Protokoll der Sitzung vom 15.03.2001

Aufgrund der angespannten Finanzsituation erwägen Kommunen die Erhebung einer so genannten Zweitwohnungssteuer von Personen mit Nebenwohnsitz. Bisher gibt es in Thüringen diese Art der kommunalen Steuer nicht.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Rechtsauffassung vertritt die Landesregierung zur so genannten Zweitwohnungssteuer?

2. Erachtet die Landesregierung die Rechtsgrundlagen in Thüringen für die Erhebung einer so genannten Zweitwohnungssteuer für ausreichend und wie wird dies begründet?

3. Welche haushaltsrelevanten Auswirkungen sind aus Sicht der Landesregierung für die Kommunen, die sich für die Erhebung der so genannten Zweitwohnungssteuer entscheiden, zu erwarten?

4. Unter welchen Voraussetzungen besteht aus Sicht der Landesregierung die Möglichkeit, Personen mit Nebenwohnsitz bei den Berechnungen zum Kommunalen Finanzausgleich mit einzubeziehen?

Für die Landesregierung antwortet Herr Innenminister Köckert.

Frau Präsidentin, Frau Sedlacik, für die Landesregierung beantworte ich Ihre Frage wie folgt:

Zu Frage 1 - Rechtsauffassung der Landesregierung: Bei der Zweitwohnungssteuer handelt es sich um eine Abgabe, die von der Rechtsprechung anerkannt ist und auf der Grundlage einer kommunalen Satzung erhoben werden kann.

Zu Frage 2: Eine ausreichende Rechtsgrundlage für die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer kann ausschließlich eine kommunale Satzung darstellen. Die Ermächtigungsgrundlage für den Satzungserlass bildet § 5 Abs. 1 des Thüringer Kommunalabgabengesetzes.

Zu Frage 3 - haushaltsrelevante Auswirkungen: Ob sich und wie sich die zu erwartenden Mehreinnahmen kassenwirksam auswirken, das ist derzeit nicht bekannt.

Zu Frage 4 - die Personen mit Nebenwohnsitz in den Finanzausgleich mit einzubeziehen: Die Voraussetzung für einen Einbezug von Personen mit Nebenwohnungen zur Berechnung von Finanzausgleichsleistungen, dazu wäre eine Änderung des § 32 Abs. 1 des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes notwendig und das wäre dann wieder hier im Landtag zu verhandeln.

Nachfragen sehe ich nicht, dann ist - doch eine Meldung, aber keine Nachfrage. Bitte.

Die PDS-Fraktion beantragt die weitere Beratung der Antwort und der Frage im Innenausschuss.

Den Antrag haben wir gehört, dann stimmen wir darüber ab. Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. Dann ist das Quorum erreicht und die Anfrage überwiesen. Ich komme zur nächsten Anfrage, und zwar vom Abgeordneten Wunderlich in der Drucksache 3/1347.

Auswirkung des 7-Punkte-Plans von EU-Agrarkommissar Fischler auf die Landwirtschaft in Thüringen

Am 13. Februar 2001 hat als Konsequenz auf die europäische BSE-Krise und zur Umsteuerung der Rindfleischproduktion der zuständige Agrarkommissar Dr. Franz Fischler einen 7-Punkte-Plan vorgestellt.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Auswirkungen und Konsequenzen, insbesondere auf die rinderhaltenden Betriebe, würde die Umsetzung eines solchen Plans in Thüringen bewirken?

2. Welche Haltung zu dem Plan hat die Landesregierung?

3. Liegen der Landesregierung aus derzeitiger Sicht Erkenntnisse zur Haltung der Bundesregierung zu dem 7-Punkte-Plan vor?

Es antwortet Herr Staatssekretär Illert.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, namens der Landesregierung beantworte ich die Anfrage von Herrn Abgeordneten Wunderlich wie folgt:

Zu Frage 1: Die Einführung eines solches Plans würde die Existenz vieler Rinderhalter in Thüringen gefährden bzw. in Frage stellen und einen enormen zusätzlichen Verwaltungsaufwand nach sich ziehen. Insbesondere die Einführung der so genannten 90-Tier-Grenze würde das Ende der Bullenmast in Thüringen bedeuten. In Thüringen wären von dieser geplanten Regelung über 75 Prozent der prämienfähigen Rinder betroffen. Die angedachte Regelung zur Mutterkuhprämie würde dazu führen, dass einzelne Erzeuger die Prämienrechte nicht ausschöpfen könnten, weil sie z.B. die Bedingungen von mindestens 20 Prozent Färsen nicht erfüllen. Die vorgeschlagene Festlegung von Betriebsquoten für männliche Rinder würde einen unvertretbar hohen Verwaltungsaufwand nach sich ziehen, der in der Verwaltung unter den derzeitigen Gegebenheiten personell nicht abzusichern wäre. Kein Problem dagegen stellt im Landesdurchschnitt die vorgeschlagene Absenkung der erlaubten Besatzdichte für die spezielle Prämie für männliche Rinder und die Mutterkuhprämie von 2 auf 1,8 Großvieheinheiten pro Hektar dar. Eine Umsetzung des Plans würde auch nach sich ziehen, dass weitere Maßnahmen zur Marktentlastung nicht mehr von der EU, sondern zu großen Teilen von den Mitgliedsstaaten selbst geregelt werden müssten.

Zu Frage 2: Der 7-Punkte-Plan vom 13. Februar 2001 des EU-Kommissars Dr. Franz Fischler soll zur Umsteuerung in der Rindfleischproduktion beitragen. Diesem Ziel stimmt die Thüringer Landesregierung zu. Zum Abbau der Überproduktion in der EU gibt es keine Alternative. Der von Herrn Dr. Fischler vorgestellte Weg der Wiedereinführung der so genannten 90-Tier-Grenze wird jedoch entschieden abgelehnt. Das bedeutete das totale Aus der Rindermast in Thüringen. Die Begründung, dies sei ein weiterer Schritt in Richtung extensiver Produktion, ist für Thüringen nicht zutreffend. Mit einem Großviehbestand von aktuell 0,56 Großvieheinheiten pro Hektar insgesamt, davon 0,39 Großvieheinheiten pro Hektar Rinder, hat Thüringen bereits einen sehr hohen Extensivierungsgrad erreicht. In den vergangenen zehn Jahren haben sich die Rinderbestände in Thüringen um mehr als die Hälfte und die Mastrinderbestände um rund 78 Prozent reduziert. Aus Sicht der Landesregierung sind daher die Ziele der Kommission mit einer Absenkung des Prämienplafonds EU-weit auf 90 Prozent deutlich gerechter zu erreichen. Die Landesregierung setzt sich dafür ein, dass eine Verkomplizierung der Verwaltungsaufgaben durch die Einführung weiterer einzelbetrieblicher Quoten, unterschiedlicher Verfahrensweisen auf Stilllegungsflächen und komplizierter Regelung bei der Mutterkuhprämie durch Festlegung prozentualer Färsenanteile vermieden werden.

Zu Frage 3: Ja, die Bundesregierung lehnt in ihrem Bericht zur Tagung des Agrarrats vom 26./27. Februar 2001 in Brüssel den 7-Punkte-Plan in weiten Teilen ab. Dort heißt es unter anderem: "Die vorgeschlagenen Maßnahmen zur Krisenbewältigung werden von uns und anderen Mitgliedsstaaten als wenig effizient, kostenträchtig und ungeeignet zur Wiederherstellung des Marktgleichgewichts im Rindfleischbereich angesehen."

Nachfragen sehe ich nicht, dann ist die Frage beantwortet. Ich komme zur nächsten Frage, das ist die Frage der Frau Abgeordneten Wackernagel in der Drucksache 3/1349.

Entsorgung tierischer Abfälle

Seit Anfang Dezember 2000 ist die Verfütterung von Tiermehl verboten. Die tierischen Abfälle, wie Tierkörper und Teile von diesen, sind in einer Tierkörperbeseitigungsanstalt zu beseitigen. Obwohl am Ende der Entsorgungskette nun kein Produkt wie Tiermehl oder Tierfett mehr entsteht, welches in die Nahrungskette zurückkommt, erfolgt die Entsorgung der tierischen Abfälle weiterhin in den kostenintensiven bisherigen Strukturen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Behindert das Tierkörperbeseitigungsgesetz die Nutzung kostengünstigerer Entsorgungsmöglichkeiten?

2. Beabsichtigt die Landesregierung die Thüringer Verordnung über die Einzugsbereiche der Tierkörperbeseitigungsanstalten unter Beachtung der Reduzierung der Transportwege zu verändern?

3. Ist eine kostengünstigere Entsorgungsmöglichkeit für tierische Abfälle über regionale Müllentsorgungsstrukturen, wie sie z. B. eine Stadtwirtschaft darstellt, möglich?

Es antwortet Herr Minister Dr. Pietzsch.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, für die Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage wie folgt.

Zu Frage 1: Das Tierkörperbeseitigungsgesetz und die darauf basierende Tierkörperbeseitigungsanstaltenverordnung legen die Sterilisationsparameter sowie die hygienischen Bedingungen für die Beseitigung von Tierkörpern, Tierkörperteilen und -erzeugnissen fest. Ich lege Wert auf die hygienischen Bedingungen. Die vorrangige Aufgabe der Tierkörperbeseitigung besteht darin, eventuell vorhandene Erreger übertragbarer Krankheiten zu vernichten und so die Gesundheit von Mensch und Tier zu schützen. Darüber hinaus hat die Tierkörperbeseitigung so zu erfolgen, dass Gewässer, Boden und Futtermittel nicht durch Erreger übertragbarer Krankheiten oder toxische Stoffe verunreinigt werden. Zurzeit verbleibt demnach als sichere Variante zur Entsorgung von Tiermehlen und Tierfetten nur die Verbrennung. Andere kostengünstigere Entsorgungsmöglichkeiten können nur dann zur Anwendung kommen, wenn die hygienischen Anforderungen und die Verfahrensparameter für eine ordnungsgemäße Tierkörperbeseitigung erfüllt werden.

Deshalb zu Frage 2: Die derzeitige Einzugsbereichsverordnung sieht für Thüringen die Tierkörperbeseitigungsanstalten in Elxleben und in Schwallungen vor. In Umsetzung des Verfütterungsverbots musste die Entsorgung von Tierkörpern und Tierkörperteilen und -erzeugnissen durch die TBA Schwallungen eingestellt werden, da sonst die Hauptproduktionsrichtung dieser Einrichtung - Verarbeitung von über 50.000 Tonnen Schweineabfällen zur Verfütterung an Mastschweine - nicht mehr möglich wäre. Daher wird die Einzugsbereichsverordnung dahin gehend geändert, dass nur noch die Tierkörperbeseitigungsanstalt Elxleben die Tierkörperbeseitigung durchführt. Eine Verkleinerung der Einzugsbereiche mit einer Reduzierung zwar der Transportwege würde aber wegen der Kapazität zu einer weiteren unvertretbaren Kostenerhöhung in der Tierkörperbeseitigung führen. Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen für Tierkörperbeseitigungsanlagen weisen aus, dass die untere Kapazitätsgrenze 100.000 Jahrestonnen Rohmaterial

nicht unterschreiten solle, weil es sonst nicht mehr wirtschaftlich vertretbar wäre.

Und zu Frage 3: Eine Entsorgung durch Stadtwirtschaft z.B. ist grundsätzlich abzulehnen. Eine Entsorgungsmöglichkeit für Tierkörper, Tierkörperteile und -erzeugnisse durch überregionale Müllentsorgungsstrukturen ist nicht möglich, da hier die hygienischen Anforderungen an eine unschädliche Beseitigung nicht gesichert werden können und damit natürlich zu einer Gefährdung für die menschliche Gesundheit werden würde.

Nachfragen sehe ich nicht, dann ist auch diese Frage erledigt und wir kommen zu nächsten Anfrage vom Abgeordneten Kummer in der Drucksache 3/1351.

Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz in Saalfeld

Nach Informationen von Saalfelder Bürgern sollen Sozialhilfeempfänger und Arbeitslose in Saalfeld bis zum dritten Lebensjahr ihres Kindes keinen Anspruch auf einen Kindergartenplatz haben und nach Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes nur einen Halbtagsplatz in Anspruch nehmen können. Die Stadt Saalfeld soll zwar versprechen, dass bei einer Arbeitsaufnahme sofort ein Vollzeitplatz zur Verfügung gestellt wird, andererseits würden Firmen bei der Einstellung den Nachweis eines Kindergartenplatzes verlangen. Dadurch hätten Mütter massive Schwierigkeiten, einen Arbeitsplatz zu finden.

Ich frage die Landesregierung:

1. Sind die Informationen über die Vergabepraxis von Kindergartenplätzen in Saalfeld an Sozialhilfeempfänger und Arbeitslose zutreffend?

2. Wenn ja, entspricht diese Vergabepraxis dem Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz?

3. Sieht die Landesregierung es als förderlich für die kindliche Entwicklung an, sozialen Kontakt zu Gleichaltrigen im Kindergarten auch schon vor Beendigung des dritten Lebensjahres zu haben?

4. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, die Vergabepraxis von Kindergartenplätzen in Saalfeld so zu verändern, dass Kinder von Sozialhilfeempfängern und Arbeitslosen nicht schlechter gestellt werden?

Es antwortet Herr Minister Dr. Pietzsch.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die von Ihnen dargestellten Informationen über die Vergabepraxis von Kindergartenplätzen in Saalfeld sind nicht zutreffend. In Saalfeld erhält jedes Kind mit Rechtsanspruch, das heißt allerdings ein Kind im Alter ab 2 Jahren und 6 Monaten, einen Kindergartenplatz. Eine Einschränkung auf Halbtagsplätze gibt es nicht, damit, denke ich, erübrigen sich dann auch die übrigen Antworten.

Nachfragen sehe ich nicht, dann ist auch diese Frage erledigt. Wir kommen zur nächsten Mündlichen Anfrage in Drucksache 3/1352. Frau Abgeordnete Wackernagel, bitte.

Fleischerhandwerk in Thüringen braucht Hilfe