten im Ausschuss diskutiert und ausgewertet werden. Gleichwohl, denke ich, ist es sinnvoll, dass sich der Ausschuss mit den geplanten Änderungen auf europäischer und nationaler Ebene befasst; denn hier ist derzeit einiges in Bewegung.

Ein von der Europäischen Union verfolgter Ansatz, den ich kurz erwähnen möchte, ist die Begrenzung der Dauer von Tiertransporten auf maximal acht

Stunden. Dieser Vorschlag findet unsere volle Unterstützung; denn es muss nicht sein, dass Tiere durch halb Europa gekarrt werden. Auch, so denke ich, wird sich dies positiv auf die Entwicklung von regionalen Wirtschaftskreisläufen auswirken.

Die Ankündigung der Bundesregierung, den Bau riesiger Tiermastanlagen vor den Dörfern mit höheren rechtlichen Hürden zu beschränken, findet ebenfalls unsere Unterstützung. Wir brauchen rechtliche Regelungen, die den Kommunen die Möglichkeit geben, Ansiedlungen großer Tierproduktionsanlagen zu steuern und gegebenenfalls auszuschließen.

(Zustimmung von Frau Niestädt, SPD)

Daher ist es nur konsequent, wenn die Privilegierung nach § 35 des Baugesetzes für gewerbliche Anlagen beschränkt wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Antrag enthalten ist das klare Bekenntnis der Koalitionsfraktionen zur Förderung der Tierzucht sowie der art- und umweltgerechten Tierhaltung. Wir wissen, dass die finanziellen Mittel knapp sind und sich der Landeshaushalt in der Konsolidierung befindet. Mit diesem klaren Votum wollen wir unseren Landwirtschaftsbetrieben signalisieren, dass wir auf einen weiteren Ausbau, umwelt- und artgerechter Tierhaltung in unserem Land setzen und diesen auch fördern wollen.

Den Standort Iden wollen wir zu einem Kompetenzzentrum für art- und umweltgerechte Nutztierhaltung weiterentwickeln. Wir meinen, dass das Land hierbei eine Vorbildfunktion wahrnehmen sollte und dass in Iden im Rahmen von Aus- und Weiterbildung hervorragend für eine nachhaltige Nutztierhaltung geworben werden kann.

In diesem Zusammenhang ist auch der letzte Punkt unseres Antrages zu sehen. Durch eine intensive Öffentlichkeitsarbeit und durch ein hohes Maß an Transparenz sollte es gelingen, die Akzeptanz in der Bevölkerung zu erhöhen und das Kaufverhalten zu beeinflussen. Ich denke, das ist eine wichtige Grundlage, wenn wir hierbei etwas tun wollen.

Es liegt auf der Hand, dass eine Produktion mit höheren Umwelt- und Tierschutzstandards auch mit höheren Produktionskosten verbunden sein wird. Daher ist es wichtig, dass der Verbraucher seine Sensibilität bezüglich des Tier- und Umweltschutzes auf sein Kaufverhalten überträgt. Wie gesagt, hierbei bedarf es einer intensiven Öffentlichkeitsarbeit.

Ich denke, eine intensive Begleitung der Thematik durch den Landtag ist durchaus dazu geeignet, hierzu einen wesentlichen Beitrag zu leisten. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU)

Danke schön, Herr Kollege Barth. - Für die Landesregierung spricht nun Herr Minister Dr. Aeikens.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir, gewissermaßen als Überleitung von TOP 1 auf TOP 2 im Hinblick auf die Äußerungen des Abgeordneten Weihrich Folgendes festzuhalten: Natur-, Umwelt- und Tierschutz sind Kernkompetenzen dieser Regierungskoalition, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Ich begrüße es außerordentlich, dass die Regierungskoalition die Aktivitäten der Landesregierung zur Entwicklung einer nachhaltigen, wettbewerbsfähigen und von der Öffentlichkeit akzeptierten landwirtschaftlichen Nutztierhaltung im parlamentarischen Raum behandelt.

Wie ist die Situation? - Der Abgeordnete Barth hat bereits darauf hingewiesen - ich möchte das unterstreichen -: Mit nur 0,35 Großvieheinheiten je Hektar Landwirtschaftsfläche ist Sachsen-Anhalt das viehärmste Flächenland Deutschlands.

Die Skepsis gegenüber der Nutztierhaltung wächst jedoch auch in Sachsen-Anhalt. Vorbehalte bestehen vor allem gegenüber größeren Beständen, die wir überwiegend in unserem Lande haben. Dagegen müssen wir etwas tun. Deshalb habe ich ein Forum Nutztierhaltung als eine neutrale Plattform geschaffen, um die breite Palette die die Nutztierhaltung betreffenden Themen zu erörtern.

Zur Begleitung dieses Prozesses waren neben Wirtschaftsbeteiligten Verbände, Tierschützer, Wissenschaftler, Kirchenvertreter sowie Vertreter von Verwaltung und Öffentlichkeit und auch Fachpolitiker eingeladen. Konzeptionelle Grundlage des Forums war das Ziel, den Diskurs in einem Rahmen zu gestalten, der alle Belange einbezieht und zu mehr Akzeptanz und mehr Klarheit in der öffentlichen Wahrnehmung der Tierhaltung in SachsenAnhalt führt.

Im Ergebnis des Forums wurden schwerpunktmäßig notwendige Verbesserungen der Tiergesundheit und des Tierwohls als ein wesentlicher Lösungsansatz in den Fokus gestellt. Im Rahmen des Abschlussforums im Dezember 2011 wurde die Fortsetzung dieses Dialogs angeregt. Dieser Anregung werde ich folgen.