Wegen des angestrebten Bürgerbegehrens möchte ich die Entwicklung und die sich daraus ergebenden Ergebnis abwarten, bevor grundlegende Entscheidungen getroffen und unumkehrbare Maßnahmen ausgelöst werden.
Der Landtag hat mit seinen Entscheidungen die Ausweisung des Biosphärenreservats befördert und begleitet. Auf der Basis des Antrages der Regierungsfraktionen sollte dieses Projekt weiter begleitet werden. Die Landesregierung ist gern bereit, in den Ausschussberatungen darüber zu informieren.
Meine Damen und Herren! Wir alle sollten den Mut, die Kraft und die Geduld aufbringen, an unserem gemeinsamen Ziel der Unesco-Anerkennung für das Biosphärenreservat im Südharz festzuhalten. - Herzlichen Dank.
Es gibt zwei Anfragen, Herr Minister, zunächst vom Kollegen Barth und dann vom Kollegen Bergmann. - Bitte.
Herr Minister, ich habe eine Frage. Ich habe heute Morgen im Auto einen Radiobeitrag gehört, in dem ausgeführt wurde, dass die Ausweisung des Biosphärenreservats Südharz unter anderem deshalb abgelehnt worden sei, weil eine Waldbewirtschaftung dann nicht mehr möglich sei. Was sagen Sie zu diesem Argument?
Dieses Argument ist absolut unzutreffend. Ich weiß nicht, wer das Argument angeführt hat. Ich habe leider erleben müssen - lassen Sie mich das an dieser Stelle ausführen -, dass von einigen mit sehr unredlichen und absolut falschen Argumenten gearbeitet wurde und dass eine Desinformation der Bevölkerung betrieben wurde.
Herr Minister Dr. Aeikens, Sie haben gerade gesagt, dass Sie dem Bürgerbegehren und einem eventuellen Bürgerentscheid alles Gute wünschen. Meine Frage lautet: Ist es denkbar, auch im Rahmen der Haushaltsaufstellung, dass wir darüber nachdenken, dass wir in der Vergangenheit im Südharz vielleicht zu wenig getan haben und dass
wir mehr tun müssten, auch dahin gehend, dass ein Bürgerentscheid auch von dieser Seite her unterstützt werden kann?
Ich denke, dass diese mögliche einmalige Entwicklung dieser Region nicht verschlafen werden darf. Könnten Sie sich vor diesem Hintergrund vielleicht vorstellen, gemeinsam mit dem Landtag ein Papier zu erarbeiten, aus dem hervorgeht, was wir in den nächsten Jahren brauchen, um ein Klima zu schaffen, in dem dann alle mitgehen könnten und das Biosphärenreservat auch gutheißen würden?
Sie haben heute Morgen schon gesagt, Ihr Haushalt sei keine eckwertfreie Zone. Dennoch sagt der Finanzminister immer, wir sollen Schwerpunkte setzen. Ich wäre innerhalb meiner Fraktion gern bereit, diesen Schwerpunkt in Ihrem Haushalt besonders hervorzuheben und an anderer Stelle Kürzungen vorzunehmen. Wären Sie bereit, dabei mitzugehen? Würde das auch Ihrem Ansinnen entsprechen? Denn wir müssen an der einen oder anderen Stelle sicherlich etwas drauflegen.
An dieser Stelle möchte ich auch eine kleine Zwischenintervention anbringen: Die SPD ist die einzige Fraktion, die zurzeit in den Ländern Thüringen, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen an der Regierung beteiligt ist. Meine Kollegin Nadine Hampel und ich werden uns gern vor den Karren spannen lassen, um zu versuchen, die Fraktionen im Hinblick auf ein gemeinsames Biosphärenreservat zusammenzubringen. - Danke.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Bergmann. Ich weiß um das persönliche Engagement Ihrerseits für dieses Projekt; ich kann das sehr gut nachvollziehen. Ich bitte aber um Verständnis dafür, dass ich zu konkreten Haushaltsmaßnahmen angesichts der Frische des Eckwertes nicht Stellung beziehen möchte. Ich kann mir eine ganze Menge vorstellen.
Ich wünsche dem Bürgerbegehren, dass es erfolgreich wird. Ich halte es für eine gute Strategie, in der Region zeitnah zu agieren.
Dank sehr, Herr Minister. - Wir treten in eine Fünfminutendebatte ein. Für die SPD-Fraktion spricht die Abgeordnete Frau Hampel.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich bedanke mich bei den Oppositionsfraktionen für die Gelegenheit, zu diesem Thema zu sprechen; denn es geht um die Zukunft eines Unesco-Biosphärenreservats Karstlandschaft Südharz.
Wir alle in diesem Hohen Hause sind uns über die Bedeutung dieses Biosphärenreservats im Südharz einig. Wir wissen, dass das Biosphärenreservat dort die Möglichkeit bietet, unter anderem eine nachhaltige Regionalwirtschaft zu etablieren und positive Effekte für die Entwicklung des Mittelstandes zu erzielen. Der Titel „Unesco-Biosphärenreservat“ ist am Schluss die Champions League, die wir erreichen wollen. Der Südharz gehört zu Recht dorthin.
In unserem Alternativantrag heißt es: Der Landtag wolle beschließen, das Biosphärenreservat Karstlandschaft Südharz mit den Menschen vor Ort umzusetzen. Im Moment kommt es jedoch aufgrund des Gemeinderatsbeschlusses der Gemeinde Südharz zu vielen Zweifeln daran, ob die Region ein Biosphärenreservat überhaupt noch befürwortet. An diesem Punkt muss man in der Tat genauer hinsehen. Ich sage Ihnen ganz klar: Es gibt deutlich mehr Befürworter als Gegner, auch im Südharz.
Die SPD-Fraktion nimmt den Gemeinderatsbeschluss der Gemeinde Südharz zur Kenntnis, aber - das sage ich ganz klar - wir überbewerten ihn in der jetzigen Situation nicht. Jahrelang sind immer wieder Behauptungen im Hinblick auf wirtschaftliche Einbußen vorgetragen worden. Mein Kollege Barth hat dies schon gesagt. Selbst der MDR war dort und auch im Radio gab es unglaubliche Behauptungen. Solche unqualifizierten Behauptungen sind auch in der Gemeinde Südharz schon vorgetragen worden, allerdings nie wirklich qualifiziert.
Vielmehr resultieren die Vorbehalte, die sich immer wieder gegen ein Biosphärenreservat richten, - das wissen Sie genau - nicht aus dem Unesco-Programm, sie resultieren auch nicht aus der Allgemeinverfügung des Landes, sondern sie resultieren aus den Verordnungen der Naturschutzgebiete, die Verbote enthalten, wie zum Beispiel das Verbot des Ausbringens von Gülle im Naturschutzgebiet Gipskarstlandschaft bei Questenberg. All das wird immer schnell in einen Topf geworfen, und am Schluss ist das Biosphärenreservat für all diese Verbote verantwortlich.
Leider - auch dies wurde schon gesagt - ist es vor Ort nicht gelungen zu erklären, dass man den Naturschutz und das Biosphärenreservat nicht in einen Topf werfen darf. Es gibt viele Gründe dafür, dass das nicht gelungen ist. Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich möchte den Mitarbeitern des
Gleichwohl möchte ich mich auf eine Anhörung beziehen, die wir im Jahr 2010 im Umweltausschuss durchgeführt haben. Damals sagte mein jetziger Kollege Herr Leimbach, seinerzeit noch Präsident des Landesverwaltungsamtes, dazu: Verbesserungen seien im Hinblick auf den personellen Einsatz, der derzeit relativ hoch sei, notwendig. Es seien 20 Mitarbeiter für die Reservatsverwaltung tätig. Ein Großteil des Personals - jetzt kommt es - sei mit technischen Arbeiten befasst. Es sei wünschenswert, dass vermehrt ausgebildete Fachkräfte im Biosphärenreservat tätig würden.
Ich glaube, wir sind uns darin einig, dass wir in der Tat qualifiziertes Personal brauchen, das die nötige Aufklärungsarbeit vor Ort leisten kann.
Herr Dr. Aeikens sprach bereits an, dass durch das Aktionsbündnis „Pro Biosphärenreservat“ 6 500 Unterschriften und fast 200 Bündnispartner gesammelt bzw. geworben worden sind. Das ist in einer sehr kurzen Zeit passiert. Dies zeigt, wie stark die Region hinter diesem Biosphärenreservat steht.
Vertreter dieses Aktionsbündnisses und des Fördervereins sind heute anwesend, verfolgen die Debatte und werden diese Unterschriften in der Mittagspause übergeben. Ich lade Vertreter aller Fraktionen recht herzlich ein, bei dieser Unterschriftenübergabe dabei zu sein.
Ich möchte, weil er mich so sehr bewegt hat, aus einem Brief der Vereinsvorsitzenden des Karstwandervereins, Frau Iris Brauner, vorlesen. Dieser Brief liegt auch Minister Aeikens vor. Sie schreibt darin:
„Was ich in den letzten Wochen erlebt habe, kann ich nicht in Worte fassen. Fassungslosigkeit und Ohnmacht wechseln sich ab. Wie erkläre ich meiner Nichte, dass es kein Fledermauscamp mehr geben wird? Wie soll der Verein die Pflege des Karstwanderweges absichern, wenn er nicht mal über eine Motorsense verfügt? Seit 20 Jahren bemühen sich viele Menschen, Vereine und Gemeinden darum, die Südharzer Karstlandschaft überregional bekannter zu machen. Erste Erfolge werden sichtbar.“
„Sehr geehrter Herr Dr. Aeikens, im Namen des Vereins Südharzer Karstlandschaft, dem auch sechs Ortsbürgermeister der Gemeinde Südharz angehören, bitte ich Sie aufrichtig um Unterstützung.“
Dieser Brief ging mir schon sehr nahe. Ich weiß, dass mittlerweile viele Briefe dieser Art den Minister erreicht haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Voraussetzungen für die Antragstellung bei der Unesco liegen vor, nämlich die Erfüllung des Kriterienkatalogs der Unesco. Die Kriterien erfüllen wir bis auf einen Punkt; aber hierbei handelt es sich auch nicht um ein Kriterium der Unesco, sondern um ein Kriterium des Nationalen Komitees: Wir brauchen eine 100-prozentige Zustimmung aller Gemeinden. Diese haben wir allerdings bis zum heutigen Tage nicht.
Herr Minister, Sie haben davon gesprochen, dass wir alle Mut, Kraft und Geduld aufbringen müssen. Ich versichere Ihnen: Die SPD hat all dies. Wir haben Mut und Kraft und wir haben Geduld. Deshalb werden wir an dem Ziel der Antragstellung bei der Unesco für das Biosphärenreservat Karstlandschaft Südharz weiter festhalten. - Vielen Dank.
Frau Kollegin Hampel, vielen Dank für Ihre klaren Worte zum Biosphärenreservat. Ich möchte Sie, weil Sie zur Vergangenheit relativ wenig gesagt haben, Folgendes fragen: Was waren aus Ihrer Sicht die Gründe dafür, dass sich die Gemeinde Südharz gegen die internationale Anerkennung des Biosphärenreservats ausgesprochen hat?
Wie Sie vorhin bereits gehört haben, war auch ich bei den Verhandlungen im Ministerium zugegen. Als Gründe wurden immer wieder die gleichen Behauptungen vorgetragen, nämlich wirtschaftliche Nachteile, die durch das Biosphärenreservat zu erwarten seien, und zwar in der Region bei der Ausweisung von Flächen für das Industriegebiet oder den Gewerbepark, für die sich dort ansiedelnde Holzindustrie und für die Landwirtschaft, die, wie ich auch schon sagte, befürchtet, dass ihr bestimmte Dinge wie das Ausbringen von Gülle dann nicht mehr erlaubt sind. Das sind im Wesentlichen die Gründe, die ich immer wieder gehört habe.
Wie gesagt: Bei der Veranstaltung vor der Gemeinderatssitzung, als Minister Aeikens bei uns vor Ort war, hätten diese Skeptiker - so möchte ich sie einmal nennen - die Möglichkeit gehabt, qualifiziert vorzutragen, was ihnen seit dem Jahr 2009, seit dem wir ein nach Landesrecht ausgewiesenes Biosphärenreservat haben, bis heute an Nachteilen durch das Biosphärenreservat entstanden ist. Aber es wurde nichts vorgetragen. Es wurde lediglich auf ein Naturschutzgebiet Bezug genommen,
nämlich auf den Uhufelsen bei Questenberg. Dieser ist schon, so glaube ich, im Jahr 1912 unter Schutz gestellt worden. Seitdem gibt es dort Flächen, die nicht bewirtschaftet werden dürfen.
Herr Aeikens hatte ausdrücklich angeboten, ein Gespräch mit den Eigentümern dieses Uhufelsens zu führen und sich darüber zu verständigen, wie dort weiter vorgegangen werden kann. Ich möchte Ihnen sagen, was passiert ist: Von diesen Eigentümern - es gibt mehrere Eigentümer; ich kenne die genaue Zahl nicht - ist nur einer ins Ministerium gekommen. Das halte ich für eine wirkliche Sauerei.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte es relativ kurz machen; denn ich hatte vorhin bei der Einbringung schon die Chance, etwas dazu zu sagen.
Ich möchte auf vier Problemkreise aufmerksam machen, die meines Erachtens in den zukünftigen Ausschusssitzungen und vor allem hinsichtlich der Wirkung des Landtages nach außen zwingend zu beachten sind.
Erstens. Wir brauchen ein Zeitfenster, das nicht nur bis zum Ende des Bürgerentscheids - wenn man von einem solchen ausgeht - reicht, sondern das über das Jahr 2013 hinaus reicht. Dazu sollten wir uns zwingend verständigen. Es ist nicht zu schaffen, bis Ende 2013 zu endgültigen Entscheidungen zu kommen, wie es der Minister vorhin gesagt hat.
Zweitens. Wir brauchen ab dem Jahr 2014 zwingend eine Absicherung im Haushalt seitens dieses Hohen Hauses, um den Prozess des von allen Gewollten, nämlich der Bildung des Biosphärenreservats Südharz, fortzuführen.