Protokoll der Sitzung vom 25.08.2017

Vielen Dank, Herr Abg. Meister. - Es gibt mehrere Anfragen, nämlich von Herrn Höppner, von dem Abg. Herrn Gallert und von dem Abg. Herrn Thomas.

Bevor ich aber Herrn Höppner das Wort erteile, habe ich die ehrenvolle Aufgabe Schülerinnen und Schüler des Norbertus-Gymnasiums Magdeburg bei uns im Hohen Hause recht herzlich zu begrüßen. Herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Weiterhin - einen kleinen Moment müssen Sie sich noch gedulden - begrüße ich recht herzlich Damen des Projektes „Zwischen Arbeit und Kind“ der Fortbildungsakademie der Wirtschaft Magdeburg. Seien auch Sie herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Herr Höppner, Sie haben jetzt das Wort, bitte.

Danke, Frau Präsidentin. - Herr Meister, zum Thema Spenden und Ähnliches. Geben Sie mir recht bzw. stimmen Sie mir darin zu, dass die GRÜNEN im Zeitraum von 2009 bis 2012 165 000 € von der Firma Daimler erhalten haben? Wissen Sie, dass im Jahr 2012 kostenlose Leasingfahrzeuge von BMW im Geldwert von 48 536 € an die GRÜNEN gegangen sind?

Herr Meister, Sie haben das Wort.

Ich kenne beides nicht. Wenn Sie das sagen und es den entsprechenden Quellen entnommen haben, dann wird es stimmen. Mir ging es nicht darum darzustellen, dass meine Partei ganz super ist und dass alles super läuft, sondern mir ging es darum, zu zeigen, dass Sie mit den Zahlen nicht korrekt umgehen.

Sie haben gesagt, die Automobilindustrie gibt so und so viele Millionen und wenn man nachschaut, dann ist es gar nicht die Automobileindustrie, sondern es ist die Gesamtindustrie, es sind alle Bürger Deutschlands, die in diesen Zahlen enthalten sind.

Dann sagen Sie, im Jahr 2017 - mit Blick auf den Dieselskandal ist es zudem ein besonderer

Effekt - hätten BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eine solche Spende erhalten. Ich habe nachgesehen und festgestellt, dass das nicht stimmt. Das wollte ich nur dargelegt haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Gallert. - Herr Gallert zieht seine Frage zurück. Herr Thomas. Bitte, Sie haben das Wort.

Lieber geschätzter Kollege Meister, ich habe Ihnen zugehört. Sie haben darauf abgestellt, dass die Feinstaub- und Abgasbelastungen in den Innenstädten zu hoch seien. Sie haben uns zudem erklärt, dass es im Prinzip, selbst wenn der elektrische Antrieb kommen würde, mindestens noch ein Jahrzehnt dauert, gerade bei Lkw wird es noch länger dauern.

Deswegen meine Frage: Stimmen Sie mir zu, dass es vor dem Hintergrund, den ich gerade hier skizziert habe, besonders wichtig ist, Ortsumgehungen zu bauen, insbesondere auch die A 143 mit Blick auf Halle?

(Beifall bei der CDU und bei der AfD)

Herr Meister, Sie haben das Wort.

Ich möchte jetzt nicht in Detailplanungen zu einzelnen Straßen einsteigen.

(Unruhe)

Einen kleinen Moment, bitte. Wenn Fragen gestellt werden, lassen Sie bitte dem Redner - das habe ich vorhin schon einmal gesagt - wenigstens die Chance, darauf zu erwidern. - Bitte.

Das wäre mir, glaube ich, noch gelungen. Danke, Frau Präsidentin. - Ich will nicht in Detailplanungen einsteigen. Dann könnte man sehr viele Dinge aufmachen. Ich bin für saubere Luft in den Innenstädten. Tatsächlich ist es eine kommunale Aufgabe zu hinterfragen: Was ist für meinen Ort, für meine Stadt das Sinnvollste ist, um diese Werte herzustellen und Leben zu schützen? Das können die unterschiedlichsten Maßnahmen sein.

(Zurufe von der CDU und von der AfD)

Ich denke, der Fragesteller war Herr Thomas. Auf die von ihm gestellte Frage hat Herr Meister geantwortet.

(Eva Feußner, CDU: Die armen Menschen in Halle!)

Vielen Dank. Ich sehe keine weiteren Anfragen. - Somit kommen wir zum nächsten Debattenredner. Für die SPD-Fraktion spricht der Abg. Herr Hövelmann. Sie haben das Wort, Herr Hövelmann.

Vielen herzlichen Dank, Frau Präsidentin. - Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Die Automobilindustrie insgesamt ist in Verruf geraten und der Volkswagenkonzern steht dabei besonders im Fokus. Das hat mehrere Ursachen.

Erstens. Bei VW ist es zuerst herausgekommen, dass betrogen wurde.

Zweitens. Volkswagen ist einer der größten Autobauer der Welt und hat damit eine deutlich herausgehobene Stellung auch in Deutschland.

Drittens - das ist etwas Besonderes. Es gibt für Volkswagen und nur für Volkswagen ein eigenes Gesetz, das den Einfluss des Staates und der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat regelt.

Über das sogenannte VW-Gesetz ist im Deutschen Bundestag am 16. März 1960 abschließend beraten worden. In der Debatte ging es damals - vor immerhin 57 Jahren - zugegebenermaßen weder um Diesel- noch um E-Mobilität. Aber es ging um Vermögensbildung und um die individuelle Mobilität für breite Teile der Bevölkerung - etwas sehr Aktuelles.

Es ging auch um die Frage, ob Kleinaktionäre insgesamt überhaupt den Kurs eines Unternehmens mitbestimmen können, und darum, ob der Vorschlag der damaligen SPD-Opposition, das Unternehmen durch eine öffentlich-rechtliche Stiftung zu steuern, für die Kontrolle des Marktes nicht besser geeignet wäre, als wenn dies durch eine Handvoll Unternehmen erfolgte.

Für die SPD sprach in der damaligen Debatte übrigens der aus Dessau stammende stellvertretende Fraktionsvorsitzende Dr. Heinrich Deist junior, der Sohn des früheren Ministerpräsidenten des Landes Anhalt. Er sprach seinerzeit im Deutschen Bundestag eine Warnung aus, die aus heutiger Sicht fast prophetisch erscheint. Er sagte - Frau Präsidentin, mit Ihrer Genehmigung zitiere ich -:

„Es sind die Manager, die in privatisierten Unternehmungen, an denen breit gestreutes Eigentum besteht, bestimmen. Ich darf

die Freunde und die Anhänger der Katholischen Soziallehre darauf hinweisen, dass Herr Prof. von Nell-Breuning gerade in diesem Zusammenhang von einem ausgesprochen frei schwebenden Management gesprochen hat, das nur sich selbst und niemand anderem verantwortlich ist.“

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist fast hellseherisch; denn es war ein frei schwebendes Management, das sich nicht an die Gesetze unseres Landes gehalten hat, geschweige denn sich verantwortlich fühlte, das die skrupellose Manipulation von Abgaswerten zugelassen, wenn nicht sogar ausdrücklich gebilligt und in Kauf genommen hat, dass Schäden für die menschliche Gesundheit, für die Umwelt und für das Vermögen der Autokäufer entstehen.

An der Stelle will ich ausdrücklich das vom Kollegen Thomas Gesagte unterstützen. Es sind nicht die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, es sind nicht die Verkäuferinnen und Verkäufer in den Autohäusern, sondern es sind die Manager, die das zu verantworten haben. Das muss auch so gesagt werden.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! In diesem Zusammenhang warne ich davor, die konkrete strafrechtliche, moralische und wirtschaftliche Verantwortung des Managements bei Volkswagen und anderswo in einem nebulösen Geflecht aus Wirtschaft und Politik aufgehen zu lassen, in dem scheinbar alle - und damit in Wahrheit niemand - Verantwortung tragen.

Ganz eindeutig ist: In diesem Skandal gibt es Täter, die zur Verantwortung gezogen werden müssen, und es gibt heute Entscheider an der Spitze dieser Unternehmen, die aufklären, den entstandenen Schaden beheben und ihre Konzerne neu ausrichten müssen, die so umsteuern müssen, dass die deutsche Automobilindustrie wieder vertrauenswürdig wird, dass sie ihre strukturbestimmende industriepolitische Funktion weiterhin wahrnehmen kann und dass individuelle Mobilität - das ist auch angesprochen worden - eine Zukunft auf der Basis emissionsarmer oder sogar emissionsfreier Antriebe erhält.

Es liegt auf der Hand: Wenn wir das wollen, dann brauchen wir weniger frei schwebendes Management und mehr Kontrolle. In diesem Sinne, in Ausübung von Kontrollfunktionen im gesamtgesellschaftlichen Interesse, bin ich für und nicht gegen eine enge Begleitung der Automobilindustrie durch die Politik.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Zu unserem System einer sozialen Marktwirtschaft gehört es, dass der Staat eine aktive, gestaltende Rolle im Wirtschaftsleben spielt. Das ist der Unterschied zum angloamerikanischen Wirtschaftssystem, in dem sich die freien Kräfte des Marktes eben mal so durchsetzen, ohne dass der Staat den Rahmen intensiver vorgibt.

Zu dieser Rolle des Staates gehört neben Normensetzung, behördlichen Aufsichtspflichten, einer aktiven Arbeitsmarktpolitik und vielem anderen eben auch die Aufsichtsfunktion, insbesondere in Unternehmen mit öffentlicher Beteiligung. Zum Problem werden solche Aufsichtsratsmandate für Politikerinnen und Politiker sowie für Beamtinnen und Beamte nur dann, wenn ihnen der klare Kompass dafür fehlt, dass und wie sie die Interessen der Allgemeinheit in diesen Aufsichtsgremien zu vertreten haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will noch einmal zum VW-Gesetz zurückkommen. Ein ganz wesentlicher Sinn der durch dieses Gesetz garantierten überproportionalen Stimmrechte von Landes- und Arbeitnehmervertretern besteht gerade darin, dass gegen deren Willen keine Beschlüsse zur Schließung oder Verlagerung von Produktionsstätten gefasst werden dürfen. Diese strukturpolitische Brandmauer- das will ich ganz deutlich so sagen - ist auch im Landesinteresse Sachsen-Anhalts; denn in den westlichen Teilen der Landkreise Börde, Harz und Altmarkkreis Salzwedel, aber auch hier in Magdeburg gibt es nicht wenige Familien, deren Lebensunterhalt direkt oder indirekt von Volkswagen in Wolfsburg oder in Braunschweig abhängen.

Mehr als 30 000 Beschäftigte arbeiten unmittelbar in Betrieben der Automobilzulieferindustrie in Sachsen-Anhalt. Weil das so ist, liegt es im elementaren Interesse nicht nur Niedersachsens, sondern auch Sachsen-Anhalts, dass der Volkswagenkonzern durch konsequente Aufklärung und Entschädigung sein Renommee wiederherstellt. Das gilt im Übrigen auch für alle anderen Unternehmen.

Das, meine sehr verehrten Damen und Herren haben die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, aber auch die gesamte Gesellschaft verdient. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abg. Hövelmann. Es gibt keine Nachfragen. - Für die Fraktion DIE LINKE wird zum Schluss noch einmal Herr Höppner sprechen. Er hat am Anfang seine Redezeit nicht ausgeschöpft und wird das jetzt zum Schluss für sich in Anspruch nehmen. Sie haben das Wort, Herr Höppner.

Danke, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren! Herr Hövelmann, das ist genau das Thema, das Sie zum Schluss erwähnt haben, VWGesetz, Einfluss und Politik. Das Problem ist, dass das nicht passiert ist. Man hat den Einfluss, den man eigentlich hatte, nicht richtig wahrgenommen; denn es ist wichtig, dass man frühzeitig Einfluss nimmt, um Entwicklungen zu fördern,

(Zuruf von Ulrich Thomas, CDU)