Protokoll der Sitzung vom 20.06.2018

(Oh! bei der LINKEN)

also die sinnvollen Derivategeschäfte mit dem Ziel der Absicherung gegen Zinsänderungsrisiken von den reinen Spekulationsgeschäften. Uns geht es nur um die verbotenen Zockereigeschäfte. Diesen Schaden wollen wir isoliert sehen.

Die Feststellung der Marktwerte ist ein Teil dieser Schadensbemessung. Neben den aktuellen Marktwerten interessieren wir uns darüber hinaus für die Marktwerte, die die Derivate bei Vertragsabschluss hatten. Ich beziehe mich dabei auf ein Urteil des Landgerichtes Düsseldorf vom 11. Mai 2012. Dort klagte eine Gemeinde gegen die Bank und gewann, weil die Derivate schon bei Vertragsabschluss negative Marktwerte hatten und dies der Gemeinde verschwiegen worden war.

Zweitens. Es muss geprüft werden, ob bei der Durchführung von Derivategeschäften die Gesetze eingehalten wurden, ob es ordentliche Beschlüsse der Verbandsversammlungen gab oder ob vom Geschäftsführer rechtswidrig auf eigene Faust gehandelt wurde. Auf welche rechtlichen Grundlagen berufen sich die Zweckverbände eigentlich? - Bei dem Wust an Erlassen, Rundverfügungen und Dienstanweisungen kann man leicht den Überblick verlieren.

Drittens. Es sollen die Geschäftsbeziehungen zwischen den Zweckverbänden und den beratenden Banken aufgeklärt werden. Das heißt: Liegen Rahmenverträge vor? Wurde gesetzeskonform über die Risiken aufgeklärt? Hätten die Produkte überhaupt angeboten werden dürfen? - Aus den vergangenen Gerichtsurteilen können wir davon ausgehen, dass das in vielen Fällen nicht zutrifft.

Diese Aufklärungsarbeit ist für Regressansprüche entscheidend. Bei der Prüfung muss ebenfalls untersucht werden, warum die jeweiligen Verbandsgeschäftsführer nicht von sich aus gegen die Banken vorgegangen sind, um so den Schaden auf ein Minimum zu reduzieren, statt die Verluste in die Zukunft zu verschieben.

Nach diesen drei Gesichtspunkten sollen die weiteren Kommunen und Verbände untersucht werden.

Die nächsthöhere Ebene ist nun die Kommunalaufsicht. Es soll untersucht werden, inwieweit die Kontrollgremien ihrer Verantwortung nachgekommen sind.

Wie kann es sein, dass flächendeckend verbotene Geschäfte gemacht werden und die Kommunalaufsicht nichts von all dem gewusst haben will? - Wir reden hier immerhin über einen Zeitraum von 20 Jahren. So blind kann man doch nicht sein. Oder etwa doch? - Das wollen wir herausfinden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD)

Schlussendlich wollen wir untersuchen, welchen Anteil frühere Landesregierungen an dieser Misere tragen.

Innenminister Stahlknecht hat bekanntlich angekündigt, die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen zu wollen. Er hat sich sozusagen an die Spitze der Aufklärungsbewegung gesetzt. Vom Grundsatz her finde ich das sehr löblich. Wenn sich aber nun herausstellt, dass er selbst einer der Verantwortlichen sein sollte, dann müsste er natürlich auch die entsprechenden Konsequenzen ziehen;

(Zustimmung bei der AfD)

denn die politische Verantwortung sitzt in den Mitgliederversammlungen der Kommunen und Zweckverbände in Form der Abgesandten der Parteien, auch in der Landesregierung, die das Treiben ignoriert, gebilligt und mitunter sogar gefördert hat.

Sehr geehrte Damen und Herren! Der aktuelle Spekulationsskandal zeigt, wie wichtig es ist, an der Kommunalwahl im kommenden Jahr teilzunehmen und nur solche Mandatsträger zu wählen, die für Transparenz und Öffentlichkeit sorgen und denen die Interessen der Bürger wirklich am Herzen liegen.

Nicht nur im Landtag, sondern auch in den Kommunen brauchen wir volksnahe Kommunalpolitiker, die sich von den Bürgern kontrollieren lassen, und zwar ganz egal, in welcher Partei sie Mitglied sind. Das betrifft auch unsere Abgeordneten; das betrifft alle.

(Beifall bei der AfD)

Werte Abgeordnete des Hohen Hauses! Wenn Ihnen die Interessen der Bürger von SachsenAnhalt am Herzen liegen, werden Sie nicht umhin kommen, dem Antrag der AfD-Fraktion auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zuzustimmen.

Bitte sorgen Sie mit uns dafür, dass die Einsetzung des PUA zur Aufklärung des Spekulationsskandals bei den Abwasserzweckverbänden und in den Kommunen von einer breiten Mehrheit unterstützt wird. Deswegen haben wir auch eine namentliche Abstimmung beantragt. Wir möchten, dass die Menschen nachvollziehen können, wer sich in diesem Hohen Hause für Öffentlichkeit, für Transparenz und für Kontrolle einsetzt. - Ich bedanke mich für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Farle. Es gibt keine Anfragen. - Die Landesregierung hat den Verzicht auf einen Redebeitrag angekündigt. Somit steigen wir in die Debatte der Fraktionen mit je fünf Minuten Redezeit ein. Der erste Redner wird das Geburtstagskind Herr Dr. Schmidt sein.

Doch bevor ich Herrn Dr. Schmidt das Wort erteile, habe ich die ehrenvolle Aufgabe, Schülerinnen und Schüler der Gleim-Sekundarschule Ermsleben recht herzlich hier im Hohen Hause zu begrüßen.

(Beifall im ganzen Hause)

Sie haben das Wort, Herr Abgeordneter.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist immer wahnsinnig schwer, nach den Märchen, die Herr Farle erzählt,

(Zustimmung bei der SPD - Oh! bei der AfD)

den Weg zurück zur Sache zu finden und der Versuchung zu widerstehen, die unglaublichen Aneinanderhäufungen von Unsinn, die er immer vorträgt, zu widerlegen. Es würde sich schon dafür lohnen, den Finanzausschuss öffentlich zu machen, Herr Farle, damit alle erfahren, welchen Unsinn Sie regelmäßig erzählen.

(Beifall bei der SPD - Widerspruch bei der AfD)

Da ist es wichtig, wieder zur Sache zurückzukommen. Ich versuche es trotzdem.

Sehr geehrte Damen und Herren! Gemeinden und kommunale Zweckverbände haben seit den 90er-Jahren - das wissen wir jetzt - Geschäfte

mit Derivaten getätigt. Das war in vielen Fällen rechtskonform, wenn damit Zinsrisiken von Kreditgeschäften minimiert wurden.

Übrigens, beim WZV Saale-Fuhne-Ziethe ist es möglicherweise - das wissen wir alle noch nicht, weil Sie nur aus Zeitungen Wissen schöpfen - genauso ein rechtskonformer Fall. Wir wissen, dass es in einigen Fällen auch rechtswidrig und möglicherweise mit strafbarer Untreue dazu kam, dass Verluste in Millionenhöhe entstanden sind, die auf Trägergemeinden zukommen.

(Zurufe)

Wir werden das in der Sache in dieser Landtagssitzung noch debattieren.

(Zuruf)

Viele Fragen stellen sich. Wie sind Geschäftsführer von Abwasserzweckverbänden

(Zuruf)

- rufen Sie doch nicht dazwischen; hören Sie einfach zu! - auf die Idee gekommen, Geld in Anlageformen anzulegen, von denen Sie privat vermutlich immer die Finger gelassen hätten? Was wussten die Mitglieder der Verbandsversammlungen? Wie konnten solche Geschäfte getätigt werden, ohne dass das den Rechnungsprüfungsämtern in den Trägergemeinden oder Kommunalaufsichtsbehörden aufgefallen ist? Wie eng und sorgfältig wird das wirtschaftliche Handeln von Zweckverbänden insgesamt kommunalaufsichtlich geprüft? Dazu kommt die Frage nach der zivil- und strafrechtlichen Verantwortung. - Alle diese Fragen wollen und müssen geklärt werden.

Der Landesrechnungshof, durch dessen Prüfung diese Fragestellung überhaupt auf uns zugekommen ist, steht an dieser Stelle noch ganz am Anfang. Verbandsversammlungen, Kreistage, Gemeinderäte müssen über die allgemeine Tatbestandsfeststellung hinaus, damit sie mehr als Zeitungswissen haben, überhaupt erst einmal befasst werden. Der Fall Finzelberg zeigt, dass sich das alles sehr lange hinziehen kann, bis der letzte Gerichtsprozess abgeschlossen sein wird.

Die AfD-Fraktion hält einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss für den geeigneten Weg der Aufklärung. Dem kann nur folgen, wer den Staatsaufbau unseres Landes nicht kennt oder nicht wahrhaben will; denn weite Teile dessen, über das wir reden, liegen, und zwar seit 1808, seit dem Freiherrn vom Stein - es ist ein bisschen eine Schande, dass Sie darüber offensichtlich gar nichts wissen - im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung, die auch dann wirkt, wenn es nicht nur um die guten Sachen geht, sondern auch um die Probleme, nicht nur um die Vorteile, sondern um die Aufklärung von Fehlern.

Dem kann überhaupt nicht folgen, wer ernst nimmt, was der Kollege Farle jetzt gerade noch einmal öffentlich als Ziel ausgegeben hat: Die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden. Die AfD ignoriert das ja konsequent. Aber der Landesrechnungshof ist keine Staatsanwaltschaft; das soll er auch nicht sein. Und ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss ist kein Gerichtshof und wird es auch nicht sein.

Die Verantwortlichen müssen von ihren Dienstvorgesetzten und Aufsichtsbehörden zur Verantwortung gezogen werden, und zwar im Rahmen von Disziplinarverfahren und/oder vor ordentlichen Gerichten.

(Zustimmung bei der SPD)

Die AfD kann diesen Untersuchungsausschuss, sehr geehrte Damen und Herren, gleichwohl ins Leben rufen. Das ist ihr gutes Recht, ein Minderheitenrecht, das sie hat und haben soll. Wir werden selbstverständlich mitarbeiten.

Ich fürchte allerdings, die Hauptarbeit wird darin bestehen, dafür zu sorgen, dass dieser Untersuchungsausschuss der Untersuchung nicht im Weg steht und die Untersuchung da, wo sie stattfinden muss, nicht noch verzögert. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Abg. Schmidt. Es gibt keine Nachfragen. - Wir kommen zum nächsten Redner. Für die AfD-Fraktion spricht der Abg. Herr Loth. Sie haben das Wort, Herr Abgeordneter.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Heute soll, wie bereits gesagt, der dritte parlamentarische Untersuchungsausschuss des Landtages unserer siebenten Wahlperiode eingerichtet werden. Mein lieber Kollege Robert Farle beschrieb bereits eloquent den Gegenstand der Untersuchungen.

Den Print- und TV-Medien konnte ich auch bereits viele Stellungnahmen der Kollegen aus der Kippel-Regierung und der Möchtegern-Opposition, den LINKEN, entnehmen.

(Oh! bei der LINKEN)

Die GRÜNEN scheinen sich prinzipiell nur für Strategien gegen Rechts zu interessieren und wollen das Thema hier mit einer Aktuellen Debatte abtun; das halte ich nicht für zielführend. Sie werden irgendwann feststellen, dass auch Sie von den Abwasserzweckverbänden betroffen sind. Wir geben Ihnen die Zeit, es zu erkennen. Sie schaffen das schon noch.