Protokoll der Sitzung vom 16.12.2016

(Zustimmung von Hendrik Lange, DIE LINKE)

Laut Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft ist es 95 % der Menschen in unserem Land wichtig oder sogar sehr wichtig, Lebensmittelabfälle zu vermeiden. Ich denke, wir sollten darin ein Signal sehen. Unsere Lebensmittel sind zu kostbar und zu gut für den Müll. Deshalb müssen wir auch konkrete Antworten geben und Lösungen umsetzen, um Lebensmittelverschwendung zu verringern bzw. zu verhindern. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Höppner. - Ich sehe keine Anfragen. Damit erteile ich für die Landesregierung der Ministerin Frau Grimm-Benne das Wort. Sie haben das Wort, Frau Grimm-Benne.

Schönen Dank. - Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Sie haben es schon gesagt, etwa 11 Millionen t Lebensmittel landen nach Angaben der antragstellenden Fraktion pro Jahr in Deutschland im Müll. Andere Schätzungen gehen sogar von 18 oder 20 Millionen t aus.

Darunter sind laut einer Studie der Universität Stuttgart - Sie haben sie auch zitiert - etwa

2 Millionen t Lebensmittel, die Industrie und Großverbraucher wegwerfen. Das geschieht nur deshalb, weil diese von bestimmten Normen abweichen oder falsch gelagert werden. Der Lebensmitteleinzelhandel selbst entledigt sich etwa

550 000 t. Rein rechnerisch werden pro Kopf in Deutschland also jährlich Lebensmittel im Wert von etwa 235 € vernichtet. Insgesamt sind es 21,6 Milliarden €.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! All diese Zahlen zeigen, wir müssen den Wert von Lebensmitteln wieder schätzen lernen. Damit meine ich keinesfalls ausschließlich den monetären Wert. Einerseits gibt es scheinbar Lebensmittel im Überfluss, andererseits gehen die Lebensmittelspenden zurück. Das sagen auch mir die Tafeln in Sachsen-Anhalt.

Die Verbraucherschutzministerkonferenz hat sich letztmalig im April 2016 mit dem Thema Lebensmittelverschwendung befasst. Einstimmig wurde gefordert, gemeinsam mit dem Bund eine nationale Strategie zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung zu erarbeiten. Dies geschah nicht zuletzt vor dem Hintergrund der von den Vereinten Nationen festgelegten Zielsetzung, die Lebensmittelverschwendung weltweit um 50 % zu reduzieren.

Auch hat die Verbraucherschutzministerkonferenz den Bund um Prüfung gebeten, ob ein Wegwerfverbot nach französischem Vorbild insbesondere vor dem Hintergrund eigentumsrechtlicher Fragestellungen zulässig ist. Daneben sind sicherlich auch lebensmittelhygienische Fragen betroffen.

Nicht unbetont lassen möchte ich, dass sich der Bundesverband der Tafeln e. V. gegen die Einführung eines solchen Wegwerfgesetzes nach französischem Vorbild ausgesprochen hat. Von wesentlich stärkerer Bedeutung erachten die Tafeln die Themen Ernährungsbildung in Kitas und Schulen oder auch die Schaffung von Abfallvermeidungsstrategien für Lebensmittel.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Das Land Sachsen-Anhalt, das Landesamt für Umweltschutz nimmt sich der Thematik „Vermeidung von Lebensmittelabfällen“ konkret an. Erst kürzlich, am 8. Dezember 2016, hat das Landesamt - selbstverständlich nach Zustimmung des Finanz- und des Umweltausschusses - ein Gutachten zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen in Auftrag gegeben.

Das Ziel ist es, landesspezifische Maßnahmen, Vorschläge und Unterstützungsmöglichkeiten für Akteure herauszuarbeiten. Dieses Gutachten wird voraussichtlich im zweiten Halbjahr 2017 vorliegen. Nach Auswertung wird das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie sind konkrete Ergebnisse im vierten Quartal 2017 zu erwarten.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Teils aufwändig erzeugte Lebensmittel müssen dorthin gelangen, wo sie hingehören, auf den Tisch und nicht in den Abfalleimer.

(Zustimmung bei der SPD, bei der LINKEN und von Wolfgang Aldag, GRÜNE)

- Danke. - Dass der Lebensmitteleinzelhandel in Sachsen-Anhalt für dieses Thema sensibilisiert ist, zeigen viele Beispiele, wie etwa der REWEGruppe, die hierfür im Jahr 2013 vom Bundesverband der Tafeln e. V. ausgezeichnet worden ist. Dennoch bedarf es einer gemeinsamen Anstrengung, damit Lebensmittelabfälle verringert werden können, vom Produzenten bis zum Endverbraucher. Ich möchte insofern eine Gesamtstrategie des Landes Sachsen-Anhalt auf der Basis der bereits genannten Studie anregen. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Ich sehe keine Anfragen. Somit können wir in die Fünfminutendebatte einsteigen. Der erste Debattenredner ist für die CDU-Fraktion Herr Radke.

Ich denke, dass vielleicht auch eine kleine Bemerkung angebracht ist. Wir sind beim letzten Tagesordnungspunkt doch recht wenige. Vielleicht ist es dem Umstand geschuldet, dass sie in der Kantine nicht so viele Lebensmittel als Rückstand hinterlassen wollen.

(Zustimmung bei der AfD)

Bitte, Sie haben das Wort.

Recht schönen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Ausführungen meiner Vorredner, des Herrn Höppner und der Frau Ministerin, speziell die Zahlen und Schätzungen zu der Menge der weggeworfenen Lebensmittel decken sich mit meinen Ausführungen. Deshalb möchte ich meine Rede zu Protokoll geben.

(Zustimmung von Rüdiger Erben, SPD)

(Zu Protokoll:)

Etwa 11 Millionen t Lebensmittel landen nach Angaben der antragstellenden Fraktion pro Jahr in Deutschland im Müll. Andere Schätzungen gehen von 18 oder gar von 20 Millionen t aus.

Darunter sind laut einer Studie der Universität Stuttgart etwa 2 Millionen t Lebensmittel, die die Industrie und Großverbraucher wegwerfen. Das nur deshalb, weil diese von bestimmten Normen

abweichen oder falsch gelagert werden. Der Lebensmitteleinzelhandel selbst entledigt sich von etwa 550 000 t.

Rein rechnerisch werden pro Kopf in Deutschland also jährlich Lebensmittel in einem Wert von etwa 235 € vernichtet - insgesamt also 21,6 Milliarden €.

All diese Zahlen zeigen: Wir müssen den Wert von Lebensmitteln wieder schätzen lernen. Und damit meine ich keinesfalls ausschließlich den monetären Wert. Scheinbar gibt es Lebensmittel im Überfluss - andererseits gehen Lebensmittelspenden zurück. Das sagen mir etwa die Tafeln in Sachsen-Anhalt.

Die Verbraucherschutzministerkonferenz hat sich letztmalig im April 2016 mit dem Thema Lebensmittelverschwendung befasst. Einstimmig wurde gefordert, gemeinsam mit dem Bund eine nationale Strategie zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung zu erarbeiten. Dies nicht zuletzt vor dem Hintergrund der von den Vereinten Nationen festgelegten Zielsetzung, die Lebensmittelverschwendung weltweit um 50 % zu reduzieren. Auch hat die Verbraucherschutzministerkonferenz den Bund um Prüfung gebeten, ob ein Wegwergverbot nach französischem Vorbild insbesondere vor dem Hintergrund eigentumsrechtlicher Fragestellungen zulässig ist. Daneben sind sicherlich auch lebensmittelhygienische Fragen betroffen.

Nicht unbetont lassen möchte ich, dass sich der Bundesverband der Tafeln e. V. gegen die Einführung eines solchen „Wegwerfgesetzes“ nach französischem Vorbild ausgesprochen hat. Von wesentlich größerer Bedeutung erachten die Tafeln etwa die Themen Ernährungsbildung in Kitas und Schulen oder auch die Schaffung von Abfallvermeidungsstrategien für Lebensmittel.

Das Land Sachsen-Anhalt - das Landesamt für Umweltschutz - nimmt sich der Thematik „Vermeidung von Lebensmittelabfällen“ konkret an. Erst kürzlich, am 8. Dezember 2016, hat das Landesamt - selbstverständlich nach Zustimmung des Finanz- und das Umweltausschusses - ein Gutachten zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen in Auftrag gegeben. Ziel ist es, landesspezifische Maßnahmenvorschläge und Unterstützungsmöglichkeiten für Akteure herauszuarbeiten. Dieses Gutachten wird voraussichtlich im zweiten Halbjahr 2017 vorliegen. Nach Auswertung durch das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie sind konkrete Ergebnisse im vierten Quartal 2017 zu erwarten.

Teils aufwändig erzeugte Lebensmittel müssen dorthin gelangen, wo sie hingehören: auf den Tisch und nicht in den Abfalleimer. Dass der Lebensmitteleinzelhandel in Sachsen-Anhalt für dieses Thema sensibilisiert ist, zeigen viele Beispiele wie etwa das der Rewe Group, die hierfür vom

Bundesverband der Tafeln e. V. 2013 ausgezeichnet worden ist. Dennoch bedarf es einer gemeinsamen Anstrengung, damit Lebensmittelabfälle verringert werden können - vom Produzenten bis zum Endverbraucher. Ich möchte insofern eine Gesamtstrategie des Landes Sachsen-Anhalt auf der Basis der bereits genannten Studie anregen.

Der nächste Debattenredner ist Herr Loth für die AfD-Fraktion. Herr Loth, Sie haben das Wort. Bitte.

Huch, das war jetzt schnell. - Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! DIE LINKE möchte, dass wir weniger Essen wegwerfen. Dazu kann ich sagen, ich möchte das auch.

(Heiterkeit und Beifall bei der AfD und bei der CDU)

Wenn wir uns die Begründung anschauen, trennen sich unsere Wege aber leider schon wieder. Dort steht, 11 Millionen t Lebensmittel landen jährlich im Müll, ein Teil wird vom Lebensmittelgroß- und -einzelhandel entsorgt. Um herauszufinden, welcher Teil durch die Händler entsorgt wird, wollen wir, wie wir gerade gehört haben, in Sachsen-Anhalt mehrere zehntausend Euro für einen Gutachter ausgeben.

Wenn wir der Grafik einer bereits bezahlten Studie, Herr Höppner, der Universität Stuttgart vom März 2012 glauben, dann dürften das im Mittel zwischen 0,2 und 4,8 Millionen t sein und damit ca. 22 % von den 11 Millionen t, die hier als Abfall auftauchen, die vom Lebensmittelgroß- und -einzelhandel entsorgt werden.

Auffällig oft fallen bei dieser Studie die Wortgruppen „die Abschätzung ist sehr aufwendig“ und „kann sich nicht richtig durchführen lassen“. Es gibt auch keine quantitativen Ergebnisse, die sich berechnen lassen. Mir stellt sich deshalb die Frage, welche Ergebnisse werden wohl bei unserer Studie herauskommen. Ich bin darauf sehr gespannt.

(Swen Knöchel, DIE LINKE: Müllcontainer im Supermarkt!)

Weiter steht in der Begründung, dass die Tafeln gleichzeitig nicht ausreichende, teils rückläufige Lebensmittelspenden beklagten; diesen müsse mit einem Wegwerfverbot nach französischem Vorbild begegnet werden. - Das sind zwei verschiedene paar Schuhe.

Im linken Schuh werden die Bedürftigen in unserem Sozialgefüge immer mehr und die Schere zwischen Arm und Reich klafft immer weiter auf. Das Manifestieren dieser erbärmlichen gesell

schaftlichen Verhältnisse über gesetzgebende Politik, indem die Tafeln hier unterstützt bzw. regelrecht per Gesetz gefördert werden, statt die Ursache zu beheben, ist natürlich abzulehnen. Nach dem Verständnis der AfD brauchen wir natürlich karitative Organisationen und natürlich muss die Tafel unterstützt werden, aber bitte freiwillig.

Im rechten Schuh haben wir die Großmärkte. Ihre betriebswirtschaftlichen Kenntnisse haben sie in Anwendung gebracht und damit auch schon Abfallmengen verringert. Das ist nichts anderes als erfolgreiches Wirtschaften, was unserer Gesellschaft am Ende zugute kommt.

Wenn wir uns das erwähnte französische Vorbild anschauen, dann erkennen wir, wie Sie richtig gesagt haben, dass das Wegwerfverbot nur Supermärkte mit einer Verkaufsfläche von mehr als 400 m² betrifft. Dieser Großhandel ist aber nur für knapp 5 % der entsorgten Lebensmittelmenge verantwortlich. Das von der europäischen Führung herausgegebene Ziel, 50 % des Abfalls einzusparen, ist mit dieser Zielgruppe eine sehr anspruchsvolle Aufgabe. Rein mathematisch ist das auf meiner Wissensstufe nicht lösbar. Aber für komplizierte mathematische Berechnungen, die uns das X zum U machen, sind ja mittlerweile ausgebildete Experten im Plenum anwesend.

Der französische Großhandel ist einer der größten Spender und arbeitet schon eng mit Hilfsorganisationen zusammen. Das entlarvt den plumpen Populismus des französischen und Ihres Antrages.

Gehen wir nun auf die Lebensmittel selbst ein, die weggeworfen werden. Der französische Vorschlag sieht auch vor, dass Lebensmittel als Tierfutter verwendet werden oder auf den Kompost kommen. Hat jemand von Ihnen schon einmal versucht, ein Nahrungsmittel, das ohne Kühlung haltbar ist, zu kompostieren? Da bekommt der Regenwurm Verstopfung.

(Zustimmung bei der AfD)

Einmal ganz davon abgesehen, dass man sich fragen sollte, was uns überhaupt alles als Lebensmittel verkauft wird. Da sind diese vielen tollen Zusätze, die das Verrotten verhindern. Das ist alles sehr bedenklich und muss durch Untersuchungen überhaupt erst einmal geklärt werden. Aber ich hoffe, dass die Studie, die mehrere zehntausend Euro kostet, uns darüber Aufschluss geben wird.