Wir brauchen Schwerpunktstaatsanwaltschaften und personell gut ausgestattete Arbeitsgerichte. Betriebsratsfeindliche Maßnahmen sind verboten. Undemokratische Arbeitgeber müssen härter und vor allem schneller bestraft werden. Beschäftigte müssen schneller zu ihrem Recht kommen und nicht ewig auf einen Termin beim Arbeitsgericht warten, meine Damen und Herren.
Die Beschäftigten und die Betriebsräte erwarten, dass wir als Politiker in diesem Punkt handeln und nicht nur zuschauen. Die Betriebsräte sorgen für die Umsetzung der Gesetze, die wir auf den Weg bringen. Umgekehrt ist es dann aber auch die Pflicht des Gesetzgebers, dafür zu sorgen, dass die Rahmenbedingungen für die Arbeit der Betriebsräte stimmen und dass sie ihre Arbeit ohne Schikanen erledigen können.
Wenn das funktioniert, meine Damen und Herren, wenn Betriebsräte ordentlich arbeiten können, geht es auch den Unternehmen gut. Denn - das muss man an dieser Stelle einmal klar herausstellen - Betriebsräte haben ein ureigenes Interesse daran, dass ihr Betrieb bzw. ihr Unternehmen rund läuft und erfolgreich ist. Sie kennen ihren Laden am besten und wissen ganz genau, was gut oder schlecht für das Unternehmen ist.
Ein langjähriger und erfahrener Betriebsrat beschrieb es einmal so: Als Betriebsrat tue ich doch alles dafür, dass es der Kuh, die ich melken will, gut geht, und führe sie nicht zur Schlachtbank; aber ich muss die Milch natürlich gerecht verteilen, das ist meine Aufgabe.
Meine Damen und Herren! Betriebsräte haben eine sehr große Verantwortung. Sie sind kraft Gesetzes Partei für Beschäftigte, dürfen aber dennoch die Interessen des Betriebes nicht außer Acht lassen. Das ist nicht immer einfach, wie ich aus eigener Erfahrung weiß. Betriebsräte sind nachweislich erfolgreich. Dort, wo es sie gibt, sind die Entgelte höher, die Arbeitsbedingungen besser, die Arbeitsplätze sicherer und die Unternehmen wirtschaftlich sogar erfolgreicher.
Der DGB wies vor Kurzem in einer Studie darauf hin, was Beschäftigte schon seit Langem besprochen haben: Beschäftigte in Betrieben mit Betriebsrat verdienen zum Beispiel im Schnitt 10 % mehr. In Betrieben mit Betriebsrat gibt es eine kleinere Gehaltslücke zwischen Männern und Frauen. In Betrieben mit Betriebsrat kündigen 25 % weniger Beschäftigte. Auch gibt es in Betrieben mit Betriebsrat deutlich mehr Weiterbildungsmaßnahmen. Das ist vor allem in Zeiten der Digitalisierung und der ständigen Weiterentwicklung sehr wichtig.
Es gibt also eine ganze Menge Gründe dafür, erstmals einen Betriebsrat zu gründen oder in einem bereits bestehenden Betriebsrat mitzuarbeiten. Aber leider ist es noch immer so, dass es eine deutliche Diskrepanz zwischen dem verbrieften Recht auf Mitbestimmung und dem Umgang damit im Betrieb in der Realität gibt.
Um das zu unterstreichen, möchte ich Sie auf einige Zahlen aus einer Studie der Hans-BöcklerStiftung aufmerksam machen. Mittlerweile wird in Deutschland jede sechste Betriebsratsgründung von Arbeitgebern behindert und unliebsame Beschäftigte werden zum Teil massiv unter Druck gesetzt. Deshalb nützt auch der Verweis auf bestehende Gesetze wenig; denn wenn sie nicht durchgesetzt werden, sind sie einfach nutzlos.
Die Studie der Hans-Böckler-Stiftung dokumentiert, wie Arbeitgeber die Wahl eines Betriebsrates zu behindern oder zu verhindern versuchen: 66 % versuchen zum Beispiel, die Bestellung des Wahlvorstandes zu verhindern, 20 % kündigen
bekannt gewordenen Kandidatinnen und Kandidaten mit fadenscheinigen Begründungen umgehend, 19 % kaufen sich die Kandidatinnen und Kandidaten heraus - dafür ist komischerweise Geld da - 13 % kündigen bereits den Mitgliedern des Wahlvorstandes. Es ist also mehr als offensichtlich, dass es eine ganze Menge Regelungslücken gibt.
Darüber hinaus regen wir an, dass die Landesregierung die Behinderung von Betriebsratsarbeit und die Verhinderung von Betriebsratswahlen in Sachsen-Anhalt untersuchen lässt, damit wir über weitere Handlungsoptionen für Sachsen-Anhalt beraten und diese natürlich auch beschließen können.
Die Landesregierung kann auch selbst aktiv werden. Sie könnte beispielsweise die Arbeit von Betriebsräten durch einen in regelmäßigen Abständen stattfindenden Betriebsrätetag wertschätzen und in der Öffentlichkeit bekannt machen und die Betriebsräte damit letztendlich auch besser vernetzen.
Wenn Sie wirklich etwas ändern und Betriebsräte in Sachsen-Anhalt stärken wollen, dann stimmen Sie unserem Antrag zu.
Leider können wir dem Alternativantrag der Koalitionsfraktionen nicht zustimmen; denn er hilft den Beschäftigten draußen, die täglich für gute Arbeit unterwegs sind und dafür kämpfen, nicht im Mindesten, meine Damen und Herren. Mit Appellen allein ist niemandem geholfen. - Ich danke Ihnen.
Vielen Dank, Herr Abg. Höppner. Es gibt drei Wortmeldungen, von Herrn Steppuhn, Herrn Philipp und Herrn Büttner. - Bitte, Herr Steppuhn.
Frau Präsidentin! Herr Kollege Höppner, es handelt sich mehr um eine Kurzintervention und weniger um eine Frage, aber es verbirgt sich auch eine Frage dahinter. Ich kann vieles von dem, was Sie gesagt haben, unterschreiben.
Sie haben aber am Anfang die Frage gestellt, warum wir diese Debatte überhaupt führen. Können Sie sich vorstellen, dass wir die Debatte heute genau deshalb führen, weil sich die Situation von Betriebsräten und denjenigen, die Betriebsräte wählen wollen, und damit auch die Mitbestimmung im Land verbessern sollen? Wir ha
ben genau deshalb diese Debatte heute angesetzt. Es war nicht DIE LINKE, die eine Aktuelle Debatte dazu beantragt, sondern das war die SPD. - Danke schön.
Ja, darauf antworte ich gern. - Herr Steppuhn, Sie wissen doch genauso gut wie ich, wie lange schon darüber gesprochen wird. Ich habe es erwähnt: Es sind 15, 20 Jahre. Es wird immer schlechter für Betriebsräte. Der Druck wird immer höher. Wir erleben das auch in Sachsen-Anhalt. Wir haben vor allem regelmäßig weniger Betriebsratsgründungen und ähnliche Dinge. Das ist verdammt schwierig.
Es reicht eben nicht, nur weiter darüber zu debattieren, zu reden und Ähnliches oder irgendwelchen Leuten zu schmeicheln. Das reicht einfach nicht. Man muss hier einmal ein klares Bekenntnis abgeben und es vor allem politisch umsetzen. Man muss wissen: Wo sind die Lücken, und wie kann ich diese Lücken schließen, damit Betriebsräte oder betriebliche Mitbestimmung wirklich gestärkt werden?
Ich denke, vieles von dem, was wir wollen, ist deckungsgleich mit dem, was Sie wollen. Wir haben ihn lediglich ein wenig geschärft, damit er noch ein bisschen besser wird.
Aber ich habe eine ganz andere Frage. Sie haben gerade angesprochen, dass die Betriebsräte vor den unredlichen, gierigen Unternehmern geschützt werden müssten, und das sei Aufgabe der Politik. Wäre nicht manchmal auch die umgekehrte Variante Aufgabe der Politik, also die Unternehmer vor den Betriebsräten zu schützen?
Danke. - Sie haben diese Frage in dieser Art und Weise auch schon der Frau Ministerin gestellt. Ich kenne ebenfalls keine Fälle, in denen Unternehmen durch Betriebsräte kaputtgegangen sind, in denen Arbeitgeber schlechtergestellt worden sind und ähnlich Dinge.
Die vertrauensvolle Zusammenarbeit ist übrigens - das habe ich in meiner Rede erwähnt - im Betriebsverfassungsgesetz festgelegt.
Die Erfolge sind nun einmal da. Wir haben die Erfolge in Betrieben, in denen es Betriebsräte gibt. Diese Unternehmen sind wesentlich erfolgreicher. Das ist doch eindeutig gegeben. Auf der anderen Seite gibt es Arbeitgeber, die das nicht einsehen, die klar sagen: Ich nehme mir jetzt einen Anwalt und mache die alle platt.
Danke, Frau Präsidentin. - Herr Höppner, Sie sind mit Ihrer Antwort eben zum Teil bereits auf meine Frage eingegangen. Sie haben in Ihrem Redebeitrag ausgeführt, wie gut es für die Unternehmen ist, wenn Betriebsräte gegründet werden, wie viel profitabler das alles funktioniert, wie viel besser das alles ist. Ich frage Sie aber: Warum gibt es dann, wie Sie auch in Ihrer Rede ausgeführt haben, noch immer so viele Arbeitgeber, die dagegen Sturm laufen,
Danke schön. - Das wollte ich gerade sagen. Genau das ist die Grundfrage der Debatte. Ich kann Ihnen eine Antwort darauf geben: Viele Arbeitgeber kennen das nicht, haben nie mit Mitbestimmung arbeiten müssen, haben nie mit ihren Beschäftigten debattieren müssen und können. Es gibt auch Arbeitgeber - solche habe ich selbst erlebt -, die zu ihrem Unternehmen ein patriarchalisches Verhältnis haben. Gerade für diese Arbeitgeber ist es besonders schwer, sich damit abzufinden, dass da plötzlich Leute sind, die bei bestimmten Fragen mitbestimmen wollen, zum Beispiel bei der Arbeitszeit und bei anderen Themen. Das ist ganz wichtig. Das ist nicht ganz einfach.
Ich kenne aber auch - das möchte ich klarstellen - sehr viele Arbeitgeber, die super mit Betriebsräten zusammenarbeiten. Bei diesen muss man sich auch einmal bedanken. Das wurde hier ebenfalls schon erwähnt. Das macht, glaube ich, den Erfolg aus. Beide Seiten müssen sich ergänzen.
Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Wenn es dem Unternehmen einmal schlecht geht, dann ist auch ein Betriebsrat dafür da, das zu kommunizieren und Entscheidungen zu treffen, wie damit umgegangen werden soll. Das hilft dem Arbeitgeber, seine Entscheidung zu treffen und vor den Beschäftigten letztendlich auch gut dazustehen.
Vielen Dank, Herr Abg. Höppner. Ich sehe keine weiteren Anfragen. - Wir kommen nunmehr zum nächsten Debattenredner. Für die CDU-Fraktion spricht Abg. Herr Krull. Sie haben das Wort, Herr Abgeordneter.
Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Mitglieder des Hohen Hauses! Dass wir uns heute mit dem Thema der betrieblichen Mitbestimmung beschäftigen, ist geradezu perfekt - das wurde schon gesagt -; denn wir befinden uns in der Phase der Wahlen zu den Betriebsräten und stehen unmittelbar vor dem internationalen Tag der Arbeit.