Protokoll der Sitzung vom 04.05.2017

Erst am Montag wurden Jugendliche in Halle von einer Gruppe Nazis, die auf dem Rückweg von dem Nazi-Aufmarsch waren, brutal angegriffen und verletzt. Zuvor wurde aus der rechten Demo heraus skandiert: „Ohne Polizei wärt ihr tot“. Dass das nicht nur ein Drohgebaren ist, zeigen die Angriffe, die dann stattgefunden haben. Es braucht eben mehr als nur Bekenntnisse; es braucht auch konkrete Schritte.

So richtig und so notwendig es ist, gerade auch angesichts des Alternativantrages der AfD, dass sich die Mehrheit dieses Hauses mit dem Phänomen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit

beschäftigt und das nicht nur als Idee von irgendwelchen linken Professoren begreift, so notwendig es ist, dass wir uns versichern, dass die Beratungsprogramme im Land, die mobile Opferberatung und die Präventionsprogramme weiterhin zu unterstützen und fortzuführen sind, so richtig ist es auch, dass es eben auch mehr braucht.

Die Weiterbildungsangebote, die verstetigt und intensiviert werden sollen, insbesondere zum Umgang mit Reichsbürgern, sind notwendig. Das begrüßen wir ausdrücklich.

Doch ebenso notwendig wäre auch die von meiner Fraktion beantragte Stelle im Zuständigkeitsbereich des Justizministeriums, die allen Bedientesten der Justiz, die infolge ihrer beruflichen Tätigkeit für das Land in den Fokus von Reichsbürgern oder von anderen selbst ernannten Menschenrechtskommissaren rücken, zur Verfügung steht. Eine solche Stelle brauchen die Bediensteten als Anlaufstelle, als Beratungsstelle, als Unterstützungsstelle. Eine solche Stelle sollte die Betroffenen bei Rechtsstreitigkeiten unterstützen; denn auch hier ist, wie wir in der jüngsten Vergangenheit sehen mussten, der Übergang von Nerverei zu einer konkreten Gefährdung fließend.

Meine Fraktion ist nach wie vor der Überzeugung, dass wir eine solche Stelle den Bediensteten des Landes schuldig sind. Wir appellieren an die Landesregierung und an die Koalitionsfraktionen, dies, wenn sie das nicht auf unseren Antrag hin beschließen wollen, doch zumindest weiter zu prüfen und im Auge zu behalten. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Auch hierzu sehe ich keine Nachfragen. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Lüddemann das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die Welt ist nicht schwarz oder weiß, die Welt ist nicht rechts oder links, die Welt hat viele Zwischentöne, und denen muss man sich widmen.

In der Beschlussempfehlung wird daher deutlich, dass es uns besonders wichtig ist, die vorhandenen Beratungsnetzwerke und die Opferhilfeeinrichtungen zu stärken. Diese haben ganz eindeutig - dazu stehen wir; deswegen betone ich es an dieser Stelle noch einmal sehr deutlich - nicht nur eine Tendenz, sondern eine Ausrichtung gegen rechts, gegen rechte Handlungen, gegen rechtsextreme Handlungen, weil genau das die Situation ist, mit der wir uns auseinandersetzen müssen.

Das ist das, was man beobachtet und zur Kenntnis nehmen muss, wenn man sich die Lebensrealität in diesem Lande anschaut. Das ist das, was die Straftatenstatistiken hergeben, was der Verfassungsschutzbericht analysiert. Deswegen ist es, obwohl die Welt voller Zwischentöne und nicht rechts oder links ist, in diesem konkreten Fall wichtig und richtig, sich gegen rechts zu engagieren.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜ- NE)

Wir nehmen den Auftrag des Grundgesetzes sehr ernst. Ich weiß, dass das nicht allen in diesem Haus gleichermaßen wichtig ist, uns aber schon. Deswegen sagen wir: Wir brauchen Beratungseinrichtungen, wir brauchen Institutionen. Wir müssen zivilgesellschaftliches Engagement stützen. Deswegen haben wir im Haushaltsplan den Ansatz bei Titelgruppe 66 sehr bewusst nicht nur erhöht, sondern verdoppelt. Denn wir sagen, dass an dieser Stelle verstärkte Anstrengungen unternommen werden müssen.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜ- NE)

Der Begriff „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ ist, das ist mir klar, etwas sperrig und akademisch. Wenn man sich aber überlegt, was dahinter steht, dann wird es doch sehr konkret und beschreibt das, was wir jeden Tag im Land erleben müssen, nämlich Angriffe auf Flüchtlinge, Schmähungen von Menschen, die homosexueller Natur sind. Es geht so weit, dass Sozialarbeiter und Polizisten angegriffen werden, nicht wegen ihrer einzelnen Menschlichkeit, sondern weil sie Teil einer bestimmten Gruppe sind.

Wenn es in diesem Land so weit ist, dass Menschen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Berufsgruppe, aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einem bestimmten Geschlecht, aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Hautfarbengruppe diskriminiert und angegriffen werden oder noch schlimmeren Sachen ausgesetzt sind, dann ist es richtig und wichtig, dass wir uns als Land engagieren.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜ- NE, und von Andreas Steppuhn, SPD)

Wir müssen zur Kenntnis nehmen - ich will es betonen -, dass der Hauptschwerpunkt im Bereich rechtsextremer Straftaten liegt. Deswegen ist uns dieses Engagement so wichtig.

Wir wollen es auf Dauer unterstützen. Wir wollen zum Ausdruck bringen, dass diese Koalition für eine Gesellschaft steht, die den Wert der Toleranz und des Miteinanders hochhält und die alles dafür tun wird, um diese Werte zu verteidigen.

Deswegen bitte ich um Zustimmung zu der Beschlussempfehlung. Ansonsten kann ich mich dem Kollegen Herrn Krull anschließen. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Frau Lüddemann.

(Daniel Roi, AfD, meldet sich zu Wort)

- Herr Roi, Nachfrage oder Intervention?

(Daniel Roi, AfD: Frage!)

Wollen Sie sie beantworten?

Das entscheide ich dann.

Okay. - Bitte.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Frau Lüddemann, wenn wir über Gewalt reden, über extremistische Gewalt, dann schaffen Sie es regelmäßig, nur einen bestimmten Teilbereich dieser Gewalt in Betracht zu ziehen. Ich will das nicht weiter ausweiten.

Ich komme einmal auf eine Feststellung in der „Volksstimme“ zu sprechen. Diese hat die Angriffe auf die Wahlkreisbüros aller Parteien im letzten Jahr ausgewertet und hat dabei festgestellt, dass sich die Gewalt gegen Büros der Abgeordneten des Landtags von Sachsen-Anhalt in Richtung der AfD verschoben hat - 31 Angriffe. Meine Frage ist: Wer ist für diese Angriffe zuständig bzw. verantwortlich aus Ihrer Sicht?

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Die Polizei!)

Und was tun Sie gegen diese Gewalt?

Ich will zunächst auf den Anfang eingehen. Wir haben entgegen Ihrer Aussage hier sehr genau analysiert und wir nehmen auch Gewalt aus dem linksextremen Spektrum sehr ernst. Hierbei geht es aber darum, dass wir die Steuergelder dort einsetzen, wo sie quantitativ benötigt werden.

Sie können das LKA fragen, Sie können Polizeibeamte fragen, Sie können alle möglichen Statistiken heranziehen - es ist ganz eindeutig, dass der Hauptteil der Gewalt, mit der wir uns in diesem Land auseinanderzusetzen haben, aus der rechten Szene kommt. Deswegen haben wir ein Beratungsnetzwerk, das sich explizit mit diesen Straftaten auseinandersetzt.

Ich habe - -

Angriffe auf die Wahlkreisbüros, das war der zweite Teil der Frage.

Ach so.

Wenn Sie erlauben, Herr Präsident, würde ich auch dazu ein Wort sagen. - Das ist nichts Neues. Das haben wir auch schon in der letzten Legislaturperiode verzeichnen müssen. Das ist eine hochgradig komplizierte Angelegenheit. Das ist etwas, wogegen wir uns immer gewehrt haben. Es ist durchaus mehr als misslich - wir haben in unserer Fraktion einen sehr prominenten Fall -, dass wir immer wieder mit solchen Angriffen konfrontiert werden.

Ich stehe ganz eindeutig dazu, dass hierbei alle Demokratinnen und Demokraten Seite an Seite stehen sollten. Wir sollten uns hierbei nicht auseinanderdividieren lassen. Ein Angriff auf einen Abgeordneten ist ein Angriff auf alle Abgeordnete.

(Zustimmung bei der AfD, von Sebastian Striegel, GRÜNE, und von Gabriele Brake- busch, CDU)

Ich erwarte hier im Gegenteil - ich bin, das darf ich an dieser Stelle sagen, der Präsidentin sehr dankbar dafür, dass sie klare Worte gefunden hat -, dass sich alle Mitglieder des Hohen Hauses so verhalten. Es macht keinen Unterschied, ob ein Abgeordnetenbüro von der AfD, von der CDU oder von den GRÜNEN angegriffen wird. Es geht darum, dass Gewalt kein Mittel der politischen Auseinandersetzung ist und dass wir alle klare Kante zeigen müssen und nicht einzelne Fälle herausgreifen dürfen. Dabei geht es auch nicht darum, ob das 10 € oder 50 € kostet.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und von Jan Wenzel Schmidt, AfD)

Es gibt noch eine Nachfrage von Frau Feußner.

(Schriftführerin Kristin Heiß: Es gibt noch eine Frage von Herrn Lehmann!)

- Okay. - Warten Sie einmal, Frau Lüddemann. Es gibt auch noch eine Wortmeldung von Herrn Lehmann.

Jetzt machen wir aber einmal Folgendes: Sie haben vorhin gehört, was uns die parlamentari

schen Geschäftsführer aufgegeben haben. - Erstens. Zweitens. Wir befinden uns in einer Dreiminutendebatte. Ich würde es jetzt wirklich einmal kürzen und pro Fraktion eine Wortmeldung zulassen. Demzufolge wäre jetzt Frau Feußner an der Reihe. Ob Sie darauf reagieren wollen oder nicht, können Sie dann noch entscheiden. Frau Feußner hat aber jetzt noch das Wort. Danach schauen wir einmal, ob es noch Wortmeldungen gibt. Ansonsten könnten wir in der Debatte weiter vorangehen. - Bitte.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Auch wenn Frau Lüddemann jetzt darstellen wollte, dass das Augenmerk auf den gesamten Extremismus gelegt werden sollte, wurden die Prioritäten, die hier bisher dargelegt wurden, aus meiner Sicht doch zu einseitig auf der Bedrohung unserer Gesellschaft durch den Rechtsextremismus gelegt.

(Zustimmung von Markus Kurze, CDU - Beifall bei der AfD)

Unsere Demokratie wird von religiösem Fanatismus und auch vom Linksanarchismus genauso in Gefahr gebracht wie vom Rechtsextremismus.