Protokoll der Sitzung vom 07.05.2020

(Zuruf)

(Heiterkeit)

Dass Sie das lustig finden, ist interessant. Die Leute, die krank geworden sind, weil Sie sie in einer Massenunterkunft haben leben lassen, finden das sicherlich nicht so lustig.

Zum Zweiten habe ich die Frage, ob Sie die Angaben des UNHCR zur Zahl der Minderjährigen in Moria anzweifeln.

Herr Minister, bitte.

Wissen Sie, Ihre erste Frage ist so abenteuerlich, dass sie richtig schwierig zu beantworten ist. Sie sagen, Sie möchten nicht, dass die Personen in großen Einrichtungen untergebracht werden. Das heißt im Umkehrschluss, Sie wollen, dass sie in kleineren Einheiten untergebracht werden. Da das Territorium, auf dem ich das tun kann, das Bundesland Sachsen-Anhalt ist, muss ich sie irgendwo auf dem Territorium dieses Bundesland in kleineren Einheiten unterbringen. Dieses Territorium setzt sich zusammen aus Ortschaften, Gemeinden und Landkreisen. Wenn ich irgendwo auf diesem Territorium Menschen unterbringe, dann muss ich sie in irgendeiner Gemeinde unterbringen, die einem Landkreis angehört. Nichts anderes habe ich gesagt.

Selbst wenn wir alle bei Ihnen zu Hause unterbringen würden, dann wäre es immer noch Ihre Gemeinde, die Stadt Halle, mit der man dann reden müsste. Insofern habe ich Ihre erste Frage offensichtlich nicht verstanden oder Sie wollten anregen, dass man sie in anderen Bundesländern - aber auch dort gibt es Gemeinden - unterbringt. Das wird nicht funktionieren.

Zu dem zweiten Punkt sage ich Ihnen ganz deutlich: Ich verbitte mir die Unterstellung, dass durch mein Agieren die Leute krank geworden sind. Das weise ich zurück, auch für meine Mitarbeiter. Vielleicht mäßigen Sie sich einmal ein bisschen mit solchen Unterstellungen. Das mache ich Ihnen gegenüber auch nicht.

(Zurufe)

In Griechenland gibt es eine Vielzahl an Flüchtlingen, das weiß ich. Dass es dort eine humanitäre Katastrophe gibt, wissen wir auch. Aber wir sagen, Katastrophen sind gemeinsam zu lösen - auch für die Minderjährigen, für die Eltern, für die Geschwister - und eben nicht im Alleingang durch Deutschland. Nichts anderes habe ich gesagt.

(Zustimmung)

Herr Minister, Frau Abg. Quade hat eine Nachfrage.

Herr Minister, ich habe Ihnen eine konkrete Frage gestellt. Sie haben in Ihrer Rede vorgetragen, den Minderjährigen müsse man schon helfen, aber man müsse vor allem darauf achten, dass die auch wirklich minderjährig seien. Sie haben sich dafür das Gejohle der AfD abgeholt. Das scheint Ihnen ja sehr wichtig zu sein.

(Zuruf)

Was habe ich mir abgeholt?

(Zurufe)

Meine Frage ist, ob Sie die Zahlen des UNHCR zur Zahl der Minderjährigen im Lager Moria anzweifeln.

Ich habe in meiner Rede die Zahlen nicht angezweifelt. Ich habe gesagt, dass von denen, die hierhergekommen sind und die als minderjährig galten, möglicherweise nicht alle minderjährig waren. Wenn welche herkamen, die möglicherweise nicht minderjährig waren, stellt das noch lange nicht die Zahlen infrage, die für Griechenland genannt werden. Insofern verstehe ich Ihre Frage schon wieder nicht.

Sie hätten mich nach der Zahl der Minderjährigen fragen können, die hier angekommen sind, und danach, wie viele davon möglicherweise nicht

als solche galten. Ich habe Ihnen lediglich aus einer Telefonschaltkonferenz mit meinen 15 Länderkollegen und dem Bundesinnenminister berichtet, in der thematisiert worden ist, dass wir bei Minderjährigen, die aus humanitären Gründen hierherkommen, die Erwartungshaltung haben, dass es sich auch um Minderjährige handelt. Das hat mit den Zahlen in Griechenland überhaupt nichts zu tun.

Vielen Dank, Herr Minister. Ich sehe keine weiteren Fragen. - Wir steigen nunmehr in die Fünfminutendebatte ein. Der erste Debattenredner wird der Abg. Herr Erben von der SPD-Fraktion sein. Herr Erben, Sie haben das Wort, bitte.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Antragstellerin Fraktion DIE LINKE! Sie greifen in Ihrem Antrag zwei aus meiner Sicht sehr brennende Themen auf. Das ist zum einen das Elend in den Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln und das ist zum anderen die Coronainfektionslage in der ZASt in Halberstadt. Sie wissen als Antragstellerin natürlich, dass es zwischen den Koalitionsfraktionen deutlich unterschiedliche Auffassungen zu diesen Themen gibt. Sie werden erahnen, dass wir Ihren Antrag überweisen werden. Vielleicht ist das auch der Grund dafür, dass Sie den Antrag heute hier eingebracht haben. Das gibt mir die Gelegenheit, die SPD-Position eins zu eins vorzutragen, ohne mich in irgendwelche Kompromissformeln flüchten zu müssen.

Die Situation auf den Inseln, die Situation der unbegleiteten Minderjährigen und der weiteren Personen, die sich dort befinden, ist eine Schande für Europa.

(Zustimmung)

Insoweit sind wir uns vermutlich auch in der Koalition einig. Doch so etwas ist einfach dahergesagt, wenn man weiß, dass es wegen der Verweigerungshaltung von Orbán und Co. sowieso keine europäische Lösung geben wird. Dass es überhaupt zu einem Beginn der humanitären Aufnahme von Minderjährigen kam, ist der Initiative und der Beharrlichkeit des niedersächsischen Innenministers Boris Pistorius zu verdanken. Dass derzeit der Kampf gegen die Coronapandemie den politischen Alltag beherrscht, ist für mich kein Grund, die Aufmerksamkeit für andere Menschen in Not zu vernachlässigen.

Natürlich steht Corona gerade im Mittelpunkt unserer alltäglichen Arbeit. Das Thema hat eine extrem hohe Priorität. Die Menschen haben große Sorgen, weil sie zum Teil ihren Job verlieren

könnten und weil das persönliche Umfeld, gerade die älteren Angehörigen, direkt von der Krankheit betroffen sein könnten. Das darf aber nicht dazu verleiten, in diesen Krisenzeiten das Leid und die Probleme vieler Menschen wegen anderer Themen zu vergessen. Darin unterscheidet sich unsere Haltung von der anderer.

(Zurufe)

Herr Minister Stahlknecht, ich will auf die Äußerung zurückkommen, die Sie getätigt haben, dass Sachsen-Anhalt - Zitat - ein Kind aufnehmen könnte, ohne überfordert zu sein.

(Minister Holger Stahlknecht: Das habe ich so nicht gesagt!)

- Ich glaube, das stand auf dem Facebook-Auftritt und bei Instagram so, also habe ich es einmal wörtlich genommen. Ich weiß, dass man sich mit mehr Aufnahme schwertut.

Aber ich glaube, eine Aussage, dass unser Gesundheitssystem überlastet sein könnte, wenn wir zwei Kinder aufnehmen, war in zweierlei Hinsicht falsch; denn wir machen unser Land kleiner und schwächer, als es ist. Dass wir zügiger als andere Lockerungen der Beschränkungen ermöglichen konnten, liegt doch gerade daran, dass unser Gesundheitssystem funktioniert und dass unsere Strategie gegen die Pandemie greift. Das wird nicht von zwei und auch nicht von 20 Kindern infrage gestellt.

(Beifall)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Corona bekämpfen und Humanität gegenüber Flüchtlingskindern - das ist kein Widerspruch. Sie brauchen gerade jetzt unser politisches Engagement, unsere Empathie und unsere Hilfe. Ich baue darauf, dass sich diese Erkenntnis in Berlin durchsetzt. Ich weiß darum, dass es kein Problem sein wird, dass auch Sachsen-Anhalt viel mehr leisten kann als aktuell. Mein Heimatlandkreis, der Burgenlandkreis, steht dafür ganz sicher bereit. Landrat Götz Ulrich hat seine Bereitschaft bereits öffentlich erklärt.

(Beifall)

Einige abschließende Worte zu der Situation in der ZASt in Halberstadt.

(Zurufe)

Man kann keine 1 000 Menschen in dem Objekt unterbringen und hygienische Mindeststandards in Coronazeiten einhalten wollen. Es war nur eine Frage der Zeit, bis es auch in der ZASt zu einem Ausbruch und zu Quarantänemaßnahmen mit allen schwierigen Begleiterscheinungen kommt. Das zuständige Landesverwaltungsamt muss sich schon die Frage gefallen lassen, ob man darauf

ausreichend vorbereitet war. Wenn 1 000 Menschen in Quarantäne geschickt werden, dann muss zumindest die Verpflegung klappen und es muss ein Mindestmaß an Infektionsvermeidung möglich sein.

Ich habe fast drei Jahre lang auf einem Kasernenflur gelebt und weiß, dass es dort eigentlich unmöglich ist, unter Coronabedingungen sozialen Abstand zu halten. Die Flure sind übrigens noch dieselben. Deswegen ist das deutliche Herunterfahren der Belegung der ZASt dringend notwendig und richtig gewesen. Aber auch mit 500 Personen wird es dort schwierig sein, infektionsvermeidend zu leben. Deswegen ist der eingeschlagene Weg der Dezentralisierung richtig und muss weiter fortgeführt werden. Das senkt die Infektionsgefahr in der ZASt in Halberstadt

(Zuruf)

und überfordert die Landkreise in der aktuellen Situation nicht.

Ich darf die Überweisung des Antrags zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Inneres und Sport und zur Mitberatung in den Sozialausschuss beantragen. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung)

Vielen Dank, Herr Abg. Erben. Ich sehe keine Wortmeldungen. - Wir kommen zu dem nächsten Debattenredner. Für die AfD-Fraktion spricht der Abg. Herr Siegmund. Herr Siegmund, Sie haben das Wort, bitte.

Vielen Dank. - Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Jeder Bürger unseres Landes, der in dieser schwierigen Phase aktuell in Schwierigkeiten steckt, sollte jetzt ganz besonders aufhorchen. Aufhorchen sollte vor allem jeder Bürger, dessen Job gefährdet ist, der sich in Kurzarbeit befindet, dessen Lebenswerk aktuell innerhalb weniger Wochen zerstört wurde, und vor allem jeder Bürger, der arbeiten geht und Steuern zahlt. Wir stehen aktuell vor einer der größten volkswirtschaftlichen Katastrophen seit Jahrzehnten. Vielen wird aktuell die Existenzgrundlage entzogen und viele fragen sich zu Recht: Was macht eigentlich die aktuelle Politik, um mir zu helfen?

Was die Politik macht, das will ich Ihnen anhand eines Antrages der LINKEN aufzeigen, der heute im Prioritätenblock, also als einer der wichtigsten Punkte des Tages, behandelt wird. Die LINKEN fordern für Sie, liebe Bürger. Sie fordern Folgendes: Sie fordern, dass wir unverzüglich und sofort mehr Asylbewerber aus den griechischen Lagern aufnehmen. Sie fordern, dass wir in der Zentralen

Aufnahmestelle untergebrachte Asylbewerber in Hotels einquartieren. Und sie fordern, dass wir sogenannte anonyme Krankenscheine einführen, damit illegalen Personen eine auskömmliche medizinische Grundversorgung zuteilwird.

Liebe LINKE, ich stelle mir hier ganz klar die Frage: Haben Sie keine anderen Sorgen? Sind Ihnen die Menschen da draußen, die übrigens Ihre Diäten und die steuerliche Hängematte für Ihre Vereinsmitarbeiter finanzieren,