Diese Aufgabenfülle führt noch zu einem zweiten Effekt. Die drastische Reduktion der Außeneinsätze und der Vor-Ort-Kontrollen hat ihren Grund nicht nur in der rückläufigen Zahl der Kontrolleure. Hinzu kommt, dass die verbleibenden Mitarbeiter immer weniger Zeit haben, weil sie eben auch mit gesetzlich vorgeschriebenen Verwaltungsaufgaben, Gutachten oder Genehmigungsverfahren befasst sind.
An dieser Stelle bedanke ich mich bei den wenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die im Bereich Arbeitsschutz verblieben sind.
Sie müssen unter wirklich schwierigen Bedingungen diese Aufgabenfülle bewältigen. Das ist eine Mammutaufgabe und führt letztendlich auch dazu, dass der Druck bei ihnen stetig steigt und somit die Gesundheit der Beschäftigten in den Landesämtern selbst in Gefahr gebracht wird.
Zu dem Aufgabenbereich der Gewerbeaufsicht gehört ebenso der psychische Arbeitsschutz. Auch die betriebliche Gesundheitsförderung soll gestärkt werden, um zum Beispiel neuen Herausforderungen wie psychischer Belastung am Arbeitsplatz in einer sich stetig verändernden Arbeitswelt besser begegnen zu können.
Das ist nicht unbedingt neu, sondern wurde bereits in der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie, GDA, im Jahr 2013 festgelegt. Die GDA ist eine Initiative von Bund, Ländern und der gesetzlichen Unfallversicherung. Diese einigten sich gemeinsam auf Ziele hinsichtlich der Förderung des Arbeitsschutzes.
Wie diese Dinge in Zukunft umgesetzt werden sollen, ist aufgrund der Faktenlage bzw. der Zahlen, die wir gerade gehört haben, für uns nicht ersichtlich. Schaffen Sie die Voraussetzungen dafür, dass dieses Thema überhaupt ordentlich und effektiv bearbeitet werden kann. Dazu braucht es ausreichend viel und gut geschultes Personal sowie gute Arbeitsbedingungen in den jeweiligen Landesämtern. - Ich danke Ihnen.
Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Herrn Höppner für die Einbringung des Antrages. - In der Debatte ist eine Redezeit von drei Minuten je Fraktion vorgesehen. Zunächst spricht für die Landesregierung Ministerin Frau Grimm-Benne. Frau Ministerin, Sie haben das Wort.
Herzlichen Dank, Herr Vizepräsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Guter Lohn und gute Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen stellen eigentlich eine Selbstverständlichkeit für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen in Sachsen-Anhalt dar. Zu guten Arbeitsbedingungen zählen selbstverständlich
auch der Schutz der körperlichen Unversehrtheit und die Gesunderhaltung der Beschäftigten. Jede betriebliche Investition in gesundheitsfördernde Präventions- und Arbeitsschutzmaßnahmen steigert nachweislich die unternehmerische Wettbewerbsfähigkeit. Laut Expertenmeinungen steigert jeder dafür investierte Euro die Ertragskraft der Unternehmen um 3 €.
Lassen Sie mich an dieser Stelle sagen, dass auch für Unternehmen in Sachsen-Anhalt die Bemühungen aller Beteiligten zur Reduzierung der betrieblichen Gefährdungen durchaus auf einem guten Weg sind. In den letzten zehn Jahren hat sich die Zahl der meldepflichtigen Arbeitsunfälle von 35 139 auf 27 345 verringert.
Gleichwohl ist mir bewusst, dass die Zahl der Arbeitsunfähigkeitstage laut Statistiken der Krankenkassen auf einem hohen Niveau liegt. Laut AOK-Bundesverband waren es im Jahr 2018 durchschnittlich 19,9 Tage.
Meine Damen und Herren Abgeordneten! Die Arbeitswelt befindet sich im Wandel, auch in Sachsen-Anhalt. Sie alle kennen die Stichworte: Digitalisierung der Arbeitswelt, demografiebedingter Fachkräftebedarf, Einführung neuer Technologien oder Arbeit 4.0. Da die Beachtung der Arbeitsschutzbestimmungen eine unternehme
rische Pflicht darstellt, stehen in erster Linie die Unternehmen in der Verantwortung, veränderte Arbeitsbedingungen sicher und gesund zu gestalten.
Hierbei werden die Unternehmen durch die Akteure des staatlichen Arbeitsschutzes und der Unfallversicherungsträger beraten und beaufsichtigt. Auch die Arbeitsschutzaufsicht setzt sich mit den neuen Herausforderungen auseinander.
Dies findet zum einen auf der Ebene der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie statt. Zum anderen sind die betrieblichen Lebenswelten auch Bestandteil der nationalen Präventionsstrategie. Hierbei wirken alle Sozialversicherungsträger unter der Federführung der gesetzlichen Krankenversicherung gemeinsam mit Bund, Ländern und Kommunen an der Verbesserung der Gesundheitsförderung und der Prävention zusammen.
Darüber hinaus wird derzeit auf der bundespolitischen Ebene über die Implementierung moderner Aufsichtsstrategien bei der staatlichen Arbeitsschutzaufsicht diskutiert. Die Arbeits- und Sozialministerkonferenz wird sich in der nächsten Woche mit einer Fortentwicklung des deutschen Arbeitsschutzrechtes befassen.
Für mein Haus darf ich sagen, dass das Landesamt für Verbraucherschutz bereits damit begonnen hat, sein Fachkonzept zur Arbeitsschutzaufsicht unter Berücksichtigung der zukünftigen Herausforderungen fortzuschreiben. Die Berücksichtigung psychischer Belastungen am Arbeitsplatz ist bei der Beurteilung der Arbeitsbedingungen durch den Arbeitgeber eine gesetzliche Pflicht.
Um die Unternehmen bei der Umsetzung dieser Verpflichtung weiter zu unterstützen, hatte der Bundesrat im Mai 2013 der Bundesregierung den Entwurf einer Verordnung zum Schutz vor Gefährdungen durch psychische Belastung bei der Arbeit zugeleitet. Dies wurde von der Bundesregierung leider nicht aufgenommen.
Stattdessen wurde bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin ein Forschungsprojekt zur psychischen Gesundheit in der Arbeitswelt initiiert. Es wurde im Mai 2017 mit der Vorstellung des Abschlussberichtes beendet. Seitdem stehen kostenfrei umfangreiche Materialien zur Erstellung von Gefährdungsbeurteilungen für alle Akteure zur Verfügung. Ich gebe aber zu, diese sind in der Öffentlichkeit kaum bekannt.
Vielleicht müssten wir eine Strategie entwickeln, um zu erreichen, dass die Unternehmen das auch tatsächlich tun.
Ich habe nur drei Minuten Redezeit. - Ich möchte deshalb nur noch Folgendes sagen. Sie haben in Ihrem Antrag die Zahl der Beschäftigten des gesamten Landesamtes für Verbraucherschutz und deren Reduzierung betrachtet. Ich kann jedenfalls mitteilen, dass wir zum Zeitpunkt 1. März 2018 im Arbeitsschutz 128 aktive und passive Beschäftigte ausgewiesen haben.
Man kann sagen, das ist noch nicht genügend. Aber wir haben uns immer bemüht - ich denke, auch mehr als in anderen Ländern -, die Bereiche Lebensmittelkontrolle, Arbeitsschutz und Gewerbeschutz immer so aufrechtzuerhalten, dass zumindest die wichtigsten Kontrollen nach wie vor durchgeführt werden können. Mehr geht immer. Das Personal ist in diesem Bereich ohnehin immer knapp. Ich hoffe, dass wir damit unserer Verantwortung in diesem Bereich gerecht werden. - Herzlichen Dank.
Ihre Feststellung ist richtig, dass wir die Zahlen für das gesamte Landesamt genannt haben. Das beschreibt aber letztendlich auch den drastischen Rückgang beim Personal. Der Fachbereich Arbeitsschutz ist massiv davon betroffen. Es freut mich, dass Sie die Begründung auch gelesen haben.
Ich habe noch eine konkrete Frage. Halten Sie den jetzigen Personalbestand wirklich für ausreichend oder passiert in dem Bereich vielleicht noch etwas? Wird dort, zum Beispiel im nächsten Haushaltsplan, mehr Personal eingeplant?
Wir waren bei der Aufstellung der Haushaltsplanentwürfe für 2020 und 2021 als Landesregierung gehalten, den Personalbestand von 2019 fortzuschreiben. Ich denke, angesichts der zusätzlichen Aufgaben, die wir vom Bund bekommen, werden wir im Parlament auf jeden Fall noch eine Diskussion dazu haben, ob wir genügend Personal für bestimmte wichtige Aufgaben haben. Darauf habe ich gerade nach den letzten Skandalen in der Lebensmittelindustrie noch einmal aufmerksam
gemacht. Dem können wir nur begegnen, wenn wir wirklich genug Lebensmittelkontrolleure an Bord haben. Dazu wird es auf jeden Fall noch eine politische Diskussion geben.
Weitere Fragen sehe ich nicht. Ich danke Ihnen, Frau Ministerin Grimm-Benne, für die Stellungnahme der Landesregierung. - Für die CDUFraktion spricht jetzt der Abg. Herr Schröder. Herr Schröder, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir alle tragen das verfügbare Wissen der Welt in unseren Taschen. Wir haben Smartphones und Tablet-PCs in unseren Händen. Manchmal hat man das Gefühl, die Dinger haben auch uns ein wenig in der Hand.
Ich führe deswegen so ein, weil die Digitalisierung der Abläufe natürlich auch etwas mit uns und mit der Art, wie wir zusammenarbeiten, zu tun hat. Das ist nicht nur im Parlament, sondern natürlich auch in den Dienstleistungsbereichen, in der Verwaltung und in der Wirtschaft so. Mit der Digitalisierung der Arbeitsprozesse verkomplizieren sich die Informationsketten.
Vor allen Dingen beschleunigen sich die Abläufe. Was vielleicht in der Vergangenheit noch möglich war, nämlich dass man eine wichtige Information für einen Kollegen, den Chef oder den Arbeitgeber am nächsten Tag übergab, geht nicht mehr. Viele Entscheidungen müssen schnell getroffen werden. Es kann auch stärker überprüft werden, wann man welche Information wie weitergegeben oder empfangen hat.
All das führt vor allen Dingen im Zusammenhang mit einer längeren Lebensarbeitszeit natürlich zu neuen Anforderungen an einen modernen Arbeitsschutz. Deswegen teilt die CDU-Landtagsfraktion die Ansicht, dass es sich bei diesem Anliegen um ein wichtiges Thema handelt. Insofern hat die Antragstellerin, die Fraktion DIE LINKE, das unter Punkt 5 sehr schön formuliert: Arbeit befindet sich in einem stetigen Wandel; der Arbeitsschutz muss dem folgen. Das sieht die CDU-Landtagsfraktion ausdrücklich auch so.
Natürlich sind, wie es die Ministerin schon ausgeführt hat, gute Arbeitsbedingungen und ein guter Arbeitsschutz immer auch ein Wettbewerbsvorteil für die Unternehmen. Sie spielen eine wichtige Rolle, wenn es um die Gewinnung von Fachkräften geht. Natürlich trägt ein moderner Arbeitsschutz immer auch dazu bei, Unfälle zu vermeiden. Auch das ist alles richtigerweise schon gesagt worden. Das effizient zu organisieren, ist wichtig.
Ich möchte noch die Feststellung treffen, dass sich der Arbeitsschutz in Sachsen-Anhalt gut entwickelt hat. Die Anzahl der Betriebskontrollen mag rückläufig gewesen sein. Trotzdem hat sich der Arbeitsschutz gut entwickelt. Es ist auch nicht jede psychische Belastungssituation in ihrer Auswirkung so schwerwiegend, dass die Politik unmittelbar darauf reagieren muss.
Ich glaube, wichtige Fragen, die hierbei eine Rolle spielen, sind die Fortentwicklung des Fachkonzeptes und die Personalbedarfe im Bereich des Arbeitsschutzes. Damit sollten wir uns im Ausschuss intensiver beschäftigen. Deswegen plädiert meine Fraktion dafür, den Antrag in den Sozialausschuss zu überweisen. Dort können wir dann die Diskussion vertiefend fortsetzen. - Herzlichen Dank.
Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Herrn Schröder für den Redebeitrag. - Für die AfDFraktion spricht der Abg. Herr Siegmund. Herr Siegmund, Sie haben das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Liebe Kollegen! Heute geht es um psychische Erkrankungen am Arbeitsplatz. Unser Arbeitsumfeld wandelt sich; das wissen wir alle. Neue Herausforderungen kommen auf uns zu. Schnelllebigkeit, Digitalisierung - es wurde erwähnt - stellen uns alle vor neue Herausforderungen.
Um es vorwegzusagen: Diese Entwicklung sehen wir, genau wie Sie es tun, vollkommen kritisch und plädieren daher für den größtmöglichen Schutz von Arbeitnehmern, damit die Arbeit sich gar nicht erst als Quelle für etwaige Krankheiten - egal ob psychische oder physische - entwickeln kann. Dieser Anspruch, so denke ich, eint uns im Parlament.
Die Art und Weise jedoch, wie Sie, liebe LINKE, dieses Problem angehen, ist typisch für Ihre weltfremde Politik. Deswegen möchte ich mir erst einmal die Ursachen des Problems genauer anschauen. Denn, liebe LINKE, Sie sind es doch selbst, die Arbeitgeber immer weiter drangsalieren und immer mehr Menschen auch aus dem Wertschöpfungsprozess herausziehen. Sie wollen doch gar nicht mehr, dass sich Arbeit lohnt.
Sie fordern eine sanktionsfreie Mindestsicherung von mehr als 1 000 €. Wer soll das bezahlen? Und was ist mit den Menschen, die aktiv sagen, sie hätten keine Lust zu arbeiten, und diese Kohle
einfach mitnehmen? Das alles wollen Sie tolerieren. Dann auch noch offene Grenzen - das heißt, dass jeder Mensch dieser Welt darauf Anspruch hat.
Sie erschaffen immer neue abstruse Berufe, wie Integrationslotsen, Freizeitmanager, Gleichstellungsbeauftragte usw. Diese müssen über Steuern finanziert werden.
Sie tolerieren und fördern die Datenschutzkrake aus Brüssel, die in jeden einzelnen Bereich der Wirtschaft vordringt und immer mehr Unternehmern die Luft zum Atmen nimmt.
Die Last zum Finanzieren all Ihrer Träume - das ist das Entscheidende - lastet auf immer weniger Schultern, die das erwirtschaften müssen.
Lassen Sie, liebe Kollegen, Firmen die Luft zum Atmen; denn dann können diese auch selbstständig individuelle Maßnahmen zum Schutz ihrer Mitarbeiter ergreifen. Dieses Interesse - ich denke, das wird deutlich, wenn man mit einem Unternehmer in Sachsen-Anhalt spricht - eint mittlerweile alle Unternehmer aufgrund des Fachkräftemangels.
Ich schaue mir nun Ihre vermeintliche Lösung an. Die Kernforderung Ihres Antrages ist vor allem die strengere Prüfung durch Arbeitsschutzbehörden und eine auf Bundesebene zu initiierende Antistressverordnung. Liebe Kollegen, das geht völlig am Ziel vorbei; das wurde in der damaligen Debatte im Bundestag zu dem Thema deutlich; das wurde alles schon einmal beraten.
Die Verordnung würde nichts an der Realität ändern, außer dass sie Arbeitgeber weiter gängelt. Alle zwingenden Mitbestimmungsrechte sind bereits im Gesundheitsschutz, beispielsweise im Arbeitsschutzgesetz und in anderen Bereichen, vollumfänglich geregelt. Außerdem enthält die Verordnung eine Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe, also schwammiger Rechtsbegriffe. Sie führt dazu, dass Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Betriebsräte im Glauben schwelgen, das Problem über diese Verordnung zu lösen; aber die eigentlichen Grundursachen werden damit gar nicht angegangen.