Protokoll der Sitzung vom 05.04.2017

Ich gehe davon aus, dass bereits während des ersten Geltungsjahres der Neuregelungen Erkenntnisse über die Zahl der Neufälle gewonnen werden können, und zwar bezogen auch speziell

auf das Land Sachsen-Anhalt. Diese Möglichkeiten sollten genutzt werden. Zu warten, bis die Ergebnisse des Bundes vorliegen, halte ich im Interesse einer möglichst gerechten Aufteilung der Leistungen zwischen Land und kommunalen Gebietskörperschaften für nicht sachgerecht.

Der Gesetzentwurf enthält daher eine Regelung, die zur Evaluierung und Revision anhält und die eine Überprüfung der Neuverteilung der Finanzierungsanteile zwischen Land und Kommunen ebenfalls bereits nach dem Ablauf eines Jahres vorsieht. Hieraus resultierende Erkenntnisse können so gegebenenfalls noch Eingang in die Haushaltsberatungen für das Jahr 2019 finden. Das entspricht insbesondere dem Bestreben der kommunalen Spitzenverbände, auch wenn diese eine noch weiter gehende Regelung eingefordert haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich hoffe, ich konnte Ihnen heute die wichtigsten Punkte und Anliegen der angedachten landesrechtlichen Regelungen kurz umreißen, und freue mich auf konstruktive und ergebnisorientierte Ausschussberatungen. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Gibt es Fragen an die Frau Ministerin? - Die gibt es nicht. Demzufolge bedanken wir uns ganz herzlich und steigen in die Dreiminutendebatte ein. Für die AfD-Fraktion hat der Abg. Herr Schmidt das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kollegen! Hohes Haus! Die Änderung der Unterhaltsvorschussleistung von der Vollendung des zwölften Lebensjahres auf die Vollendung des 18. Lebensjahres ist sinnvoll. Die Mehrkosten werden in erster Linie vom Bund getragen, der seine Kostenbeteiligung von 30 % auf 40 % erhöht. Die Landesregierung möchte nun die Kosten für die Kommunen von 33 % auf 30 % senken.

Die AfD unterstützt das Vorhaben, ohne die Kommunen zusätzlich zu belasten. Der einzige Kritikpunkt ist der Wegfall des Familienpasses. Begründet wird dies im Antrag mit der geringen Nachfrage. Nach einer kurzen Recherche ist mir aber aufgefallen, dass bereits mehr als 14 000 Pässe ausgegeben worden sind. Bei einer normalen Familie, bestehend aus Mutter, Vater und Kindern, haben somit mehr als 42 000 Bürger in Sachsen-Anhalt den Pass beantragt und auch erhalten. Der Pass verschafft diverse Vorteile, zum Beispiel Rabatte in Museen und bei anderen Vertragspartnern.

Wir als AfD unterstützen grundsätzlich den Gesetzentwurf, erwarten aber, dass der Familienpass erhalten bleibt. Es darf keine Einsparungen bei der Familienförderung geben. Für uns als AfD steht die Familie, vor allem die deutsche Familie, im Mittelpunkt unserer Politik.

(Beifall bei der AfD)

Wir freuen uns über eine lebendige Diskussion im Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration. - Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Es gibt keine Wortmeldungen. - Für die CDUFraktion hat Herr Krull das Wort.

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Eine kurze Vorbemerkung: Für uns als CDU ist jede Familie wichtig, egal welchen ethnischen Hintergrund sie hat.

(Beifall bei der CDU - Zurufe)

Wir beschäftigen uns heute mit der Änderung des Familien- und Beratungsstellenförderungsgesetzes Sachsen-Anhalt. Ziel ist die Umsetzung der Regelungen auf der Landesebene, die sich durch die Änderung des Unterhaltsvorschussgesetzes auf der Bundesebene ergeben.

Ich möchte es für meine Fraktion ganz deutlich sagen: Wir unterstützen die Änderung und die Leistungsverbesserungen für die Betroffenen, und zwar dass über Zwölfjährige noch Anspruch auf Unterhaltsvorschuss haben und dass die maximale Förderungsdauer von 72 Monaten jetzt wegfällt.

Damit wird den Kindern tatsächlich geholfen, wo der Unterhaltspflichtige, meistens der Vater, seinen Pflichten nicht nachkommt - das nicht immer mit Absicht, sondern häufig, weil sein eigenes Einkommen nicht ausreicht bzw. nicht über dem Freibetrag liegt.

Diejenigen, die leistungsfähig sind, müssen ihren Verpflichtungen nachkommen und gegebenenfalls durch staatliches Handeln mit aller Konsequenz dazu gebracht werden, ihrer Verantwortung rundum gerecht zu werden.

Sehr kritisch sehen wir aber das Verhalten des zuständigen Bundesministeriums an dieser Stelle, mit Ministerin Manuela Schwesig an der Spitze, die in dem ersten Entwurf das Gesetz zum 1. Januar 2017 rückwirkend in Kraft setzen wollte, eine für die Kommunen kaum zu leistende Aufgabe. Das hat, Gott sei Dank, der Bundesrat gemeinsam wegverhandelt, sodass die Änderung zum 1. Juli 2017 wirksam werden soll.

Das ist eine vernünftige Regelung, genauso wie die Regelung, dass Kinder ab dem zwölften Lebensjahr, die bereits im SGB-II-Leistungsbezug sind, nicht in dieses System hineinkommen, sondern im bisherigen System verbleiben; denn der Unterhaltsvorschuss würde angerechnet werden. Es würde nur einen bürokratischen Mehraufwand bedeuten, ohne dass die Kinder etwas davon hätten.

Es wurde schon erwähnt: 40 % der Gesamtkosten übernimmt zukünftig der Bund. Die verbleibenden 60 % teilen sich das Land und die Kommunen in Sachsen-Anhalt.

Die Mehraufwendungen bei den Kommunen für die Verwaltungs- und Vollzugskosten in Höhe von ca. 1,05 Millionen € - so die Schätzungen - werden fast vollständig - so sagt es zumindest die Prognose - durch die Absenkung des kommunalen Anteils von 33,3 % auf 30 % der Gesamtkosten ausgeglichen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist richtig und sehr wichtig, dass wir dieses Gesetz zum 31. Juli 2018 daraufhin überprüfen, ob diese Annahme tatsächlich so eintritt oder ob wir nachsteuern müssen. Wir als CDU-Landtagsfraktion und als Koalition lassen die Kommunen an dieser Stelle nicht im Stich.

In diesem Sinne bitte ich um Überweisung des Gesetzentwurfes zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration und zur Mitberatung in den Ausschuss für Finanzen sowie in den Ausschuss für Inneres und Sport. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Danke, Herr Krull. - Wir fahren in der Debatte fort. Es spricht für die Fraktion DIE LINKE die Abg. Frau Hohmann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit Langem fordert DIE LINKE neben einer eigenständigen und armutsfesten Kindergrundsicherung auch eine Verlängerung der Bezugsdauer des Unterhaltsvorschusses bis zum 18. Lebensjahr.

(Beifall bei der LINKEN)

In dem geltenden Gesetz soll für Kinder im Alter von zwölf Jahren bis zum vollendeten 18. Lebensjahr der Unterhaltsvorschussanspruch an die Bedingungen geknüpft werden, dass das Kind nicht auf SGB-II-Leistungen angewiesen ist oder der oder die Alleinerziehende im SGB-II-Bezug ein eigenes Einkommen von mindestens 600 € brutto bezieht.

Wie Ihnen sicherlich bekannt ist, erhalten ca. 87 % der Unterhaltsvorschussempfänger Leistungen nach dem SGB II. Bei diesen Menschen wird der Unterhaltsvorschuss voll auf die Leistungen nach dem SGB II angerechnet. Für diesen Personenkreis bringt die Gesetzesänderung keinerlei Verbesserung ihrer Einkommenssituation.

Um die Situation von Alleinerziehenden wirklich nachhaltig zu verbessern, sollten künftig Unterhaltungsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz nicht mehr auf Leistungen nach dem SGB II angerechnet werden. Auch sollte nur noch die Hälfte des Kindergeldes statt wie bisher das volle Kindergeld auf die Unterhaltungsleistungen angerechnet werden. Diese Schwachstellen im Gesetz gilt es, in der nächsten Legislaturperiode zu beseitigen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der uns vorliegende Gesetzentwurf ist notwendig geworden, da sich der Bund nunmehr mit 40 % an den Ausgaben beteiligt. Ich möchte hinzufügen: auch an den Einnahmen mit 40 %.

In den Ausschussberatungen wird jedoch von Interesse sein, inwieweit es tatsächlich zu einer zusätzlichen Belastung der Landkreise und kreisfreien Städte durch den Vollzug des neuen Gesetzes kommen wird.

In der Antwort auf eine von mir am 4. Januar gestellte Kleine Anfrage erläuterte die Landesregierung, dass eine Umfrage bei den Kommunen einen finanziellen Mehrbedarf von mindestens 4,5 Millionen € ergeben hat. In dem Vorwort des Gesetzentwurfes wird von einer jährlichen Mehrbelastung von ca. 300 000 € ausgegangen, die zudem über den neuen Verteilungsmechanismus fast vollständig abgefangen werden sollen. Dies ist eine nicht unerhebliche Diskrepanz. Insofern bin ich durchaus auf die Argumente der kommunalen Spitzenverbände in den Ausschussberatungen gespannt.

Auch wird im Ausschuss über eine Alternative zu dem beabsichtigten Wegfall des Familienpasses zu diskutieren sein. Meine Fraktion wird einer Überweisung des Gesetzentwurfes in die Ausschüsse zustimmen. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Lüddemann das Wort.

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE, humpelt zum Rednerpult)

- Keine Panik! Ganz ruhig.

Es geht jeden Tag besser. Ich freue mich, dass ich zur Erheiterung der Kolleginnen und Kollegen beitragen kann.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Wir hätten es auch vom Platz aus erlaubt!)

- Ich kann schon wieder stehen. - Jetzt zu dem Entwurf eines Familien- und Beratungsstellenförderungsgesetzes.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Vor drei Jahren - so viel Zeit ist ins Land gegangen - haben wir bereits über den Unterhaltsvorschuss hier im Hohen Hause debattiert. Anlass war damals der Antrag der GRÜNEN zur ökonomischen Besserstellung von Einelternfamilien, landläufig als Alleinerziehende bekannt. Dabei war die Entfristung des Unterhaltsvorschusses ein zentrales Thema.

Es war schon damals weitgehend Konsens, dass die noch bestehende Begrenzung der Leistung auf 72 Monate und die Altersgrenze von zwölf Jahren nicht akzeptabel sind und fachlich auch nicht zu begründen.

Dazu gibt es jetzt, Gott sei Dank, eine Änderung des Gesetzes. Diese Regelungen waren und sind sogar widersprüchlich. Denn gerade im Jugendalter werden Wünsche und Bedarfe vielfältiger und sie werden teurer. Es ist nicht einzusehen, warum diese weniger wert sind als die Bedarfe von jüngeren Kindern. Gerade dann den Unterhaltsvorschuss auslaufen zu lassen, ist für die Betroffenen unverständlich und politisch nicht zu vermitteln.

Die rein fiskalische Begründung, längere Anspruchszeiten wären einfach zu teuer, war und ist zynisch. Es ist gut, dass das endlich ein Ende hat. Das ist erfreulich. Dafür kann man die Große Koalition tatsächlich einmal loben, was wir als Nichtregierungspartner auf der Bundesebene nicht so oft tun können.

Es war sicherlich auch ein geschickter Schachzug, das in die allgemeine Debatte über den BundLänder-Finanzausgleich zu integrieren; denn die Summe, die wir jetzt in die Hand nehmen müssen, um diese Unterhaltsvorschussleistungen tatsächlich gewähren zu können, ist doch vergleichsweise gering.

Jeder kennt das auch aus dem Privaten: Wenn man ein ganzes Haus modernisiert, dann sind 5 000 € für eine neue Terrasse vergleichsweise wenig. Wenn man aber nur die neue Terrasse angeht, erscheinen 5 000 € als sehr viel.

Insofern ist es gut, dass hierbei auch strategisch gedacht wurde; denn es ist gerade für ein Land wie Sachsen-Anhalt mit seiner Sozialstruktur emi

nent wichtig. Wenn man die Armutsgefährdungsquote nach dem Landesmedian ansieht, stellt man fest, dass sie im Jahr 2005 noch bei 39,6 % lag, im Jahr 2015 immerhin schon bei 43,9 %. Beim Bundesmedian lag sie im Jahr 2005 bei 56,4 %, heute bei 57,8 %.