Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Ministerin, ich finde das, was Sie soeben ausgeführt haben, und Ihren Einsatz, was Sie im Bundesrat einbringen wollen, außerordentlich charmant und prima. Dass DIE LINKE vor einigen Jahren auch im Bundestag diesen Vorstoß unternommen und die Umwandlung der Entgeltpunkte beantragt hatte, damit die Ungleichbehandlung der Löhne, die sowohl im Westen als auch im Osten niedriger sind, ein für allemal aufhört, ist klar. Dies ist aber mit den Stimmen der SPD abgelehnt worden.
Meine Frage zielt darauf hin: Was Sie eben alles vorgeschlagen haben, geht in die richtige Richtung, aber warum findet sich das zum Beispiel nicht in den Anträgen der Koalition wieder? Oder ist das nur Ihre persönliche Meinung?
Sie wissen, dass Bundesratsangelegenheiten Ressortzuständigkeiten sind und dass das Sozialministerium im Augenblick auf der Arbeitsebene mit dem Thüringer Sozialministerium, also mit Frau Ministerin Heike Werner, im Gespräch ist und dass wir dies Mitte März in die entsprechenden Ausschüsse des Bundesrates einbringen werden. Dann ist es Angelegenheit des Kabinetts, dem zuzustimmen, damit wir es dann abschließend in den Bundesrat einbringen können.
Ich will noch einmal deutlich sagen: Allein der Thüringer Antrag verhilft uns nicht zur Mehrheit, dazu brauchen wir vielmehr auch Stimmen der strukturschwachen Länder. Deswegen sage ich ganz offen: Ich werde mit Ministerin Heike Werner und mit den anderen Sozialministern der ostdeutschen Länder darüber debattieren und diskutieren, ob sie diesen Antrag unterstützen, sodass wir dann ein paar Stimmen mehr haben. Wir hoffen, dass wir zum Beispiel Schleswig-Holstein und andere Bundesländer, die auch darunter leiden, mit ins Boot bekommen.
Ansonsten muss man sagen, dass diese Versuche wieder scheitern werden; so ähnlich ist es den ostdeutschen Ministerpräsidenten, die dies versucht haben, auf der Ministerpräsidentenkonfe
renz ergangen. Wir brauchen mehr Verbündete, um Mehrheiten für diese Rentenanpassung zu bekommen. Wir sind uns im Kabinett sehr darin einig, dass wir das voranbringen wollen.
Vielen Dank, Frau Ministerin. - Ich sehe keine Fragen. Wir kommen zum nächsten Debattenredner. Es spricht Herr Krull für die CDU-Fraktion. Sie haben das Wort, Herr Abgeordneter.
Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Erneut beschäftigen wir uns heute im Hohen Haus mit dem Thema Rente. Zuletzt haben wir uns damit am 16. Dezember 2016 befasst; damals haben wir einen entsprechenden Antrag der LINKEN beraten und in den Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration überwiesen.
Der heute vorliegende Antrag der LINKEN und der Alternativantrag von CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beschäftigen sich im Wesentlichen mit einem Themenkomplex, welcher in der Bevölkerung sehr intensiv und teilweise sehr emotional debattiert wird, und das zu Recht. Nicht zuletzt konnten wir das bei der DGB-Veranstaltung zu diesem Thema am 31. Januar 2017 erleben. Daran haben einige Landtagskolleginnen und -kollegen teilgenommen.
Die Ost-West-Rentenanpassung wurde in diesem Haus schon mehrfach angesprochen, zuletzt mit dem Beschluss des Landtages der sechsten Wahlperiode in der Drs. 6/4774 am 28. Januar letzten Jahres, also kurz vor der Landtagswahl.
Nun hat die Bundesregierung den Beschluss gefasst, die Ost-West-Rentenanpassung in sieben Schritten bis zum Jahr 2025 vorzunehmen. Dabei soll der Ost-Rentenwert am 1. Juli 2018 auf 95,8 % angehoben werden und dann jährlich um 0,7 % steigen, letztmalig am 1. Juli 2024. Gleichzeitig soll die Höherwertung der ostdeutschen Arbeitsentgelte zum gleichen Zeitpunkt auslaufen.
Die Finanzierung der daraus resultierenden Kosten in Höhe von ca. 3,9 Milliarden € bei einer Anpassung zu 100 % soll zu einem Teil aus der Rentenkasse und zu einem anderen Teil über einen erhöhten Bundeszuschuss erfolgen. Der feste Zuschuss soll im Jahr 2022 200 Millionen €, in den Jahren 2023 bis 2025 600 Millionen € und ab dem Jahr 2025 2 Milliarden € betragen. Dies soll zur Bewältigung der Zusatzausgaben aufgrund der demografischen Entwicklung und der Finanzierung der Renten dienen. Wie gesagt, der Rest soll aus der Rentenkasse fließen.
Die entsprechende Pressemitteilung der Bundesregierung mit dem schönen Titel „Rentenangleichung Ost und West - soziale Einheit bis 2025 vollendet“, die Sie vermutlich kennen, datiert vom 15. Februar 2017.
Vom Grundsatz begrüßen wir als CDU-Landtagsfraktion die Einigung, die einen wichtigen Beitrag zur Vollendung der inneren Wiedervereinigung unseres schönen Landes mit sich bringt.
Wir sehen aber auch die Kritikpunkte. Ich will es hier ganz deutlich sagen: Wir als CDU-Landtagsfraktion unterstützen die Meinung unseres Ministerpräsidenten an dieser Stelle und die von ihm vorgebrachten Kritikpunkte. Es freut mich übrigens, dass auch die LINKEN unserem Ministerpräsidenten zustimmen; das können Sie ruhig öfter tun.
Ich erspare es mir, aus dem Koalitionsvertrag „Deutschlands Zukunft gestalten“ zu zitieren; das wurde bereits ausgiebig getan. Mit der aktuellen Beschlussfassung wird diese Angleichung erst fünf Jahre später und nicht, wie schon vorgesehen, 2020 realisiert.
Auch bei der Festlegung, die Renteneinheit vor diesem Zeitpunkt zu vollenden, genießt der Ministerpräsident die volle Rückendeckung unserer Fraktion. Die gleiche Unterstützung gilt auch in Fragen der Finanzierung. Es handelt sich um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Eine Finanzierung aus Steuermitteln ist daher nur legitim, weil somit alle Bürgerinnen und Bürger beteiligt werden.
Mir ist bewusst, dass wir an dieser Stelle in einem Konflikt zu den Meinungen einzelner Personen in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion bzw. in der Bundesregierung stehen. Doch ich erlaube mir, an dieser Stelle die Brille Sachsen-Anhalts aufzusetzen; denn wir sind als Mitglieder des Landtages dafür gewählt worden, die Interessen der Bevölkerung unseres Bundeslandes vorrangig zu vertreten.
Natürlich müssen Steuern auch erst erwirtschaftet werden. Deshalb gehört für uns als Union eine gute Wirtschaftspolitik als Basis für eine finanzierbare Sozialpolitik zu unserem politischen Selbstverständnis.
In dem bereits zitierten Beschluss des Landtages vom Januar 2016 ist unter Nr. 1 ein Satz formuliert, den ich gern noch einmal vortragen möchte. Nicht alle hier Anwesenden waren damals dabei, inklusive meiner Person. Er lautet: „Eine Lösung darf weder zulasten der Bestandsrentnerinnen und -rentner noch zulasten zukünftiger Rentner
Derzeit bekommen Ost-Rentner 94 % der Rente eines vergleichbaren West-Rentners, während das Durchschnittseinkommen in Ostdeutschland noch um rund 17 % unter dem in Westdeutschland liegt. Deshalb darf die Abschmelzung der Höherwertung der ostdeutschen Einkommen bei der Rentenberechnung nicht abrupt erfolgen, sondern muss angepasst passieren. Denn sonst droht die reelle Gefahr, dass die Generation der heutigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer benachteiligt wird. Hierzu gibt es seitens der Wissenschaft bereits entsprechende Vorschläge, zum Beispiel auch von unserer Otto-von-GuerickeUniversität.
Die Idee ist simpel: Alle nach dem Beginn der Angleichung der Rentenwerte erzielten Erfolge bei der Lohnangleichung werden bei der Rentenberechnung als Bonus berücksichtigt, indem die jährlich erzielten Rentenpunkte beim Renteneintritt nachträglich um den Faktor höher gewertet werden, um den sich die ostdeutschen Löhne seit dem entsprechenden Jahr an das westdeutsche Niveau angeglichen haben.
Ich gebe zu, das hört sich sehr kompliziert an, aber das Rentenrecht ist nun einmal sehr kompliziert. Dieser Prozess muss für alle Beteiligten auch planbar sein. Deswegen können wir dem Vorschlag der Fraktion DIE LINKE nicht folgen. Das, was seitens der LINKEN mit dem Antrag betrieben wird, ist Rosinenpickerei, die auf der Bundesebene und bei anderen Ländern nachvollziehbarerweise keine Zustimmung finden wird.
Ich möchte noch auf das Thema Erwerbsminderungsrente eingehen. Hierzu hat die Bundesregierung mehrfach Verbesserungen beschlossen, so im Jahr 2014, als das Zurechnungsjahr vom 60. Lebensjahr auf das 62. Lebensjahr erhöht wurde, und so auch jetzt, als diese vom 62. Lebensjahr auf das 65. Lebensjahr erhöht wurde. Dies soll nur für Neurentner gelten. Die LINKEN wünschen sich, dass dies für alle Bestandsrentner ebenfalls gilt.
Aber wie im Leben oft steckt der Teufel im Detail. Laut Aussagen der Deutschen Rentenversicherung wäre die Ausweitung der Neuregelung auf alle Erwerbsminderungsrentner mit einem nicht zu leistenden Verwaltungsaufwand verbunden.
Leider bleiben die LINKEN auch an dieser Stelle wieder einmal den Gegenfinanzierungsvorschlag schuldig.
- Es sind Aussagen der Deutschen Rentenversicherung, dass sie nicht in der Lage ist, dies administrativ zu bewältigen.
(Monika Hohmann, DIE LINKE: Die Ren- tenversicherung kann es nicht bewältigen, aber wir können es finanzieren!)
Unabhängig von der aktuellen Debatte werden alle Parteien im Rahmen der anstehenden Bundestagswahl gefragt sein, unsere rentenpolitischen Vorstellungen darzustellen, wie wir uns eine sichere und zukunftsfeste Alterssicherung auch nach dem Jahr 2030 vorstellen.
Nachdem Sie, geschätzte Kollegin Frau Hohmann, bereits im Dezember zwei Lektüretipps gegeben hatten, möchte ich auch eine kleine Literaturempfehlung geben, und zwar das Buch „Zukunftsfeste Rente - neue Impulse für die Alterssicherung“. Hierdurch werden nicht nur Sie, sondern auch der eine oder andere, der sich das Buch organisiert, einen Blick dafür entwickeln - das haben Sie bereits getan -, welche komplexen Herausforderungen die Alterssicherung für unser Land darstellt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Stimmen Sie für unseren Alternativantrag und machen wir gemeinsam deutlich, dass wir für eine schnelle Rentenanpassung und für eine Finanzierung durch Steuermittel derselben ohne eine Benachteiligung der heute im Arbeitsleben stehenden Bürgerinnen und Bürger stehen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. Herr Kollege Krull, es gibt zwei Nachfragen, zunächst von Herrn Gebhardt und dann von Frau Hohmann. - Bitte, Herr Gebhardt, Sie haben das Wort.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Kollege, ich habe zwei Fragen. Erstens. Sie haben eben gesagt, dass Sie sich freuen, dass im Antrag der LINKEN eine Unterstützung der Position des Ministerpräsidenten auftaucht.
Meine Frage: Warum haben Sie diese Unterstützung aus Ihrem Antrag denn herausgestrichen? Wenn die LINKE den Ministerpräsidenten schon einmal in einer Position unterstützt, dann wäre es
Aber in Ihrem Antrag taucht das Wort Ministerpräsident gar nicht auf. Was ist der Grund dafür? Ist er Persona non grata in der Koalition? - Dafür haben wir keine Erklärung, ich frage einfach.
Zweitens. Sie verzichten ausdrücklich auf eine Aufforderung bzw. auf eine Bitte an die Landesregierung, im Bundesrat aktiv zu werden, sondern bitten stattdessen die Bundesregierung vom Landtag aus. Glauben Sie, dass der Effekt bei der Bundesregierung, wenn wir einen solchen Beschluss im Landtag fassen, höher ist, als wenn wir ihn an die Landesregierung adressieren? Oder warum verzichten Sie auf eine ausdrückliche Aufforderung an die Landesregierung, das zu tun, was Frau Grimm-Benne auch angekündigt hat?
Vielen Dank für die Fragen. Erstens. Selbstverständlichkeiten, wie die Unterstützung der Koalitionsfraktionen für unseren Ministerpräsidenten, müssen wir nicht noch einmal in einen Antrag schreiben.