Herr Minister, Sie sagten, eine Antifa braucht auch eine Anti-Antifa. Ich möchte Sie fragen, ob Sie diese Aussage aufrechterhalten eingedenk der Tatsache, dass der Begriff Anti-Antifa ein stehender Begriff der militanten Neonaziszene ist, unter dem bewusst zur Jagd auf antifaschistisch engagierte junge Leute, auf antifaschistisch engagierte Demonstrantinnen und Demonstranten aufgerufen wird.
- Sie haben mir die Frage gestellt, lassen Sie sie mich doch beantworten. - Ich habe Ihnen gesagt, dass mir nicht bekannt ist, dass diese Begrifflichkeit von denjenigen besetzt ist, die Sie genannt haben.
Dieser Begriff wird unter anderem auch von Politologen in Vorträgen verwendet. Wenn Sie der Auffassung sind, dass das ein Begriff ist, der eventuell belastet ist - was ich nicht weiß -, dann danke ich Ihnen für diesen Hinweis, weil ich dann zukünftig meinen Duktus ändern werde. Denn ich bin mit Ihnen einer Meinung, dass wir nicht die aufwerten dürfen, die wir gemeinsam bekämpfen. - Danke.
Herr Stahlknecht, stimmen Sie mit mir darin überein, dass Demokratie auch die harte Auseinandersetzung in der Sache braucht, und zwar gerade dann, wenn es darum geht, welches der richtige
Weg zu ihrer Verteidigung ist, weil sich dieser Weg nicht durch irgendeine inhärente Wahrheit ergeben kann, sondern im Streit und in der Auseinandersetzung gefunden werden muss?
Wir fahren in der Debatte fort. Als Nächster spricht Herr Abgeordneter Kolze für die Fraktion der CDU.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unser Innenminister Holger Stahlknecht hat angekündigt, nach Möglichkeiten zu suchen, wie verfassungsfeindliche Personen vom öffentlichen Dienst und von politischen Wahlämtern ferngehalten werden können. Als Denkanstoß zur Verhinderung einer Kandidatur von zum Beispiel Rechtsextremisten für öffentliche Ämter schlug der Minister die Möglichkeit der Einrichtung eines so genannten Extremistenbeschlusses vor und hat uns alle zu einem gemeinsamen offenen Meinungsbildungsprozess eingeladen.
Die CDU-Fraktion möchte das Vorhaben des Innenministers ausdrücklich unterstützen und erwartet hierzu einen Konsens aller Fraktionen. Die Grundfrage jedes Verfassungsstaates ist es, wie liberal er sein kann und wie streitbar er sein muss gegenüber denjenigen, die seine Grundprinzipien nicht bejahen oder gar bekämpfen.
Wir halten es für selbstverständlich, dass ein Bewerber für den öffentlichen Dienst seine strikte Loyalität gegenüber dem demokratischen Verfassungsstaat erklären und auch danach handeln muss. Wer gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung eintritt, sollte von der Mitbestimmung über die Geschicke unserer Gemeinden und unseres Landes ferngehalten werden.
Sehr geehrte Damen und Herren! Artikel 33 Abs. 4 unseres Grundgesetzes begründet für Angestellte im öffentlichen Dienst ein öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis. Nach Artikel 91 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt sind Beamte und Angestellte des öffentlichen Dienstes Diener des ganzen Volkes, nicht einer Partei oder einer sonstigen Gruppe. Sie haben ihr Amt unparteiisch und nach sachlichen Gesichtspunkten auszuüben.
Für Beamte ist diese politische Treuepflicht somit verfassungsrechtlich statuiert, wonach sich der Beamte durch sein ganzes Verhalten zu der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und deren Strukturprinzipien, wie unter anderem zur Achtung der Menschenrechte, der Volkssouveränität oder der Gewaltenteilung, zu bekennen und für deren
Erhaltung einzutreten hat. Wohlgemerkt: Dies bedeutet die Identifizierung mit der Verfassung, nicht mit der Regierung. Diese politische Treuepflicht wird durch die beamtenrechtlichen politischen Mäßigungsgebote konkretisiert.
Das Bundesverfassungsgericht hält es für verfassungsgemäß, dass Beamten, die Mitglieder einer noch nicht verbotenen Partei sind, die jedoch vonseiten der Exekutive für verfassungswidrig gehalten wird, die hinreichende Erfüllung der dienstrechtlichen Treuepflicht abgesprochen wird. Das Erfordernis, als Beamter die Gewähr zu bieten, jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung einzutreten, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine Zulassungsvoraussetzung für den öffentlichen Dienst. Der Staat darf Bewerber, die die freiheitlich-demokratische Grundordnung bekämpfen, von einer Ausbildung ausschließen, auch wenn diese außerhalb des Beamtenverhältnisses erfolgt.
Eine grundsätzlich weniger intensive Verfassungstreuepflicht wird den Bediensteten auferlegt, die vertraglich in privatrechtlicher Form beschäftigt sind.
Die politische Treuepflicht fordert jedoch in jedem Falle, wie das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich hervorgehoben hat, mehr als nur eine formal korrekte und im Übrigen uninteressierte, innerlich distanzierte Haltung gegenüber Staat und Verfassung. Der Beamte ist vielmehr verpflichtet, seiner positiven Einstellung zu den Grundentscheidungen des Grundgesetzes nach außen hin Ausdruck zu verleihen.
Die Pflicht, für die freiheitlich-demokratische Grundordnung einzutreten, umfasst auch die Verpflichtung, alles zu unterlassen, was geeignet ist, den Anschein zu erwecken, verfassungsfeindliche Ansichten Dritter zu teilen oder zu fördern. Dem Beamten ist es verboten, verfassungsfeindliche Aktivitäten zu propagieren oder verfassungsfeindliches Gedankengut zu verbreiteten.
Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass diese verfassungsrechtlichen Grundsätze auch für die kommunalen Wahlbeamten und die Ehrenbeamten gelten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Werte der Verfassung sind aber keine Prinzipien, die aus sich heraus allein existieren können; vielmehr sind alle dem Rechtsstaat zur Verfügung stehenden Instrumente auszuschöpfen, um die Einhaltung und den Fortbestand dieser Werte sicherzustellen.
Der Minister hat bereits ausführlich darüber gesprochen, dass im Hinblick auf die Wirrnisse der Weimarer Republik eine Demokratie stets wehrhaft ausgestaltet sein muss. Als Schutzmechanismus für eine wehrhafte Demokratie kann auch die ausdrückliche Erklärung der Angehörigen des öffent
Im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern existiert ein solcher Erlass. Im Jahr 2007 wurde ein Extremistenbeschluss getroffen, der allen Bewerbern für haupt- und ehrenamtliche Bürgermeister- und Landratsämter vorschreibt, sich zum Grundgesetz zu bekennen.
Daran anlehnend verfügte die Sozialministerin von Mecklenburg-Vorpommern Frau Manuela Schwesig einen Erlass, der von Kita-Mitarbeiterinnen ein klares Bekenntnis zur Verfassung verlangt. Hintergrund dieses Erlasses waren mehrere Bestrebungen von Rechtsextremen um Kita-Trägerschaften. So wollte unter anderem im Kreis Demmin ein NPD-Mitglied eine von der Schließung bedrohte Kita leiten. Es bestand die Sorge, dass Rechtsextreme Träger von Kindergärten werden.
Der Erlass wurde nicht nur von der CDU-Regierungsfraktion, sondern auch von den GRÜNEN und dem Zentralrat der Juden ausdrücklich gelobt.
Viel Wirbel und Diskussionen zeigten sich in den letzten Tagen aufgrund des Vergleichs des Engagements unserer Landesregierung mit der fälschlicherweise als Radikalenerlass bezeichneten Vereinbarung der Ministerpräsidenten aus dem Jahr 1972, die übrigens Willy Brandt als damaliger Bundeskanzler ebenfalls unterzeichnet hat. Faktisch wurde in diesem Erlass nur an die Verfassungstreue der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes erinnert und damit auf geltendes Recht hingewiesen.
Der Modus der Überprüfung, nämlich die Regelanfrage beim Verfassungsschutz, wurde aufgrund zahlreicher Proteste zu Recht gestrichen; dadurch wurde der Erlass entschärft. Eine solche Regelanfrage vor jeder Einstellung in den öffentlichen Dienst ist von niemandem gewollt und steht nicht zur Diskussion.
Der Herr Minister hat uns soeben eine gestufte Ausrichtung eines Extremistenbeschlusses für das Land Sachsen-Anhalt vorgeschlagen. Bei Wahlen von haupt- und ehrenamtlichen Bürgermeistern sowie von Landräten werden eine Belehrung über die Pflicht zur Verfassungstreue und eine durch Unterzeichnung zu bestätigende Erklärung zum Einsatz für die freiheitlich-demokratische Grundordnung vorgenommen. Anschließend prüft ein Wahlausschuss innerhalb von drei Wochen die Verfassungstreue der Kandidatinnen und Kandidaten. Bei Zweifeln an der Verfassungstreue der Kandidatinnen und Kandidaten ist eine Einzelfallprüfung vorzunehmen. Eine solche gestaffelte Ausrichtung könnten wir uns auch in SachsenAnhalt sehr gut vorstellen.
Fragebögen an die Kandidatinnen und Kandidaten auszugeben, in denen etwa die Haltung zum Holocaust oder zur Asylpolitik der Bundesrepublik abgefragt wird?
Übrigens wurde in Mecklenburg-Vorpommern der bereits mehrfach erwähnte Extremistenbeschluss kürzlich in § 66 Abs. 4 des dortigen Landes- und Kommunalwahlgesetzes einfachgesetzlich ausgestaltet.
Demnach entscheidet der zuständige Wahlausschuss über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 2 des Beamtenstatusgesetzes, wonach die zur Wahl stehende Person die Gewähr dafür bieten muss, jederzeit für die freiheitlichdemokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzutreten. Sofern Anhaltspunkte Anlass zu Zweifeln geben, kann die Rechtsaufsichtsbehörde im Rahmen ihrer Prüfung Auskünfte über die Bewerberin oder den Bewerber bei der Verfassungsschutzbehörde einholen.
Diesem Regelungsbeispiel könnten auch wir folgen. Die Erklärung, die jede Kandidatin oder jeder Kandidat bei Wahlen zum haupt- oder ehrenamtlichen Bürgermeister oder zum Landrat abzugeben hätte, könnte wie folgt formuliert werden:
„Erstens. Ich werde mich jederzeit durch mein gesamtes Verhalten zur der freiheitlich-demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für ihre Einhaltung eintreten.
Zweitens. Ich erkläre, dass ich nicht Mitglied in einer Partei oder sonstigen Gruppierung mit einer der Verfassungsordnung widersprechenden Zielsetzung bin und auch sonst in keiner Weise Bestrebungen unterstützt habe und unterstützen werde, deren Ziele gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung oder gegen eines ihrer grundlegenden Strukturprinzipien gerichtet sind.“
Diese Erklärung wäre dann als ein klares Bekenntnis zur Demokratie und zum Rechtsstaat von jeder Kandidatin und jedem Kandidaten vor einer Wahl zum Bürgermeister oder zum Landrat zu verstehen. Auch hätte die abzugebende Erklärung im Kontext mit dem Fragebogen eine nachhaltig belehrende Funktion, indem an die Verfassungstreue der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes erinnert wird.
Will nun jemand ein öffentliches Amt übernehmen, der sich nicht zweifelsfrei zum Grundgesetz bekennt, könnte dieser Kandidat durch einen Wahlausschuss zu seiner Verfassungskonformität genauer befragt und gegebenenfalls auch abgelehnt werden.
Hierdurch muss jedem klar werden, dass der Rechtsstaat kein zahnloser Tiger ist. Eine solche Regelung hätte im Hinblick auf eine wehrhafte Demokratie eben auch präventiven Charakter und
Eine Generalüberwachung mit Regelanfrage beim Verfassungsschutz wird durch eine solche Regelung nicht begründet. Eine solche wird es mit uns auch nicht geben.