Warum? - Weil im Gesetz bisher festgeschrieben ist, dass Land, Landkreise, Gemeinden und die Eltern die Finanzierung gemeinsam schultern. Die Landespauschale wird von den Landkreisen aufgestockt, Gemeinden und Eltern teilen sich den Rest, wobei die Gemeinden bislang mindestens 50 % zu tragen haben. Diese 50%-Regelung ist erfolgreich vor dem Verfassungsgericht angegriffen worden. Folglich nehmen wir sie aus dem Gesetz heraus.
Aber das heißt nicht, dass wir die Eltern im Regen stehen lassen. Ich kenne die Sorgen der Eltern, dass damit ein Deckel fehlt, der die Elternbeiträge begrenzt. Die Elternvertretung in Magdeburg hat sich heute dazu schon via Internet geäußert.
Ich kann die Sorgen der Eltern nachvollziehen. Und gerade weil das so ist, auch weil wir gesehen haben, dass es ohne Sicherung nicht geht, nimmt der Gesetzentwurf Bezug auf § 90 SGB VIII. Das
Er legt nicht nur fest, dass die Landkreise die Elternbeiträge übernehmen, wenn die Eltern sie nicht schultern können. Er legt auch fest, dass Kostenbeiträge zu staffeln sind. Als mögliche Kriterien können das Einkommen, die Zahl der kindergeldberechtigten Kinder und die Betreuungszeit dezidiert angeführt werden.
Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ich habe schon in der letzten Debatte zu diesem Thema gesagt, dass sich die Städte und Gemeinden darum bemühen, die Beiträge sozialverträglich zu halten. Wenn Sie sich die Ergebnisse der Evaluierung anschauen, wird deutlich, dass viele Kommunen deutlich mehr in die Kinderbetreuung investieren, als sie müssten, und dass die Elternbeiträge in den vergangenen Jahren eben nicht landauf, landab explodiert sind.
In deutlich mehr als der Hälfte der Kitas kostet eine zehnstündige Krippenbetreuung die Eltern weniger als 200 € im Monat. Bei achtstündiger Krippenbetreuung liegen die Beiträge sogar nach mehr als 80 % aller Satzungen unter der Grenze der Kindergeldhöhe.
Ich weiß natürlich - das konnte man der Pressemitteilung der LINKEN entnehmen -, dass vor dem Landesverfassungsgericht auch die Themen „Bildung elementar“ und „Qualitätsmanagementsysteme“ eine Rolle gespielt haben.
Das Urteil wird mit vorliegendem Gesetzentwurf umgesetzt. Der zur Verfassungswidrigkeit führende Sachverhalt besteht durch die Herausnahme der sogenannten 50%-Regel in Verbindung mit der Refinanzierungsmöglichkeit über § 13 KiFöG grundsätzlich nicht mehr.
Die Evaluierung des Kinderförderungsgesetzes hat darüber hinaus ergeben, dass mit dem Wegfall des Eigenanteils der freien Träger, des pflichtigen Programms „Bildung elementar“ und der Einführung eines Qualitätsmanagementsystems tatsächlich keine bzw. zu vernachlässigende Mehrkosten für die Träger verbunden gewesen sind. Im Einzelnen zeigt dies die Evaluierung durch den Vergleich des Zustandes vor bzw. nach der KiFöG-Novellierung im Jahr 2013. Allen Trägern stand es im Übrigen frei, derartige Kosten, wenn sie denn entstanden sind, im Rahmen der Evaluierung anzugeben.
Meine Damen und Herren Abgeordneten! Die Frage, ob wir die Finanzierungsregelungen ganz grundsätzlich anfassen, wird eines der Themen der großen Novelle, des zweiten Teils, sein. Die werden wir angehen, wenn wir auch wissen, wie sich das Bundesverfassungsgericht zu Zuständigkeitsfragen positioniert. Die Urteilsverkündung ist für den 21. November 2017 vorgesehen.
Jetzt geht es erst einmal darum, das Kinderförderungsgesetz finanziell solide auszustatten. Wir haben Verbesserungen für Kommunen, für Erzieherinnen und Erzieher und für Eltern versprochen. Den Kommunen und auch mittelbar den Eltern helfen wir mit diesem Schritt. Das ist gut angelegtes Geld. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Ich bitte Sie, diesen Gesetzentwurf im Landtag anzunehmen.
Frau Ministerin, meine Frage bezieht sich auf § 12. Sie haben am Schluss Ihrer Rede auf die 50%-Regelung hingewiesen. Die ist nun herausgenommen worden. Meine Frage ist: Führt das dazu, dass die Kommunen zukünftig einen noch höheren Anteil auf die Eltern umlegen können?
Ich habe vorhin schon dazu ausgeführt. Ich hoffe, dass es nicht passiert. Deshalb haben wir den Bezug zu § 90 SGB VIII aufgenommen, womit wir den Kommunen ausdrücklich die Möglichkeit geben, die Elternbeiträge sozialverträglich zu gestalten. Ich weiß, dass es vor dieser Novellierung die 50%-Regelung ja auch nicht gab. Auch damals sind die Kommunen sehr verantwortungsbewusst damit umgegangen. Aber es könnte die Möglichkeit bestehen, dass das passieren könnte.
Vielen Dank. - Sie hoffen also, dass das nicht passiert. Das ist schon einmal interessant. Wir werden natürlich in den folgenden Beratungen genau beobachten, was aus dieser Hoffnung wird, und auch später, wenn über das Gesetz entschieden worden ist.
Meine Frage ist: Wird den Kommunen auch zukünftig im Zuge der Haushaltskonsolidierung durch die Kommunalaufsicht die Auflage erteilt werden, durch die Erhöhung der Elternbeiträge Mehreinnahmen zu generieren, um die Kosten zu decken, oder wird das zukünftig nicht mehr so sein? Welche Informationen haben Sie dazu?
Als im vergangenen Jahr bzw. im Jahr zuvor das erste Mal solch eine Debatte im Landtag geführt worden ist, dass die Kommunalaufsicht aufgrund der Satzungen verlangt, an die 50%-Grenze zu gehen, hat das Innenministerium einen entsprechenden Erlass herausgegeben - der Innenminister nickt - und die Kommunalaufsicht angewiesen, dass man trotz Haushaltskonsolidierung auf die Sozialverträglichkeit der Satzungen achten sollte, um die Eltern nicht zu überfordern.
Vielen Dank, Frau Ministerin. Ich sehe keine weiteren Fragen. - Wir steigen nunmehr in eine Debatte mit einer Redezeit von fünf Minuten je Fraktion ein. Der erste Debattenredner ist für die AfDFraktion der Abg. Herr Tobias Rausch. Sie haben das Wort, bitte.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Frau Sozialministerin Grimm-Benne, von Ihrem Entwurf des Kinderförderungsgesetzes, durch das Familien mit mehreren Kindern entlastet werden sollten, ist leider nichts übrig geblieben. Ganz im Gegenteil, der nun vorliegende Gesetzentwurf ist ein Schlag ins Gesicht der betroffenen Eltern.
Wie schon oft hat die Kenia-Koalition im Verlauf der Legislaturperiode schon am KiFöG herumgedoktert. Immer wieder wurde versprochen, nun würde der Kostenexplosion bei den Elternbeiträgen endlich Einhalt geboten. Auf jedes Versprechen folgte dann eine neuerliche Kostenexplosion. Ich sage Ihnen jetzt schon voraus, dass der vorliegende Gesetzentwurf zu einem erneuten Anstieg der Kinderbetreuungskosten führen wird.
Bislang mussten die Gemeinden mindestens 50 % der KiFöG-Kosten tragen, die nicht vom Land und den Landkreisen übernommen werden. Den Rest bezahlten die Eltern. Nun reagieren Sie auf das Urteil des Landesverfassungsgerichtes vom 20. Oktober, indem Sie die Mindestfinanzierung der Gemeinden aus § 12b streichen. Damit öffnen Sie einem weiteren Anstieg der Elternbeiträge Tür und Tor.
- Warten Sie, ich sage Ihnen gleich, was wir gemacht hätten. - Denn nun liegt es im Ermessen der Kommunen, ob sie 50 %, 30 % oder sogar
0 % der verbleibenden Restkosten übernehmen. In der Begründung zum vorliegenden Gesetzentwurf steht - ich zitiere -:
„Die Gemeinden sollen eigenverantwortlich ihre Rolle bei der Finanzierung der Kinderbetreuung wahrnehmen und in die Lage versetzt werden, verantwortungsbewusst und sozialverträglich die Höhe der Kostenbeiträge festzusetzen.“
Werte Abgeordnete der Kenia-Koalition, sehr geehrte Frau Sozialministerin, Sie wissen doch genau um die klamme Finanzlage zahlreicher Kommunen. Sie wissen doch genau Bescheid, weil Sie sich mitschuldig gemacht haben, mitschuldig, weil Sie jahrelang beim FAG geknausert haben und die Kommunen durch Ihre Politik belastet haben.
Nun haben klamme Kommunen die Möglichkeit, sich eines guten Teils der finanziellen Verpflichtungen beim KiFöG auf Kosten der Eltern zu entledigen. Beispiel Barleben: Aktuell liegt der Anteil der Eltern an den verbliebenen Kosten bei 40 %. Im Falle einer Betreuungsleistung von 50 Wochenstunden in einer Kita liegen die monatlichen Kosten der Eltern derzeit bei 240 €.
Grundsätzlich wäre es nun möglich, die Elternbeiträge bis auf 600 € pro Monat zu erhöhen. Ich sage Ihnen hier und heute voraus, dass das in zahlreichen Kommunen zu erheblichen Steigerungen bei den Elternbeiträgen führen wird, zwar nicht wie in Barleben im schlechtesten Fall auf 600 €. Aber wenn man die Beiträge dort nur um 10 % anheben würde, wären das schon 60 € pro Monat und 720 € pro Jahr.
- Das ist der Anteil der Betreuungskosten, den sich die Kommune Barleben mit den Eltern teilt. Aktuell übernimmt die Kommune 60 % und die Eltern 40 %. Deswegen zahlt eine Familie, die ihr Kind in der Kita in Barleben betreuen lässt, 240 €, Herr Krull. Das sollten Sie wissen. Wenn der Beitrag nur um 10 % auf 50 : 50 % angehoben wird - Sie brauchen gar nicht den Kopf zu schütteln; natürlich ist es so -, dann sind das in Barleben 60 € pro Monat mehr und pro Jahr 720 €.
Nun nehmen Sie mal die Arbeiter, die bei GTM im Büro sitzen oder am Band stehen und 1 200 € oder 1 300 € verdienen. Für diese sind 60 € im Monat sehr viel Geld. Das will ich Ihnen mal sagen.
Sie sind ja sozialpolitischer Sprecher. Also sollten Sie wissen, dass in den vergangenen Wochen häufiger darüber berichtet worden ist, dass KitaPlätze gekündigt worden sind, weil die betroffenen Eltern die Beiträge für ihre Kinder finanziell nicht mehr stemmen konnten. Diese Kündigungen tref
fen aber wieder einmal einkommensschwache Familien, also nicht Sie, sondern die sogenannten kleinen Leute.
Diese Politik der Kenia-Koalition ist familienfeindlich. Sie fördert genau das Gegenteil dessen, was die Frau Sozialministerin mal gefordert hat, nämlich die Familien zu entlasten. Als neue deutsche Familienpartei weisen wir diese familienunfreundliche Politik entschieden zurück.
Wir fordern, dass die Flickschusterei beim KiFöG ein Ende haben muss. Wir fordern im Interesse der Eltern in diesem Land endlich einen großen Wurf und eine grundlegende Überarbeitung des KiFöG; denn das KiFöG bedarf einer grundlegenden Überarbeitung und nichts anderes.
Mittelfristig müssen die Elternbeiträge gesenkt werden. Langfristig muss das Ziel jedoch sein, dass die Kinderbetreuung in Kitas kostenfrei ist. Das, meine Damen und Herren, ist eine wirklich familienfreundliche Politik. Nur so können wir sicherstellen, dass sich wieder mehr junge Familien in diesem Land dafür entscheiden, Kinder zu bekommen.
Okay. Es gibt keine Fragen. - Somit kommen wir zur nächsten Debattenrednerin. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Abg. Frau Lüddemann. Sie haben das Wort, Frau Lüddemann.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die sogenannte kleine Novelle beinhaltet zwei wesentliche Punkte - das ist ausgeführt worden -: die Anpassung der Landespauschalen und die Umsetzung des Urteils des Landesverfassungsgerichts.